Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420583/39/SR/Sta

Linz, 15.10.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des x, vertreten durch Patientenanwalt x, VertretungsNetz-Patientenanwaltschaft, x, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach dem Unterbringungsgesetz - UbG (BGBl Nr. 155/1990, zuletzt geändert durch Art II des BGBl I Nr. 12/1997) am 24. März 2009 durch dem Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz zuzurechnende Polizeiorgane nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Beschwerde wird mit der Maßgabe Folge gegeben als die Aufrechterhaltung der Sicherungsmaßnahme (Belassen der Handfesseln – Hände am Rücken) ab Beginn der amtärztlichen Untersuchung am 24. März 2009 um ca. 3.30 Uhr bis zur Vorführung in die Oö. Landesnervenklinik Wagner-Jauregg für rechtswidrig erklärt wird. Das weitergehende Begehren wird abgewiesen.

II.              Der Bund hat dem Beschwerdeführer den notwendigen Verfahrensaufwand in der Höhe von 1.698 Euro (Schriftsatzaufwand 737,60, Verhandlungsaufwand 922,00 Euro, Eingabe- und Beilagegebühren 38,40 Euro) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlage:

Art 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z. 2 u § 67c AVG 1991; § 79a AVG 1991 iVm Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl II Nr. 456/2008.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem am 6. Mai 2009 von der Patientenanwaltschaft für den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eingebrachten Schriftsatz vom 30. April 2009 wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Artikel 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG mit dem weiteren Hinweis auf § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG sowie Art. 1 Abs. 3 und 4 PersFrSchG und § 9 UbG an den Oö. Verwaltungssenat erhoben und die Verletzung in verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten auf persönliche Freiheit und menschenwürdige Behandlung sowie die Verletzung einfachgesetzlich gewährleisteter Rechte gerügt.

 

Zum Sachverhalt bringt der Vertreter vor, dass der Bf in einem deprimierten und alkoholisierten Zustand mit der Telefonseelsorge Kontakt aufgenommen und im Gespräch geäußert habe, dass es am gescheitesten wäre, nicht mehr da zu sein. Aufgrund der Suiziddrohung sei das Österreichische Rote Kreuz (im Folgenden: ÖRK) zum Haus des Bf beordert worden und gleichzeitig mit der ebenfalls verständigten Polizei um 02.40 Uhr eingetroffen. Die beiden Sanitäter des ÖRK hätten sich ca. 5 bis 10 Minuten mit dem Bf unterhalten und diesen zur Mitfahrt in das WJKH überreden wollen. Da der Bf nicht eingewilligt und die Selbstmordabsichten wiederholt habe, sei er von den Polizisten zur Mitfahrt aufgefordert worden. Unmittelbar nach der Aufforderung hätten die Polizisten den Bf gegen den Spiegel gedrückt, an den Oberarmen gepackt und aus der Wohnung gezerrt. Der Vorgang sei sowohl von den Sanitätern als auch von der anwesenden geschiedenen Gattin des Bf beobachtet worden. Einen Fluchtversuch habe der Bf nicht gesetzt; ein solcher sei auch von den Sanitätern nicht beobachtet worden. Der Bf durfte weder Schuhe, Handy noch Zigaretten mitnehmen. Vor dem Haus sei der Bf auf den Boden gedrückt und ihm um 02.53 Uhr die Handschellen am Rücken angelegt worden. Nachdem die Polizeibeamten die Rettung weggeschickt hatten, sei von diesen der Arrestantenwagen angefordert worden. Nach Vorführung des Bf zum Journalbeamten der BPD Linz um 03.30 Uhr habe dieser die amtsärztliche Untersuchung angeordnet. Diese sei um 03.40 Uhr vorgenommen worden. Der Amtsarzt habe die Einweisung des Bf mittels Parere in das WJKH veranlasst. Die Handschellen seien dem Bf erst im WJKH um 04.10 Uhr abgenommen worden. Noch am selben Tag habe der Abteilungsleiter der LNK Wagner-Jauregg die Verlegung in den offenen Bereich angeordnet und die Unterbringung gemäß § 32 UbG aufgehoben.

 

In rechtlicher Hinsicht weist der Vertreter nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen auf die ständige Judikatur des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes hin und setzt sich fallbezogen damit auseinander.

 

Im gegenständlichen Fall könne keine Rede davon sein, dass ab dem Zeitpunkt des Einschreitens der Polizeibeamten für den Bf eine konkrete Gefahr bestanden habe, die nicht durch Anwendung bloßer Körperkraft abgewendet werden hätte können. Weder die anwesenden Sanitäter noch die geschiedene Gattin des Bf hätten eine besondere Aggressivität noch einen Fluchtversuch wahrgenommen. Die Vorgangsweise der einschreitenden Beamten – kräftiges Packen an den Oberarmen, Zerren aus der Wohnung und Anlegen der Handschellen am Rücken – seien entwürdigend und demütigend. Bei der körperlichen Überlegenheit der Beamten hätte es der Handschellenanlegung nicht bedurft. Dieses Verhalten sei daher als unverhältnismäßig zu beurteilen.

 

Abschließend beantragt der Bf, der unabhängige Verwaltungssenat möge erkennen, dass

"der Beschwerdeführer dadurch, dass ihm am 24.3.2009 bei der Verbringung in die LNK Wagner-Jauregg von 2:53 Uhr bis 4:10 Uhr die Handschellen am Rücken angelegt wurden, insofern in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde, als diese Maßnahme unverhältnismäßig war und nicht dem Schonungsgrundsatz des § 9 UbG entsprach.

Ferner wird beantragt, der belangten Behörde den Kostenersatz gemäß § 79a AVG zu Handen der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers aufzuerlegen."

 

2. Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 wurde die belangte Behörde zur Aktenvorlage aufgefordert und ihr freigestellt, eine Gegenschrift zu erstatten.

