Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401031/4/Fi/Wb

Linz, 03.11.2009

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Be­schwerde des x vertreten durch Mag. x, x, betreffend die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung von Beginn an sowie betreffend die Fortsetzung seiner Anhaltung in Schubhaft, mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird soweit sie die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft seit 18. September 2009 betrifft als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die bisherige Anhaltung nicht rechtswidrig war.

 

Die Beschwerde wird, soweit sie die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft betrifft, als unbegründet abgewiesen und es wird gemäß § 83 Abs. 4 FPG festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirkes Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 82 Abs. 1 und § 83 Abs. 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr.  29/2009 iVm den §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Vöcklabruck vom 18. September 2009, Sich40-2949-2009, wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG, § 80 Abs. 5 2 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Steyr vollzogen.

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus:  

Erstmals sei der Bf mit seiner Ehefrau und seiner Tochter nach erfolgter illegaler Einreise von der Slowakei kommend am 3. Juli 2006 im Zuge seiner Asylantragstellung in der Erstaufnahmestelle Ost in Traiskirchen in Erscheinung getreten. Eine Überprüfung seiner Fingerabdrücke habe dabei zum Ergebnis geführt, dass er bereits unmittelbar vor seiner illegalen Einreise nach Österreich ein Asylbegehren in der Slowakei, und zwar in Vlacha am 21. Mai 2006 eingebracht habe. Im Asylverfahren habe er angeführt, dass er mit seiner Familie alleinstehend in Österreich sei.

Der Bf und seine Familie hätten keine Bezugspersonen und würden keine Unterstützung von Bekannten oder Verwandten in Österreich erhalten. Sie seien völlig mittellos und könnten ihren Aufenthalt nicht aus eigenen Mitteln finanzieren. Dem Bf sowie seiner Familie sei daher vorübergehend eine bundesbetreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle Ost zugewiesen worden.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes Erstaufnahmestelle Ost vom 30. August 2006 sei der Asylantrag des Bf mangels Zuständigkeit Österreichs gemäß dem Dublinabkommen, gemäß § 5 AsylG 2005 durchsetzbar zurückgewiesen und der Bf als auch seine Familie gemäß § 10 AsylG 2005 durchsetzbar in die Slowakei ausgewiesen worden. Der dagegen erhobenen Berufung sei beim unabhängigen Bundesasylsenat keine aufschiebende Wirkung zuerkannt, die Abschiebung in die Slowakei als rechtskonform dargestellt und somit mit Wirkung vom 23. September 2006 die Ausweisung durchführbar geworden.

Am 10. Oktober 2006 habe der Bf die zugewiesene bundesbetreute Unterkunft ohne Abmeldung verlassen und sei ohne Bekanntgabe einer Meldeadresse als illegal aufhältiger Fremder in die Anonymität untergetaucht.

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 18. Oktober 2009 (gemeint wohl 18. Oktober 2006) sei die Berufung des Bf abgewiesen worden. Die Ausweisung des Bf als auch seiner Familienangehörigen sei mit Wirkung vom 18. Oktober 2009 (gemeint wohl 18. Oktober 2006) in Rechtskraft erwachsen.

In der Anonymität habe der Bf Beschwerde gegen die zitierte Entscheidung beim Unabhängigen Verwaltungssenat (gemeint wohl Verwaltungsgerichtshof) eingebracht, welcher am 30. November 2006 die aufschiebende Wirkung erteilt habe.

Am 16. Februar 2007 haben der Bf und seine Familienangehörigen, nunmehr in der Erstaufnahmestelle West, neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. September 2007, rechtskräftig mit 16. Oktober 2007, sei der neuerliche Asylantrag mangels Zuständigkeit Österreichs gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen sowie der Bf und seine Familienangehörigen in die Slowakei ausgewiesen worden.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 2009 sei die Behandlung der Beschwerde abgewiesen worden. In Folge dieser Entscheidung seien der Bf und seine Familienangehörigen am 13. Mai 2009 in die Slowakei abgeschoben worden.

