Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-440026/2/WEI/Ni

Linz, 06.06.2002

VwSen-440026/2/WEI/Ni Linz, am 6. Juni 2002 DVR.0690392

B E S C H L U S S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde der S vom 25. April 2002 wegen behaupteter Verletzung der Richtlinien-Verordnung - RLV (BGBl Nr. 266/1993) anlässlich einer Verkehrskontrolle vom 8. März 2002 durch Beamte des Gendarmeriepostens A beschlossen:

Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 3 B-VG iVm § 89 SPG und §§ 67c bis 67g, 79a AVG.

B e g r ü n d u n g:

1. Mit der am 30. April 2002 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich offenbar rechtzeitig eingelangten Eingabe vom 25. April 2002 erhebt die Beschwerdeführerin (Bfin) unter Vorlage von Kopien ihrer Beschwerde vom 2. April 2002 an das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich und des Antwortschreibens vom 16. April 2002 sinngemäß Beschwerde wegen Verletzung der Richtlinienverordnung durch Beamte des Gendarmeriepostens A anlässlich eines Vorfalls vom 8.März 2002.

Aus der beigelegten Beschwerdeschrift an das Landesgendarmeriekommando vom 2. April 2002 ergibt sich folgende Darstellung des S a c h v e r h a l t s:

Der Gendarmeriebeamte F habe am 8. März 2002 um ca. 10.00 Uhr bei der Unterführung Harter Bezirksstraße / B 137, den Pritschenwagen angehalten und einer Verkehrskontrolle unterzogen. Der Lenker B drückte dabei irrtümlich den Blinkerhebel zu heftig nach vorn, weshalb die Blinker auf der rechten Seite nicht funktioniert hätten. Ob die Anhängevorrichtung typisiert wäre, hätte dieser Lenker nicht beantworten können. Das Fahrzeug sei auf die Bfin angemeldet und ihr Wohnhaus ca. 300 m Luftlinie vom Anhalteort entfernt. Wegen Verletzung der Anschnallpflicht durch die Beifahrerin hätte der Gendarmeriebeamte beim Fahrer eine Organstrafe kassiert. Die Bfin wäre davon betroffen, weil der Lenker "diese Strafverfügung" an sie weitergeleitet hätte. Der Gendarmeriebeamte F hätte sich danach den Beamten R offenbar zur Verstärkung geholt und beide hätte dann beim Wohnhaus von der Bfin den Typenschein verlangt. Die Anhängevorrichtung wäre ordnungsgemäß typisiert gewesen. Dann hätten die Beamten gesagt: "Wir müssen Sie trotzdem strafen, da die Blinker nicht funktionieren." Beide Gendarmeriebeamte hätten eine Organstrafe ausgestellt und insgesamt 42 Euro (je 21 Euro wegen § 19 KFG nach den in Kopie angeschlossenen Organstrafverfügungen) kassiert.

Nach Meinung der Bfin hätten die Gendarmeriebeamten vorsätzlich, um ihr zu schaden, folgende Fehler begangen:

  • Die Verletzung der Anschnallpflicht müsse bei jener Person kassiert werden, die diese Bestimmung verletzt hat.
  • In Bezug auf die nicht funktionierenden Blinker hätten die Beamten ausschließlich beim Fahrer kassieren müssen. Außerdem wäre nur eine Organstrafe möglich gewesen, weil im Gesetz von "die Blinker" die Rede sei. Die Strafe sei beim Fahrzeuglenker und nicht beim Fahrzeughalter einzuheben. Der Gendarmeriebeamte R hätte kein Recht gehabt, eine Organstrafe einzuheben, weil er bei der Verkehrskontrolle nicht anwesend gewesen wäre.

