Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530881/2/Bm/Sta

Linz, 22.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 13.2.2009, BZ-BA-0064-2007 Sei, betreffend die Vorschreibung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

         Die Berufung wird abgewiesen und der bekämpfte Bescheid des         Bürgermeisters der Stadt Wels vom 13.2.2009, BZ-BA-0064-
         2007 Sei, wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm. § 67a Abs.1 und 58  Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) und § 360 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt X vom 13.2.2009, BZ-BA-0064-2007, wurde der X, hinsichtlich der bestehenden Betriebsanlage am Standort X, folgende Zwangsmaßnahme gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994 aufgetragen:

"Zur Einhaltung des Bescheidkonsenses für die Betriebsanlage am Standort X,  MA2-GeBA-57-1992 und MA2-GeBA-77-1993 vom 19.09.1994 und BZ-BA-0064-2007 vom 29.11.2007, nämlich, dass während der Nachtstunden im gesamten Freibereich des nördlich des X gelegenen Betriebsanlagenteiles keine betrieblichen Aktivitäten und insbesondere keine LKW- und PKW-Fahrbewegungen stattfinden dürfen, sind zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr die vier Schiebetore (laut genehmigten Außenanlagenplan vom 07.02.1994, Plan-Nr. 2-04B) versperrt zu halten."

 

Begründend wurde im bekämpften Bescheid ausgeführt, für die gegenständliche Betriebsanlage sei unter anderem die Betriebsanlagengenehmigung unter den Aktenzahlen MA2-GeBA-57-1992 und MA2-GeBA-77-1993, Datum 19.9.1994, erteilt worden. Im Bescheid wurde die Verhandlungsschrift vom 5.4.1994 zum wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt und wurde in der Verhandlungsschrift im Befund des gewerbetechnischen Amtssachverständigen u.a. Folgendes festgehalten:

-         Der nördliche Bereich des X soll während der Nachtzeit mittels Schiebetore von den Lkw- und Pkw-Parkplätzen getrennt werden.

-         Nördlich des X sind während der Nachtstunden keine Lkw- und Pkw-Fahrbewegungen vorgesehen.

 

Bereits im Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30.10.2008 sei festgestellt worden, dass aus diesem Wortlaut klar und unzweifelhaft der Umfang des der Beurteilung unterzogenen Vorhabens betreffend Fahrbewegungen zur Tages- und Nachtzeit umschrieben sei.

Von der X werde der Genehmigungskonsens bestritten, allerdings stehe dieses Vorbringen widersprüchlich zu der Anzeige vom 2.8.2007, mit welcher die Kenntnisnahme einer genehmigungsfreien Änderung gemäß § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 beantragt worden sei. Der gegenständlichen Anzeige sei nämlich ein schalltechnischer Emissionsvergleich mit Datum 2.10.2007 angeschlossen worden, welcher die Aussage beinhaltet:

"Nachts finden Pkw- und Lkw-Fahrbewegungen nur im Bereich des nördlich der X befindlichen Abstellplatzes statt. Auf Grundlage dieser Einreichunterlage sei am 29.11.2007 der Kenntnisnahmebescheid erlassen worden und dabei der Aktenvermerk vom 8.11.2007 als wesentlicher Bescheidbestandteil erklärt worden. In diesem Aktenvermerk werde nochmals definitiv festgelegt, dass während der gesamten Nachtzeit, d.h., zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr im gesamten Freibereich des nördlich des X gelegenen Betriebsanlagenteiles der X keinerlei Aktivitäten genehmigt seien und in diesem Anlagenteil daher während der Nachtstunden weder Lkw- noch Pkw-Fahrbewegungen stattfinden, keine Verladetätigkeiten erfolgen, sowie auch keine Kühlaggregate von Lkw betrieben werden dürfen. Mit Verfahrensanordnung vom 31.1.2008 an die X sei die Aufforderung ergangen, den betriebsanlagenrechtlichen Bescheidkonsens für den Standort X, laut Bescheid vom 19.9.1994 binnen einer Frist von 4 Wochen einzuhalten. Bei dienstlichen Wahrnehmungen sowie Wahrnehmungen des Stadtpolizeikommandos X sei festgestellt worden, dass am 6.1.2009 zwischen 22.54 Uhr und 23.20 Uhr das Kühlaggregat eines Lkw's an der Laderampe im Bereich des nördlich des X gelegenen Firmenareals gelaufen ist und dieser Lkw schließlich zum letztgenannten Zeitpunkt von eben dort wegfuhr. Weiters wurde am 10.1.2009 von Polizeiorganen wahrgenommen, dass das Kühlaggregat des Lkw's mit dem Kennzeichen X am Firmengelände am 10.1.2009 um 22.12 Uhr in Betrieb war.