Am 14. September 2009 haben der Bf und seine Familienangehörigen einen neuerlichen, weiteren Folgeasylantrag in der Erstaufnahmestelle West gestellt. Dabei habe der Bf angeführt, dass er abgesehen von seiner Familie keine Bezugspersonen in Österreich habe und er abgesehen von einem Bargeldbetrag in Höhe von 20,- Euro völlig mittellos sei.

Nach der Abschiebung sei er von der Slowakei in die Ukraine gereist nachdem ihm von der Slowakei mitgeteilt worden sei, dass er das Land verlassen soll. Am 12. September 2009 hätte der Bf gemeinsam mit seiner Familie die Ukraine mit dem Taxi verlassen und sei am 13. September 2009 illegal in die Slowakei eingereist. Nach einem eintägigen Aufenthalt sei er dann am 14. September 2009 illegal nach Österreich eingereist.

Am 18. September 2009 sei dem Bf und seinen Familienangehörigen mitgeteilt worden, dass die Slowakei neuerlich konsultiert sowie ein neuerliches Ausweisungsverfahren in die Slowakei eingeleitet wurde. Unmittelbar nach der Ausfolgung der Mitteilung des eingeleiteten Ausweisungsverfahren sei der Bf festgenommen worden.

Dem Ersuchen des Bf auf neuerliche Aufnahme und Zuweisung in eine bundesbetreute Unterkunft sei nicht stattgegeben worden.

Wie das Verhalten des Bf eindrucksvoll zeigen würde, sei er selbst mit einer Familie und einem Kind an absolut keine Örtlichkeiten gebunden und absolut flexibel in seiner Lebensgestaltung. Der Bf sei in seinem ersten Asylverfahren in die Anonymität abgetaucht und habe sich monatelang als illegaler Fremder ohne Zugang zum Arbeitsmarkt als mittellose Person in der Anonymität aufgehalten. Nachdem der Bf nach Abschluss des zweiten Asylverfahrens in die Slowakei abgeschoben worden sei, sei er neuerlich illegal nach Österreich eingereist. Dabei habe er angeführt, aus der europäischen Union ausgereist und abermals illegal in diese eingereist zu sein. Der offensichtliche Zweck dieser – im Hinblick mehrerer widersprechender Gründe – unglaubwürdige Angaben sei unzweifelhaft das Erreichen eines inhaltlichen Asylverfahrens. Nachdem dem Bf mitgeteilt worden sei, dass seine Angabe der Ausreise und Wiedereinreise in die Europäische Union nicht den gewünschten Erfolg einer Aufenthaltsberechtigung bringe, dem entgegen sogar eine durchsetzbare Ausweisung vorliege, sei – insbesondere auf Grund der Berücksichtung seiner Verhaltensweise – dringend davon auszugehen, dass er sich dem weiteren Verfahren unverzüglich neuerlich entziehen werde, um einer drohenden Festnahme und einer neuerlichen Abschiebung in die Slowakei zu entgehen.

In Berücksichtung der angeführten Gründe und Verhaltensweise des Bf sowie in Bezug auf eine Zukunftsprognose seines Verhaltens habe von der Verhängung gelinderer Mittel Abstand genommen werden müssen. Im Hinblick auf die Familie des Bf und zum Wohle des minderjährigen Kindes – und nur aus diesen Gründen – sei von der Verhängung der Schubhaft gegen die Frau des Bf zum gegenwärtigen Stand des Verfahrens Abstand genommen worden. Auf den Bf bezogen habe aber das gelindere Mittel aufgrund des geschilderten Sachverhalts und der in der Vergangenheit in besonderer Weise gezeigten Fluchtgefahr keine Anwendung finden können.

