Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522369/10/Bi/Th

Linz, 13.10.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA Dr. X, vom 8. September 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 25. August 2009,
VerkR21-239-2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Aberkennung des Rechts zum Gebrauch einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich, Lenkverbot und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, sowie vom 3. Juli 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 23. Juni 2009, VerkR21-239-2009, wegen der Aufforderung zur Absolvierung eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings sowie der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, aufgrund des Ergebnisses der am 8. Oktober 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

    Den Berufungen wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, des Lenkverbotes und des Rechts zum Gebrauch einer allfälligen ausländischen Lenkberechtigung auf acht Monate herabgesetzt wird.

    Im Übrigen werden beide Berufungen abgewiesen und die jeweiligen Bescheide im Anfechtungsumfang bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid vom 25. August 2009 wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7 Abs.1 und 3, 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3, 29 Abs.4 und 32 FSG die von der BH Kirchdorf/Krems am 7. Dezember 1984, VerkR01/424/1983, für die Klassen A, B, C1, C, B+E, C1+E, C+E und F erteilte Lenkberechtigung auf die Dauer von 10 Monaten, gerechnet ab dem Datum der Führerscheinabnahme am 21. Juni 2009, dh bis einschließlich 21. April 2010, entzogen und ihm das Recht zum Gebrauch einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich aberkannt. Außerdem wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ab dem Datum der Zustellung des Bescheides vom 23. Juni 2009, dh ab 26. Juni 2009, bis 21. April 2010 verboten. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass diese Frist nicht vor Befolgung der in den Punkten III. und IV. des Bescheides von 23. Juni 2009 getroffenen Anordnungen ende. Einer allfälligen gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs.2 AVG aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 27. August 2009.

 

In den Punkten III. und IV. des Bescheides vom 23. Juni 2009 wurde dem Bw III. gemäß § 24 Abs.3 FSG aufgetragen, sich vor Ausfolgung des Führerscheins einer begleitenden Maßnahme in Form eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings für alkoholauffällige Kraftfahrer bei einer hiezu ermächtigten Einrichtung zu unterziehen, und

IV. er gemäß § 24 Abs.3 und § 17 Abs.2 Z2 FSG-GV aufgefordert, vor Ausfolgung des Führerscheins ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, C1, C, B+E, C1+E, C+E und F und von Motorfahrrädern bei der Erstinstanz zu erbringen und zur Erstellung dieses Gutachtens seine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 26. Juni 2009.

 

2. Gegen beides wenden sich die vom Bw fristgerecht eingebrachten Berufungen, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat
(§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Am 8. Oktober 2009 wurde in Verbindung mit der Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Dr. X, der Vertreterin der Erstinstanz Frau X und der Zeugen Meldungsleger RI X (Ml), GI X (GI X), X (X) und X (X) durchgeführt. Auf die münd­liche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, eine rechtswidrige Verweigerung des Alkotests liege nicht vor. Er schildert den Vorfall aus seiner Sicht so, dass er zunächst die Sonnwendfeier des Roten Kreuzes in X besucht und dort 2 bis 3 Halbe Bier getrunken habe. Bereits kurz nach Mitternacht sei es bei einem Brandmeldealarm im Rahmen eines Feuerwehreinsatzes zu einem Zusammentreffen von ihm und GI X gekommen, bei dem GI X als Letzter zum Einsatzort gekommen und von ihm spaßhalber darauf angesprochen worden sei, dass er nun den Verkehr blockiere. Die spätere Amtshandlung habe der Ml unter Aufsicht des Vorgesetzten GI X geführt, der sich durch diesen Vorfall offenkundig provoziert gefühlt habe.

Ab 1.00 Uhr sei er bei einem Feuerwehreinsatz gewesen und habe ab 4.00 Uhr mit dem Zeugen X noch einmal kurz das bereits in Auflösung begriffene  Fest besucht, aber nichts mehr getrunken. Dann sei er mit dem Zeugen X auf dem Parkplatz gestanden und, da er den Zeugen heimbringen wollte, sei er gegen 4.30 Uhr losgefahren. Nach kurzer Fahrtstrecke habe ihn die Polizei angehalten.

