Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281173/25/Kl/Pe

Linz, 08.10.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwältin x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.7.2009, GZ. 43810/2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 30.9.2009, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 160 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.7.2009, GZ. 43810/2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 800 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ASchG iVm § 57 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit dem Sitz in x, zu vertreten hat:

Am 29.7.2008 war ein Arbeitnehmer der x, Herr x, auf der Baustelle „x“ auf einem mehrlagigen Metallgerüst in der zweiten Gerüstlage (Höhe 5,5 m) mit Installationsarbeiten beschäftigt. Als Gerüstbelag wurden verschieden lange Pfosten verwendet. Ein ca. 1,5 m langer Gerüstbelagspfosten war so verlegt, dass er sich verschieben konnte, sodass der Arbeitnehmer abstürzte.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass das gegenständliche Gerüst ein Spezialgerüst gewesen sei, für dessen Erstellung die Gerüstbaufirma x beauftragt worden sei. Das Gerüst hätte in den jeweiligen Geschoßebenen in den Schacht hineinragen müssen. Das Arbeitsinspektorat habe nach dem Unfall grundsätzlich die gegenständliche Gerüstbauweise dieses Spezialgerüstes aufgrund der Besonderheit der Baustelle genehmigt. Seitens des Arbeitsinspektorates seien alle drei Gerüste genau geprüft worden und keine Mängel festgestellt worden und sei keine schriftliche Aufforderung zu einer Änderung mitgeteilt worden. Es bestehe daher eine ausdrückliche Genehmigung der Verlegeart der Gerüstbelagspfosten in der Weise, dass stellenweise überlappende und nicht dicht aneinander gelegte Pfosten am Gerüst verlegt waren. Wäre es erforderlich gewesen, die Pfosten gegen das Verschieben gesondert zu sichern, wäre das gesamte Gerüst anders aufzubauen gewesen und hätte auch das Arbeitsinspektorat das Gerüst nicht genehmigen dürfen. Auch wäre bei Verwendung eines längeren Pfostens grundsätzlich bei der gegenständlichen Verlegeart die Verschiebung des Pfostens möglich gewesen, da keine zusätzliche Sicherung gegen Verschiebung vorgesehen war. Es war daher dem Bw keine Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften vorzuwerfen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.9.2009, zu welcher die Verfahrensparteien geladen und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen x, Arbeitsinspektorat Linz, und x geladen und einvernommen. Der weiters geladene Zeuge x ist zur Verhandlung erschienen, konnte aber mangels ausreichender Deutschkenntnisse nicht einvernommen werden. Auf eine Vertagung zwecks Beiziehung eines Dolmetschers und weiterer Einvernahme wurde von allen Parteien verzichtet und konnte Abstand genommen werden.

 

4.1. Im Grunde der im Akt aufliegenden Fotos und des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x ist. Er ist für den kaufmännischen Bereich sowie für den Vertrieb und die Technik zuständig. Der Bruder des Bw, x, ist Prokurist der Firma und für die Sicherheit in der Firma zuständig. Etwa vier Wochen vor dem Tatzeitpunkt hat eine Evaluierung der Baustelle durch den Montagemeister x und den bauleitenden Monteur, nämlich Herrn x hinsichtlich der Heizungsinstallationen und Herrn x hinsichtlich der Sanitärinstallationen, stattgefunden. Eine weitere Besprechung fand dann mit allen damals auf der Baustelle anwesenden Arbeitnehmern statt. Dabei wurde über Gefahrenmomente wie Stolpern und gewisse Niveauunterschiede, gesprochen. Gerüste werden nur sehr selten für Installationsarbeiten erforderlich und verwendet. Üblicherweise, nämlich zu 99 %, werden von der Firma Hebebühnen verwendet, die angemietet werden. Erforderliche Gerüste werden nicht von der Firma aufgestellt, sondern bei einer Gerüstefirma angefordert und von dieser aufgestellt. Auch für diese Baustelle wurden drei Gerüste von der Firma x angefordert und auch aufgestellt und abgenommen. Das Abnahmeprotokoll wurde auch auf dem Gerüst angebracht. Diese erfolgte am 28.7.2008. Für die Baustelle ist Herr x als Obermonteur für Heizungsinstallationen verantwortlich, fungiert aber auch als erster Ansprechpartner auf der gesamten Baustelle für die Firma x. Eine spezielle Ausbildung für Gerüstebau sowie Erfahrungen im Gerüstebau hat Herr x nicht, sondern hat er seine Kenntnisse lediglich aus seiner tatsächlichen Erfahrung bzw. nach dem Hausverstand. Weil spezielle Kenntnisse in der Firma nicht vorhanden sind, wird eben eine spezielle Firma für Gerüstebau beauftragt. In der Firma gibt es die Regel, dass der Obermonteur die Übernahme des Gerüstes für die Firma vornimmt und die Prüfung hinsichtlich offensichtlicher Mängel durchführt. In diesem Fall wurde das Gerüst von Herrn x am 28.7.2008 übernommen. Es wurde so wie es errichtet wurde, übernommen, keine groben Mängel von Herrn x festgestellt und auch in diesem Zustand in weiterer Folge bis zum Unfall am 29.7.2008 von den Arbeitnehmern verwendet.