Den Tatbestand des Amtsmissbrauches sieht die Bfin darin verwirklicht, dass beide Gendarmeriebeamte ihre physische Überlegenheit (Hinweis auf "zwei Männer in Uniform gegenüber einer Frau, die von den vorhergegangenen Vorgängen nicht ausreichend informiert war") bewusst eingesetzt hätten. Sie hätte wider besseres Wissen zu Unrecht Strafen kassiert und die gesetzlichen Bestimmungen der Bfin gegenüber bewusst falsch dargestellt.

Von der Dienstaufsichtsbehörde erwarte die Bfin eine korrekte Überprüfung und Stellungnahme, den Rückerhalt aller zu unrecht kassierten Organstrafverfügungen, Spesenersatz für ihre Aufwendungen, Konsequenzen für die Beamten bei festgestelltem Fehlverhalten. Die meisten Delikte, die mit Organstrafen geahndet wurden, wären sog. Kannstrafen. Nur sehr wenige Beamte machten von der wesentlich erfolgreicheren Maßnahme der Verwarnung Gebrauch. Als Frau fühlte sich die Bfin seit diesem Vorfall gegenüber Gendarmeriebeamten stark verunsichert. Für sie persönlich wäre es eine Katastrophe, sich nicht einmal bei Gendarmeriebeamten auf die Richtigkeit ihrer Handlungen verlassen zu können.

2.1. Mit Schreiben vom 16. April 2002, Zl. 6501/44, teilte das Landesgendarmeriekommando der Bfin Folgendes mit:

"Zu Ihrer Beschwerde wird Ihnen mitgeteilt, daß der Sachverhalt von vorgesetzter Stelle geprüft worden ist.

Dabei wurden doch merkliche Unterschiede zwischen Ihren Beschwerdeinhalten und den Aussagen der einschreitenden Beamten festgestellt.

So gibt der einschreitende Beamte an, sehr wohl die Beifahrerin und n i c h t wie in Ihrem Beschwerdeschreiben angeführt, den Lenker des KFZ, wegen Verletzung der Gurtenanlegepflicht beanstandet und ihr deswegen die Möglichkeit zur Bezahlung einer Organstrafverfügung gegeben zu haben. Da die Betroffene jedoch kein Bargeld mit sich führte, habe der Lenker von sich aus den Organstrafbetrag in der Höhe von 7,- Euro bezahlt.

Was die technische Kontrolle des LKW betrifft steht das Nichtfunktionieren der Blinkeranlage, rechtsseitig, bei der Verkehrskontrolle außer Zweifel.

Daß die Gendarmeriebeamten für jeden Blinker (vorne und hinten) eine Organstrafverfügung eingehoben haben, ist auf eine falsche Gesetzesauslegung der Beamten zurückzuführen. Das Landesgendarmeriekommando bedauert diesen Irrtum. Da die Organstrafbeträge der Bezirkshauptmannschaft abgeliefert wurden wird Ihnen empfohlen, eine Rückerstattung des zu Unrecht entrichteten Betrages (21,- Euro) bei dieser Behörde zu beantragen. Das Bezirksgendarmeriekommando S wird angewiesen, in dieser Angelegenheit ebenfalls bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorstellig zu werden.

Ihrer Auffassung, RevInsp R sei zur Einhebung der Organstrafverfügung nicht berechtigt gewesen, kann das LGK Oö nicht beipflichten.

Gem § 50 VStG (Organstrafverfügung) besteht das Recht zur Einhebung einer Organstrafverfügung wenn die Verwaltungsübertretung vom Organ dienstlich wahrgenommen oder vor ihm eingestanden wird. Die Bezahlung einer Organstrafe gilt als solches Eingeständnis.

Um solchen Problemen in Zukunft aus dem Weg zu gehen wird Ihnen empfohlen von der Bezahlung einer Organstrafverfügung in Hinkunft nicht Gebrauch zu machen sondern sich anzeigen zu lassen. Hier stehen Ihnen alle Rechtsmittel offen, was bei der Bezahlung einer Organstrafverfügung nicht der Fall ist.

Das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich bedauert den Irrtum des Beamten und wird die notwendig erscheinenden Maßnahmen treffen.