Aufgrund der geschilderten Umstände sowie dass gegen den Bf bereits die Erlassung einer durchsetzbaren Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 eingeleitet wurde, sei begründet zu befürchten, dass der Bf sich – auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde erneut und unverzüglich, ohne auf die drohende Abschiebung in die Slowakei zuzuwarten, entziehen werde. Demzufolge sei zur Sicherung der Ausweisung nach den Bestimmungen des Asylgesetzes sowie zur Sicherung der Abschiebung die Anhaltung in Schubhaft unbedingt erforderlich.

Ein gelinderes Mittel würde zudem die Gefahr beinhalten, dass der Bf mit seiner Familie – nach einem neuerlichen Abtauchen in die Illegalität – dem österreichischen Staat weiters finanziell zur Last fallen könnte. Da er seinen Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müsse, sei die Gefahr sehr groß, dass er dies auf illegale Art und Weise bewerkstelligen werde.

Die Anordnung der Schubhaft sei – nach einzelfallbezogener Abwägung – verhältnismäßig, denn dem Recht des Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit stehe das überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. In diesem Einzelfall ist eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der neuerlichen Außerlandesbringung durch die Anordnung eines gelinderen Mittels aus den angeführten Gründen nicht denkbar. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, sei der Eingriff in das Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und von der alternativen Anordnung eines gelinderen Mittels Abstand zu nehmen gewesen. Ein konkreter und akuter Sicherungsbedarf, dem im vorliegenden Fall ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft begegnet werden könne, sei zu bejahen.

2.1. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 28. Oktober 2009, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 29. Oktober 2009 (Telefax eingebracht am 28. Oktober 2009 nach Ende der Amtsstunden), stellt der Bf den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung von Anfang an. In eventu begehrt er die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen. Zugleich beantragt er die Erstattung der Verfahrenskosten.

Begründend wird – nach Richtigstellungen zum Bescheid hinsichtlich einzelner Jahreszahlen und der Ausführung, dass der Unabhängige Verwaltungssenat nicht Berufungsinstanz des Unabhängigen Bundesasylsenates ist – in der Schubhaftbeschwerde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich seine Gattin und sein Kind derzeit in der Bundesbetreuung in der Betreuungsstelle Timelkam befinden würden. Wieso der Bf selbst dort nicht aufgenommen werden soll, sei dem Bescheid nicht zu entnehmen und auch nicht nachvollziehbar. Auch habe er in der Vergangenheit keine strafrechtlichen Delikte begangen und daher entbehre diese Feststellung im Bescheid jeglicher Grundlage.

Aus diesen Feststellungen sei ersichtlich, dass die belangte Behörde sich nicht im Geringsten mit seinem Fall auseinandergesetzt habe, sondern um jeden Preis die Schubhaft verhängen wollte.

Der Bf sei während seines aufrechten Asylverfahrens, als er einer Ladung zum Bundesasylsenat nachkam, in Schubhaft genommen worden. Da aufgrund des rechtsstaatlichen Prinzips ein Verwaltungsverfahren zustehe, welches einige Zeit in Anspruch nehmen wird und während diesem erst durch verschiedene Instanzen zu klären sei, ob der Bf seinen Aufenthalt nicht doch legalisieren kann, sei das Vorgehen der belangten Behörde nicht dazu geeignet, auf eine möglichst kurze Haftdauer hinzuwirken. Das Ausschöpfen der Instanzenzüge dürfe ihm dabei nicht zur Last gelegt werden. Weiters sei ihm durch die Verhängung der Schubhaft der Zugang zu einer adäquaten Rechtsberatung erschwert worden.

Der Bf räumt ein, dass er im Jahr 2006 tatsächlich kurzfristig untergetaucht sei, aber nach einiger Zeit selbstständig wieder Kontakt mit den österreichischen Behörden aufgenommen habe. Er habe sich danach bis zu seiner Abschiebung im Mai 2009 in Bundesbetreuung befunden und sich nicht den fremdenpolizeilichen Verfahren entzogen.

Auch im Jahr 2007, als der Bf einen zweiten Asylantrag gestellt habe, hätten die Behörden keinen Anlass gesehen, ihn in Schubhaft zu nehmen, da offenbar im Jahr 2007 kein Sicherungsbedarf vorhanden gewesen sei. Warum nunmehr, da er erneut von sich aus Kontakt mit den Behörden aufgenommen hat, nachweislich einmal abgeschoben und direkt nach seiner Rückkehr einen Asylantrag gestellt habe, die Fluchtgefahr größer sei, sei nicht nachvollziehbar und auch nicht begründet.

Die vorliegende Prüfung sei daher unvollständig und berücksichtige sein Verhalten im Zeitraum von 2007 bis 2009 nicht. Dem Verhalten in diesem Zeitraum komme aufgrund der größeren Aktualität und aufgrund des längeren Zeitraums, in welchem er sich legal in Bundesbetreuung aufgehalten und auch an den aufenthaltsbeendenden Maßnahmen mitgewirkt habe, eine wesentlich größere Bedeutung zu.

Dass für seinen weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel eingesetzt werden müssten, liege in der Natur des Asylsystems, da ja gerade zu eben diesem Zweck die Grundversorgung eingeführt worden sei. In Falle von Asylwerbern sei auch zu berücksichtigen, dass diese grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Gewährung von Grundversorgung haben. Der Bf hätte diese Unterstützung bereitwillig angenommen und führt aus, dass es kein Argument der Behörde gibt, warum er – durch "Abtauchen in die Anonymität" – auf diesen Rechtsanspruch verzichten hätte sollen.

Durch die Verhängung der Schubhaft werde der Bf weiters gehindert mit seiner Frau und seinem Kind zusammenzuleben. Dies stelle einen schweren Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar. Die Tochter des Bf hätte jedenfalls ein Anrecht auf Kontakt zu beiden Elternteilen.

Die belangte Behörde habe es weiters auch unterlassen, zu überprüfen, warum gerade in seinem Fall kein gelinderes Mittel zur Anwendung gekommen sei.

 

2.2. Mit E-Mail vom 30. Oktober 2009 übermittelte die belangte Behörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat den dort geführten Verwaltungsakt, erstattete eine Stellungnahme und beantragte darin die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde.

 

Ergänzend führt die belangte Behörde darin u.a. aus, dass die Ehefrau des Bf sowie sein Kind nicht in bundesbetreuter Unterkunft untergebracht sind, sondern im Rahmen des gelinderen Mittels in einer von Seiten der belangten Behörde zugewiesenen und finanzierten Unterkunft aufhältig sind. Im vorliegenden Fall stehe dem Bf und seiner Familie aufgrund der rechtskräftigen zurückweisenden Entscheidungen kein Anspruch auf eine bundesbetreute – noch eine landesbetreute – Unterkunft zu. Dieser Umstand ergebe sich aus den beiliegenden Auszügen aus dem Asylwerberinformationssystem mit dem Eintrag "keine Einquartierung". Die Familie befand sich auch im Zeitraum zwischen Antragstellung (14. September 2009) und Anordnung der Maßnahme (18. September 2009) nicht in einer betreuten Unterkunft. Dieser Umstand ergäbe sich unter anderem aus den Aufzeichnungen der Grundversorgungsstelle.

 

 

 

3. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3. 1. Rechtslage:

 

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 (§ 80 Abs. 5 idF BGBl. I Nr. 4/2008) lauten wie folgt:

"Anwendungsbereich

 

         § 1. (1) ...

         (2) Auf Asylwerber (§ 2 Z 14 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100) sind die §§ 41 bis 43, 53, 58, 68, 69, 72 und 76 Abs. 1 nicht anzuwenden. Ein vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eingeleitetes Aufenthaltsverbotsverfahren ist nach Stellung eines solchen Antrages als Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes weiterzuführen. Es ist nur über das Rückkehrverbot abzusprechen. Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, sind darüber hinaus die §§ 39, 60 und 76 nicht anzuwenden. Die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber ist erst zulässig, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann. Ein Rückkehrverbot kann gegen einen Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, erlassen werden.