 

2.1. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und die Gegenschrift vom 16. Juni 2009 erstattet, in der sie der Beschwerde entgegentritt und deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

 

Zum Sachverhalt wird ergänzend ausgeführt, dass der Bf den einschreitenden Polizeibeamten als gewaltbereit bekannt war. Weiters seien diese in Kenntnis gewesen, dass der Bf bereits des Öfteren wegen einer entsprechenden Erkrankung in WJKH aufhältig gewesen sei. Aufgrund der Stellungnahme der Polizeibeamten vom 24. Mai 2009 gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Bf immer aggressiver geworden sei und letztendlich die Beamten attackiert habe. Um eine Selbst- bzw. Fremdgefährdung hintan zu halten, sei der Bf von den Polizeibeamten gepackt, vor die Haustür gebracht, die Handfesseln nach hinten angelegt und arretiert worden. Im Zuge der Aufnahmeuntersuchung habe der Aufnahmearzt des WJKH die Beamten ersucht, vor Ort zu bleiben und die Handfesseln oben zu belassen.

 

Im Anschluss an die Wiedergabe der wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen erachtet die belangte Behörde das Anlegen der Handfesseln am Rücken für rechtskonform. Zusammenfassend gibt die belangte Behörde den Wissensstand der einschreitenden Beamten wieder. In Kenntnis, dass der Bf bei vorangegangenen Amtshandlungen ein äußerst aggressives Verhalten gegenüber den einschreitenden Beamten an den Tag gelegt habe, gegen ihn ein aufrechtes Waffenverbot sei Februar 2005 bestehe, der Bf im März 2009 wegen einer gegenseitigen Körperverletzung mit seiner nunmehr geschiedenen Gattin zur Anzeige gebracht worden war und andere Amtshandlungen nach dem UbG zu führen waren, wären die Beamten bedachtsam vorgegangen. Obwohl die Beamten versuchten, den alkoholisierten Bf zur Mitfahrt in der Rettung zu bewegen, habe sich dieser stetig aggressiver und unkooperativer verhalten. Die verbissene Gesichtsmimik habe die Beamten auf Angst und Gewalt schließen lassen. In der Folge hätte die Gewaltbereitschaft nicht nur in undefinierbaren Drohungen sondern auch in tätlichen Angriffen gegen die Exekutivbeamten gemündet. Der Bf habe unkontrolliert um sich geschlagen und einen Beamten ins Gesicht gespuckt. Aufgrund der vorangegangenen Selbstmordäußerungen, der örtlichen Gegebenheiten und zwecks Hintanhaltung einer weiteren Fremd- bzw. Selbstgefährdung sei der Bf vor die Haustür verbracht worden. Bedingt durch das äußerst renitente und aggressive Verhalten, als auch der wiederholten Androhung, sich von der Terrasse hinunter zu stürzen, hätten die Handfesseln auf Grundlage des § 9 Abs. 3 iVm. §§ 2 und WGG, sowie des § 26 AnHO am Rücken angelegt werden müssen. Anzumerken sei in diesem Zusammenhang, dass der Bf gewaltbereit sei und deswegen bereits rechtskräftig verurteilt worden wäre. Trotz angelegter Handfesseln habe der Bf mehrmals versucht, mit seinen Füßen nach den Beamten zu treten. Nach einer zwischenzeitlichen Beruhigung sei der Bf unerwartet aufgesprungen und habe versucht, sich zum Geländer der Terrasse zu bewegen. Dabei habe ausgeführt: "Is eh wuascht, wo ich mich hinunterhaue". Aus dem geschilderten Sachverhalt und den beiliegenden Unterlagen sei es für die Beamten geboten gewesen, die Handfesseln anzulegen und entsprechend zu arretieren. Der Bf habe sich während der gesamten Amtshandlung äußerst renitent verhalten und permanent versucht, die Polizisten zu attackieren. Selbst im Polizeianhaltezentrum habe der Bf sein Verhalten nicht geändert. Trotz zwischenzeitlicher Beruhigung sei der Bf ohne Vorwarnung und ohne ersichtlichen Grund wieder aufgebraust. Deshalb hätten die Beamten zu Recht die Handfesseln angelegt gelassen. Der unmittelbar vor der Aufnahmeuntersuchung vorgenommene Fluchtversuch sei von den Beamten rasch beendet worden.

 

Im Hinblick auf das Verhalten des Bf – mehrmalige Androhung des Selbstmordes, wildes aggressives Umherschlagen mit den Händen als auch den Füßen mit der Absicht, sich oder andere zu verletzen - sei das Anlegen der Handfesseln notwendig und verhältnismäßig gewesen.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 5. Oktober 2009 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf und des Vertreters der Patientenanwaltschaft x durchgeführt. Die belangte Behörde nahm unentschuldigt nicht teil. Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten, Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, Einvernahme des Bf und der Zeugen Amtsarzt x, der geschiedenen Gattin des Bf, x, der Sanitäter x und x und der Polizeibeamten GrInsp x und GrInsp x.

 

Die Befragung der Zeugin x wurde in spanischer Sprache vorgenommen. Als Dolmetscherin fungierte (die gerichtlich beeidete) x.

 

3.2. Nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung und den aktenkundigen Beweisurkunden steht folgender  S a c h v e r h a l t  fest:

 

3.2.1. Am 24. März 2009 nahm der Bf deprimiert und mittelschwer alkoholisiert Kontakt mit der Telefonseelsorge auf. Im Zuge der Unterhaltung äußerte er, dass es "am gescheitesten wäre, nicht mehr da zu sein".

 

Nach Beendigung des Gesprächs verständigte die Telefonseelsorge das Österreichische Rote Kreuz und das zuständige Polizeikommando.

 

3.2.2. Gegen 02.40 Uhr trafen sowohl ein Rettungsfahrzeug des ÖRK (Sanitäter: x und x) als auch die Funkstreife Dornach 1 (Besatzung: GrInsp x und GrInsp x) vor dem Haus des Bf ein. Der Bf war den einschreitenden Beamten von früheren Amtshandlungen bekannt und sie hatten kurz zuvor (Mitte März 2009) die Erfahrung gemacht, dass der Bf im Falle einer Alkoholisierung über ein beträchtliches Aggressionspotential verfügt.