Mit freundlichen Grüßen !

Für den Landesgendarmeriekommandanten:

P, Oberst, eh."

2.2. Mit der gegenständlichen Eingabe verweist die Bfin auf ihre Beschwerde an das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich und dessen Antwortschreiben. Bei der Organstrafe wegen Verletzung der Anschnallpflicht stünden die Aussage des B und seiner Beifahrerin gegen die Aussage des Gendarmeriebeamten F. Da dieser die Beifahrerin nicht befragt hätte, hätte er nicht wissen können, ob sie Geld eingesteckt hatte. Es könne nicht einfach der Fahrer in "Sippenhaft" genommen werden, nur weil es so am bequemsten für den Beamten sei. Der Fahrer habe mit dem Wissen bezahlt, es von der Bfin wieder einzufordern. Es ärgere die Bfin, mit welcher Selbstverständlichkeit die abweichende Darstellung des Beamten F als korrekt angenommen werde.

Für drei Organstrafen wären fünf schwerwiegende Fehler gemacht und keine einzige Strafe korrekt kassiert worden. Auch wenn zwei von drei Organstrafen ursprünglich berechtigt waren, die Art ihrer Einhebung wäre es in keinen Fall gewesen. Noch nie hätte ein Richter bei Opfern krimineller Handlungen die Herausgabe von Geld oder Sachwerten als Schuldeingeständnis gewertet. Die Bfin empfinde es als blanken Hohn, wenn ihr geschrieben wird, sie hätte nicht bezahlen müssen. Sie fragt, ob sie die Gesetze besser kennen müsste als die Beamten. Die Begründung der falschen Gesetzesauslegung halte sie für dumm. Es sei bekannt, dass ein großer Teil der Ausbildung von Exekutivbeamten zum Lernen von Gesetzen verwendet wird. Eine falsche Gesetzesauslegung sei daher auszuschließen.

Es bleibe nur die Möglichkeit, dass beide Beamte das entsprechende Gesetz nur oberflächlich gekannt hätten oder vorsätzlich zu Ungunsten der Bfin gehandelt hätten. Die Bfin stelle sich auch die Frage, wieso der Beamte F die beiden Strafen nicht sofort korrekt - eine bei der Beifahrerin und eine beim Lenker - kassiert hatte. Woher wollte er wissen, das die Bfin zu Hause war. Nach Auskunft von Oberst P hätte er seinen Kollegen R als "Verstärkung" geholt. Dies sei nach Meinung der Bfin traurig. Es sei ihr unbegreiflich, wieso die Strafen so umständlich und zeitaufwendig eingehoben wurden.

Sie ersuche um Klärung, ob der Beamte R berechtigt war, eine Organstrafe auszustellen, obwohl er bei der vorangegangenen Kontrolle nicht anwesend gewesen sei. Die Bfin sei der Überzeugung, dass die Blinker zu jeder Zeit funktionierten. Es wäre lediglich ein Bedienungsfehler vorgelegen. Herr R habe sich nicht vom Gegenteil überzeugt.

Da die Familie der Bfin schon kurz vorher Schwierigkeiten mit Beamten des Gendarmeriepostens A gehabt hätte, hätte sich die Bfin gegenüber den beiden Beamten physisch unterlegen und stark verunsichert gefühlt. Im Jänner 2002 hätten ihr Sohn und ihr Mann einen Parkschaden gemeldet. Ihr Sohn wäre vom diensthabenden Beamten offensichtlich unkorrekt behandelt worden und die darauffolgenden Ermittlungen wären völlig einseitig gewesen. Die subjektive Vorgangsweise hätten die Beamten auch offen zugegeben. Damals schickten sie eine Beschwerde an Minister Strasser, die von diesem an das Landesgendarmeriekommando weitergeleitet wurde. Selbstverständlich wäre dabei nichts herausgekommen. Herr R wäre einer der Beamten gewesen, über den sie sich beschwerten.

Die Bfin äußert die Überzeugung, dass ihr alle bezahlten Organstrafverfügungen rückerstattet werden müssten und dass ihr eine Aufwandsentschädigung zustünde.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die gegenständliche Beschwerde samt Beilagen festgestellt, dass die Bfin keinen Sachverhalt vorgebracht hat, der nach der Richtlinienverordnung beschwerdefähig wäre. Es war daher ohne weiteres Verfahren mit Zurückweisung vorzugehen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 89 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz - SPG (BGBl Nr. 566/1991, zuletzt geändert mit SPG-Novelle 1999, BGBl I Nr. 85/2000) hat der unabhängige Verwaltungssenat, insoweit in einer an ihn gerichteten Beschwerde die Verletzung einer gemäß § 31 festgelegten Richtlinie behauptet wird, diese der zur Behandlung einer Aufsichtsbeschwerde in dieser Sache zuständigen Behörde zuzuleiten.

Nach § 89 Abs 2 SPG haben Menschen, die in einer binnen sechs Wochen - wenn auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat - eingebrachten Aufsichtsbeschwerde behaupten, beim Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes, von dem sie betroffen waren, sei eine gemäß § 31 erlassene Richtlinie verletzt worden, Anspruch darauf, dass Ihnen die Dienstaufsichtsbehörde den von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteilt und sich hiebei zur Frage äußert, ob eine Verletzung vorliegt.

Gemäß § 89 Abs 4 SPG hat jeder, dem gemäß § 89 Abs 2 leg. cit. mitgeteilt wurde, dass die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung nach Abs 2 nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist.

4.2. Auf der Grundlage des § 31 SPG erging die am 27. April 1993 kundgemachte Verordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl Nr. 266/1993, mit der Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassen wurden (Richtlinien-Verordnung - RLV). Diese Verordnung wurde im Einvernehmen mit den Bundesministern für Justiz und für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erlassen. Sie trat nach ihrem § 11 am 1. Mai 1993 in Kraft. Die Verordnungsermächtigung des SPG eröffnete die Möglichkeit für den Innenminister die im § 31 Abs 2 SPG vorgesehenen Verhaltensregeln in einer Art Berufspflichten- oder Verhaltenskodex für Exekutivorgane zu normieren (vgl Erl zur RV 148 BlgNR 18. GP, 38; AB 240 BlgNR 18. GP, 3 aE). Nach dem Einführungserlass des Innenministers vom 19. April 1993, Zl. 94.762/15-GD/93, verfolgen die erlassenen Richtlinien den Zweck, generelle Standards für den Umgang mit Betroffenen verbindlich festzulegen, um dadurch die Gefahr zu mindern, dass es im Zuge von Amtshandlungen zu Konflikten mit Betroffenen kommt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, handelt es sich nach der Konzeption des SPG bei der Frage, ob eine Richtlinie für das Einschreiten iSd SPG verletzt wurde, um eine Angelegenheit des inneren Dienstes nach Art 10 Abs 1 Z 14 B-VG, die von der Materie, in der die Organe einschreiten, unabhängig ist. Dementsprechend ist im Verfahren über eine Richtlinienbeschwerde auch die Dienstaufsichtsbehörde belangte Behörde und hat diese zunächst eine Überprüfung vorzunehmen (vgl VwGH 29.1.1997, 96/01/0001; VwGH 11.6.1997, 96/01/0002). Bei der Richtlinienbeschwerde gemäß § 89 SPG handelt es sich um einen Sonderfall einer Dienstaufsichtsbeschwerde, in der die Verletzung einer Richtlinie nach der RLV, welche einen Verhaltenskodex für Exekutivorgane bei der Ausübung von Befugnissen festlegt, geltend gemacht wird (vgl VwGH 2.6.1998, 97/02/0278, 0279; VwGH 24.11.1999, 96/01/0582, 0583 ua Zlen.).