        

 

Schubhaft

 

         § 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. 

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

         1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

         2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

         3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

         4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

...

(5) Wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

...

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

                  

Gelinderes Mittel

 

         § 77. (1) Die Behörde kann von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

         ...

         (3) Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

         (4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zur Behörde, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

         ...

 

Dauer der Schubhaft

 

         § 80. (1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

         (2) Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs. 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

         ...

         (5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

         ...

Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat

 

§ 82. (1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

         1. wenn er  nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

         2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz

             2005 angehalten wird oder wurde oder

         3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

         ...

Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat

 

         § 83. (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

         (2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

         1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus

             der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

         2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortset­

             zung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die   

             Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

         ...

         (4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

3.2. Zuständigkeit 

Der Bf ist Fremder iSd FPG, wurde in Oberösterreich festgenommen und wird seit 18. September 2009 in Schubhaft angehalten.

Daher ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich nach § 83 Abs. 1 FPG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist darüber hinaus gemäß § 83 Abs. 2 erster Satz FPG zur Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde durch eines seiner Mitglieder berufen.

3.3. Rechtzeitigkeit der Beschwerde

 

Nach § 83 Abs. 2 FPG gelten grundsätzlich die für Maßnahmenbeschwerden iSd § 67a Abs. 1 Z 2 AVG vorgesehenen Verfahrensbestimmungen der §§ 67c bis 67g sowie des § 79a AVG auch im Schubhaftbeschwerdeverfahren.

 

Gemäß dem § 67c Abs. 1 AVG sind Beschwerden innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem Unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

 

Die am 29. Oktober 2009 eingelangte Beschwerde erweist sich daher jedenfalls im vollen Umfang als rechtzeitig, zumal der Schubhaftbescheid mit 18. September 2009 datiert ist und auch die Festnahme des Bf an diesem Tag erfolgt ist.

 

3.4. Vorliegen eines Schubhafttatbestandes des § 76 Abs. 2 FPG

 

3.4.1. Bei der Verhängung der Schubhaft bezog sich die belangte Behörde auf die Gesetzesbestimmung des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG, wonach die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen kann, wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn 1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird; 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

§ 5 Abs. 1 AsylG 2005 normiert, dass ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes EASt Ost vom 30. August 2006 wurde der Erstasylantrag des Bf mangels Zuständigkeit Österreichs gemäß der Dublin-Verordnung im Sinne des § 5 AsylG 2005 durchsetzbar zurückgewiesen und der Bf sowie seine Frau und sein Kind gemäß § 10 AsylG 2005 durchsetzbar in die Slowakei ausgewiesen. Der dagegen erhoben Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat wurde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt und die Abschiebung in die Slowakei als zulässig festgestellt. Einer gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates erhoben Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde am 30. November 2006 die aufschiebende Wirkung erteilt.

Am 16. Februar 2007 stellte der Bf einen neuerlichen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. September 2007 wurde der neuerliche Asylantrag mangels Zuständigkeit Österreichs gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen und die durchsetzbare Ausweisung in die Slowakei festgestellt. Diese Entscheidung ist mit 16. Oktober 2007 in Rechtskraft erwachsen.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 2009 wurde die Behandlung der Beschwerde zum Erstantrag abgelehnt.

Nach Abschiebung des Bf und seiner Familie in die Slowakei am 13. Mai 2009 stellten diese am 14. September 2009 einen neuerlichen Asylantrag.

Am 18. September 2009 wurde dem Bf und seinen Familienangehörigen mitgeteilt, dass die Slowakei neuerlich konsultiert wurde und gegen den Bf sowie seine Familienangehörigen ein Ausweisungsverfahren in die Slowakei eingeleitet wurde. Die Slowakei stimmte am 2. Oktober 2009 der Übernahme zu.

Dem Bf wurde am 18. September 2009 gemäß § 29 Abs. 3 AslyG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, sein Asylbegehren mangels Zuständigkeit Österreichs zurückzuweisen und ihn in die Slowakei auszuweisen. Daher konnte die Anhaltung des Bf in Schubhaft ab 18. September 2009 rechtsrichtig auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG  gestützt werden.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Oktober 2009 wurde der Antrag des Bf auf internationalen Schutz vom 14. September 2009 gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen und der Bf gemäß § 10 AsylG 2005 ausgewiesen, womit seit diesem Zeitpunkt § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als Schubhaftgrund relevant ist.

 

3.5. Vorliegen eines Sicherungsbedarfes – Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

Die Ausreiseunwilligkeit des Bf ist evident. Nach seiner Abschiebung in die Slowakei im Mai 2009 wartete er nur rund 4 Monate zu, um dann wieder illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich einzureisen und einen Folgeantrag zu stellen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Oktober 2009 wurde der Antrag des Bf auf internationalen Schutz vom 14. September 2009 gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen und der Bf gemäß § 10 AsylG 2005 ausgewiesen, womit der Bf jederzeit mit seiner neuerlichen faktischen und allenfalls auch zwangsweisen Außerlandesschaffung rechnen musste.

Es bleibt daher der erforderliche Sicherungsbedarf im Zusammenhang mit dem genannten Ausweisungsverfahren zu prüfen:

Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof (siehe ua. das Erkenntnis 2008/21/0196 vom 27. Mai 2009) mehrfach betont hat, darf die Verhängung der Schubhaft in "Dublin-Fällen" nicht zu einer "Standardmaßnahme" gegen Asylwerber werden. Es müssen vielmehr besondere Gesichtspunkte vorliegen, die erkennen lassen, dass es sich hier um eine von den typischen "Dublin-Fällen" abweichende Konstellation handelt, in der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund konkreter Anhaltspunkte auf eine drohende Verfahrensvereitelung durch den Beschwerdeführer geschlossen werden kann.

 

Ein aktueller objektiver Sicherungsbedarf liegt im vorliegenden Beschwerdefall  deshalb auf der Hand – und insofern unterscheidet sich dieser Fall von den typischen "Dublin-Fällen" – weil der Bf bereits einmal (in Österreich) der Anordnung eines "gelinderen Mittels" zuwiderhandelte, indem er unentschuldigt seine Unterkunft verließ und in der Anonymität abtauchte.

 

Diese Grundhaltung des Bf gegenüber behördlichen Anordnungen ist nach wie vor aktuell. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt EAST-West vom 9. Oktober 2009 führte der Bf aus, dass er nach Abschiebung in die Slowakei im Mai 2009 von den slowakischen Behörden aufgefordert wurde, dass er und seine Familie sich binnen 24 Stunden in einem (bestimmten) Lager zu melden haben. Auch dieser Aufforderung ist er eigenen Angaben zufolge nicht nachgekommen. Bereits in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 22. Februar 2007 führte er aus, dass er und seine Familie in der Slowakei im Jahr 2006 in einem geschlossen Lager untergebracht waren und sie dieses nicht hätten verlassen dürfen. Als der Bf und seine Familie jedoch in ein offenes Lager verlegt wurden, blieben sie nur 2 Nächte dort, eher sie die Slowakei unabgemeldet verlassen haben.

 

Die Annahme des aktuellen Sicherungsbedarfes wird auch dadurch erhärtet, dass dem Bf die Funktion der Dublin-II-Verordnung aus eigener Erfahrung nunmehr bekannt ist. Nach einer erneuten Abschiebung in die Slowakei hat er seine mögliche Rückführung in die russische Förderation zu befürchten, was dem Bf – wie er selbst ausführte – bereits einmal von slowakischer Seite mitgeteilt wurde.