 

Als der Bf nach dem Öffnen der Haustüre die Polizeibeamten erblickte, äußerte er gegenüber den Sanitätern, dass er nur sie und nicht die Polizei gerufen habe. Sowohl die Sanitäter als auch die Polizeibeamten begaben sich in das Haus des Bf. Vorerst hielten sich die beiden Polizisten zurück und überließen den Sanitätern die Gesprächsführung. Der Gemütszustand des Bf wurde vom Zeugen x während dieser Phase als leicht aggressiv beschrieben. Nach außen erkennbar war dieser durch eine verkrampfte Gesichtsmimik und zu Fäusten geballte Hände. Da sich der Bf konsequent weigerte, mit dem Rettungsfahrzeug mitzufahren und den Sanitätern schlussendlich deutlich zu verstehen gab, dass sie sich schleichen sollten, ergriffen die Polizeibeamten nach ca. 7 Minuten des Zuwartens die Initiative. GrInsp x ging an den unmittelbar im Eingangsbereich zum Wohnzimmer stehenden Sanitätern vorbei zum daneben stehenden Bf, packte diesen am Oberarm, drehte ihn in den Gang hinaus und drückte ihn mit dem Kopf voran an die Wand. Unterstützend ergriff GrInsp x den Bf am zweiten Oberarm. So fixiert wurde der Bf von den deutlich größeren und körperlich überlegenen Beamten zügig durch den engen Gang ins Freie befördert. Da der Bf Widerstand leistete, um die Verbringung ins Freie zu verhindern bzw. wesentlich zu erschweren, wurde er zwischenzeitig so weit hochgehoben, dass seine Beine den Bodenkontakt verloren. Mit der Einschränkung der Bewegungsfreiheit nahm die Aggressivität des Bf weiter zu. Diese äußerte sich durch "Herumtreten" mit den Beinen und dem Versuch, GrInsp x anzuspucken. Dabei trat bzw strampelte der Bw so heftig, dass er einen Hausschuh quer über die Terrasse und über das Terrassengeländer geschossen hat. Um den nicht unerheblichen Widerstand des übermäßig alkoholisierten Bf zu überwinden, wurde dieser, im Freien angekommen, in Bauchlage auf dem Terrassenboden fixiert, ihm die Handfesseln (Hände auf den Rücken) angelegt und diese anschließend gesichert (arretiert). Anschließend wurde der Bf "aufgestellt" und er konnte sich in der Folge auf die Stufen vor der Haustür und etwas später auf die daneben befindliche Bank setzen. Nach der Mitteilung von GrInsp x, dass den nunmehrigen Transport zur amtsärztlichen Untersuchung der angeforderte Arrestantenwagen übernehmen werde, haben die Sanitäter den Ort der Amtshandlung verlassen. Die Amtshandlung von der "Festnahme" bis zur Fixierung des Bf nahm ca. eine Minute in Anspruch.

 

Nachdem sich der Bf auf die Bank gesetzt hatte, nahmen die Polizeibeamten zwischen ihm und dem Terrassengeländer Aufstellung und hielten einen Sicherheitsabstand ein. Die Wartezeit von ca. 20 Minuten war gekennzeichnet von ruhigen und aggressiven Phasen des Bf. Die "Aggressivität" kam dadurch zum Ausdruck, dass der Bf die Handfesseln zu lösen suchte und mit den Füßen in Richtung der Polizeibeamten trat. Aufgrund des Sicherheitsabstandes konnte der Bf die Polizeibeamten jedoch nicht erreichen und die Möglichkeit einer Verletzung dieser war völlig ausgeschlossen. Ein "Fluchtversuch" fand während der Wartezeit nicht statt bzw. wurde dieser durch die Anwesenheit der Polizeibeamten bereits im Keim erstickt.

 

3.2.3. Bei der amtsärztlichen Untersuchung äußerte der Bf gegenüber x, dass er sich umbringen möchte, weil seine Mutter im Sterben liege und sich der Vater bereits vor drei Jahren umgebracht habe.

 

Der Amtsarzt beschrieb die Stimmungslage des Bf als "depressiv" und "alkoholisiert" und attestierte ausschließlich eine "Selbstgefährdung". Während der amtsärztlichen Untersuchung war der Bf depressiv und zu keinem Zeitpunkt aggressiv.

 

3.2.4. Im Anschluss an die Untersuchung und nach der Ausstellung des Pareres wurde der Bf in Begleitung von GrInsp x mit einem Rettungsfahrzeug in das WJKH gebracht.

 

Der Bf hatte die Handfesseln (Hände am Rücken) am 24. März 2009 von 02.53 Uhr durchgehend bis 04.10 Uhr angelegt.

 

Nach der Verbringung ins WJKH erfolgt die ärztliche Untersuchung durch x am 24. März 2009 um 04.26 Uhr. Aus dem vorgelegten Erstaufnahmeprotokoll ist zu ersehen, dass der Bf "nicht fixiert" vorgeführt worden ist. Unter "Anamnese" hält der untersuchende Arzt fest, dass der Bf angekündigt habe, "aus dem Fenster zu springen". Weiters habe er "aus der Wohnung flüchten wollen" und die Atemluft habe 2,07 Promille betragen. Der Status psychicus wird wie folgt beschrieben:

"substanzbe., orientiert, Stimmung depressiv, weinerlich, unruhig SMA, nicht distanziert, nicht paktfähig

keine Wahrnehmungsstörung, keine Wahnwahrnehmung, keine Behandlungs­einsicht"

 

3.3. Die getroffenen Tatsachenfeststellungen gründen sich auf die Angaben der einvernommenen Zeugen sowie auf die ausgewerteten Beweisurkunden.

 

Die Zeugenaussagen waren in wesentlichen Bereichen sehr widersprüchlich und konnten die Beschwerdebehauptungen nur teilweise bestätigen.

 

Die Aussagen der geschiedenen Gattin sind als glaubwürdig einzustufen. Abgesehen von den von ihr vorgenommenen Wertungen konnte sie nur von Wahrnehmungen berichten, die die Verbringung des Bf durch den Gang ins Freie und den Aufenthalt auf der Terrasse betreffen.

