Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164250/9/Bi/Th

Linz, 15.10.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 29. Mai 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom
8. Mai 2009, VerkR96-15785-2007-Pm/Pi, wegen Übertretungen des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 8. Oktober 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) im Schuldspruch bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausge­sprochen wird.

     In den Punkten 2) und 3) wird das angefochtene Straferkenntnis       behoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils eingestellt.

 

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 21 und 45 Abs.1 Z1 und 2 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 102 Abs.1 iVm 4 Abs.5 und 134 Abs.1 KFG 1967, 2) § 1 der Verordnung des Amtes der Oö. Landesregierung vom 21. Juni 2004, LGBl.Nr.37/2004, iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 und 3) §§ 102 Abs.1 iVm 101 Abs.1 lit.e und 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 30 Euro (12 Stunden EFS), 2) 200 Euro (72 Stunden EFS) und 3) 100 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 19. Jänner 2007, 16.35 Uhr, den Lkw X in der Gemeinde Klaus an der Pyhrnbahn auf der B138 bei km 42.700 gelenkt habe,

1) ohne dass es den Vorschriften des KFG entsprochen habe, da festgestellt wor­den sei, dass beim angeführten Fahrzeug die Sicherheitsgurte nicht den Vor­schrif­ten entsprochen hätten, obwohl Kraftfahrzeuge der Klassen ... N2 ... für jeden Sitzplatz mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sein müssen, die hinsichtlich ihrer Befestigung am Fahrzeug der Bauart des Fahrzeuges entsprechen. Es sei festgestellt worden, dass der Gurt für den Lenker ausgebaut worden sei (Gurt­ver­schluss und obere Gurtführung seien vorhanden gewesen).

2) habe er als Lenker insofern der genannten Verordnung zuwidergehandelt, als er den Lkw entgegen dem Fahrverbot für Lkw mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t (ausgenommen Ziel- und Quellverkehr) auf der B138 gelenkt habe.

3) habe er sich als Lenker, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG entsprochen habe, da festgestellt worden sei, dass die Ladung nicht vor­schrifts­mäßig gesichert gewesen sei, obwohl die Ladung und auch einzelne Teile dieser auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sein müssen, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefähr­det wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeig­nete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den  Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Trans­port­schutz­kissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungs­si­ch­er­ungs­mittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist. Es sei festgestellt worden, dass auf der Ladefläche des Lkw (Con­tainer­auf­bau) insgesamt 4 Stück Paletten mit insgesamt 741 kg ungesichert befördert worden seien.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 33 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 8. Oktober 2009 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters X und der Zeugen Meldungsleger RI X (Ml) und KI X (KI X) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die zeugenschaftliche Einvernahme von KI X wurde ver­zichtet und die Berufungsentscheidung mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, X habe damals den Gurt ausgebaut und auch X habe das nicht abgestritten; er verstehe nicht, warum dieser Tatvorwurf weiterhin aufrechtgehalten werde. Er habe bei der Familie X in Klaus 110 eine Zustellung durchgeführt und sehe nicht ein, warum er aus Richtung Graz kommend die Ausfahrt Klaus zu benützen gehabt hätte. Die Erstinstanz habe von Geographie keine Ahnung, aber er als ehemali­ge­r Ausländer solle sich auskennen. Er habe auch keine technischen Möglich­keiten gehabt, sondern nach der Landkarte fahren müssen, Personen auf der Straße gefragt und keinen Routenplanausdruck gehabt. Die Ladung sei form­schlüssig geladen gewesen, dazu beantrage er die Einvernahme der Polizisten. Er habe keine Verwaltungsübertretungen begangen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­­lichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter ge­hört, die Ausführungen der Erstinstanz berücksichtigt wurden und der Meldungs­leger unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugen­schaftlich ein­­ver­nommen wurde. Außerdem wurden anhand der im Akt befind­lichen Roll­fuhrliste die vom Bw anzufahrenden Adressen örtlich anhand der DORIS-Land­karte einer Fahrstrecke zugeordnet.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw war am Vorfallstag als Kraftfahrer im Zustelldienst tätig und lenkte einen auf die X GmbH, X, zugelassenen Lkw mit einem höch­sten zulä­ss­igen Gesamtgewicht von fast 7,5 t. Darin befanden sich mehrere auf Paletten fixierte Pakete, die er für die X GmbH in X anhand einer Rollfuhrliste im Bereich zwischen Windischgarsten bzw Roßleiten und der Umge­bung von Kirchdorf/Krems (Micheldorf, Schlierbach usw) zuzustellen hatte.