Die Beschwerde nach § 89 SPG setzt die explizite Behauptung des Betroffenen voraus, beim Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes sei eine gemäß § 31 SPG erlassene Richtlinie verletzt worden (vgl VwGH 13.1.1999, 98/01/0169; VwGH 24.11.1999, 96/01/0582, 0583 ua Zlen.). Es genügt, irgendeine Richtlinienverletzung zu behaupten, ohne dass eine exakte Zuordnung des behaupteten richtlinienwidrigen Verhaltens zu einer bestimmten Norm der auf Grund des § 31 SPG erlassenen RLV erforderlich wäre (vgl VwGH 13.1.1999, 98/01/0169).

Die behauptete Verletzung einer Richtlinie muss gegenüber dem Beschwerdeführer wenigstens möglich sein (vgl VwGH 24.6.1998, 96/01/0609; VwGH 24.11.1999, 96/01/0582, 0583 ua Zlen.).

Schließlich können Richtlinienverletzungen nur beim Einschreiten und nicht bei Untätigkeit, also einem "Nichteinschreiten", eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes auftreten und der Beschwerdeführer muss vom Einschreiten des Exekutivorgans betroffen sein (vgl mwN Hauer/Keplinger, Kommentar zum SPG2, Linde-Verlag 2001, 706).

4.3. Die RLV aus dem Jahr 1993 regelt in §§ 1 ff verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung im Rahmen des Exekutivdienstes, im § 6 Richtlinien für den Umgang mit von Amtshandlungen Betroffenen, im § 7 die Ausübung von Zwangsgewalt, im § 8 bestimmte Informationspflichten betreffend Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Wahlarztes. Im § 9 RLV geht es um die Bekanntgabe der Dienstnummer und im § 10 RLV um die Dokumentation der für das Einschreiten maßgeblichen Umstände.

Die Bfin hat zwar in ihrer Eingabe vom 2. April 2002 an das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich im Betreff pauschal "Beschwerde wegen Verletzung der Richtlinienverordnung" erhoben, im Übrigen dann aber keinen Sachverhalt vorgebracht, der unter den Verhaltenskodex der Richtlinienverordnung fällt. Die Dienstaufsichtsbehörde hat dementsprechend auch in ihrer Mitteilung vom 16. April 2002 an die Bfin nichts zur Frage der Verletzung einer Richtlinie ausgeführt. Über das von der Bfin als Amtsmissbrauch zu ihrem Nachteil eingestufte Verhalten, der Gendarmeriebeamten haben die zuständige Staatsanwaltschaft und in weitere Folge allenfalls Strafgerichte zu entscheiden. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind nur die für das Einschreiten erlassenen Richtlinien in der RLV maßgeblich.

Wenn die Bfin die unrichtige Einhebung von Organmandatsstrafen aus Anlass einer Verkehrskontrolle rügt, hat dies nichts mit den vom Innenminister erlassenen Richtlinien für das Einschreiten von Exekutivorganen zu tun. Denn dabei geht es um die Bezahlung von Organstrafverfügungen nach den Bestimmungen des § 50 VStG, durch die ein förmliches Verwaltungsstrafverfahren vermieden werden kann. Nach dem § 50 Abs 6 Satz 1 VStG ist gegen die Organstrafverfügung kein Rechtsmittel zulässig. Die Verweigerung des Beanstandeten führt dazu, dass die Organstrafverfügung gegenstandslos ist. Auch die Unterlassung der Einzahlung mittels Beleges (Zahlscheines) binnen einer Frist von zwei Wochen gilt als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages. Im Fall der Verweigerung der Zahlung oder der Entgegennahme des Beleges, ist Anzeige an die Strafbehörde zu erstatten, die dann ein Verwaltungsstrafverfahren mit der Pflicht zur Wahrheitsermittlung von Amts wegen (vgl § 25 VStG) durchzuführen hat. Die Ausstellung eines Organmandats setzt demnach die Leistungsbereitschaft des Betroffenen voraus.