Die Polizisten hätten keine Alkoholisierungsmerkmale feststellen können, schon gar nicht bei der Vorbeifahrt im Streifenwagen aus der Entfernung von mehreren Metern. Sie hätten ihn aber aktiv mit dem Streifenwagen verfolgt und auf der Nachhausefahrt angehalten. Er sei aufgefordert worden zum Alkotest und habe wegen der verständlichen Gemütsaufregung – GI X habe ständig auf ihn eingeredet, dass er sich nicht provozieren lasse, und ihn so abgelenkt, sodass er nur bruchstückhaft die Amtshandlung des Ml mitbekommen und die Aufforderung nicht ausreichend ernsthaft verstehen habe können – geantwortet habe, ob er das wirklich brauche. Diese Frage habe der Ml missinterpretiert und dem Bw einfach den Führerschein nicht zurückgegeben und die Amtshandlung nicht förmlich beendet, sondern die Polizisten hätten sich entfernt, sodass er auch keine Gelegenheit zur Klarstellung gehabt habe. Es sei kein Alkoholverdacht gegeben gewesen, es habe kein Planquadrat vorgelegen, die Aufforderung sei für ihn nicht hinreichend deutlich wahrnehmbar gewesen und die Polizisten hätten den Alkotest faktisch verhindert.

Beantragt wird die Aufhebung beider Bescheide, in eventu Herabsetzung der Entziehungsdauer auf vier Monate.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden. 

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde zur Vorgeschichte geklärt, dass der Bw bereits 2005 eine Alkoholamtshandlung mit GI X hatte, worauf ihm auch die Lenkberechtigung für drei Monate entzogen wurde. GI X war mit der Cousine des Bw befreundet, seit dem Ende dieser Beziehung hatten der Bw und GI X privat keine Verbindung mehr, insbesondere keinen Streit. Der Bw schilderte aber in der Verhandlung sein Verhältnis zu GI X so, dass er vor diesem tatsächlich Angst habe.

 

Am 21. Juni 2009 war in X das alljährliche Sonnwendfeuer des Roten Kreuzes und der Bw hielt sich ebenso wie der Zeuge X dort auf, traf auch den Zeugen X, der dort bis 3.00 Uhr ausschenkte, und trank nach Aussage des Zeugen X mit ihm gegen 17.00 Uhr ein Seidel Bier, nach eigenen Angaben 2 bis 3 Halbe Bier, was allerdings keiner der Zeugen bestätigte. Der Ml und GI X hatten Nachtdienst im Rahmen einer gemischten Streife; alle kennen sich namentlich bzw. vom Sehen.

Um 1.00 Uhr ging dann in einem Gebäude ein Brandmelder los, sodass der Bw und der Zeuge X zum Feuerwehreinsatz gerufen wurden. Im Zuge dieses Einsatzes schilderte der Bw einen Vorfall, wonach er den später ankommenden GI X spaßhalber angeredet habe, er behindere den Verkehr; GI X konnte sich in der Verhandlung an den Vorfall, aber nicht an den Wortlaut erinnern. Er betonte, der Vorfall nachher habe damit nichts zu tun gehabt; er wisse, dass der Bw einen für ihn nicht nachzuvollziehenden Vorbehalt gegen ihn habe. Der Bw führte die nachfolgende Amtshandlung darauf zurück, dass GI X sich von ihm provoziert gefühlt habe, was GI X ebenso abstritt, wie, dass dieses Wort so überhaupt gefallen sei. Auch dem Zeugen X war konkret dieses Wort nicht in Erinnerung.

Der Bw hat Alkoholkonsum in Form von 2 bis 3 Halben Bier vor dem Feuerwehreinsatz, dh bis dreieinhalb Stunden vor dem Lenken zugestanden.

 

Nach dem Ende des Feuerwehreinsatzes und Wegräumen des Gerätes besuchten der Bw und der Zeuge X gegen 4.00 Uhr nochmals auf das Fest, das bereits in Auflösung begriffen war, gingen dann aber, ohne etwas getrunken zu haben, auf den Parkplatz, wo sie am Rande die Anwesenheit der Polizisten in der angrenzenden Polizeiinspektion und im Streifendienst wahrnahmen, und vereinbarten, dass der Bw den Zeugen X mit seinem Pkw heimbringen werde.

