Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100347/10/Sch/Rd

Linz, 24.04.1992

VwSen - 100347/10/Sch/Rd Linz, am 24.April 1992 DVR.0690392 W V, L; Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Gustav Schön über die Berufung des W V vom 12. Dezember 1991 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Dezember 1991, Cst6120/91-G, zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe auf 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt werden. Im übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt ergänzt wird:

"... worden wäre, da der Abstand lediglich ein bis zwei Meter betragen hat." II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 50 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Strafkostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG. Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 3. Dezember 1991, Cst6120/91-G, über Herrn W V L, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 15. März 1992 um 8.42 Uhr in L, B1, Km 178,8, in Richtung stadteinwärts, das Kraftfahrzeug gelenkt und beim Hintereinanderfahren zum nächsten vorderen Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten hat, der ein rechtzeitiges Anhalten ermöglicht hätte, wenn dieses plötzlich abgebremst worden wäre.

Außerdem wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 80 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Mitglied zu entscheiden. Am 6. April 1992 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Eingangs wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen.

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der hiedurch normierte Grundsatz der freien Beweiswürdigung verpflichtet die Behörde einerseits zur Durchführung eines genauen Ermittlungsverfahrens und andererseits zu einer Beweiswürdigung unter Bedachtnahme auf den ermittelten Sachverhalt. Hiebei muß hintangestellt werden, welchen Eindruck ein Beschuldigter bei einer Behörde erweckt, vielmehr hat sich diese auf die aufgenommenen Beweise und die hiebei erhobenen Fakten zu beschränken. Für den konkreten Fall bedeutet dies, daß einerseits eine glaubwürdige und schlüssige Zeugenaussage eines Sicherheitswachebeamten und andererseits die Angaben des Berufungswerbers vorliegen, der die Tat bestreitet. Ein Zeuge ist aufgrund der Bestimmung des § 289 StGB bei seiner Aussage vor einer Behörde an die Wahrheitspflicht gebunden. Demgegenüber kann sich ein Beschuldigter nach jeder Richtung frei verantworten, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Ausgehend von dieser Tatsache kann eine Zeugenaussage in der Regel nur dann durch die Angaben eines Beschuldigten allein widerlegt oder in Zweifel gezogen werden, wenn der Zeuge unglaubwürdig ist oder die Aussage unschlüssig erscheint. Weder für die eine noch die andere Annahme sind im konkreten Verwaltungsstrafverfahren Anhaltspunkte hervorgetreten. Dem Zeugen Bez.Insp. H R ist weder die Glaubwürdigkeit abzusprechen noch erscheint seine Aussage unschlüssig. Ausgehend davon, daß er seine Wahrnehmungen in einer relativ kurzen Entfernung von der Fahrbahn machte und sich überdies außerhalb des Polizeifahrzeuges befand, konnte er die Abstandschätzung, im konkreten Fall nämlich ein bis zwei Meter, zweifelsfrei vornehmen. Dazu kommt noch, daß sich die beobachteten Fahrzeuge direkt an ihm vorbeibewegten, also eine Verschätzung allenfalls durch einen spitzen Blickwinkel nicht in Frage kommen kann.

Der unabhängige Verwaltungssenat ist daher zu der Ansicht gelangt, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Die Ergänzung des erstbehördlichen Bescheidspruches war gesetzlich geboten, da sich die Formulierung der Tat auf die verba legalia beschränkte und daher im Hinblick auf § 44a VStG ergänzungsbedürftig war. Die Spruchergänzung erfolgte im Hinblick auf die Zeugeneinvernahme vom 21. August 1991 im Rahmen des § 31 Abs.2 VStG.

Zur Strafzumessung ist folgendes zu bemerken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren ist eine im Hinblick auf die Verkehrssicherheit notwendige Verhaltensvorschrift für jeden Fahrzeuglenker. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 50 bis 60 km/h entspricht ein Sicherheitsabstand von ein bis zwei Metern keinesfalls diesem Gebot. Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 800 S erschiene bei einem Strafrahmen von bis zu 10.000 S grundsätzlich nicht als überhöht, wenn nicht von der Erstbehörde als erschwerend angenommen worden wäre, daß zur Tatzeit starke Sichtbehinderung durch Nebel geherrscht habe und es sich bei der Tatörtlichkeit um eine starke Linkskurve handle. Es mag dahingestellt bleiben, ob solche Umstände überhaupt einen Erschwerungsgrund im Sinne des § 19 Abs.2 VStG darstellen und nicht bereits im Rahmen des § 19 Abs.1 VStG zu würdigen wären. Es muß aber bemerkt werden, daß im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht mehr mit Sicherheit geklärt werden konnte, ob tatsächlich eine starke Sichtbehinderung zur Tatzeit geherrscht hatte. Der einvernommene Zeuge vermeinte, daß die Sichtverhältnisse nicht schlecht gewesen wären, obzwar in der Anzeige und in einer entsprechenden Niederschrift im Rahmen des erstbehördlichen Verfahrens andere Angaben gemacht wurden. Dies spricht zwar durch den Zeitablauf seit der Tat nicht gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen, war aber im Rahmen der Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen. Dazu kommt noch, daß wohl dahingestellt bleiben kann, inwieweit die Verkehrssicherheit bei einer Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von ein bis zwei Metern zum Vordermann noch mehr beeinträchtigt wird, wenn dies in einer unübersichtlichen Kurve passiert. Abgesehen aber davon, hat die Erstbehörde keinerlei Feststellungen dahingehend getroffen, warum und inwieweit tatsächlich eine unübersichtliche Kurve vorhanden war. Die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe und damit auch der Ersatzfreiheitsstrafe hatte daher aus diesen eher formellen Gründen zu erfolgen.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden vom Berufungswerbers nicht bekanntgegeben, es kann aber davon ausgegangen werden, daß durch die Bezahlung der verhängten Geldstrafe sein Lebensunterhalt bzw. allfällige Sorgepflichten nicht beeinträchtigt werden.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n 6

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