 

Dem Vorbringen des Zeugen x kommt nur teilweise Glaubwürdigkeit zu. Übereinstimmend mit den Aussagen der beiden Polizeibeamten beschrieb der Zeuge die Alkoholisierung, die sich steigernde Aggressivität des Bf, seine Abwehrbewegungen und die wiederholt vorgebrachten Selbstmordandrohungen, die darin mündeten, dass die wörtliche Aufforderung seitens des Bf ergangen sei, "sich zu schleichen, da er sich sowieso umbringe und es egal sei, wo er sich hinunter haue". Nicht nachvollziehbar ist die Aussage, dass der Bf bereits im Wohnzimmer "geachtert" wurde. Diese "Wahrnehmung" wurde nur noch vom zweiten Sanitäter gemacht und steht dem Beschwerdevorbringen und den Aussagen aller weiteren Zeugen entgegen.

 

Ähnlich sind die Ausführungen des Zeugen x zu würdigen. Glaubwürdig hat der Zeuge zum Ausdruck gebracht, dass er die Aussage "das Vorgehen der Polizei ist extrem und übertrieben" gegenüber der geschiedenen Gattin des Bf nicht gemacht hat. Eine solche Aussage hat nicht einmal die Zeugin x behauptet. Diese hat lediglich für sich eine Wertung der Amtshandlung vorgenommen und nicht auf eine andere Aussage Bezug genommen.

 

Aus den klaren und nachvollziehbaren Aussagen des Amtsarztes ist zu schließen, dass sich der Bf während der amtsärztlichen Untersuchung ruhig und nicht aggressiv verhalten hat. Der Amtsarzt hat zu keinem Zeitpunkt ein aggressives Verhalten des Bf beobachtet. Schlüssig hat er unter Hinweis auf die vorgelegten Untersuchungsprotokolle dargelegt, dass er lediglich ein depressives Verhalten des Bf wahrgenommen hat. Hätte sich der Bf während der Untersuchung aggressiv verhalten, dann wäre von ihm ein dementsprechender Vermerk angebracht worden. Da er sich an die Untersuchung und den Bf noch erinnern konnte, wusste er mit Sicherheit, dass dieser nicht aggressiv gewesen ist.

 

Die Angaben des Zeugen GrInsp x sind in Teilbereichen unglaubwürdig. Soweit sich seine Aussagen auf die Amtshandlung vor der Anlegung der Handfesseln bis zur Verbringung zum Amtsarzt beziehen, kann ihnen im Wesentlichen die Glaubwürdigkeit nicht abgesprochen werden. Auch wenn die Ausführungen in der Anzeige vom 24. März 2009 äußerst kurz gehalten sind, waren die Angaben in der Stellungnahme vom 24. Mai 2009 und in der mündlichen Verhandlung am 5. Oktober 2009 dergestalt, dass diese Teile der Schilderungen dem Grunde nach als schlüssig und nachvollziehbar zu beurteilen waren. Ansatzweise zeigt sich aber bereits auch hier, dass der Zeuge, bedingt durch die angespannte Situation, im Nachhinein zu Überzeichnungen neigt oder schlichtweg den Verlauf der Amtshandlung - aus seiner subjektiven Sichtweise - so in Erinnerung gehabt hat. In diesem Zusammenhang darf nämlich nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der erste Abschnitt der Amtshandlung in einem engen Gang, der kaum einen Handlungsspielraum ließ, abgespielt hat. Bei so beengten Verhältnissen wirkt sich der sich stetig steigende Widerstand des Bf auf die Beteiligten besonders nachhaltig aus und lässt somit die Schilderungen des Zeugen glaubwürdig erscheinen.

 

Diese Annahme trifft aber auf die weiteren Aussagen (Verhalten des Bf bei der amtsärztlichen Untersuchung / Verbringung zum WJKH) nicht mehr zu. Entgegen den vorliegenden Beweismitteln und den damit im Einklang stehenden Aussagen des Amtsarztes behauptete der Zeuge GrInsp x unter Berufung auf seine Stellungnahme, dass der Bf auch während der amtsärztlichen Untersuchung laufend aufgesprungen sei, die Beamten beschimpft, bespuckt und um sich geschlagen habe. Im Hinblick darauf, dass der Bf, bedingt durch die angelegten Handfesseln (Hände am Rücken), nicht in der Lage war, um sich zu schlagen, hat auch der der Untersuchung beiwohnende Zeuge GrInsp x dieses Verhalten des Bf nicht wahrgenommen. Obwohl das vom Zeugen x beschriebene Verhalten des Bf nicht als alltäglich bezeichnet werden kann, erinnerte sich GrInsp x bei der zeugenschaftlichen Befragung im Zuge der mündlichen Verhandlung nicht mehr daran. Das lässt den Schluss zu, dass sich der Bf während der amtsärztlichen Untersuchung – wie auch vom Amtsarzt beschrieben - in einer depressiven Stimmungslage befunden, sich somit nicht aggressiv verhalten hat und der Zeuge GrInsp xr das vom Zeugen GrInsp x skizzierte Verhalten des Bf auch nicht bestätigen konnte. Auffällig ist nur, dass GrInsp x in der von ihm mitunterfertigten Stellungnahme vom 24. Mai 2009 (etwas mehr als 3 Monate vor der mündlichen Verhandlung), das aggressive Verhalten des Bf bei der amtärztlichen Untersuchung noch genau beschreiben konnte.

 

Auch den überschießenden Aussagen des Zeugen GrInsp x betreffend Verbringung des Bf ins WJKH und Vorführung zum Aufnahmearzt ist die Glaubwürdigkeit abzusprechen. So hat der Zeuge erst über Nachfragen und Hinweis auf die Widersprüchlichkeit seine Aussage dahingehend abgeschwächt, dass der Bf beim Transport ins WJKH lediglich angegurtet und nicht am Sitz zum Zwecke der Ruhigstellung "festgezurrt" bzw. "fixiert" worden ist. Ebenso wenig war der Fluchtversuch des Bf im WJKH als glaubwürdig einzustufen. Ist der Zeuge in der Stellungnahme am 24. Mai 2009 noch von einem Fluchtversuch "mit dem Lift" ausgegangen, sagte er in der mündlichen Verhandlung am 5. Oktober 2009 aus, dass der Bf flüchten wollte, während sie sich zum Lift bewegt haben.