Der Bw fuhr gegen 4.30 Uhr mit seinem Pkw los. Zu dieser Zeit war die Streife mit dem Ml und GI X in der Nähe des Gemeindezentrums postiert, um eventuell alkoholisierte Festbesucher zu überwachen, und beide beobachteten den ihnen bekannten Pkw des Bw beim Ausparken. Der Ml hatte nach eigenen Angaben den Bw vorher beim Vorbeifahren auf dem Parkplatz stehen gesehen, wobei nach seinem subjektiven Eindruck dieser "nicht gerade stand", was er auf Alkohol zurückführte, aber einräumte, er könnte sich beim "Nichtgeradestehen" auch getäuscht haben. GI X hingegen fiel nach eigenen Worten auf, dass der Pkw des Bw, dessen Lenker er jedoch nicht gesehen hatte, etwas umständlich ausgeparkt wurde; beide beschlossen den in die andere Richtung fahrenden Pkw anzuhalten. Die Anhaltung erfolgte kurz darauf und vereinbarten die beiden Beamten noch im Streifenwagen, dass der Ml die Amtshandlung führen sollte.

 

Tatsächlich forderte der Ml den Bw, der den Pkw lenkte, zur Lenker- und Fahrzeugkontrolle auf und verlangte Führerschein und Zulassung, die ihm ausgehändigt wurden. Beim Öffnen des Fensters fiel dem Ml Alkoholgeruch aus dem Fahrzeug auf und dass der Bw gerötete Augen hatte. Er forderte den Bw zum Alkoholvortest auf, worauf ihm GI X das Vortestgerät reichte, das der Ml dem Bw hinhielt. Der Bw fragte hingegen, ob der Ml das wirklich wolle und ob er den Test tatsächlich brauche, worauf der Ml dieses bejahte und das Verhalten des Bw als Verweigerung des Alkoholvortests wertete und diesen zum Alkotest mittels Alkomat aufforderte, den GI X im Kofferraum des Streifenfahrzeuges einschaltete. Der Bw fragte erneut, ob das wirklich sein müsse, und versuchte, den Ml und den auf ihn einredenden GI X von ihrer Aufforderung abzubringen, indem er sie daran erinnerte, sie würden sich ja eh von der Feuerwehr kennen. Nach übereinstimmenden Aussagen der beiden Beamten und des Zeugen X konnte sich der Bw beim anschließenden Gespräch nicht entscheiden, sich zum Test bereitzuerklären oder diesen konkret abzulehnen, obwohl ihn sogar der Zeuge X, der inzwischen wie der Bw ausgestiegen war, damit zu überreden versuchte, er könne "ja eh nicht mehr als 1,6 haben".

 

Der Bw schilderte in der Berufung diese Zeitspanne so, dass er sich an die frühere Amtshandlung von 2005, bei der ihn GI X nach seinem Eindruck "ebenfalls überrumpelt" habe, und an alte Familiengeschichten erinnerte, und er die Aufforderung durch den Ml gar nicht bewusst realisiert habe, weil GI X, vor dem er regelrecht Angst habe, fortwährend energisch auf ihn eingeredet habe.

Der Zeuge X bestätigte, er kenne die Vorgeschichte nicht, habe aber dem Bw zugeredet, doch den Alkotest zu machen, weil dieser ja während des Feuerwehreinsatzes und danach nichts getrunken habe und das Ergebnis nicht so schlecht sein könne. Er glaube aber, der Bw habe seinen Versuch nicht realisiert. GI X sei sehr dominant gewesen und habe den Bw ständig gefragt, ob der den Test machen wolle, ja oder nein, aber dieser habe sich nicht entscheiden können. Er glaube, dass wenn GI X etwas Ruhe in die Amtshandlung gebracht hätte, der Bw sich leichter entscheiden hätte können.

Der Ml bestätigte, er habe zum Bw auf seine Frage gesagt, es wäre besser, er würde einen Alkotest machen, und ihn über die Folgen einer Verweigerung belehrt und auch der Zeuge M habe ihn zu überreden versucht, aber der Bw habe dann definitiv abgelehnt, worauf schließlich der Alkomat ausgeschaltet worden sei und er die Abnahmebestätigung ausgestellt habe.