Nach Zitierung der einschlägigen Rechtsgrundlage wurde festgehalten, dass auf Grund der fortdauernden Überschreitung des Bescheidkonsenses und damit der Übertretung des § 366 Abs.1  Z3 GewO 1994 auf Rechtsgrundlage des § 360 Abs.1 GewO 1994 die Zwangsmaßnahme zu verhängen war.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Berufungswerberin durch ihre anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass die Rechtsansicht der Behörde, dass die Berufungswerberin den bestehenden Bescheidkonsens durch die im bekämpften Bescheid angeführten betrieblichen Aktivitäten überschreiten würde, unrichtig sei.

Unbestritten sei, dass die Berufungswerberin ua. am Standort X eine gewerbliche Betriebsanlage, die gewerbebehördlich genehmigt sei, betreibe. Gegen den Vorstand der Berufungswerberin, X, seien wegen angeblicher Überschreitungen des gewerbebehördlichen Konsenses bereits mehrere Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Diese Verwaltungsstrafverfahren resultieren in divergierenden Auffassungen betreffend die Frage, ob die Grundlagen einer schalltechnischen Projektsergänzung der Firma X vom 2.3.1994 bzw. der Befund eines Amtssachverständigen in einer Verhandlungsschrift als Bestandteil des Genehmigungskonsenses gelten und diesen einzuschränken vermögen würden.

Die Berufungswerberin vertrete die Auffassung, dass auf Grundlage der oben zitierten Bescheide Lkw- und Pkw-Fahrbewegungen während der Nachtstunden insbesondere im Freibereich des nördlich des X gelegenen Verladezone vom bestehenden Genehmigungskonsens erfasst seien und keiner gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfen würden. Zur Klärung dieser Rechtsfrage habe die Berufungswerberin am 28.2.2008 einen entsprechenden Feststellungsantrag gemäß § 358 GewO beim Magistrat der Stadt X als Gewerbebehörde I. Instanz eingebracht. Dieser Feststellungsantrag sei mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt X vom 28.3.2008 zurückgewiesen worden. Der dagegen erhobenen Berufung wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

Gegen diesen Bescheid hat die Berufungswerberin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt und ist das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof  zu Zl. 2008/04/0257 anhängig.

Nunmehr ist das jüngste Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3.9.2008, 2008/04/0085, hervorzuheben, welches dem gegenständlichen Sachverhalt sehr ähnlich sei. In dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Fall sei es – gleichgelagert wie im gegenständlichen Fall – um die Feststellung des Genehmigungskonsenses (hier: der genehmigten Schlachtzahlen) einer Betriebsanlage gegangen, wobei in jenem Verfahren die belangte Behörde auch davon ausgegangen sei, dass sich die Beschränkung des Genehmigungskonsenses auf die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Projektsunterlagen und der in der Verhandlungsschrift enthaltenen Beschreibung der Betriebsanlage ergebe. Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Fall der Beschwerde Folge gegeben, da nach Ansicht des Gerichtshofes die Limitierung der Schlachtzahlen nicht so klar gefasst sei, dass sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens zweifelsfrei erkennen lassen würden.

