Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163842/11/Sch/Ps

Linz, 27.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau X, vertreten durch Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
16. Dezember 2008, Zl. VerkR96-30567-2008-Pm/Pi, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes (KFG) 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung am 25. September 2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Dezember 2008, Zl. VerkR96-30567-2008-Pm/Pi, wurde über Frau X wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 106 Abs.5 Z2 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, verhängt, weil sie am 15. Juli 2008 um 08.50 Uhr in der Gemeinde 4050 Traun, Gemeindestraße Ortsgebiet, Kremstalstraße 70, als Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen X nicht dafür gesorgt habe, dass die Vorschriften des KFG eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass sie Kinder, welche das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und welche kleiner als 150 cm waren, befördert habe und diese dabei nicht mit einer geeigneten, der Größe und dem Gewicht der Kinder jeweils entsprechenden Rückhalteeinrichtung, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringert, gesichert hatte; Anzahl der beförderten Kinder: 1.

 

Überdies wurde die Berufungswerberin gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 7 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen. Dieser gab lebensnah und nachvollziehbar an, aufgrund des Zeitablaufes seit dem Vorfall sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Eine eingehende Befragung war daher nicht möglich. Der Berufungsbehörde steht somit das Beweismittel in Form einer inhaltlichen Zeugenaussage des Meldungslegers bei der Berufungsverhandlung nicht zur Verfügung. Ein allgemeiner Verweis auf die Angaben in der Polizeianzeige bzw. eine im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens erfolgte Zeugeneinvernahme können Angaben direkt vor der Berufungsbehörde grundsätzlich nicht ersetzen (vgl. § 51i Abs.1 VStG).

 

Nach Kenntnisnahme des Tatvorwurfes hat die Berufungswerberin mit Stellungnahme vom 6. Oktober 2008 angegeben, das von ihr beförderte Kind hätte eine äußerst schmerzhafte Geschwulst im Bereich der linken Hüfte gehabt. Durch den seitlich hochgezogenen Kindersitz wäre ein Druck auf die Geschwulst ausgeübt worden, was zu unerträglichen Schmerzen für das Kind geführt habe. Sie habe daher ein stabiles Sitzkissen (keinen Polster), welches die gleiche Höhe wie der Kindersitz aufgewiesen habe, besorgt und bei der konkreten Fahrt auch verwendet. Diese Umstände habe sie dem Meldungsleger bei der Amtshandlung versucht darzulegen, er sei aber darauf nicht eingegangen.

 

Ausgehend davon, dass dieses Vorbringen der Berufungswerberin durch Gegenbeweismittel nicht hinreichend widerlegt werden kann, war dieses entsprechend bei der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen.

 

4. Gemäß § 106 Abs.5 Z2 KFG 1967 hat der Lenker dafür zu sorgen, dass Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, die kleiner als 150 cm sind, in Kraftwagen, ausgenommen Fahrzeuge der Klassen M2 und M3, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern.

 

Auch wenn landläufig hierunter die Verwendung von Kindersitzen verstanden wird, spricht das Gesetz nicht expressis verbis davon, sondern von Rückhalte­einrichtungen. Eine Definition dieser Rückhalteeinrichtungen findet sich nicht in der Bestimmung des § 106 KFG 1967, der die Personenbeförderung regelt, sondern muss hiebei die Kraftfahrgesetz-Durchführungsnovelle 1967 zu Rate gezogen werden. Dort heißt es in § 1c Abs.2:

Rückhalteeinrichtungen für Kinder müssen der ECE-Regelung Nr. 44, BGBl. Nr. 267/1990, entsprechen. Als Rückhalteeinrichtungen für Kinder im Sinne des
§ 106 Abs.5 KFG 1967 gelten für Kinder

  1. ab einer Körpergröße von 135 cm auch nach der Regelung Nr. 16 genehmigte höhenverstellbare Dreipunktgurte, bei denen durch höhenverstellbare obere Verankerungspunkte oder in Verbindung mit höhenverstellbaren Sitzen der bestimmungsgemäße Gurtenverlauf über den Körper des Kindes erreicht wird,
  2. ab einem Gewicht von 18 kg ein Beckengurt ohne zusätzliche Rückhalteeinrichtung, wenn der Sitzplatz lediglich mit einem Beckengurt ausgerüstet ist und wenn die anderen Sitzplätze besetzt sind,
  3. ab vollendetem 3. Lebensjahr auch ein Beckengurt oder Dreipunktgurt ohne zusätzliche Rückhalteeinrichtung, wenn durch zwei auf den äußersten Sitzplätzen befestigte Rückhalteeinrichtungen auf dem mittleren Sitzplatz eine Rückhalteeinrichtung nicht befestigt werden kann.

 

Das oben erwähnte Bundesgesetzblatt Nr. 267/1990 beinhaltet die Verordnung des Bundeskanzlers vom 15. Mai 1990 über die Kundmachung der Regelung Nr. 44 gemäß dem Übereinkommen über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und -teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung.

 

In der Verordnung heißt es, dass die Kundmachung der Regelung Nr. 44 (Kinderrückhalteeinrichtung) gemäß dem Übereinkommen über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und -teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung durch Auflage zur Einsicht während der Amtsstunden im Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr und bei allen Ämtern der Landesregierungen zu erfolgen hat.

 

Durch Einsichtnahme in diese ECE-Regelung Nr. 44 kann man sich also kundig machen, was tatsächlich eine gesetzeskonforme Rückhalteeinrichtung ist.

Weist die Rückhalteeinrichtung das Genehmigungszeichen gemäß § 5 Abs.1 lit. c KFG 1967 auf, dann entspricht diese den Vorschriften.

 

Es kann davon ausgegangen werden, dass das von der Berufungswerberin für ihr Kind verwendete "stabile Sitzkissen" nicht in diesem Sinne rechtskonform war, andererseits ist damit auch nicht erwiesen, dass dieses Sitzkissen im Verein mit der Verwendung des Sicherheitsgurtes dem Zweck der Kindersicherung, nämlich die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall zu verringern, nicht entsprochen hätte.

 

Damit soll aber keinesfalls ausgesagt werden, dass es jedem Fahrzeuglenker frei steht, seiner Ansicht nach ausreichende Mittel zur Kindersicherung selbst nach Belieben festzulegen.

 

Die Berufungsbehörde vermag im konkreten besonders gelagerten Fall, noch dazu da die Berufungswerberin in diese Richtung erstmals in Erscheinung getreten ist, kein Verschulden im verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sinne zu erblicken. Anders wäre der Sachverhalt naturgemäß dann zu beurteilen, wenn aufgrund entsprechender Beweismittel davon auszugehen wäre, dass überhaupt keine oder bloß unzureichende Maßnahmen zur Kindersicherung gesetzt worden wären. Ein solches Beweismittel, insbesondere eine entsprechende Zeugenaussage des Meldungslegers vor der Berufungsbehörde, lag gegenständlich aber nicht vor.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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