 

Die Aussagen des Zeugen GrInsp x waren, abgesehen von den obigen Einschränkungen, überwiegend als glaubwürdig zu beurteilen. Mangels "entsprechender Erinnerungen" machte der Zeuge in der mündlichen Verhandlung zum Verhalten des Bf während der amtsärztlichen Untersuchung keine Angaben. Als nicht nachvollziehbar zu beurteilen war, dass der um einen Kopf größere Zeuge bei der Vorführung zum Aufnahmearzt des WLKH im Lift befürchtet habe, vom Bf eine Kopfnuss zu erhalten.

 

Die grundlegenden Sachverhaltsausführungen des Bf decken sich im Wesentlichen mit dem festgestellten relevanten Sachverhalt. Der Bf hat die wiederholt geäußerten Suizidandrohungen bestätigt und auch eingestanden, dass er sich geweigert hat, mit der Rettung mitzufahren. Ebenso gab der Bf zu, dass er sich gegen die Verbringung aus seinem Haus gewehrt habe. Schon aus seinen Ausführungen – ich wurde aus dem Haus gezerrt – ist abzuleiten, dass er deutlichen Widerstand geleistet hat und dieser nur durch entsprechenden Körpereinsatz überwunden werden konnte. Im Zuge seiner Schilderungen bestätigte der Bf auch, dass er sich mit den Füssen gegen das "Zerren ins Freie" gewehrt habe. Er schwächte seine körperlichen Angriffe gegen die Polizeibeamten ab und gestand nur ein "Herumhaxeln" mit den Beinen ein. Dass es sich dabei sehr wohl um ein "Herumtreten" gehandelt haben muss, ist schon daraus ersichtlich, dass der Bf dabei einen Hausschuh über die Terrasse und das Terrassengeländer auf den Garagenvorplatz befördert hat.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl. VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl. mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 10. A, 2007, Rz 610).

 

Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl. z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl. VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977).

 

In der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts sind Beschwerden gegen die zwangsweise Einlieferung in psychiatrische Krankenanstalten schon vor dem Unterbringungsgesetz als zulässig angesehen worden (vgl. VfSlg 8.180/1977 und VfSlg 11.784/1988, VwSlg 12.302 A/1986 und VwGH 17.6.1987, 85/01/0094).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Standpunkt in VwSlg 13.994 A/1994 auch für das Unterbringungsgesetz (UbG) aufrechterhalten und einige grundlegende Unterscheidungen getroffen, denen sich der Verfassungsgerichtshof jüngst angeschlossen hat (vgl. VfGH 8.3.2001, B 1723/00-9). Nach dem § 18 UbG ist Gegenstand des gerichtlichen Prüfverfahrens die Zulässigkeit der Unterbringung (iSd § 2 UbG) des Kranken in der Anstalt. Eine Unterbringung liegt vor, sobald eine in eine Anstalt eingelieferte Person durch Anstaltspersonal Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen wird (vgl. näher VwSlg 13.994/1994). Somit erstreckt sich die gerichtliche Kontrollbefugnis nicht auch auf die der Unterbringung vorangegangenen sicherheitsbehördlichen Maßnahmen. Deren Überprüfung fällt vielmehr in die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate. Unzulässig sind dagegen Maßnahmenbeschwerden gegen Anstaltsakte.

 

Die gegenständliche Beschwerde gegen die unverhältnismäßig ausgeübte verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt durch das Anlegen von Handfesseln bei der  Einlieferung in die Oö. Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg ist daher zulässig.

 

4.2. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.

 

Die Anwendung von Körperkraft kann gegen Art. 3 EMRK verstoßen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies für Ohrfeigen (VfSlg 8.296/1978, 10.052/1984), Fußtritte (VfSlg 10.250/1984, 11.095/1996, 11.144/1986, 11.230/1987, 11.687/1988), Schläge (VfSlg 8.645/1979, 10.250/1984, 11.096/1986, 11.170/1986, 11.328/1987, 11.421/1987, 12.603/1991) mehrfach ausgesprochen.

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verstößt eine den Grundsätzen des Waffengebrauchsrechts 1969 entsprechende verhältnismäßige und maßhaltende Zwangsausübung nicht gegen Art 3 EMRK (vgl. VfSlg 9.298/1981, 10.250/1984, 10.321/1985, 10.427/1985, 11.809/1988, 12.271/1990). Eine physische Zwangsmaßnahme verstößt nur dann auch gegen Art. 3 EMRK, wenn qualifizierend eine "gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person" hinzutritt (vgl. Nachw bei Mayer, BVG2, 530, II.1. zu Art. 3 MRK).

 

Auf einfachgesetzlicher Ebene bestimmt § 9 Abs. 3 UbG, dass der Arzt (vgl. § 8) und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen haben. Sie haben, soweit das möglich ist, mit psychiatrischen Einrichtungen außerhalb einer Anstalt zusammenzuarbeiten und erforderlichenfalls den örtlichen Rettungsdienst beizuziehen.

 

Gemäß § 3 UbG, der die Voraussetzungen der Unterbringung regelt, darf in einer Anstalt nur untergebracht werden, wer

1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und

2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer Anstalt ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.

Voraussetzung für die Unterbringung ist demnach eine psychische Krankheit verbunden mit erheblicher Leibes- oder Lebensgefährdung sowie dem Fehlen ausreichender Behandlungsmöglichkeiten außerhalb einer Anstalt.

 

Nach § 8 UbG darf eine Person gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine Anstalt gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen.

 

Nach § 9 Abs. 1 UbG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt und verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur Untersuchung zum Arzt (§ 8) zu bringen oder diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine Anstalt zu bringen oder dies zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden.

 

Daneben regelt auch § 46 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) eine Vorführungsbefugnis. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 46 Abs 1 SPG ermächtigt, Menschen, von denen sie aus besonderen Gründen annehmen, dass sie an einer psychischen Krankheit leiden und im Zusammenhang damit ihr Leben oder ihre Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährden, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt oder einem Polizeiarzt vorzuführen, sofern dies notwendig ist, um eine Untersuchung des Betroffenen durch diesen Arzt zu ermöglichen. Weiters sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, solche Menschen einer Krankenanstalt (Abteilung) für Psychiatrie vorzuführen, sofern der Arzt die Voraussetzungen für eine Unterbringung bescheinigt.

 

Auch Art. 1 Abs. 4 PersFrSchG 1988 schreibt die möglichste Schonung der Person des Festgenommenen und die Verhältnismäßigkeit von Beschränkungen vor.

