Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281171/5/Kl/Rd/Pe

Linz, 05.11.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.7.2009, Ge96-61-2008/HW, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Berufungs­verfahren in Höhe von insgesamt 260 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.7.2009, Ge96-61-2008/Hw, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von zweimal 300 Euro (Fakten 1 und 2) und 700 Euro (Faktum 3), Ersatzfreiheitsstrafen von zweimal 24 Stunden (Fakten 1 und 2) und 48 Stunden (Faktum 3), wegen  Verwaltungsübertretungen gemäß § 55 Abs.2 dritter Satz BauV (Faktum 1), § 57 Abs.2 dritter Satz BauV (Faktum 2), § 59 Abs.4 BauV (Faktum 3), jeweils iVm § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungs­strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin x mit Sitz in x, Geschäftsanschrift x, folgende Übertretungen der Bauarbeiter­schutzverordnung zu verantworten hat:

Anlässlich einer Baustellenkontrolle am 8.4.2008 auf der Baustelle Neubau x, der x hat ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz Folgendes festgestellt:

1.      Bei einem als Auflager für ein Schutzgerüst aufgestellten Metallbock fehlte am 8.4.2008 auf einer Seite die erforderliche Zugstange, die ein Auseinandergleiten der Füße des Metallbockes verhindern soll.

Dies stellt eine Übertretung des § 55 Abs.2 3. Satz BauV dar, wonach Gerüstbauteile aus Metall keine Mängel aufweisen dürfen, durch die ihre Festigkeit beeinträchtigt wird.

2.      Bei einem Endauflager eines Schutzgerüstes, bei dem als Gerüstbelag Pfosten verwendet wurden, wies am 8.4.2008 der Überstand der Pfosten am Auflager höchsten 12 cm, zum Teil nur 3 cm auf.

Dies stellt eine Übertretung des § 57 Abs.2, 3. Satz BauV dar, wonach bei einem Gerüstbelag aus Pfosten diese einen Überstand an den Auflagern von mindestens 20 cm aufweisen müssen.

3.      Die Außenseite des als Konsulgerüst aufgebauten Fanggerüstes war am 8.4.2008 mit keiner mindestens 50 cm hohen Blende versehen.

Dies stellt eine Übertretung des § 59 Abs.4 BauV dar, wonach die Gerüstlagen der Fanggerüste an der Außenseite mit einer mindestens 50 cm hohen Blende versehen sein müssen.

Die vom Organ des Arbeitsinspektorates Linz am 8.4.2008 angefertigten Beweisfotos bilden einen Bestandteil dieses Strafbescheides.     

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung – eingeschränkt auf das Strafausmaß –eingebracht. Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass im angefochtenen Straferkenntnis straferschwerend einschlägige Verwaltungsvorstrafen gewertet worden seien, diese jedoch weder im Ermittlungsverfahren noch im Straferkenntnis selbst genannt wurden. Zudem treffe der Vorhalt der belangten Behörde, wonach der Berufungswerber keine ihm zumutbaren Maßnahmen gesetzt habe, um ein ausreichend dichtes und zulängliches organisatorisches Netz der Überwachung der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu schaffen, nicht zu. Vielmehr werde gegen diesen Vorhalt eingewendet, dass der Berufungswerbers bereits in der Stellungnahme vom 3.4.2008 auf die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsinspektorat hingewiesen habe, wonach die Möglichkeit einer Verbesserung der betriebsinternen Kontrolle besprochen worden sei. Es seien auch Schulungen (wie vom Arbeitsinspektorat empfohlen) gegen Ende des Jahres vorgenommen worden. Der Berufungswerber sei bemüht, die ihn treffenden Verpflichtungen im Hinblick auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu beachten. Die verhängten Geldstrafen erscheinen unangemessen überhöht und könne dem Berufungswerber nur die Begehungsform der Unterlassung vorgeworden werden. Durch die dem Berufungswerber angelasteten Verstößen sei weder eine Gefährdung geschaffen noch sei eine Verletzung von Rechtsgütern eingetreten. Zusammenfassend sei für die Strafbemessung der Vorwurf von einschlägigen Verwaltungsvorstrafen zu Unrecht erfolgt und seien die dargestellten Milderungsgründe nicht ausreichend beachtet worden. Warum ein geringfügiges Verschulden von der Erstbehörde nicht angenommen wurde, sei ohne Begründung geblieben. Es werde daher der Ausspruch einer Ermahnung in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen auf das gesetzliche Mindestmaß beantragt.    

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt und verweist dieses in seiner Stellungnahme vom 11.9.2009 auf den Umstand, dass das beantragte Strafausmaß ohnehin im Bereich von ca. 5 % bzw unter 10 % des möglichen Höchstausmaßes liege und eine weitere Herabsetzung nicht begründbar sei. Es wurde die Abweisung der Berufung beantragt.  

