Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252080/7/Kü/Ba

Linz, 05.11.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn X, vertreten durch X, vom 13. März 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 23. Februar 2009, SV96-24-2008, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2009 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 23. Februar 2009, SV96-24-2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 2 Abs.4 und § 28 Abs.1 Z1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der X mit dem Sitz in X, und somit als seit 18.09.2008 gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der genannten Gesellschaft zu verantworten, dass Sie als Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschafts­zweckes Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbracht haben, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, obwohl für Sie als Ausländer (chinesischer Staatsbürger) weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde Sie eine gültige Arbeits­erlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzen.

Außerdem konnten Sie keinen Feststellungsbescheid des Arbeitsmarktservice gem. § 2 Abs. 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz vorweisen.

 

Art der Beschäftigung: Zubereitung von Speisen

Ausmaß der Beschäftigung: seit 01.10.2008, zumindest aber am 21.11.2008 um 18.30 Uhr

Ort der Beschäftigung: Chinarestaurant X in X

 

Die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wurde anlässlich einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr am 21.11.2008 um 18.30 Uhr festgestellt."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wird.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde davon ausgehe, dass der Bw im konkreten Fall verpflichtet gewesen wäre, vor Tätigkeitsbeginn die Bescheinigung des AMS einzuholen, was aber nicht der Fall sei. Ein derartiger Feststellungsbe­scheid sei nur für Gesellschaftsanteile bis 25 % (als Kann-Bestimmung) vorgesehen. Da er zur vorherigen Einholung dieser Bestätigung nicht verpflichtet gewesen sei, habe er kein Vergehen begangen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Schreiben vom 19. März 2009 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2009, an welcher die Vertreterin des Bw sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw und Frau X sind unbeschränkt haftende Gesellschafter der X mit dem Sitz in X. Beide unbeschränkt haftenden Gesellschafter sind seit 18.9.2008 selbstständig vertretungsbefugt.

 

Geschäftszweck der X ist der Betrieb eines China-Restaurants am Standort der Gesellschaft. Die Aufgaben im Lokal sind zwischen den Gesell­schaftern so verteilt, dass Frau X für das Service und der Bw für die Küche zuständig ist. Sonstiges Personal wird im China-Restaurant nicht beschäftigt.

 

Vor Gründung der Gesellschaft hat sich der Bw bei seiner Steuerberaterin, der Wirtschaftskammer und einem Notar erkundigt. Der Bw wurde von diesen Stellen allerdings nicht darauf hingewiesen, dass auch Auskünfte beim AMS hinsichtlich der Arbeits­leistungen durch Gesellschafter einzuholen sind. Erst am 18.12.2008 wurde vom Bw beim AMS Freistadt ein Feststellungsbescheid gemäß § 2 Abs.4 AuslBG beantragt. Mit Bescheid des AMS Freistadt vom 14.1.2009 wurde festgestellt, dass der Bw tatsächlich persönlich einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der X ausübt und daher als selbstständig Erwerbstätiger im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG anzusehen ist.

 

Am 21.11.2008 wurde das China-Restaurant von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr auf Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbe­schäftigungsgesetzes kontrolliert. Von den Kontrollorganen wurde der Bw in der Küche beim Zubereiten von Speisen angetroffen. Arbeitsmarktrechtliche Papiere konnten vom Bw zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegt werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Strafantrag des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag und dem Feststellungsbescheid des AMS Freistadt. Dieser Sachverhalt, insbesondere die Tätigkeit des Bw in der Küche des China-Restaurants, wird vom Bw nicht bestritten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

5.2. Aus § 2 Abs.2 AuslBG ergibt sich, dass nicht schlichtweg jede Beschäftigung, sondern lediglich eine in einem synallagmatischen Austauschverhältnis geleistete Tätigkeit Regelungsgegenstand sein sollte. Aus § 2 Abs.2 AuslBG geht ferner hervor, dass der Beschäftigungsbegriff des AuslBG die entweder persönliche oder zumindest wirtschaftliche Unselbstständigkeit des Arbeitenden (Arbeitnehmers) voraussetzt, was wiederum bedingt, dass diese Arbeitsleistung einem anderen (Arbeitgeber) in einem Austauschverhältnis erbracht werden muss. Die Gesamtkonzeption des Ausländerbeschäftigungsrechtes ist daher immanent, dass es ein "Gegenüber" gibt, dass die Arbeitsleistung des Ausländers "in Empfang nimmt" (VwGH vom 17.1.2000, Zl. 98/09/0215).

 

Der im Spruch an den Bw gerichtete Tatvorwurf bedeutet, dass der Bw zu sich selbst in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG stehen soll. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es allerdings rechtlich nicht möglich, zu sich selbst in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit – die Voraussetzung für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses – zu stehen. Dies hat bei der nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt geforderten Beurteilung auch bei Zwischenschaltung einer Gesellschaft zu gelten. Aus diesem Grunde war daher der Berufung stattzugeben und der Tatvorwurf, sich selbst entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt zu haben, zur Gänze zu beheben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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