Andererseits besteht aber nach herrschender Judikatur kein Rechtsanspruch auf Ahndung einer Verwaltungsübertretung durch die Verhängung eines Organmandats (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Anm 3 zu § 50 VStG). Erst mit der Aushändigung des Organmandats erlischt das Wahlrecht des Organs der öffentlichen Aufsicht, ein Organmandat zu verhängen oder Anzeige zwecks Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens zu erstatten (vgl dazu die Judikaturnachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 1 und E 4 zu § 50 VStG). Auf Grund der rechtzeitigen Bezahlung einer Organstrafe ist die nachträgliche Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens und Entscheidung über den erhobenen Tatvorwurf jedenfalls ausgeschlossen (arg § 50 Abs 6 VStG).

Das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich hat allerdings im Hinblick auf die zugestandene unrichtige Ausstellung von zwei Organmandaten über 21 Euro wegen der nicht funktionierenden Blinker ohnedies empfohlen, die eine zu Unrecht bezahlte Organstrafe in Höhe von 21 Euro bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding zurückzufordern und das Bezirksgendarmeriekommando S auch angewiesen, bei dieser Behörde entsprechend vorstellig zu werden.

4.4. Die gegenständliche Kernfrage, ob die Bfin von den Gendarmeriebeamten zu Recht oder zu Unrecht zur Zahlung von Organmandaten aufgefordert worden ist und diese dann irrtümlich bezahlt hat oder nicht, kann nicht Gegenstand einer Richtlinienbeschwerde sein. Denn es handelt sich dabei um in concreto möglicherweise unrichtig gehandhabte verwaltungsstrafrechtliche Rechtsfragen, nicht aber um eine Angelegenheit des nach der RLV vorgeschriebenen Verhaltens im Umgang mit von Amtshandlungen Betroffenen. Zur rechtsverbindlichen Klärung der Rechtmäßigkeit der erhobenen Tatvorwürfe hätte es die Bfin auf ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren ankommen lassen müssen und nicht die Organstrafverfügungen bezahlen dürfen. Dass sich die Bfin durch das Einschreiten von zwei uniformierten Gendarmen physisch unterlegen und stark verunsichert fühlte, ist für sich allein noch kein beschwerdefähiger Gesichtspunkt. Die Bfin hat kein bestimmtes Verhalten der Gendarmeriebeamten geschildert, das auf einen die Menschenwürde verletzenden oder sonst den Bestimmungen der RLV widersprechenden Umgang mit Ihr als Betroffene schließen ließe.

Zur Rüge der Bfin, dass der Gendarmeriebeamte F eine Organstrafe wegen Verletzung der Gurtenanlegepflicht nicht bei der Beifahrerin, sondern beim Fahrer B kassiert hätte, ist ergänzend zu bemerken, dass in Bezug auf diese Amtshandlung auch die persönliche Betroffenheit der Bfin fehlt. Denn auch die behauptete Einforderung dieser Organstrafe durch den Fahrer bei der Bfin kann eine solche Betroffenheit nicht herstellen, wäre die Bfin doch in keiner Weise zum Ersatz gegenüber Herrn B verpflichtet gewesen.

Der Vollständigkeit halber ist die Bfin als Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen LKWs auf § 103 Abs 1 Z 1 Kraftfahrgesetz - KFG 1967 hinzuweisen, wonach der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen hat, dass das Fahrzeug den Vorschriften des KFG 1967 und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht. Eine Organmandatsstrafe gegen den Zulassungsbesitzer bei nicht funktionierenden Blinkern ist demnach neben der Verantwortlichkeit des Lenkers nach § 102 Abs 1 KFG 1967 durchaus denkbar.

5. Im Ergebnis war die vorliegende Beschwerde mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen. Eine Kostenentscheidung im Grunde des § 79a AVG zugunsten des Rechtsträgers der belangten Dienstaufsichtsbehörde war nicht zu treffen, zumal die Zurückweisung ohne weiteres Verfahren und damit ohne Aufwand der belangten Behörde möglich war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß