Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252174/18/Py/Ba

Linz, 22.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16. Juni 2009, Sich96-93-2008-Sk, wegen einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsver­handlung am 2. Oktober 2009 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16. Juni 2009, Sich96-93-2008-Sk, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 150 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben die rumänische Staatsangehörige X, geb. X, jedenfalls am 20.03.2008 im von Ihnen geführten Wettcafe in X, X als Hilfskraft mit Reinigungsarbeiten beschäftigt, obwohl für diese ausländische Arbeitnehmerin weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' (§ 8 Abs. 2 Z 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt – EG' (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass der Bw im Ermittlungsverfahren glaubhaft zu machen versuchte, dass seine Freundin, Frau X, ohne sein Wissen und ohne Auftrag lediglich über Ersuchen der Servicearbeiter für den Kaffeeautomaten Reinigungsarbeiten durchgeführt habe. Unbestritten sei, dass Frau X am 20. März 2008 bei diesen Reinigungsarbeiten angetroffen wurde und sie selbst in ihrer Aussage behauptet habe, dass sie diese Arbeiten freiwillig und ohne Gegenleistung durchgeführt habe. Im Hinblick auf die – auch betriebliche – Gesamtsituation könne jedoch der Behauptung des Bw im Sinne der freien Beweiswürdigung nicht gefolgt werden. Er betreibe das Wettcafe im Nebenerwerb und erscheine es daher naheliegend, dass Frau X während ihrer Anwesenheit und ihres Aufenthaltes in Österreich aushilft und hiefür als Gegenleistung Wohnung und Verpflegung als Naturalleistung zur Verfügung gestellt bekomme. Durch die Zeugenaussage des anzeigenden Polizeibeamten stehe auch fest, dass die Reinigungsarbeiten in einem anderen Lokalbereich durchgeführt wurden als in dem, in welchem der Kaffeeautomat aufgestellt war. Die Rechtfertigung des Bw erscheine daher nicht geeignet, den in der Anzeige aufgestellten Sachverhalt zu widerlegen.

 

Zum Verschulden wird ausgeführt, dass das Nichteinholen einer entsprechenden Auskunft über die Bewilligungspflicht ausländischer Arbeitskräfte jedenfalls als fahrlässig gewertet werden müsse und widerspreche die Verantwortung des Bw, er habe Frau X keinerlei Anweisungen gegeben, der allgemeinen Lebenser­fahrung, zumal er ihr in seiner Abwesenheit das Lokal überlassen habe.

 

Zur Strafbemessung wird ausgeführt, dass mildernde Umstände nicht gewertet wurden, als erschwerend werde gewertet, dass sich der Bw hinsichtlich seines Verhaltens uneinsichtig gezeigt habe.

 

2. Dagegen erhob der Bw mündlich vor der belangten Behörde am 6. Juli 2009 rechtzeitig Berufung und brachte vor, dass es sich bei Frau X um eine Freundin von ihm gehandelt habe, die sich in der Zeit, in der er kurz einkaufen war, freiwillig nützlich gemacht habe.

 

3. Mit Schreiben vom 6. Juli 2009 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2. Oktober 2009. An dieser haben der Bw und eine Vertreterin der Finanzverwaltung als Parteien teilgenommen. Als Zeuge wurde Herr Bezirksinspektor X einvernommen. Von der ebenfalls als Zeugin geladenen rumänischen Staatsangehörigen X wurde die an sie gerichtete Ladung nicht behoben.

Die über Antrag der Organpartei geladene Zeugin X ließ dem Einzelmitglied telefonisch mitteilen, dass ihr aufgrund dringender familiärer Verpflichtungen hinsichtlich ihrer minderjährigen Kinder eine Teilnahme an der Verhandlung nicht möglich ist. Gleichzeitig teilte sie mit, dass sie zwar bis 28. Februar 2008 als Reinigungskraft in dem vom Bw geführten Unternehmen tätig war, jedoch nicht im gegenständlichen Wettlokal. Darüber hinaus habe sie bei ihren Reinigungsarbeiten weder mit dem Bw noch mit sonstigen Personen Kontakt gehabt. Die Vertreterin der Organpartei zog daraufhin den Beweisantrag auf Einvernahme von Frau X zurück.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist Betreiber eines Wettcafes in X, X. Im Lokal sind Spielautomaten sowie Fernsehgeräte und ein Getränkeautomat zur Selbstbedienung aufgestellt. Zum Tatzeitpunkt wies das vom Bw geführte Unternehmen keine Mitarbeiter auf und wurde von ihm in der Regel zwischen 16.00 Uhr und 21.00 Uhr geführt. Tagsüber war der Bw zwischen 6.45 Uhr und 15.30 Uhr beruflich als Lkw-Fahrer für die Holzverpackungsfirma X in X tätig.

 

Am 20. März 2008 wurde die rumänische Staatsangehörige X, geb. X, von einem Polizeibeamten der Polizeiinspektion Kirchdorf/Krems beim Aufwischen des Bodens im Wettcafe, in dem gerade Servicearbeiten am Getränkeautomat durchgeführt wurden, angetroffen. Spieler waren zu diesem Zeitpunkt nicht im Lokal, der Bw traf einige Minuten später im Lokal ein. Sowohl der Bw als auch Frau X gaben an, dass sie befreundet sind. Der Bw stellte Frau X eine von ihm angemietete Wohnung in X, X, zur Verfügung.

 

Es konnte im Verfahren nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob Frau X die Reinigungsarbeiten aufgrund eines Freundschaftsdienstes für den Bw durchführte.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung am 2. Oktober 2009.

 

Der Bw schilderte in der Berufungsverhandlung die Umstände, unter denen er zum Tatzeitpunkt sowohl beruflich als LKW-Fahrer als auch als Betreiber eines Wettcafes tätig war, wobei es aufgrund seiner diesbezüglichen Aussagen durchaus möglich erscheint, gleichzeitig beide Tätigkeiten – ohne zusätzliches Hilfspersonal im Wettcafe – auszuführen. Er wies auch darauf hin, dass er mit Frau X zum Tatzeitpunkt ein Liebesverhältnis unterhielt und er ihr während ihres Aufenthaltes in Österreich sowohl eine Wohnmöglichkeit als auch Verpflegung zur Verfügung stellte und schilderte nicht unschlüssig, weshalb sie in seinem Wettcafe bei Reinigungsarbeiten angetroffen wurde. Diese Aussagen sind auch mit den von Frau X gemachten Angaben bei ihrer Erstaussage gegenüber dem als Zeugen einvernommenen Polizeibeamten und Einvernahme vor der belangten Behörde in Einklang zu bringen.

 

Es konnte daher im Verfahren nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob Frau X zum Tatzeitpunkt als Reinigungskraft im Wettcafe des Bw beschäftigt wurde.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungs­nachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelten als Gefälligkeitsdienste, die nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG fallen, kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungs­empfänger erbracht werden.

 

Im vorliegenden Verfahren konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob der verheiratete Bw für die ausländische Staatsangehörige Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung stellte, um mit ihr während ihres Aufenthaltes in Österreich ein Verhältnis zu unterhalten. In einem solchen Fall würden die Aspekte, die auf das Vorliegen eines Freundschaftsdienstes hinweisen, überwiegen, da genaue Feststellungen über eine längere Dauer oder Häufigkeit der Aushilfsdienste nicht getroffen werden können und die Unterbringung und Verpflegung von Frau x durch den Bw Ausfluss der persönlichen Beziehung wäre, die der Bw mit der ausländischen Staatsangehörigen unterhalten hat.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben somit trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Bw. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bw das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Anlage: Akt

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum