Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164169/2/Kei/Bb/Ps

Linz, 09.11.2009

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung von Frau X vom 28. April 2009, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 20. April 2009, AZ CSt-46273/LZ/08, wegen Abweisung des Antrages auf  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Zurückweisung des Einspruches als verspätet, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird mit der Maßgabe, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides anstelle von "17.12.2008" gesetzt wird "17.12.2008, Zl. S 0046273/LZ/08 01," in beiden Punkten abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 Z1 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24 und 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Der Polizeidirektor von Linz hat mit Bescheid vom 20. April 2009, AZ CSt-46273/LZ/08, den Antrag von Frau X (der Berufungswerberin) vom 8. April 2009, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 24 VStG iVm § 71 Abs.1 Z1 AVG als unbegründet abgewiesen und den gleichzeitig eingebrachten Einspruch vom 8. April 2009 gegen die Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 17. Dezember 2008, AZ S 0046273/LZ/08 01, gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 24. April 2009, richtet sich die durch die Berufungswerberin bei der Bundespolizeidirektion Linz erhobene Berufung vom 28. April 2009.

 

Die Berufungswerberin bringt darin vor, dass die Einzahlung der Anonymverfügung in der Höhe von 29 Euro nicht möglich gewesen sei, weil ihr diese, datiert mit 30. Oktober 2008, erst am 7. April 2009 postalisch zugestellt worden sei. Klarerweise könne der Beweis über die tatsächliche Zustellung von ihr nicht erbracht werden. Ob die Sendung tatsächlich am 31. Oktober 2009 in X versendet wurde, sei allerdings genauso fragwürdig, wie die aufgeworfene Frage des mangelnden Beweises hinsichtlich des Erhaltes der Anonymverfügung. Wäre die Zustellung der Anonymverfügung ordnungsgemäß vor sich gegangen, dann hätte sie - aus wirtschaftlichen Gründen – den vorgeschriebenen Betrag in Höhe von 29 Euro einbezahlt, und die Erlassung der Strafverfügung in Höhe von 36 Euro wäre dadurch hinfällig gewesen. Es gehe ihr lediglich darum, dass zu erkennen sei, dass die Anonymverfügung nur deshalb gegenstandslos geworden ist, weil sie nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei.

Bezugnehmend auf den als verspätet zurückgewiesenen Einspruch führte die Berufungswerberin aus, dass der Einspruch wohl nicht erhoben worden wäre, wenn nicht die Anonymverfügung verspätet zugestellt worden wäre. Aufgrund unsachgemäßer Vorgangsweisen bei der Zustellung der Anonymverfügung, welche nicht in ihrem Verschulden liegen würden, sei ihr ein Schaden in der Höhe von 7 Euro entstanden.

 

2.1. Der Polizeidirektor von Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 6. Mai 2009, GZ Cst.-46.273/08, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§ 51c VStG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist und zwar am 30. April 2009 persönlich bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebracht (Datum des Eingangsstempels) und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z4 VStG unterbleiben, weil sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat bzw. der entscheidungsrelevante Sachverhalt sich aus der Aktenlage ergibt.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Die Bundespolizeidirektion Linz verfügte am 30. Oktober 2009 (= Datum der Ausfertigung) zu Zl. 9840 89 144761 eine Anonymverfügung in der Höhe von 29 Euro wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 11 km/h am 19. Oktober 2008 um 14.45 Uhr in Linz, Hartheimer Straße 8, in der dortigen 30 km/h - Zonenbeschränkung durch den unbekannten Lenker des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen X. Als Empfängerin der Anonymverfügung wurde die Berufungswerberin, Frau X, welche - zumindest - zum Vorfallszeitpunkt Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X war, benannt. Die Sendung wurde - wie aus Poststempel des im Akt einliegenden Kuverts ersichtlich ist - am 31. Oktober 2008 in X zur Post gegeben.

 

Nachdem die Einzahlung des in der Anonymverfügung geforderten Geldbetrages innerhalb der festgesetzten Frist unterblieb, wurde der Berufungswerberin wegen der angezeigten Geschwindigkeitsüberschreitung am 5. Jänner 2009 im Wege der Hinterlegung beim Postamt X die Strafverfügung vom 17. Dezember 2008, AZ S 0046273/LZ/08 01, in der Höhe von 36 Euro, zugestellt.

 