 

4.3. Die Rechtmäßigkeit der Vorführung zum Amtsarzt und die mittels Parere erfolgte Verbringung in das WJKH wird selbst vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen. Im Beschwerdefall geht es ausschließlich um die Frage, ob die Fesselung des Bf mit Handschellen (Hände am Rücken) ab dem Zeitpunkt der Anlegung bis zur Verbringung in das WJKH rechtmäßig war.

 

Auch wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, die betroffene Person zur Untersuchung zum Amtsarzt und in der Folge in das WJKH zu bringen, ist dabei zufolge § 9 Abs. 3 UbG der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.

 

4.3.1.Das UbG enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, unter welchen Voraussetzungen im Zuge der Verbringung in eine Krankenanstalt das Anlegen von Handfesseln zulässig ist.

 

§ 9 Abs. 3 UbG sieht vor, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einerseits unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen haben und andererseits aber die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen haben. Leitgedanke ist dabei die Wahrung der Würde des Menschen.

 

Was im Sinn des § 9 Abs. 3 UbG "notwenig" ist, muss an der jeweiligen Situation gemessen werden.

 

In ständiger Rechtsprechung führt der Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH vom 8. August 2002, Zl. 99/11/0327; VwGH vom 27. September 2007, Zl. 2004/11/0152) unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (siehe VfSlg. 9836/1983, 11327/1987, 12271/1990 und 13044/1944; VfGH vom 5. Dezember 2001, B 1216/00) aus, dass die Fesselung mit Handschellen etwa dann nicht gerechtfertigt sei, wenn auf Grund der näheren Umstände eine konkrete Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Behördenorgane nicht ernstlich zu befürchten sei oder diesen auf eine maßvollere Weise als durch das Anlegen von Handfesseln möglich wäre, dem Widerstand einer Person zu begegnen. Auch zur Hintanhaltung einer möglichen Selbstgefährdung bzw. Selbstbeschädigung sei eine Fesselung nur dann zulässig, wenn sie "unbedingt erforderlich" im dargestellten Sinn ist (vgl. VwGH vom 27. September 2007, Zl. 2004/11/0152 und VwGH vom 26. Juli 2005, Zlen 2004/11/0070, 2004/11/0071).

 

Im Sinne der angeführten Judikatur ist das Anlegen der Handschellen nur dann zulässig und gerechtfertigt, wenn davon auszugehen ist, dass die Fesselung mit Handschellen im Rahmen dieser Amtshandlung eine Vorgangsweise darstellt, die "unbedingt" erforderlich (unabdingbar) ist.

 

Der vorliegende Fall weist mehrere Facetten auf, die aufgrund der Vermengung eine getrennte Beurteilung nicht zulassen. Zu prüfen ist daher, ob das Anlegen der Handfesseln zur Hintanhaltung einer konkreten Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Behördenorgane und/oder zur Hintanhaltung einer möglichen Selbstgefährdung bzw. Selbstbeschädigung des Bf gerechtfertigt ist und dem Widerstand des Bf nicht auf maßvollere Weise begegnet werden konnte.

 

Die einschreitenden Polizeibeamten kannten den Bf von früheren Amtshandlungen und verfügten somit über ein Sonderwissen, das sie bei ihrer Amtshandlung wesentlich beeinflusst hat. Ähnlich gelagerte Fälle in der Vergangenheit hatten zur Einweisung des Bf in das WJKH geführt. Aufgrund eigener Erfahrungen war ihnen ebenfalls bewusst, dass der körperlich eher schmächtig wirkende Bf (168 cm groß) im Falle einer Alkoholisierung über ein enormes Aggressionspotential verfügt und dabei auch nicht vor Tätlichkeiten gegen Dritten zurückschreckt. Beispielsweise war der Bf Mitte März 2009 wegen einer Körperverletzung angezeigt worden, da er in alkoholisiertem Zustand seine geschiedene Gattin verletzt hatte.

 

Wie sich aus dem Beweisverfahren ergibt, schritten die Polizeibeamten in Kenntnis der Selbstmordankündigung maßvoll ein und überließen vorerst den anwesenden Sanitätern die Gesprächsführung. Damit sollte eine Unterbringung im WJKH auf Verlangen des Bf erreicht werden. Nachdem sich die Gespräche mehrere Minuten lang hingezogen hatten und keine Bereitschaft des deutlich alkoholisierten Bf (2,07 Promille) erkennbar war, mit den Sanitätern im Rettungswagen in WLKH mitzufahren, sich sein Verhalten erkennbar zu ändern begann (verkrampfende Gesichtsmimik, geballte Fäuste), die zumindest zweimal wiederholte Selbstmordandrohung "ich bringe mich sowieso um", "es ist egal, wo ich mich runter haue", die Aufforderung an alle Anwesenden, dass sie sich "schleichen sollen", weil er sowieso nicht mitfahre, blieb den anwesenden Polizeibeamten nach der allgemeinen Lebenserfahrung keine andere Wahl, als den Bf mit Zwangsgewalt aus dem Haus zu schaffen. Die unmissverständliche Aussage, "es ist eh egal, wo ich mich runter haue", verbunden mit der nachdrücklichen Weigerung, mit den Rettungswagen mitzufahren, verpflichtete die Polizeibeamten zum Einschreiten, da der Bf seine Drohung wahrmachen und aus einem Wohnzimmerfenster springen hätte können. Die im engen Gang vor dem Wohnzimmer warteten Polizeibeamten hätten den Bf an der Ausführung seiner Androhung nicht hindern können, da sich zwischen dem Bf und ihnen die beiden Sanitäter befunden haben. Da der Grad des Aggressionspotentials zu diesem Zeitpunkt das Anlegen der Handfesseln wohl zu Recht noch nicht gestattet hat, packte GrInsp x den Bf am Oberarm und drehte ihn in den Gang mit dem Kopf an den an der Wand befindlichen Spiegel. Der grundsätzlich körperlich unterlegene, jedoch durch die deutliche Alkoholisierung unberechenbar und aggressiv agierende Bf versuchte sich dem Griff zu entwinden. Wie der Bf selbst darlegte, gelang ihm dies deshalb nicht, weil GrInsp x unterstützend beisprang und den Bf am zweiten Oberarm packte. So fixiert konnte sich der Bf nicht mehr befreien. Um dennoch loszukommen und eine Lockerung der Fixierung an den Oberarmen zu erreichen, spuckte der Bf in Richtung GrInsp x. Zur Vermeidung einer Selbstverletzung des Bf im engen Gang bzw. Hintanhaltung einer eigen Verletzung hoben die beiden Polizeibeamten den Bf kurzzeitig hoch, damit er zügig ins Freie geschafft werden konnte. Obwohl der ganze Vorgang in etwa eine Minute in Anspruch nahm, steigerte sich das – im Wesentlichen nur von den einschreitenden Beamten wahrnehmbare - Aggressionspotential des Bf deutlich. Bedingt durch das Hochheben bekam der Bf seine Beine frei und er begann sofort diese Situation auszunutzen und gegen die Polizeibeamten zu treten. Dabei trat der Bf so kraftvoll, dass ein Hausschuh quer über die Terrasse und das Terrassengeländer auf den Garagenvorplatz geflogen ist.