GI X schilderte den Vorfall so, dass der Ml beim Verhalten des Bw, der sich nicht entscheiden habe können, große Geduld an den Tag gelegt und den Bw über die Folgen einer Verweigerung des Alkotests aufgeklärt habe. Die Amtshandlung habe länger gedauert, als bei derartigen Amtshandlungen üblich sei, zumal der Bw nicht ja und nicht nein gesagt habe, obwohl ihm jeder gut zugeredet habe. Als er schließlich definitiv gesagt habe, er wolle den Test nicht machen, habe der Ml die Amtshandlung beendet, dem Bw die Führerscheinabnahmebestätigung ausgestellt und den Schlüssel abgenommen.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates sind die Angaben der beiden, für § 5-Amtshandlungen besonders geschulten und behördlich ermächtigten Polizeibeamten ebenso wie die der Zeugen X und X durchaus glaubhaft, insbesondere die Schilderung des Zeugen X, der ohne Kenntnis der Vorgeschichte des Bw und GI X bestätigte, dass GI X den Bw doch energisch angeredet habe, ob er den Alkotest nun mache oder nicht. Ob der Zeuge X und der Bw die Unterscheidung in "Alkoholvortest" und "Alkotest" realisiert haben, konnte in der Verhandlung nicht geklärt werden, es ist aber möglich, dass der Ml dem Bw das Vortestgerät gezeigt hat, ohne dass der Zeuge X dies auf der Beifahrerseite mitbekommen hat. Bei der Schilderung des Bw fällt auf, dass dieser sich, sei es aus gekränktem Familienstolz oder auch tatsächlich wegen der früheren Amtshandlung mit GI X, schon wegen der Anhaltung ungerecht behandelt fühlte und offenbar ausführlich "gebeten" werden wollte. Die von ihm geschilderten Erinnerungen an die Vergangenheit erfolgten aber zweifellos zur falschen Zeit. Da die Amtshandlung annähernd 15 Minuten dauerte, ist nicht verwunderlich, wenn GI X versuchte, ihn zu einer endgültigen Entscheidung, der Aufforderung Folge zu leisten oder nicht, zu veranlassen, wobei ein auch vom Zeugen X bestätigtes eventuell etwas forscheres Auf­treten von GI X einigermaßen verständlich ist. Eine Rechtfertigung für die zweifellos erfolgte Verweigerung des Alkotests ist darin aber nicht zu sehen.