Auf diese Strafverfügung hat die Berufungswerberin nach etwa drei Monaten nach deren Zustellung mit Eingabe vom 8. April 2009 reagiert. Sie erhob Einspruch gegen die Strafverfügung vom 17. Dezember 2008 und beantragte gleichzeitig die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG. Die Berufungswerberin bringt darin vor, dass ihr die Anonymverfügung der Bundespolizeidirektion Linz, datiert mit 30. Oktober 2008, nicht termingerecht zugestellt worden sei. Sie habe die Anonymverfügung erst am 7. April 2009 – um somit etwa fünf Monate nach dem Datum der Ausfertigung - postalisch erhalten. Bereits zuvor - am 5. Jänner 2009 – sei ihr aber mittels RSa-Brief die Strafverfügung vom 17. Dezember 2008, AZ S 0046273/LZ/08, in der Höhe von 36 Euro zugestellt worden. Bei ordnungsgemäßer und termingerechter Zustellung der Anonymverfügung hätte sie anstatt der in der Strafverfügung verhängten Geldstrafe von 36 Euro nur einen Betrag in Höhe von 29 Euro bezahlen müssen. Aufgrund unsachgemäßer Vorgangsweise bei der Zustellung der Anonymverfügung, welche nicht in ihrem Verschulden liege, sei ihr ein Schaden in Höhe von 7 Euro entstanden.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. April 2009 wies die Bundespolizeidirektion Linz den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet ab und der Einspruch wurde als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz und den Angaben der Berufungswerberin.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Gemäß § 24 VStG ist die Bestimmung des § 71 AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

3.2. Die Strafverfügung vom 17. Dezember 2008, AZ S 0046273/LZ/08, wurde –dem entsprechenden Zustellnachweis nach – ordnungsgemäß am 5. Jänner 2009 beim Postamt X hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten. Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die auf einen eventuellen Zustellmangel deuten könnten. Gemäß § 17 Abs.3  ZustG gilt die hinterlegte Strafverfügung somit mit dem ersten Tag der Abholfrist (= der 5. Jänner 2009) als zugestellt. Mit dem Tag der Zustellung begann auch die gemäß  § 49 Abs.1 VStG mit zwei Wochen bemessene Einspruchsfrist zu laufen und endete folglich mit Ablauf des 19. Jänner 2009.

 

Die zugestellte Strafverfügung enthält eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung, insbesondere auch den Hinweis auf die zweiwöchige Einspruchsfrist. Trotz unbestritten vollständiger und richtiger Rechtsmittelbelehrung wurde im vorliegenden Fall die Frist zur Einbringung des Einspruches versäumt. Erst am 9. April 2009 - somit um fast drei Monate verspätet - erhob die Berufungswerberin Einspruch und brachte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Als Grund dafür nannte die Berufungswerberin die angeblich erst am 7. April 2009 erfolgte Zustellung der schon am 30. Oktober 2008 ausgestellten Anonymverfügung.

 

Nach Auffassung der Berufungsinstanz stellt dieses – von der Berufungswerberin erstattete - Vorbringen keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 71 Abs.1 AVG dar. Sofern ihr tatsächlich die Anonymverfügung erst am 7. April 2009 postalisch zugekommen sein soll, handelt es sich dabei weder um ein unvorhergesehenes noch um ein unabwendbares Ereignis, welches sie verhinderte, die Einbringung des Einspruches gegen die am 5. Jänner 2009 zugestellte Strafverfügung rechtzeitig durchzuführen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb sie gehindert gewesen sein sollte, fristgerecht das ihr zur Verfügung stehende Rechtsmittel  zu ergreifen. Gerade dann, wenn der Berufungswerberin die verhängte Geldstrafe in der Strafverfügung als zu hoch bemessen erschienen ist, wäre es umso naheliegender gewesen, unverzüglich Einspruch zu erheben. Ein allfälliger Zustellmangel der Anonymverfügung ist nicht geeignet im gegenständlichen Fall ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu begründen.

 

Abgesehen davon ist hervorzuheben, dass für den Einzelnen grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Erlassung einer Anonymverfügung besteht. Nach § 49a Abs.2 VStG kann die Behörde zwar unter bestimmten Voraussetzungen von der Ausforschung eines unbekannten Täters vorerst Abstand nehmen und die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben, dies bedeutet aber nicht, dass die Behörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verpflichtet wäre, eine Anonymverfügung zu erlassen. Eine Anonymverfügung ist keine Verfolgungshandlung und wird durch Unterlassen der Einzahlung bzw. nicht fristgerechter Zahlung gegenstandslos. Es kommt dabei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf an, aus welchen Gründen eine Einzahlung unterblieben ist. Im Falle der Nichteinzahlung bzw. verfristeten Zahlung hat die Behörde gemäß § 34 VStG vorzugehen und den tatsächlichen Täter auszuforschen. Darüber hinaus ist die Behörde im folgenden Verwaltungsstrafverfahren nicht an die Strafbeträge einer zuvor erlassenen Anonymverfügung gebunden, sondern ist berechtigt im Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens eine Geldstrafe festsetzen.

 

Im gegenständlichen Verfahren ist es somit der Berufungswerberin nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist zur Einbringung des Einspruches gegen die Strafverfügung vom 17. Dezember 2008 einzuhalten. In Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmittelfristen trifft jede Partei in Bezug auf deren Einhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht.

 

Es liegen damit die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung nicht vor, weshalb die Bundespolizeidirektion Linz den Antrag zu Recht abgewiesen hat. Die verfahrensgegenständliche Strafverfügung wurde der Berufungswerberin am 5. Jänner 2009 ordnungsgemäß zugestellt. Da der Einspruch gegen diese Strafverfügung erst am 9. April 2009 erhoben worden ist, war dieser von der Bundespolizeidirektion Linz als verspätet zurückzuweisen.

 

Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

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