 

Im Hinblick auf die mehrfach glaubwürdig geäußerten Selbstmordankündigungen, den massiven Widerstand, mit dem der Bf die Verbringung vom Wohnzimmer ins Freie verhindern wollte und die teils versuchten und teils durchgeführten Tätlichkeiten gegen die Polizeibeamten lag unwidersprochen sowohl eine konkrete Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Polizeibeamten als auch eine mögliche Selbstgefährdung vor.

 

In dieser Situation wäre es jeder Lebenserfahrung nach undenkbar gewesen, den Bf ohne weitergehende Sicherungsmaßnahmen einfach im Freien auf die Bank neben die Haustür zu setzen. Da der Erfahrung der Polizeibeamten entsprechend mit der Ankunft des Arrestantenwagens nicht innerhalb weniger Minuten zu rechnen war, wäre es dem nicht mehr fixierten Bf wohl jederzeit leicht möglich gewesen, aufzuspringen, sich über das Terrassengeländer hinunterzustürzen oder gegen die Polizei tätlich vorzugehen. Auch wenn er den Polizeibeamten körperlich unterlegen ist, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Bf im vorliegenden Fall deutliche Alkoholisierungsmerkmale aufgewiesen hat, er die Sachlage nicht klar einschätzen konnte und amtsbekannt war, dass er in einem solchen Zustand über unkontrollierbare Körperkräfte verfügt und auch nicht davor zurückschreckt, gegen ihm nahestehende Personen (geschiedene Gattin) tätlich vorzugehen.

 

Im Hinblick auf die relevanten Normen konnten die Polizeibeamten bei dieser Ausgangslage nicht auf maßvollere Weise reagieren und waren daher gehalten, den Bf unmittelbar nach dem Erreichen der Terrasse auf dem Boden zu fixieren und ihm die Handfesseln (Hände am Rücken) anzulegen.

 

Das Eintreffen des Arrestantenwagens wurde auf der Terrasse abgewartet. Der Wartebereich (Bank), der sich unter der Markise auf der Terrasse befand, ist zwar als suboptimal einzustufen, aber bedingt durch die Wetterverhältnisse (leichter Regen) kam eine andere Örtlichkeit nicht in Frage. Um während der Wartezeit die Möglichkeit für ein überraschendes Loslaufen des Bf und einen Sprung über das Terrassengeländer in die Tiefe (die Terrasse ist stellenweise ca. 3,5 Meter hoch) zu minimieren, ist es nachvollziehbar, dass das Anlegen der Handfessel (Hände am Rücken) unbedingt erforderlich gewesen ist.

 

Trotzdem der Bf mit dem Gesicht nach unten auf den nassen Terrassenboden gelegt wurde, kann das Einschreiten bei dieser Fallkonstellation weder als erniedrigend noch als nicht maßgerecht betrachtet werden. Den Polizeibeamten bot sich keine Alternative zu dieser Vorgangsweise. Dass die Sicherungsmaßnahme nicht der Erniedrigung des Bf diente, zeigt auch das weitere Verhalten der Polizeibeamten auf. Unmittelbar nach dem Anlegen der Handfesseln wurde der Bf "aufgestellt" und ihm die Möglichkeit zum Niedersetzen unter der Markise (Schutz vor dem Regen) eingeräumt. Davon hat der Bf unverzüglich Gebrauch gemacht.

 

Auch wenn einige der anwesenden Personen die Vorgangsweise der Polizeibeamten als überzogen oder aggressiv bezeichnet haben, so ist das darauf zurückzuführen, das diese lediglich das Herumstrampeln bzw. Herumtreten des Bf wahrgenommen haben. Durch die Fixierung an den Oberarmen und der damit verbunden Bewegungseinschränkung trat der massive Widerstand des Bf nach außen kaum in Erscheinung und konnte in der Deutlichkeit nur von der Polizeibeamten – nicht aber von den Zeugen - wahrgenommen (gespürt bzw. verspürt) werden.

 

Aufgrund der besonderen Fallkonstellation war das Anlegen der Handfesseln unbedingt erforderlich und die Vorgangsweise als rechtmäßig zu beurteilen.

 

4.3.2. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist auch zu prüfen, ob der Bf durch das lange Aufrechthalten der Sicherungsmaßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist.

 

Die deutliche Beruhigung des Bf nach dem Anlegen der Handfesseln ist im Wesentlichen auf die Wirkung der Sicherungsmaßnahme zurückzuführen. Während der Wartezeit von 15 bis 20 Minuten hat sich der Bf, wie aus dem Beweisverfahren ersichtlich, abgesehen von sporadischen Tritten mit den Füßen in Richtung der Polizeibeamten und Reißen an den Handfesseln, relativ ruhig verhalten. Dadurch, dass die Polizeibeamten in einem "Sicherheitsabstand" Aufstellung nahmen, um einerseits Tritten auszuweichen und andererseits mögliche Fluchtwege abzuschneiden, darüber hinaus dem Bf das Rauchen einer Zigarette ermöglichten, trugen sie wesentlich zur Beruhigung des Bf bei.