 

4.  Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um Herabsetzung der verhängten Geldstrafen ersucht hat, sind die Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienver­hältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

So werden durch das Nichtverwenden bzw Nichtanbringen von geeigneten Schutzeinrichtungen Arbeitnehmer gerade jenen Gefahren in hohem Maß ausgesetzt, denen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen entgegengetreten wollen, was auch durch schwerste Unfälle immer wieder vor Augen geführt wird.

 

5.4. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber Geldstrafen von 300 Euro (Fakten 1 und 2) und 700 Euro (Faktum 3) bei einem Strafrahmen von 290 Euro bis zu 14.530 Euro – aufgrund der Verwaltungsstrafvormerkungen vom März 2008 (die in der Stellungnahme des Bw vom 3.4.2008 ausdrücklich angeführt sind) ist von einem Wiederholungsfall auszugehen -, verhängt. Es wurde sohin hinsichtlich der Fakten 1 und 2 die gesetzliche Mindeststrafe nur marginal überschritten, sodass de facto von der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe in diesen beiden Spruchpunkten auszugehen war. Die belangte Behörde ist hingegen von einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro ausgegangen und hat als erschwerend das Vorliegen von einschlägigen Verwaltungsvorstrafen, strafmildernd das Schuldeingeständnis gewertet. Es kann darin keine Gesetzwidrigkeit erblickt werden. Darüber hinaus wurde der Strafbemessung ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keine Sorgepflichten und kein Vermögen zugrunde gelegt. Den von der belangten Behörde bei der Strafbemessung geschätzten persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisses wurde in der Berufung nichts entgegengehalten, sodass der Oö. Verwaltungssenat von der Richtigkeit selbiger ausgehen konnte.

 

Wenn nunmehr der Berufungswerber in seiner Berufung einwendet, dass die Bauleiter die betriebsinterne Weisung zur Überwachung der jeweiligen Poliere hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften haben und dass Schulungen sowohl durch einen betriebsinternen Sicherheitsfachmann als auch durch einen außerbetrieblichen Fachmann in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden sowie dass vom Berufungswerber selbst laufende Baustellen häufig aufgesucht und auf Missstände hingewiesen werde, ist ihm diesbezüglich Nachstehendes entgegenzuhalten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass es zur erfolgreichen Darlegung eines erforderlichen Kontrollsystem erforderlich ist aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet ist, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelegen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. VwGH vom 26.1.2001, 96/02/0011, 28.6.2002, 98/02/0180).

 

Für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers iSd § 31 Abs.5 ASchG wird eine stichprobenartige Überwachung des Bevollmächtigten ebenso nicht als ausreichend erachtet wie die bloße Erteilung von Weisungen. Entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei das Kontrollsystem darzulegen ist (vgl. VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0381).

 

Der Arbeitgeber hat darzulegen, inwieweit er selbst, obwohl als gemäß § 9 Abs.1 VStG an der Spitze des Kontrollsystems stehender Verantwortlicher, in dieses entsprechend eingebunden ist. Dass der Arbeitgeber größten Wert auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften legt, entsprechende Weisungen an seine Filialleiter und Bauleiter weitergibt und für entsprechende Anweisungen und Schulungen der Arbeitnehmer sorgt, ist insoweit nicht ausreichend (vgl. VwGH 26.1.1996, 96/02/0005, 31.3.2000, 96/02/0052).

 

Die vom Berufungswerber geschilderten Vorkehrungen zur Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen halten nicht den vom Verwaltungsgerichtshof  dargelegten Erfordernissen an ein effizientes und effek­tives Kontrollsystem stand. Daran ändert auch nicht der Umstand, dass es nach Anzeigelegung Gespräche mit dem zuständigen Arbeits­inspektorat hinsichtlich der Optimierung des Kontrollsystems gegeben hat. Wenngleich auch die Bereitschaft zur Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen signalisiert wurde, ändert dies jedoch nichts am schuldhaften Verhalten des Berufungswerbers zum Tatzeitpunkt. Hierauf kommt es auch bei der Strafbemessung letztlich an und ist das Verschulden entsprechend bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

 

Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorgelegen ist. Die Einsichtigkeit des Berufungswerbers allein stellt noch nicht ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe dar, zudem stellt das bloße Unbestrittenlassen von Fakten, die ohnedies nicht zu widerlegen sind, kein Geständnis im Sinne eines Milderungsgrundes dar (vgl. etwa VwGH 14.6.1996, 94/02/0492).

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt.

 

Es waren daher die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen zu bestätigen.        

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Strafbemessung, Vorstrafen

 

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