Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150718/2/Re/Hue

Linz, 29.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/I. vom 26. November 2008, Zl. BauR96-45-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.  

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, d.s.  30 Euro,  zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
16 Stunden verhängt, weil er am 31. Juli 2008 als Kraftfahrzeuglenker im Gemeindegebiet von Sattledt eine Mautstrecke und zwar den Parkplatz der A8 bei km 0,600 bei der Raststation Voralpenkreuz benützt habe, indem er dort ein mehrspuriges Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen und zwar einen PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X abgestellt habe, ohne die zeitabhängige Maut vor der Benützung der Mautstrecke ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Am Fahrzeug sei lediglich eine abgelaufene Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der dagegen eingebrachten Berufung wird vorgebracht, dass er am 30. Juli 2008 das Kfz am gegenständlichen Parkplatz abgestellt habe, um anschließend eine Busreise bis 6. August 2008 anzutreten. Zum Zeitpunkt des Abstellens des Kfz sei die angebrachte Vignette noch gültig gewesen. Der Bw habe beabsichtigt, anlässlich der Heimfahrt (am 6. August 2008) eine neue Vignette zu erwerben. Somit sei zum Zeitpunkt der Benützung der Autobahn eine gültige Vignette am Kfz angebracht gewesen. Der Bw sei der Ansicht gewesen, durch das Abstellen des Autos auf dem Parkplatz keine mautpflichtige Bundesstraße iSd BStMG mehr zu benützen. Da auch das BStMG keine ausdrückliche Normierung dahingehend beinhalte, dass Parkflächen von Raststätten Mautstrecken darstellen, liege entschuldbarer Rechtsirrtum und damit der Schuldausschließungsgrund des § 5 Abs. 2 VStG vor. Selbst bei anderer Ansicht wäre von der Verhängung einer Strafe abzusehen, da das tatbildende Verhalten des Bw hinter dem typischen Unrechts- und Schuldgehalt derart zurückliege, dass höchstens geringfügige Schuld vorliege. Der teleologische Zweck der Einhebung einer Maut sei die Finanzierung der zu benützenden Straßen. Die Benützung von Parkflächen bewirke keine derart große Abnützung, dass die Einhebung einer Maut gerechtfertigt wäre. Deshalb seien die Folgen der Übertretung auch unbedeutend. Die Erstbehörde führe selbst aus, dass sich ihrer Ansicht nach die Mautpflicht nur aus Zwecken der Verwaltungsvereinfachung auch auf Parkflächen beziehe.

 

Beantragt wird die ersatzlose Behebung des Bescheides und die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der X vom 12. September 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz lediglich eine abgelaufene 10-Tages-Vignette angebracht gewesen.

 

Nach Strafverfügung vom 18. September 2008 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung, legte in Kopie eine Reisebestätigung vor und legte seine Einkommensverhältnisse dar.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

4.2. Unbestritten ist, dass der Bw gegenständlich der Lenker und am Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette angebracht war.

 

Der Bw vermeint, die Benützung eines Parkplatzes könne keine so hohe Abnützung der Fläche bewirken, dass die Einhebung einer Maut gerechtfertigt wäre. Dazu ist zunächst zu entgegnen, dass sich die Höhe der zeitabhängigen Maut nicht nach einem "Abnützungsgrad" sondern pauschal für alle Kfz unter 3,5 Tonnen höchst zulässigem Gesamtgewicht, mit welchem mautpflichtige Bundesstraßen benützt werden, berechnet. Zur Mautpflichtigkeit von Parkplätzen wurde bereits im erstbehördlichen Erkenntnis ausgeführt, dass gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 unter anderem auch "Parkflächen" (vgl. VwGH  99/06/0078 v. 23.5.2001) als Bestandteil einer Bundesstraße mautpflichtig sind. An dieser Rechtslage ist auch nach den Bestimmungen des Bundesstraßen-Finanzierungsgesetzes 1996 keine Änderung eingetreten, obwohl § 20 Abs. 1 BStMG von "Mautstrecke" spricht. Dieser Begriff ist in § 1 (Titel: "Mautstrecken") Abs. 3 BStMG insofern definiert, als dort Mautstrecken mit mautpflichtigen Bundesstraßen begrifflich gleichgesetzt werden; dadurch ist – auch nach Inkrafttreten des BStMG – der oben angesprochene – und in der Rechtssprechung des VwGH anerkannte – Konnex zum BStG gegeben. Damit ist auch klar gestellt, dass es sich dabei nicht um "Parkflächen von Raststätten", wie der Bw in seiner Berufung vorgebracht hat, sondern um öffentliche Parkplätze als Teil einer Bundesstraße handelt. Weiters wurde richtigerweise im bekämpften Bescheid ausgeführt, dass der Ansicht des Bw, das Abstellen eines Kfz auf einem Parkplatz einer Mautstrecke stelle keine Benützung iSd § 10 BStMG dar, aus folgenden Gründen nicht beigetreten werden kann:

Der Hinweis im § 20 Abs. 1 BStMG "Kraftfahrzeuglenker" dient lediglich der Abgrenzung des Täterkreises von anderen Personen (etwa: vom Eigentümer oder Zulassungsbesitzer). Bestimmt wird dadurch der für das "Benützen" Verantwortliche. Dass das "Benützen" im Parken bestehen kann, wird damit nicht ausgeschlossen. Verantwortlich ist demnach im Falle des Benützens durch Parken derjenige, der das Kfz zur Parkstelle gelenkt hat. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich aus einer teleologischen Erwägung, nämlich der bei anderer Auslegung gegebenen – dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren – drastischen Einschränkung der Exekutierbarkeit des BStMG. Die gegenständliche Bestimmung ist, anders formuliert, so zu verstehen, dass auch das Parken ein "Benützen" darstellt, daher mautpflichtig und ohne (ausreichende) vorherige Mautentrichtung strafbar ist. Daraus ergibt sich weiters, dass als Tatzeit nicht nur die Zeit des Lenkens sondern auch die Zeit des Parkens fungiert.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass auch jene Zeiten des Parkens eine Übertretung des BStMG darstellen, an denen keine gültige Vignette auf das Kfz aufgeklebt ist.  

 

Soweit der Bw mangelndes Verschulden auf Rechtsunkenntnis stützt, ist er darauf hinzuweisen, dass ein Lenker verpflichtet ist, sich vor Benützung von Mautstrecken mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung auf geeignete Weise vertraut zu machen. Vorwerfbare Rechtsunkenntnis bewirkt daher Fahrlässigkeit, die bei "Ungehorsamkeitsdelikten" ausreicht.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass ihm die Mautpflicht des gegenständlichen Parkplatzes nicht zu Bewusstsein kam und  er über die Rechtslage nicht ausreichend informiert war. 

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe deutlich unterschritten und § 20 VStG (außerordentliches Milderungsrecht) angewandt wurde, obwohl überwiegende Milderungsgründe nicht ersichtlich und im bekämpften Bescheid auch nicht genannt sind. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist es im Hinblick auf § 51 Abs. 6 VStG verwehrt, diesen Umstand aufzugreifen und die Mindestgeldstrafe von 300 Euro zu verhängen.

Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens), dafür nicht gegeben sind. Der Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit ist deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da dem Bw bei gehöriger Aufmerksamkeit die Mautpflicht des gegenständlichen Parkplatzes nicht entgehen hätte dürfen. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Reichenberger

 

 

 

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