Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164534/2/Br/Th

Linz, 03.11.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau X, betreffend den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
6. Oktober 2009, Zl. VerkR96-49321-2009-Kub, zu Recht:

 

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.     Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 26,00 Euro auferlegt (20 % der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 20/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 20/2009 – VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Bescheid, die wegen einer Geschwindigkeitsübertretung nach § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 -  Überschreitung der kundgemachten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 49 km/h [gemessene Geschwindigkeit 115 km/h] im Baustellenbereich der A1, Gemeinde Regau, Regau, bei km 222.560, in Fahrtrichtung Salzburg am 11.04.2009,08.15 Uhr mit dem Fahrzeug, PKW, X – die mit Strafverfügung  vom 24.8.2009 ursprünglich verhängte Strafe von 230 Euro auf 130 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe von 108 Stunden auf 72 Stunden ermäßigt.

 

 

2. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

Nach Maßgabe des § 19 VStG.1991 ist bei der Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zugrunde zulegen.

 

Überdies sind die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen.

 

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

In Ihrem Einspruch gegen die Höhe der Strafverfügung zeigten Sie ein sehr einsichtiges Verhalten und ersuchten, um Herabsetzung der Geldstrafe.

Eine Erhebung ergab, dass Sie ein Einkommen von € 900,00. Die Ausgaben über Ihr Einkommen wurden bei der Herabsetzung dieser Geldstrafe nunmehr entsprechend berücksichtigt. Weiters konnte auch aufgrund der Tatsache, dass Sie noch nie wegen einer derartigen Geschwindigkeitsüberschreitung bestraft werden mussten, die Geldstrafe auf das im Spruch angeführte Ausmaß herabgesetzt werden.“

 

 

2.1. Dem tritt die Berufungswerberin im Ergebnis damit entgegen, dass von der Behörde  drei richtig festgestellte Gründe zu berücksichtigen gewesen wären:

1. Sie zeige ein sehr einsichtiges Verhalten und Reue.

2. Wie sie bereits im Einspruch näher ausgeführt hätte absolviere sie noch eine Ausbildung und arbeite nur nebenbei um diese Ausbildung finanzieren zu können. Ihr monatliches Einkommen belaufe sich, wie ebenso richtig festgestellt, auf € 900,-. Aufgrund der leider ständig steigenden Wohnungs- und Lebenserhaltungskosten bleibe ihr nicht mehr viel zum Leben übrig. Aus diesem Grund würde sie auch die reduzierte Strafe (inkl. Verfahrenskosten) von € 143,- sehr hart treffen, da dies mehr als Hälfte des ihr monatlich noch für Lebensmittel zur Verfügung stehenden Betrages ausmache.

3. Obwohl sie aufgrund ihrer (neben-)beruflichen Tätigkeit regelmäßige Autofahrerin sei wäre sie noch nie wegen einer Geschwindigkeitsübertretung bestraft worden. Sie sei  auch sonst unbescholten.

Überdies seien alle schon im Einspruch vorgebrachten Gründe auch in der gegenständlichen Berufung zu berücksichtigen. Die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantrage sie nicht. Abschließend beantragt die Berufungswerberin aus den genannten Gründen von der Strafe abzusehen und sie nur zu verwarnen  - in eventu - die Herabsetzung der Strafe auf einen ihrem Einkommen angemessenen Betrag.

 

 

2.1.1 Mit diesen Ausführungen vermag jedoch die Berufungswerberin einen Ermessensfehler bei der Strafzumessung nicht aufzuzeigen!

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da vom Berufungswerberin einerseits auf eine Berufungsverhandlung ausdrücklich verzichtet wurde, andererseits nur eine Berufung gegen das Strafausmaß vorliegt, konnte  eine Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.