Wie aus der Rollfuhrliste ersichtlich ist, hatte der Bw in St. Pankraz bei der X Bau eine Palette mit Ware zugestellt – dieser Abschnitt ist auf der Rollfuhrliste vom Empfänger unterschrieben – und war unmittelbar vorher bei der Fami­lie X in X. X liegt zwar noch im Ortsgebiet Klaus, jedoch am nördlichen Ende und die Hausnummern sind dort, wie im DORIS-Ortsplan ersichtlich, nicht straßenweise geordnet, sodass die Aussage des Bw, er habe mangels Navigationsgerät die Adresse mühsam erfragen müssen, durchaus nachvollziehbar ist.

Die Anhaltung erfolgte kurz vor der Autobahnauffahrt Klaus, wobei der Bw auf der B138 in Richtung X zur nächsten Lieferadresse unterwegs war.

 

Dass, wie vom Ml festgestellt, beim gelenkten Lkw der Sicherheits­gurt nach dem Ausbau wesentlicher Bestandteile nicht zum gedachten Zweck verwend­bar war, hat der Bw nicht bestritten, auch wenn der für den Fuhrpark der Fa X Verantwortliche Zeuge X sich bei seiner Zeugeneinvernahme am 11. Juni 2008 an nichts erinnern konnte.

Zur letztlich unbestritten fehlenden Ladungssicherung ist in der Verhandlung her­vor­ge­kommen, dass beim Lkw die da­für erforderlichen Leisten, in deren Ösen die zum Befestigen der einzelnen Teile der Ladung zu verwendenden Zurrgurte übli­cher­weise eingehängt werden, nicht vorhanden waren, sodass der Bw gar keine andere Möglichkeit als eine formschlüssige Ladung der einzelnen Paletten und Gegenstände hatte – wobei sich diese aber von Lieferung zu Lieferung reduzierten, sodass ein formschlüssiges Laden der wenigen verbleibenden noch zuzustellenden Stücke letztlich un­mög­lich wurde. Bei der Anhaltung bei km 42.7 der B138 waren nur mehr vier Paletten vorhanden, die der Bw auf Anweisung des Ml auch nach vorne und seitlich formschlüssig zusammenschob, jedoch war eine Sicherung nach hinten auf dem wegen des starken Regens nassen Boden des Containers unmöglich, was den Ml dazu bewog, den Bw weiterfahren zu lassen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 in der am 19. Jänner 2007 geltenden Fassung, BGBl.I Nr.57/2006 (in Kraft von 15.11.2006 bis 31.7.2007) darf ein Kraftfahr­zeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften ent­sprechen. 

Gemäß § 4 Abs.5 KFG 1967 in der Fassung BGBl.I Nr.117/2005 (in Kraft von 1.1. 2006 bis 31.7.2007) müssen Kraftfahrzeuge der Klassen ... N2 ... (mit hier nicht zutreffenden Ausnahmen wie Feuerwehr-, Heeresfahrzeuge, nicht quer zur Fahrt­richtung angeordneten und Notsitzen) für jeden Sitzplatz mit Sicherheitsgurten aus­ge­rüstet sein, die hin­sicht­lich ihrer Befestigung am Fahrzeug der Bauart des Fahr­zeuges entsprechen.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH schließt diese Verpflichtung des Lenkers die Verpflichtung mit ein, die Inbetriebnahme und das Lenken des Kraftfahrzeuges zu unterlassen, wenn das "Überzeugen" zum Ergebnis eines gesetzwidrigen Zu­stan­­des beim Kraftfahrzeug geführt hat (vgl E 24.5.1989, 89/02/0010; uva), was aber beim Bw angesichts seines Arbeitsverhältnisses praktisch unmöglich gewe­sen sein dürfte.

 

Er hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand ohne jeden Zweifel erfüllt, wobei aber auf der subjektiven Tatseite geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 VStG anzunehmen ist – auch unter Berücksichtigung der strafmildernden  ohne Zweifel überlangen Verfahrensdauer war gemäß § 21 VStG vorzugehen und eine Ermahnung auszu­spre­chen.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung betreffend ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge auf bestimmten Straßenstrecken im Bundesland Ober­öster­reich, LGBl.Nr.37/2004, ist ua auf der B138 Pyhrnpass Straße von der Kreu­zung B138/B1/B137 bis zur Anschlussstelle Spital am Pyhrn, jeweils beide Fahrt­richtungen, das Fahren mit Lastkraftfahr­zeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t verboten. Gemäß § 2 sind vom Verbot nach § 1 Fahrten im Ziel- und/oder Quellverkehr für Gebiete, die ohne Benützung der vom Verbot nach § 1 erfassten Wegstrecke nicht ohne Umweg erreicht werden können, ausgenommen.

 

Der Bw hatte, wie aus der vorgelegten Rollfuhrliste unzweifelhaft hervorgeht, zu­nächst bei der Autobahnanschlussstelle St. Pankraz eine Zustellung vorzu­nehmen, dann in Klaus und danach in Schön. Abgesehen von den aufgrund der örtlichen Lage der Lieferadresse glaubhaft behaupteten örtlichen Un­kennt­nissen des Bw wäre durch das Befahren der A9 ein "Retourweg" nach Klaus erforderlich ge­wesen, dh ein (nicht unerheblicher) Umweg.

Damit greift die Ausnahmebestimmung des § 2 der in Rede stehenden Verord­nung, weil nach deren Wortlaut die Adresse in Klaus ohne Benützung der vom Fahr­ver­bot erfassten Wegstrecke nicht ohne Umweg erreicht werden könnte. Ob ein solcher Umweg zumutbar gewesen wäre, war nicht zu prüfen, weil die Ver­ordnung weder eine örtliche noch eine zeitliche Zumutbarkeit eines Umweges vorsieht. Die Fahrt des Bw war als Ziel- und Quellverkehr bezogen auf die vom Fahrverbot erfassten Abschnitt der B138 anzusehen. Dass damit die Verordnung "zahnlos" wird und allein durch die Ausnahmeformulierung ihren eigentlichen (im Hinblick auf die Lebensqualität der Bewohner des Fahrverbotsbereichs sehr wohl sinnvoll gemeinten) Zweck selbst vereitelt, ist keine Frage des ggst Verwaltungs­straf­verfahrens. Aus diesen Überlegungen war mit der Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG vorzugehen. 

 

Zu Punkt 3) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 101 Abs.1 lit.e KFG 1967 in der am 19. Jänner 2007 geltenden Fassung BGBl.I Nr.117/2005, ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhän­gern unbe­schadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn e) die Ladung und auch einzelne Teile dieser, auf dem Fahrzeug so ver­wahrt oder durch geeig­nete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahr­betrieb auf­tretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so ver­staut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zuein­ander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können; dies gilt jedoch nicht, wenn die Ladegüter den Laderaum nicht verlassen können und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist, sofern ausreichend feste Abgrenzungen des Laderaumes ein Herabfallen des Ladegutes oder Durchdringen der Laderaumbegrenzung verhindern.

 

Die Anhaltung erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem der Bw laut Rollfuhrliste wesentliche Teile der ursprünglich bei Fahrtantritt vorhandenen Ladung bereits zugestellt hatte. Mangels jeglicher Beweise ist der Aussage des Bw, bei Fahrtantritt (in Haid) sei die Ladung gesetzesgemäß formschlüssig geladen gewesen, nichts entgegenzuhalten. Da bei einem Zustelldienst die geladenen Stücke von Adresse zu Adresse naturgemäß reduziert werden, ist eine formschlüssige Ladung schon wegen der bei der Anhaltung vorhandenen (nur mehr) vier Paletten nicht mehr möglich, was auch vom Ml bestätigt wurde, der die Ladung fotografiert, gleichzeitig aber eingeräumt hat, der Bw habe sich bemüht, die noch vorhandenen Stücke so weit zusammenzuschieben, dass wenigstens zur Stirnwand und den Seitenwänden hin, sicher aber nicht nach hinten von Formschlüssigkeit ausgegangen werden kann. Dabei war auch dem Ml nach eigener Aussage bewusst, dass der Bw eine kurze Wegstrecke nach der Amtshandlung eine weitere Zustellung in Schön vornehmen würde, sodass danach für die weiter anzufahrenden Ziele keine Formschlüssigkeit mehr gegeben sein werde.

Tatsache ist aber, wie auf den Fotos ersichtlich und auch vom Ml zeugenschaftlich bestätigt, dass beim vom Bw gelenkten Lkw in technischer Hinsicht keinerlei Vorrichtung zum Einhängen von Zurrgurten vorhanden war, was aber im Ergebnis nicht dem Bw vorzuwerfen ist, der als Arbeitnehmer im Transportgewerbe wohl nicht in der Position ist, eine solche Fahrt auch tatsächlich abzulehnen.