 

Trotz dieser relativ schnell eingetretenen Beruhigung des Bf wäre die Abnahme der Handfesseln wenige Minuten nach den massiven, wenn auch nur kurz andauernden Widerstandsversuchen und versuchten körperlichen Attacken gegen die Polizeibeamten wohl nicht vertretbar gewesen. Es würde jeder Lebenserfahrung widersprechen, dass sich eine derart aufgebrachte Person so schnell beruhigt und ihren Widerstand aufgibt, obwohl sich aus ihrer Sicht die Lage nicht entsprechend ihrer Vorstellungen verändert hat. Zu Recht haben die Polizeibeamten während des Wartens auf den Arrestantenwagen die Sicherungsmaßnahme aufrecht gehalten.

 

Da sich der Bf auch nach dem Eintreffen des Arrestantenwagens der beabsichtigten Vorführung zum Amtsarzt nicht mehr widersetzte und erkennbar in sein Schicksal gefügt hat, stellt sich die Frage, ob nicht bereits ab diesem Zeitpunkt die Sicherungsmaßnahme aufgehoben werden hätte müssen. Einerseits war die angekündigte Selbstmordandrohung ("Egal wo ich mit runter schmeiße") ab dem Besteigen des Arrestantenwagens von ihm nicht mehr zu verwirklichen und andererseits konnte er auch die Polizeibeamten keiner konkreten Gefährdung mehr aussetzen.

 

Selbst wenn man zum Ergebnis käme, dass während der Vorführung zum Journalbeamten und zum Amtsarzt die Sicherungsmaßnahme noch unabdingbar gewesen wäre, war diese jedenfalls ab Beginn der amtsärztlichen Untersuchung nicht mehr erforderlich. Der Amtsarzt konnte während der gesamten Untersuchung keinerlei aggressives Potential beim Bf feststellen. Im Gegenteil, er ging eindeutig davon aus, dass sich der Bf ausschließlich in einem depressiven Zustand befunden hat, der ein aggressives Verhaltensmuster ausschließe (Zitat: "depressiv ist nicht aggressiv"). Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, war der Situationsbeurteilung durch GrInsp x nicht zu folgen und davon auszugehen, dass sich der Bf mit seiner Lage abgefunden hatte. In der mündlichen Verhandlung ist auch nicht hervorgekommen, dass der Bf nach Abschluss der amtsärztlichen Untersuchung und der Verbringung zum Rettungsauto ein aggressives Verhalten gezeigt hat, das wiederum bzw. weiterhin die Sicherungsmaßnahme in der vorliegenden Art erforderlich gemacht hätte. Nach umfassender Befragung räumte GrInsp x ein, dass der Bf im Rettungsauto nicht festgezurrt wurde, sondern nur der Sicherheitsgurt angelegt worden ist, um allenfalls ein verkehrsbedingtes Fallen zu verhindern.

 

Ebenso wenig ist das von den Polizeibeamten beschriebene Verhalten des Bf im WJKH geeignet, die weitere Sicherung mittels Handfesseln zu rechtfertigen. Reduziert auf den wesentlichen Kern lässt sich daraus weder eine konkrete Gefährdungssituation ableiten noch ansatzweise eine Fluchtabsicht erkennen.  

 

Durch die Aufrechterhaltung der Sicherungsmaßnahme (Handfesseln am Rücken) zu Beginn der amtsärztlichen Untersuchung und deren Beibehaltung bis zur Verbringung ins WJKH wurde gegen das Schonungsgebot verstoßen und der Bf dadurch in seinen Rechten verletzt.

 

4.4. Abschließend ist zum Vorbringen der belangten Behörde ergänzend auszuführen:

Gemäß § 26 Abs. 1 Anhalteordnung dürfen Fesseln einem Festgenommenen nur angelegt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Betroffene werde

1. sich selbst oder andere gefährden;

2. fremde Sachen nicht nur geringen Wertes beschädigen;

3. flüchten;

4. eine Amtshandlung, an der er mitzuwirken hat, zu vereiteln versuchen.

 

Nach § 26 Abs. 4 Anhalteordnung ist bei jeglicher Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt besonders darauf zu achten, dass sie – nach Art, Umfang und Dauer – die Verhältnismäßigkeit zum Anlass wahrt. § 10 der Richtlinien­verordnung, BGBl. Nr. 266/1993, gilt. 

 

Wie sich insbesondere aus den §§ 1, 3 und 26 Anhalteordnung, aber auch aus dem Gesamtregelungszweck dieser Verordnung ergibt, bezieht sich diese lediglich auf das Verhältnis zwischen Aufsichtsorganen und Häftlingen, also Personen, die im Haftraum einer Sicherheitsbehörde angehalten werden. Die Festnahme einer Person durch ein Sicherheitsorgan und deren Vorführung vor die Behörde selbst ist hingegen vom Anwendungsbereich der Anhalteordnung nicht umfasst. § 26 Abs. 2 Anhalteordnung vermag daher im gegenständlichen Fall keinen tauglichen Maßstab für die Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Amtshandlung zu bilden (siehe bereits Oö. Verwaltungssenat vom 28. Juni 2000, VwSen-420273/55/Gf/Km).

 

5. Gemäß § 79a Abs. 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß § 79a Abs. 2 AVG der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist gemäß dem § 79a Abs. 3 AVG die belangte Behörde die obsiegende Partei und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Nach § 79a Abs. 4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach § 79a Abs. 6 AVG ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solchen allgemeinen Antrag hat der Bf gestellt.

 

Nach der am 1. Jänner 2009 in Kraft getretenen UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr.456/2008) beträgt der Ersatz des Bf als obsiegende Partei für Schriftsatzaufwand 737,60 Euro und den Verhandlungsaufwand 922,00 Euro. Der obsiegende Bf hatte demnach Anspruch auf Ersatz des Schriftsatz- und Verhandlungsaufwandes zuzüglich der Eingaben- und Beilagengebühr von 38,40 Euro für die Beschwerde. Dementsprechend war der Bund als der Rechtsträger, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, zum Ersatz des Betrages von insgesamt 1698 Euro zu verpflichten.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 Blg NR 19. GP, 14 f).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabe- und Beilagegebühren in Höhe von 38,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

                                                                                   

 

Mag. Christian Stierschneider

 

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