 

 

3.2. Die Berufungswerberin lenkte an der oben angeführten Örtlichkeit einen Pkw der Firma X GmbH. Wie aus zahlreichen h. Verfahren bekannt ist war die fragliche Geschwindigkeitsbeschränkung bereits einen Kilometer vorher angekündigt und verläuft dann Stufenweise. Ab etwa 200 m vor dem Beschränkungsbereich der Baustelle sind nur mehr 60 km/h als Höchstgeschwindigkeit erlaubt. Mit dem Hinweis unmittelbar nach dem Beschränkungsbereich gemessen worden zu sein ist daher für die Berufungswerberin nichts zu gewinnen, geht es doch gerade darum die in der Fahrgeschwindigkeit potenzierte abstrakte Gefahr genau dort zu vermeiden.

Der objektive Tatunwert mag insbesondere in der Tatsache dargestellt werden, dass bei dieser Fahrgeschwindigkeit der Anhalteweg sich deutlich mehr als verdoppelt. Während dieser bei 60 km/h unter der Annahme einer realistischen Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2  und einer Reaktionszeit von einer Sekunde sowie einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden 36,84 m beträgt, liegt er bei der hier gemessenen Fahrgeschwindigkeit von 115 km/h (hier wurde als Verkehrsfehler ein Abzug 6 km/h getätigt) bereits bei 103,16 m.  Beim Vorfallstag handelte es sich um den Karsamstag, wobei um 08:15  Uhr von einem durchaus regen Verkehrsaufkommen ausgegangen werden muss.

Jene Stelle an der das Fahrzeug aus 60 km/h bei einer Notbremsung etwa zum Stillstand gelangt, wird bei der von der Berufungswerberin gefahrenen Geschwindigkeit noch mit mehr als 92 km/h durchfahren (Berechnung mit Analyzer Pro 6.0).

Diese Feststellungen mögen den Normzweck und den abstrakten Unwertgehalt eines derartigen auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit zu ahndenden Ungehorsamsdeliktes verdeutlichen.

 

 

4. Zur Strafzumessung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

Die scheinbare Rechtsauffassung der Berufungswerberin ist mit den Grundsätze der Ahndung von sogenannten Ungehorsamsdeliktes iSd § 5 Abs.1 VStG sowie den Inhalt des § 99 Abs.3 lit.a StVO nicht vereinbar. Der bis zu 726 Euro reichende Strafrahmen sieht keine Mindeststrafe vor. Wenn hier die Behörde erster Instanz in Bindung an § 49 Abs.2 VStG (letzter Satz) auf Grund des Einspruches ergehenden die Strafe bereits um 100 Euro reduzierte, hat sie damit unter Berücksichtigung der bescheidenen Einkommensverhältnisse der Berufungswerberin trotz der hohen Fahrgeschwindkeit bereits eine sehr milde Strafe ausgesprochen. Das Einkommen mit 900 Euro und der Milderungsgrund der Unbescholtenheit wurden mit dem Strafausspruch ausreichend berücksichtigt.

Bei der Missachtung eines verordneten Geschwindigkeitslimits handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG, bei dem vom Verschulden des Täters auszugehen ist, wenn dieser nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Hier scheint die Berufungswerberin diesen Normverstoß, wohl bewusst  in Kauf genommen zu haben, was den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden des zulässt.

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von zumindest 50 km/h laut Tacho, insbesondere im Zuge der Annäherung an eine Baustelle kann von einem/einer durchschnittlich sorgfältigen KraftfahrzeuglenkerIn nicht einfach übersehen werden. Sie wird vielmehr bewusst gesetzt.

 

 

5. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

5.1. Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980, Slg. 10077/A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt etwa dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzesgemäß Gebrauch gemacht worden ist (VwGH 18.12.2001, 2000/09/0059).

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Insbesondere auch der Gedanke der Generalprävention liefe einer weiteren Mäßigung dieses Strafausspruches entgegen. Die Anwendung des § 21 VStG – Absehen von einer Bestrafung – scheidet mangels der gesetzlichen Voraussetzungen (geringes Verschulden u. unbedeutende Tatfolgen) aus.

Mit Blick auf die vorangeführten Überlegungen musste daher dieser (nochmaligen) Strafberufung jeglicher  Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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