Es steht fest, dass am 29.7.2008 der Arbeitnehmer x der Firma x auf der Baustelle x, auf einem mehrlagigen Gerüst in der zweiten Gerüstlage mit einer Höhe von ca. 5,5 m mit Installationsarbeiten beschäftigt war. Der Gerüstbelag bestand aus verschieden langen Pfosten, nämlich längeren Pfosten, jeweils links und rechts von der Unfallstelle und einem darüber liegenden kürzeren Pfosten, welcher ca. 150 cm lang und 25 cm breit war, wobei dieser kürzere Pfosten über die längeren Pfosten herübergelegt wurde. Kein Pfosten dieser Lage war befestigt. Der kürzere Pfosten war sowohl seitlich als auch nach vorne verschiebbar. Dies war auch so gewollt und erforderlich, um die Verlegearbeiten bzw. Installationsarbeiten im Schacht durchführen zu können. Beim Installationsschacht bestand zwischen den längeren Pfosten ein Abstand von ca. 110 cm und war über diesen Abstand der kürzere Pfosten gelegt. Durch das Verrutschen des kürzeren Pfostens stürzte der Arbeitnehmer mit dem in diesem Bereich verwendeten kürzeren Pfosten ab. Bei dem Gerüst handelte es sich grundsätzlich um ein Metallstandgerüst. Da bei den Installationsschächten der Abstand zu groß war, wurde zusätzlich mit Holzpfosten eine Absicherung durchgeführt. Es wurde eine Belagsverbreiterung durchgeführt und damit eine Arbeitsfläche für die Installationsarbeiten geschaffen.

Der Arbeitsinspektor führt zur Verwendung von kürzeren Pfosten aus, dass es bei der Verwendung von kürzeren Pfosten üblich ist, diese entweder durch Verschraubung oder allenfalls durch Annageln zu befestigen. Eine andere Möglichkeit wäre die Verwendung von längeren Pfosten, wie dies dann auch nach dem Unfall geschehen ist. Eine andere Möglichkeit wäre eine Verlegung überlappend, nämlich immer pfostenmäßig versetzt, sodass ein Pfosten durch das Gewicht den anderen Pfosten niederhält. Eine solche Überlappung war bei dem Gerüst vor dem Unfall nicht gegeben, weil zwei Pfosten aneinander gereiht waren und ein Pfosten dann darüber gelegt wurde. Diese Verlegeweise wäre dann vorschriftsgemäß gegen Verrutschen gesichert, wenn zusätzlich eine Sicherung gegen Verschieben vorgenommen wird.

 

Der Obermonteur x hat keine generelle Beauftragung des Bw Gerüste zu übernehmen. Weil aber die Arbeiter die Installationen beginnen müssen, hat er sich das Gerüst angesehen und auch mehrmals bestiegen bevor die Arbeitnehmer auf das Gerüst gingen. Der Obermonteur hat keine besondere Schulung hinsichtlich Arbeitsgerüste und hat sich im Wesentlichen auf die ordnungsgemäße Ausführung durch die Gerüstefirma verlassen. Nach dem Dafürhalten des Obermonteurs und seiner praktischen Erfahrung hat er keine Mängel feststellen können. Bei seiner Arbeit ist die Verwendung von Gerüsten selten und wird daher selten ein Gerüst von ihm übernommen. Weder zu Baustellenbeginn noch vor dem Gerüstaufbau gab es eine Besprechung des Obermonteurs mit dem Projektleiter oder dem Bw hinsichtlich des Gerüstbaus. Er hat dies eigenverantwortlich und selbständig gemacht. Fachkundige Person für den Gerüstebau in der Firma ist der Sicherheitsbeauftragte, nämlich eine externe Sicherheitsfachkraft. In der Firma gab es eine Art Anordnung, dass für die Gerüste dieser Sicherheitsbeauftragte zuständig ist. Dass nur dieser die Gerüste übernehmen dürfe, war zum Unfallszeitpunkt nicht bekannt und bewusst. Auch war dem Obermonteur kein Fall bekannt, dass der Sicherheitsbeauftragte ein Gerüst übernommen hätte. Auch konnte er den Namen des Sicherheitsbeauftragen nicht nennen. Vielmehr sah der Obermonteur es als seine Aufgabe an, das Gerüst zu übernehmen.

Der Obermonteur wird kontrolliert vom Montagemeister und vom Techniker, dies ca. einmal wöchentlich. Der Bw selbst und sein Bruder kommen zwar gelegentlich auf die Baustelle, jedenfalls aber nicht regelmäßig. Am Tag vor dem Unfall bzw. am Unfallstag bzw. zum Tatzeitpunkt war weder der Bw noch sein Bruder auf der Baustelle. Diese haben vor dem Tatzeitpunkt das Gerüst nicht gesehen. Der Bw kommt nur gelegentlich auf die Baustelle und nicht in kurzen regelmäßigen Abständen. Der Bruder des Bw kommt auf Baustellen, wenn diese über viele Wochen gehen und sieht sich den Baufortschritt an. Er kommt aber sicherlich nicht wöchentlich auf jede Baustelle. Die Projektleiter der Baustelle sind selbständig und zuständig für Kaufmännisches und Technisches.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich einerseits auf die vorliegenden Fotos und andererseits auf die glaubwürdigen Zeugenaussagen sowie auch die Angaben des Bw. An der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen besteht kein Zweifel. Im Übrigen widersprechen sich die einzelnen Aussagen nicht.

 

4.3. Schließlich wird festgehalten, dass gegen den Obermonteur x ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Linz eingeleitet wurde und mit Diversion beendet wurde. Er hat eine Geldbuße von 1.000 Euro bezahlt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 57 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, müssen Gerüstbelagteile über die gesamte Gerüstbreite dicht aneinander und so verlegt sein, dass sie nicht herabfallen, kippen, sich verschieben oder zu stark durchbiegen können.

 

Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes steht daher fest, dass die Arbeiten auf einem Arbeitsgerüst am 29.7.2008 auf der zweiten Gerüstlage durchgeführt wurden, wobei Gerüstbelagsteile, nämlich ein 1,5 m langer Gerüstbelagspfosten, nicht so verlegt war, dass er sich nicht verschieben konnte. Vielmehr war er auf zwei längeren Pfosten darauf gelegt, wobei zwischen den längeren Pfosten ein Abstand war, und durch die Arbeiten der kürzere Pfosten dann sich verschoben hat und letztlich mit dem Arbeitnehmer hinabgestürzt ist. Es wurde daher klar gegen § 57 Abs.1 erster Satz BauV verstoßen und daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

Wenn hingegen vom Bw vorgebracht wird, dass § 57 BauV nicht zu entnehmen sei, dass eine zusätzliche Sicherung erforderlich sei, so ist ihm entgegenzuhalten, dass dies je nach Verlegeart der Gerüstbelagsteile zu sehen ist. Wichtig ist, dass die Gerüstbelagsteile so verlegt werden müssen, dass sie sich nicht verschieben können. Dies kann einerseits durch ein zusätzliches Verschrauben oder Annageln erfolgen, es kann aber auch dadurch gewährleistet werden, dass die Belagspfosten so übereinander verlegt werden, dass der eine Pfosten den anderen Pfosten durch die Überlappung festhält. Eine solche Verlegung war aber erwiesenermaßen nicht gegeben. Vielmehr haben die einhelligen Zeugenaussagen ergeben, dass der kurze Pfosten über den Abstand so verlegt wurde, dass er über die längeren Pfosten darüber gelegt wurde und daher frei beweglich und verschiebbar war.

Was hingegen die Überlappung anlangt, so ist eine diesbezügliche Vorschrift für die einzelnen Gerüstbelagsteile einer Gerüstlage in der BauV nicht zu finden. Die vom Bw benannte Überlappung von mindestens 20 cm ist so in der BauV nicht zu finden, sondern ist ihm entgegenzuhalten, dass die Pfosten an den  Auflagern einen Überstand von mindestens 20 cm aufweisen müssen. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Überlappung der einzelnen Pfosten auf der Gerüstlage. Es wird auf die diesbezügliche Bestimmung gemäß § 57 Abs.2 dritter Satz BauV hingewiesen.

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x. Er hat daher die Verwaltungsübertretung als nach außen vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Ob hingegen das Gerüst oder die Gerüstlage nach dem Unfall und daher nach dem Tatzeitpunkt den Verwaltungsvorschriften entsprochen hat, ist nicht relevant für den Tatvorwurf zum Tatzeitpunkt.

 

5.2. Der Bw macht aber auch mangelndes Verschulden geltend, weil ein Sicherheitsbeauftragter bzw. eine externe Sicherheitsfachkraft bestellt ist und der Obermonteur zur Übernahme der Gerüste zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinne dieser Judikatur reicht das Vorbringen des Bw nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere ist schon aufgrund der Angaben des Beschuldigten bzw. seines Bruder ersichtlich, dass die Baustelle nicht lückenlos kontrolliert wird, weil der Bw nur sehr selten auf die Baustelle kommt und in seiner Vertretung der Bruder auch nicht einmal wöchentlich auf eine Baustelle kommt. Auch gibt er an, dass die Projektleiter völlig selbständig auf der Baustelle agieren. Es ist daher schon in dieser Hinsicht eine lückenlose Kontrolle, wie sie der Verwaltungsgerichtshof fordert, nicht gegeben. Dieser hat auch in seiner jüngsten Judikatur ausgeführt, dass vom Bw aufzuzeigen ist, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet ist, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich verfolgt werden. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus, gleiches gilt für eine Verwarnung für einen festgestellten Verstoß (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9). Darüber hinaus ist aber auch anzumerken, dass die vom Bw verantwortlich gemachte Person des Obermonteurs nicht entsprechend ausgebildet ist und daher auch nicht ausreichend beurteilen kann, ob das Gerüst den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Auch wurde zu keiner Zeit behauptet, dass eine sonstige Person in ihrem Verantwortungsbereich für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich Gerüstebau konkret auf der Baustelle Sorge zu tragen hätte. Es war daher jedenfalls eine Sorgfaltsverletzung des Bw gegeben und daher von einem Verschulden, nämlich zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis ihrer Strafbemessung die Unbescholtenheit des Bw strafmildernd und keine Umstände als straferschwerend gewertet. Die persönlichen Verhältnisse wurden mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten geschätzt.

Im Grunde des Umstandes, dass durch die Verwaltungsübertretung ein Unfall mit schweren nachteiligen Folgen eingetreten ist, ist schon im Grunde des Unrechtsgehaltes der Tat die verhängte Geldstrafe angemessen. Sie ist auch den persönlichen Verhältnissen, die vom Bw nicht angefochten wurden, angepasst. Die verhängte Geldstrafe ist im untersten Bereich des vorgesehenen Höchstrahmens gelegen und daher auch in diesem Sinne nicht als überhöht zu werten. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr zustehenden Ermessen in gesetzwidriger  Weise Gebrauch gemacht hätte. Eben solches gilt auch für die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG.

 

Ein Überwiegen von Milderungsgründen konnte hingegen nicht festgestellt werden, da außer der Unbescholtenheit kein Milderungsgrund vorliegt und daher die Voraussetzung einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG eines erheblichen Überwiegens nicht vorgelegen ist. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung sowie auch mangels der Voraussetzung, dass keine nachteiligen Folgen eingetreten sind, war auch nicht vom Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG Gebrauch zu machen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 160 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung

Kontrollsystem, Gerüstbelag, Sicherung

 

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