Im vorliegenden Fall liege ebenso keine Beschränkung des Genehmigungskonsenses betreffend das Laufenlassen von Lkw-Kühlaggregaten sowie betreffend die Fahrbewegungen auf dem Freibereich des Betriebsanlagengeländes nördlich des X vor, die dem vom VwGH in ständiger Rechtsprechung geforderten Bestimmtheitsgebot entsprechen würde.

Die bestehenden Unklarheiten würden sich schon ganz augenscheinlich aus der völlig uneinheitlichen und teilweise irreführenden Bezeichnung der unterschiedlichen Bereiche der Betriebsanlage: vom Amtssachverständigen selbst werde beispielsweise die Bezeichnung "der nördliche Bereich des X" und "nördlich des X" verwendet, hingegen sei im von der belangten Behörde zitierten schalltechnischen Bericht vom 2.3.1994 überhaupt nur vom Parkplatz die Rede. Richtigerweise bestehe jedoch nördlich des X auch eine Rampenanlage mit Lkw-Andockstellen, vor denen sich naturgemäß eine Lade- und Rangierzone befinde, welche keinesfalls als Parkplatz bezeichnet werden könne und wo offenbar die von der Behörde bemängelten Tätigkeiten stattgefunden hätten.

Der Befund eines Amtssachverständigen könne – abgesehen von der völlig unklaren und daher für eine Beschränkung des Konsenses untauglichen Diktion – richtigerweise nicht als Willenserklärung des Genehmigungswerbers angesehen werden, die zu einer Beschränkung des Projektumfanges und somit zu einer Einschränkung des Genehmigungskonsenses führen könnte.

Im zitierten Erkenntnis hat der VwGH wie folgt ausgeführt:

"Der im angefochtenen Bescheid festgestellte Umstand, dass der im Zuge der Genehmigung eines Stallzubaues immissionstechnischen Beurteilung eine Schlachtkapazität von 500 Schweinen und 150 Rindern pro Woche zu Grunde gelegte worden ist, lässt nicht auf eine verbindliche Anordnung einer Begrenzung der wöchentlichen Schlachtzahlen schließen."

Dies gelte auch hier:

Der Befund des technischen Amtssachverständigen stelle keine rechtlich relevante Willenserklärung des Projektwerbers, sondern lediglich jene Grundlage dar, auf der der Amtssachverständige sein Gutachten erstattet habe. Alleine der Befund eines technischen Amtssachverständigen könne daher nicht auf die verbindliche Anordnung einer Begrenzung von Fahrbewegungen schließen lassen. Hätte die Behörde die nunmehr unterstellte Einschränkung der Betriebstätigkeit in der Nacht gewollt, so hätte sie das durch Auflagen vorschreiben müssen.

Der von der Behörde unternommene Versuch, im Zurkenntnisnahmebescheid vom 29.11.2007 durch Verweis auf einen behördeninternen Aktenvermerk nachträgliche Einschränkungen des Konsenses vorzunehmen, müsse schon deshalb fehlschlagen, weil ein Zurkenntnisnahmebescheid nur deklarative und nicht konstitutive Bedeutung habe; aus diesem Grund seien in einem solchen Bescheid auch keine belastenden Nebenbestimmungen möglich – abgesehen auch davon, dass sie hier mangels ausreichender Bestimmtheit keine rechtsverbindliche Wirkung entfalten könnten.

 

Aus den genannten Gründen stellt die Berufungswerberin den Antrag, die Berufungsbehörde möge dieser Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt X hat die gegenständliche Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Im Grunde des § 67a Abs.1 AVG ist für die Entscheidung über diese Berufung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

 

4. De Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu BZ-BA-0064-2007.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs.1 AVG entfallen, da ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde und die Durchführung einer solchen vom erkennenden Mitglied im Hinblick auf die eindeutige Sachlage auf Grund des vorliegenden Akteninhaltes nicht für erforderlich gehalten wurde.

