Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281177/32/Kl/Pe

Linz, 10.11.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 10.6.2009, Ge-349/2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5.11.2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

-         die verletzte Rechtsvorschrift im Sinn des § 44a Z2 VStG „§ 44 Abs.1 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000 idF BGBl. II Nr. 309/2004 in Verbindung mit § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz – AschG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007“, und

-         die Strafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG „§ 130 Abs.1 Einleitung ASchG“ zu lauten hat.

 

 

II.   Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 400 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 10.6.2009, Ge-349/2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 44 Abs.1 AM-VO iVm § 130 Abs.1 Z16 ASchG verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma x, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten hat, dass zumindest am 26.9.2008 in der Arbeitsstätte oben angeführter Firma in x, an der dort befindlichen Thiokol-Anlage an der gegenüberliegenden Seite des in 2,2 m Höhe befindlichen Ventilhebels ein beweglicher Maschinenteil, der eine Scherstelle durch die Gefahr der Scherenwirkung von zwei Maschinenteilen durch Herunterfahren des Zylinders darstellt, nicht durch Verdeckung, Verkleidung und Umwehrung oder durch sonstige Schutzeinrichtungen, wie Sicherungen mit Annäherungsreaktion oder Begrenzung der wirksamen Energie, gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert war. Dem Arbeitnehmer oben angeführter Firma, Herrn x, wurde beim Festhalten am gegenständlichen Maschinenteil durch die Scherenwirkung von zwei Maschinenteilen durch Herunterfahrens des Zylinders der rechte Ringfinger eingeklemmt. Da Quetsch- und Scherstellen an Arbeitsmitteln durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen oder durch sonstige Schutzeinrichtungen, wie Sicherungen an Annäherungsreaktion oder Begrenzung der wirksamen Energie, gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein müssen, stellt oben angeführter Tatbestand eine Übertretung der AM-VO und des ASchG dar.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Bescheides und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass zur Überwachung der Einhaltung der aktuellen sicherheitstechnischen Vorschriften im Betrieb der x eine Sicherheitsfachkraft und acht Sicherheitsvertrauenspersonen eingesetzt seien, von der Sicherheitsfachkraft jährlich Schulungen für sämtliche Produktionsmitarbeiter betreffend die allgemeine Sicherheit im Betrieb abgehalten werden und Herr x auch nachweislich an den sicherheitstechnischen Unterweisungen in den Jahren 2006 und 2008 teilgenommen hätte. Die gegenständliche Maschine diene zum Abdichten von Isoliergläsern mittels eines von Hand zu führenden Schlauches. Der gegenständliche bewegliche Maschinenteil sei im Normalbetrieb weit außer Reichweite der Arbeitnehmer. Nur zum zeitweiligen Entlüften der Maschine sei es nötig, einen Hebel gegenüber dem beweglichen Maschinenteil zu betätigen. Da sich dieser Hebel in einer Höhe von 2,2 m befindet, stehe für diesen Arbeitsvorgang eine Stehleiter bereit. Herr x hätte diese Stehleiter benützen müssen und nicht auf die Maschine hinaufklettern und sich am beweglichen Maschinenteil festhalten oder abstützen dürfen. Die vorgeschriebenen nachweislich geschulten Arbeitsschritte seien von Herrn x nicht eingehalten worden. Der Arbeitsplatz an der gegenständliche Thiokol-Anlage sei auch von der Sicherheitsfachkraft evaluiert worden und habe man bei der Evaluierung des Arbeitsplatzes keine potenzielle Gefahrenstelle erkannt und sei auf die Unfallgefahr der gegenständlichen Anlage nicht hingewiesen worden. Es liege daher kein Verschulden des Bw vor, zumal er sämtliche gebotene und zumutbare Sorgfalt eingehalten hätte.

 

3. Der Magistrat der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentliche mündlichen Verhandlung am 5.11.2009, zu welcher der Bw und das zuständige Arbeitsinspektorat geladen wurden und erschienen sind. Die ebenfalls geladene belangte Behörde ist nicht erschienen. Weiters wurden die Zeugen x und x geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x mit dem Sitz in x, ist. Am 26.9.2008 war in der Arbeitsstätte in diesem Standort an der dort befindlichen Thiokol-Anlage an der gegenüberliegenden Seite des in 2,2 m Höhe befindlichen Ventilhebels ein beweglicher Maschinenteil, der eine Scherstelle durch Scherenwirkung von zwei Maschinenteilen durch Herunterfahren des Zylinders aufwies, der nicht durch Verdeckung, Verkleidung und Umwehrung oder sonstige Schutzeinrichtungen gesichert war. Wird bei dieser Anlage der Sack, in dem sich Thiokol oder Silikon befindet, leer, wird dieser Sack durch einen Kolben nach oben gedrückt. Die hydraulischen Maschinenteile bewegen sich in der Regel nur langsam. Zum Zweck der Entlüftung muss aber ein, auf einer Höhe von ca. 2,2 m befindlicher Ventilhebel umgelegt werden und kann es bei diesem Vorgang zu schnelleren ruckartigen Bewegungen der beweglichen Maschinenteile kommen. Für diese Tätigkeit wird normalerweise eine Leiter verwendet. Zum Tatzeitpunkt befand sich neben der Maschine keine Leiter und musste die Entlüftung schnell erfolgen. Es stieg daher der Arbeitnehmer ein Stück auf den Maschinenrahmen, um zum Ventilhebel zu gelangen. Bei diesem Vorgang kam er aus dem Gleichgewicht und hielt sich bei dem beweglichen Maschinenteil fest, sodass es durch die Scherenwirkung der zwei Maschinenteile zu einer Quetschung des Ringfingers kam. Die beweglichen Maschinenteile waren nicht gegen Berührung gesichert. Die Maschine wurde im Jahr 1985 vom Bw erworben und ist seit diesem Zeitpunkt in Betrieb. Die Maschine weist keine CE-Kennzeichnung auf, es wurde aber vom Hersteller eine Zertifizierungsurkunde übergeben, dass die Maschine den sicherheitstechnischen Vorschriften entspräche.