 

Es war daher für die belangte Behörde zu keiner Zeit zu erwarten, dass der Bf sich den entsprechenden fremdenpolizeilichen Anordnungen ohne Weiteres fügen werde. Die Anhaltung des Bf war somit nicht als bloß rein präventive Vorbereitungshandlung für die Abschiebung anzusehen, sondern diese war aufgrund des Verhaltens des Bf zur Sicherung dringend erforderlich.

Dass der Bf während des bis zum Frühjahr 2009 anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht untergetaucht ist, spricht schon deswegen nicht gegen das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs, da der Bf während diesem Verfahren keine Abschiebung zu befürchten hatte.

 

Die belangte Behörde hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und den aktuellen Sicherungsbedarf ordnungsgemäß geprüft und konkret begründet, warum keine gelinderen Mittel in gleicher Weise zur Zielerreichung zum Tragen kommen können.

Angesichts der Sachlage hatte die belangte Behörde auch keinen Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung gelinderer Mittel – etwa durch Auferlegung der Verpflichtung zur periodischen Meldung bei einer Sicherheitsdienststelle (vgl. § 77 Abs. 3 FPG) – erreicht werden kann, zumal der Bf bereits einmal seinen Verpflichtungen nach § 77 Abs. 3 FPG nicht nachgekommen ist bzw. er sich auch (mehrmals) den behördlichen Verfahren in der Slowakei entzog.

Das Vorgehen der belangten Behörde war darauf gerichtet, die Sicherung des Bf und seiner Familie so verträglich wie möglich zu gestalten. So wurde von der Verhängung der Schubhaft über die Ehegattin des Bf und das gemeinsame Kind Abstand genommen und zum Wohl des Kindes "nur" das gelindere Mittel verhängt. Eine Verletzung des Art. 8 EMRK kann daher im vorliegenden Fall nicht erkannt werden.

Aus den genannten Gründen liegen auch die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vor. Die Schubhaft erweist sich somit – auch aufgrund seiner bisher relativ kurzen Dauer – als verhältnismäßiges und zweckentsprechendes Mittel, um die bevorstehende Abschiebung des Bf zu sichern.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirkes Vöcklabruck) nach       § 79a Abs. 1 und 4 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 sowie § 2 Abs. 2 der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, antragsgemäß ein Auf­wandsersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (57,40 Euro für den Vorlageauf­wand und 368,80 Euro für den Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

6. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 16,80 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

Rechtssatz

VwSen-401031/4/Fi/Wb vom 3. November 2009

 

FPG § 76 Abs. 2 Z 2

 

Der Verwaltungsgerichtshof betonte mehrfach (siehe ua. das Erkenntnis 2008/21/0196 vom 27. Mai 2009), dass die Verhängung der Schubhaft in "Dublin-Fällen" nicht zu einer "Standardmaßnahme" gegen Asylwerber werden darf. Es müssen vielmehr besondere Gesichtspunkte vorliegen, die erkennen lassen, dass es sich hier um eine von den typischen "Dublin-Fällen" abweichende Konstellation handelt, in der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund konkreter Anhaltspunkte auf eine drohende Verfahrensvereitelung durch den Beschwerdeführer geschlossen werden kann.

 

Ein aktueller objektiver Sicherungsbedarf lag im vorliegenden Beschwerdefall  deshalb auf der Hand – und insofern unterscheidet sich dieser Fall von den typischen "Dublin-Fällen" – weil der Bf bereits einmal in Österreich der Anordnung eines "gelinderen Mittels" zuwiderhandelte, indem er unentschuldigt seine Unterkunft verließ und in die Anonymität abtauchte sowie in der Slowakei zweimal behördlichen Anordnungen – durch Abtauchen in die Anonymität - nicht Folge geleistet hat.

 

Dass der Bf während eines anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens – bei welchem die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde – nicht untergetaucht ist, spricht nicht gegen das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs, da während diesem Verfahren keine Abschiebung zu befürchten war.

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 05.07.2012, Zl.: 2010/21/0015-5

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