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Bei den Übertretungen gemäß § 366 Abs.1, Z1, 2 oder 3 der GewO 1994 handelt es sich um die Straftatbestände der Gewerbeausübung ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben (Z1), des Errichtens oder Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung (Z2) bzw. des Änderns einer genehmigten Betriebsanlage oder des Betriebes derselben nach einer Änderung ohne erforderliche Genehmigung.

 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der Gewerbeordnung 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur für die Verfügung von Maßnahmen die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an.  Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139). Dabei darf die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch jeweils notwendige Maßnahmen lediglich der "contrarius actus" zu jenen Zuwiderhandlungen sein, hinsichtlich derer der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht.

 

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat weiters zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung) zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gesetzt werden darf. Dabei bedeutet die "Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt, also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage, die Schließung des gesamten Betriebes, die Einhaltung einer Bescheidauflage etc.

 

 

Eingangs ist festzuhalten, dass von der Berufungswerberin das Stattfinden von Lkw- und Pkw-Fahrbewegungen auf dem Gelände der in Rede stehenden Betriebsanlage, nämlich im Bereich nördlich des X gelegenen Betriebsanlagenteiles, nicht bestritten wird; entgegengehalten wird allerdings, dass für diese Fahrbewegungen ein gewerbebehördlicher Konsens bestehe und sohin auch keine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 vorliege.

 

Diese Auffassung kann aus folgenden Gründen nicht geteilt werden:

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt X vom 19.9.1994 wurde auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der von der X. betriebenen Betriebsanlage erteilt.

Dieses Genehmigungsverfahren wurde durch den Antrag der Berufungswerberin vom 20.5.1992, geändert mit Eingabe vom 2.10.1992 und vom 9.8.1993 eingeleitet.

Im Zuge des von der Erstbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde eine mündliche Verhandlung am 5.4.1994 durchgeführt; dieser mündlichen Verhandlung wurde ein gewerbetechnischer Sachverständiger beigezogen, welcher sich mit dem beantragten Projekt sowohl in gewerbetechnischer als auch in lärmtechnischer Hinsicht auseinandergesetzt hat.

In der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat der gewerbetechnische Amtssachverständige in seinem Befund die wesentlichen Vorhaben und Beurteilungsgrundlagen, die sich aus dem Ansuchen und den beigelegten Projektsunterlagen ergeben haben, aufgenommen.

Im Befund (Seite 13 der Verhandlungsschrift) des gewerbetechnischen Amtssachverständigen wurde Folgendes festgehalten:

-         Der nördliche Bereich des X soll während der Nachtzeit mittels Schiebetüren von den Lkw- und Pkw-Parkplätzen getrennt werden.

-         Nördlich des X sind während der Nachtstunden keine Lkw- und Pkw-Fahrbewegungen vorgesehen.

 

In dem oben zitierten Bescheid des Bürgermeisters der Stadt X vom 19.9.1994 wurde im Spruch ausdrücklich diese Verhandlungsschrift vom 5.4.1994 zum wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt (Seite 9 des Bescheides). Die Verhandlungsschrift wurde dem Bescheid angeschlossen.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist es zulässig, im Spruch des Bescheides auf außerhalb des Bescheides gelegene Schriftstücke (insbesondere Verhandlungsschriften) und Gutachten in der Absicht Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen in den normativen Bescheidinhalt zu integrieren und solcher Art zum Inhalt des Bescheidspruchs zu machen (vgl. VwGH 21.9.2009, 99/06/00228, 27.6.2000, 2000/11/0035 u.a.).

Dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs.1 AVG wird durch eine solche Verweisung dann entsprochen, wenn zum einen der Bescheidspruch den Akt der Integrierung unzweifelhaft klarstellt, also erkennbar ist, was durch die mit dem Verweis bewirkte Rezeption Teil des Spruches wird. So bestehen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gegen eine Genehmigung "gemäß den einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildende und näher bezeichneten und datumsmäßig individualisierten Projektsunterlagen" keine Bedenken, sofern die im Spruch genannten Unterlagen ausreichend präzise gestaltet sind.

 

Die einen Bestandteil des gegenständlichen Genehmigungsbescheides bildende Verhandlungsschrift vom 5.4.1992 ist eindeutig individualisiert und zudem der Befund so präzise formuliert, dass das beantragte und damit nach Durchführung des Genehmigungsverfahrens vom Genehmigungskonsens umfasste Vorhaben, nämlich keine Lkw- und Pkw-Fahrbewegungen nördlich des X während der Nachtzeit eindeutig konkretisiert ist, sodass über den Umfang der Genehmigung keine Zweifel bestehen.

 

Soweit die Berufungswerberin das Erkenntnis des VwGH vom 3.9.2008, 2008/04/0085 ins Treffen führt, so wird darin zum Ausdruck gebracht, dass die Bezeichnung "ca." für den Betreiber der Anlage nicht klar ersichtlich macht, ab welcher wöchentlichen Schlachtzahl die bescheidmäßige Grenze überschritten wird. Vorliegend ist jedoch der Anlagenteil bzw. Bereich, der in der Nachtzeit durch Schiebetore versperrt zu halten ist und auf dem keine Fahrbewegungen stattfinden dürfen auch in Zusammenhang mit den vorgelegten Projektsunterlagen mit der Formulierung "der nördliche Bereich des X" bzw. "nördlich des X" ausreichend bestimmt. Darauf bezieht sich auch die Verfahrensanordnung und die nach § 360 Abs.1 GewO 1994 bescheidmäßig verfügte Maßnahme. Auf den von der Berufungswerberin zitierten schalltechnischen Bericht vom 2.3.1994 wird von der Erstbehörde im Hinblick auf den der Berufungswerberin zustehenden Genehmigungskonsens nicht Bezug genommen.

Soweit die Berufungswerberin darauf verweist, dass durch den Zurkenntnisnahmebescheid der belangten Behörde vom 29.11.2007 keine Einschränkung des Konsenses hervorgehen könne, so ist hiezu anzuführen, dass eine solche auch mit dem Zurkenntnisnahmebescheid nicht erfolgt ist, sondern sich der Genehmigungskonsens bereits aus dem Genehmigungsbescheid und der Verhandlungsschrift als Bestandteil dieses Bescheides ergibt, nämlich dahingehend, dass nördlich des X während der Nachtstunden keine Lkw- und Pkw-Fahrbewegungen vorgesehen sind sowie der nördliche Bereich des X während der Nachtzeit mittels Schiebetore von den Lkw- und Pkw-Parkplätzen getrennt werden soll.

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates zeigt das von der Erstbehörde durchgeführte Verfahren betreffend die Anzeige der Berufungswerberin gemäß
§ 81 Abs.2 Z9 GewO allerdings deutlich, dass der bestehende Genehmigungskonsens auf Grund der bis dahin bestehenden Genehmigungsbescheide für die Berufungswerberin klar war, wurde doch von der Berufungswerberin in Zusammenhang mit der Anzeige gemäß § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 ein schalltechnischer Immissionsvergleich, erstellt von der X-GmbH, vorgelegt, worin sich die Aussage befindet, "nachts finden Pkw- und Lkw-Fahrbewegungen nur im Bereich des nördlich der X befindlichen Abstellplatzes statt.

Für die Berufungswerberin hat demnach zumindest zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung kein Zweifel bestanden, wie weit der Genehmigungskonsens reicht, weshalb das diesbezügliche Argument der Berufungswerberin, der Genehmigungskonsens entspreche nicht dem geforderten Bestimmtheitsgebot, ins Leere geht.

 

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wurde die Berufungswerberin sohin von der belangten Behörde zu Recht zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes mit Schreiben vom 31.1.2008 aufgefordert und ebenso zu Recht, nachdem dieser Aufforderung aktenkundig nicht Folge geleistet wurde, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendige Maßnahme als contrarius actus zu der Zuwiderhandlung, nämlich der konsenslosen Änderung  der Betriebsanlage, vorgeschrieben.

 

Aus den oben genannten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 20.05.2010, Zl.: 2009/04/0311-7

 

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