Der Bw hat sich in der Berufungsverhandlung darauf berufen, er habe nicht damit gerechnet, dass die Amtshandlung so schnell vom Ml beendet werden würde. Nachdem ihm dieser aber zu verstehen gegeben hatte, er werde nicht in Anbetracht der Zugehörigkeit des Bw zur Feuerwehr von seiner Aufforderung abgehen, musste dem Bw bewusst sein, dass seine nach längerem Zögern schließlich erfolgte Ablehnung, der Aufforderung Folge zu leisten, die Beendigung der Amtshandlung nach sich ziehen würde und der Ml nicht erneut versuchen würde, ihn vielleicht doch noch umzustimmen. Erst als der Ml daraufhin die Führerschein-Abnahmebestätigung ausstellte, fiel dem Bw offenbar auf, dass er den Bogen überspannt hatte. Allerdings sind Motive und subjektiven Überlegungen, aus denen die Durchführung eines Alkotests abgelehnt wird, in objektiver Hinsicht irrelevant. Beim Bw lagen keinerlei medizinische Gründe vor, die ihn an der Wahrnehmung der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung in irgendeiner Weise gehindert oder auch nur eingeschränkt hätten, und wurden solche nicht einmal behauptet. Nach den Ergeb­nissen des Beweisverfahrens war die vom Ml ausgesprochene und durch Zureden bzw. konkretes Nachfragen seitens GI X bekräftigte Aufforderung zur Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat, der sich im Streifenfahrzeug befand und auch eingeschaltet wurde, zweifellos hinreichend deutlich, ernsthaft und verständlich und in der Berufungsverhandlung trat kein erkennbarer Grund zutage, warum der Bw, dem für den Erwerb seiner Lenkberechtigung auch die Alkoholbestimmungen der Straßenverkehrsordnung, insbesondere die Verpflichtung zur Durchführung einer Atemluftalkoholuntersuchung nach entsprechender Aufforderung, geläufig sein mussten, diese Aufforderung nicht hinreichend deutlich verstehen oder ernst nehmen hätte sollen. Dass er sich aus welchen Gründen auch immer dagegen entschieden hat, hat er sich selbst zuzuschreiben, zumal von einer "Überrumpelung" im ggst Fall keine Rede sein kann. Die Amtshandlung wurde vom Ml nach der Ablehnung des Alkotests nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens auch beendet, die Führerscheinabnahmebestätigung für den einbehaltenen Führerschein geschrieben und dem Bw der Fahrzeugschlüssel abgenommen. Auch wenn der Bw, wie er selbst sagt, vor GI X "Angst hatte", was nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates im Sinne einer Stresssituation zu deuten ist, so ist keine psychische Ausnahmesituation darin zu sehen, die das Verhalten des Bw auch nur im Sinne eines geringfügigen Verschuldens nachvollziehbar machen würde, zumal grundsätzlich jede Alkoholamtshandlung für einen angehaltenen Fahrzeuglenker Stress bedeutet, was ihm aber schon bei der Ausbildung zum Erwerb der Lenkberechtigung bewusst gemacht wird.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 Z1 leg.cit. sind ua besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht ... berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 13. Oktober 2009, VwSen-164420/10/Bi/Th, wurde der Bw einer Verwaltungsübertretung gemäß
§§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 schuldig gesprochen, weil er sich am
21. Juni 2009 um 4.45 Uhr im Gemeindegebiet von X auf der X bei Strkm 3.500 auf Höhe des Hauses X trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass er sich beim Lenken des Kraftfahrzeuges X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Er hat damit zweifelsohne eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG gesetzt, für die gemäß § 26 Abs.2 FSG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vor der 12. FSG-Novelle die Lenkberechtigung für mindestens vier Monate zu entziehen ist.

Zu bedenken ist außerdem, dass dem Bw bereits vom 20.11.2005 bis 20.2.2006 wegen eines Alkoholdeliktes gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 die Lenkberechtigung entzogen wurde, sodass im ggst Fall von einer Wiederholung auszugehen ist, die bei der Wertung und damit der Entziehungsdauer wesentlich ins Gewicht fällt. Allerdings liegen zwischen den beiden Alkoholübertretungen annähernd vier Jahre.

In der Zusammenschau ergibt sich, dass die mit zehn Monaten bemessene Entziehungsdauer zu lang ist. Die Erstinstanz hat sich dabei an der nunmehr mit 1. September 2009 in Kraft getretenen Bestimmung des § 26 Abs.2 Z5 FSG orientiert, die dezidiert eine Mindestentziehungsdauer von zehn Monaten bei Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs.1 StVO innerhalb von fünf Jahren ab Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs.1a StVO vorsieht. Am 21. Juni 2009 galt aber noch eine Mindestentziehungsdauer von vier Monaten. Die nunmehr herab­gesetzte Entziehungsdauer auf acht Monate ist im Sinne einer Prognose, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt haben wird, ausreichend aber zweifellos auch geboten, wobei die Berechnung mit der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 21. Juni 2009 beginnt und die Herabsetzung auch für das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen und die Aberkennung des Rechts gemäß § 30 FSG gilt.

Hinsichtlich der gemäß § 24 Abs.3 FSG für eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO gesetzlich vorgesehenen Anordnung einer Nachschulung ("Einstellungs- und Verhaltenstraining") für alkoholauffällige Lenker bei einer entsprechend ermächtigten Stelle sowie der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG unter Vorlage einer verkehrspsychologischen Stellungnahme war die Berufung abzuweisen. Dabei ist zu beachten, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen endet. 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung 4 Jahre nach Alkoholdelikt gemäß § 99 Abs.1a StVO -> Herabsetzung der Entziehungsdauer von 10 auf 8 Monate.

 

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