 

Selbst wenn man bei Fahrten, wie den von Bw als Zusteller durchgeführten, nach jedem Anfahren einer Zustelladresse mit Abladung eines Teils der Ladung von einem neuen Fahrtantritt ausgeht, sodass die Verpflichtung des § 102 Abs.1 KFG nach jedem Abladen eines Ladestückes neu besteht, sind die im § 101 Abs.1 lit.e KFG angeführten Kriterien zu berücksichtigen, dh die verbliebene einzelnen Teile der Ladung müssen so verstaut (oder durch geeignete Mittel gesichert) sein, dass sie den Laderaum nicht verlassen können und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird.

 

Im ggst Fall waren die einzelnen laut Fotos in Karton verpackten Ladestücke auf Paletten fixiert und wiesen weder vorstehende noch spitze Teile auf. Rechts auf dem unteren Foto der vom Ml vorgelegten Lichtbildbeilage ist ein in Plastik verpacktes Ladestück auf Rollen erkennbar, das aber offenbar seitlich festgebunden ist, dh nur mit geringer Bewegungsfreiheit herumrollen konnte. Da es während der Amtshandlung auch laut Ml stark geregnet hat, kann die auf den Fotos ersichtliche Nässe des Bodens des Containers (erkennbar durch die Spiegelung der Paletten auf dem Boden) zum Teil auch erst bei der Amtshandlung, bei der die hintere Ladebordwand offen war, entstanden sein, was für den Bw mehr Sorgfalt nach einem weiteren Zustellvorgang bedeutete. Ob der Bw, wie in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert wurde, die beiden an der Stirnwand ersichtlichen Paletten bei der letzten Lieferadresse nebeneinandergestellt hat und sie während der Fahrt verrutscht sind – der Ml meinte, sich an eine Position einer Palette in der Mitte des Bodens zu erinnern – oder die Palette schon vorher in der Mitte stand, konnte in der Verhandlung letztlich nicht geklärt werden. Dass der Bw sich während der Amtshandlung bemühte, einen annähernd formschlüssigen Zustand zu erreichen und die Paletten daher, auch während der Ml den Fotoapparat holte, zusammenschob, hat er auch selbst bestätigt. Wie schwer die einzelnen Stücke waren, ist unbekannt, die angeführten 741 kg betreffen alle vier Paletten.

Dass Teile der Ladung bei der Fahrt den Laderaum verlassen hätten können, ist schon von ihrer Form und dem Gewicht her auszuschließen und wurde auch nie behauptet, sodass eine Gefährdung der Verkehrssicherheit durch wenn auch über geringe Entfernungen innerhalb des Containers rutschende Paletten auszuschließen ist. Eine Gefährdung des sicheren Betriebes des Fahrzeuges oder einer Person ist schon deshalb auszuschließen, weil selbst im Fall einer Vollbremsung die Ladung nach vorne gerutscht wäre, wobei die Containerwand den Laderaum gegenüber der Fahrerkabine abschließt, und im Fall eines seitlichen Verrutschens, zB bei zu schnellem Befahren einer Kurve, ein Durchstoßen der Seitenwand vom Gewicht der einzelnen Teile her unwahrscheinlich ist, zumal niemand behauptet hat, dass der Lkw vom technischen Zustand her keinen einwandfreien Eindruck gemacht hätte. Nach hinten war eine Absicherung durch die Ladebordwand trotz eventuell rutschender Paletten zweifellos gegeben, sodass auch eine Gefährdung eventuell hinter dem Lkw befindlicher Verkehrsteilnehmer auszuschließen ist.

 

Auf dieser Grundlage steht nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens fest,  dass eine (ohne Zweifel unzweckmäßige) Ladungssicherung nur durch Zusammenschieben der Teile der Ladung erfolgte; eine umfangreiche Ladungssicherung war zum Zeitpunkt der Amtshandlung aber weder objektiv möglich noch im Sinne des 2. Satzes (2. Halbsatz) des § 101 Abs.1 lit.e KFG erfor­derlich, sodass dem Bw auch die Weiterfahrt gestattet wurde. Damit war mit einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG vorzugehen.  

 

zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Gurt bei Firmen-LKW angebracht -> § 21 VStG wegen geringfügiges Verschulden; LKW-Fahrverbot B138 "Umweg" + Ladungssicherung wegen 4 Paletten nicht erforderlich (keine Gefährdung, kein Verlassen des Laderaumes möglich -> Einstellung Z2)