Nach dem Unfall wurde die Quetschstelle verblendet und es wurde der Ventilhebel abgesenkt, sodass er vom Stand aus zu bedienen ist. Dies wurde auch bei den anderen Thiokol-Maschinen im Betrieb durchgeführt. Weiters wurde eine Arbeitsplatzbeschreibung mit 1.10.2008 herausgegeben, wonach bei diesem Entlüftungsvorgang das Hochklettern an den Maschinen verboten und eine Stehleiter zu verwenden ist.

Im Betrieb gibt es jährliche Schulungen hinsichtlich der Sicherheit, wobei es um allgemeine Sicherheitsvorschriften geht. Über besondere Gefahren bei bestimmten Maschinen wird gesondert informiert. Dies vom jeweiligen Meister. Es muss dazu auch ein Protokoll vom Arbeitnehmer unterschrieben werden. Zu der gegenständlichen Thiokol-Anlage und den hydraulischen bewegten Teilen gab es keine Anweisung und war dies den Arbeitnehmern im Betrieb auch nicht bewusst, dass hier ein Sicherheitsrisiko besteht. Im Betrieb sind eine externe Sicherheitsfachkraft und acht Sicherheitsvertrauenspersonen bestellt. Es finden regelmäßige Begehungen statt. Bei diesen Begehungen wurde niemals auf die Gefahrenstelle an der Thiokol-Anlage hingewiesen und diese Gefahrenstelle nicht erkannt. Im Betrieb sind ca. 350 Mitarbeiter beschäftigt und befindet sich dort ein Maschinenpark im Wert von ca. 10 Mio. Euro. Der Bw sieht sich nicht im Stande den technischen Zustand aller Maschinen selbst zu kontrollieren, weshalb diese Aufgaben an Mitarbeiter delegiert sind. Dafür gibt es Betriebsleiter, Vorarbeiter, Meister und Schichtführer, deren Aufgaben im Arbeitsvertrag festgelegt sind.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen, welche glaubwürdig schienen und kein Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussagen besteht. Weiters stützen sich die Feststellungen auf die Darlegung des Bw selbst sowie auch auf die im Akt befindlichen Fotos, insbesondere auch auf das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Foto.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 50/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007,  begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 44 Abs.1 Arbeitsmittel-Verordnung – AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000 idF BGBl II Nr. 309/2004, müssen Quetsch- und Scherstellen an Arbeitsmitteln durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen oder durch sonstige Schutzeinrichtungen, wie Sicherungen mit Annäherungsreaktion oder Begrenzung der wirksamen Energie, gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein.

 

Die Thiokol-Anlage stammt aus dem Jahr 1985 und weist keine CE-Kennzeichnung auf. Gemäß § 1 Abs.2 und § 3 Abs.1 AM-VO ist daher der 4. Abschnitt der AM-VO anzuwenden.

 

Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes war daher am 26.9.2008 an der genannten Thiokol-Anlage ein hydraulisch beweglicher Maschinenteil nicht durch Verdeckung, Umwehrung oder sonstige Schutzeinrichtungen gesichert, obwohl dort ein Arbeitsplatz bestand, indem ein Arbeitnehmer zum Entlüften der Anlage einen Ventilhebel an dieser Maschine umlegen musste. Durch diesen bewegten Maschinenteil ergab sich eine Quetschstelle und war diese nicht gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert. Sie war für den Mitarbeiter zugänglich und ein Berühren war möglich. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 44 Abs.1 AM-VO erfüllt.

Wenn jedoch vom Bw angeführt wird, dass eine Anordnung bestand, eine Stehleiter für den Entlüftungsvorgang zu verwenden, so ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Maßnahme nicht ausreichen würde, weil bei dieser Maßnahme ebenfalls eine Sicherung gegen Berühren der Quetschstelle nicht gegeben war. Der Anordnung nach § 44 Abs.1 AM-VO wird damit nicht entsprochen.

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und hat daher als nach außen vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG die Tat verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

5.2. Der Bw macht mangelndes Verschulden geltend, weil eine Anweisung für die Arbeitnehmer bestand, eine Stehleiter zu verwenden, und weil die Arbeitnehmer alljährlich in Sicherheitsvorschriften geschult und unterwiesen werden. Dieses Vorbringen reicht für eine Entlastung nicht aus.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

Im Sinn dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bw nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere reicht es nicht aus, dass allgemeine Sicherheitsunterweisungen jährlich durchgeführt werden. Vielmehr ist nach der aufgezeigten Judikatur auch die Einhaltung der Unterweisungen zu kontrollieren. Ob ein diesbezügliches Kontrollsystem eingerichtet ist, wie dieses funktioniert und wie sichergestellt ist, dass jeder in das Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden, wurde nicht dargestellt. Allein die Erteilung von Anweisungen und stichprobenartige Überprüfungen reichen hingegen für das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht aus. Der Verwaltungsgerichtshof hat hingegen dargelegt, dass gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften das entsprechende Kontrollsystem Platz zu greifen hat. Schon deshalb kein es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9 mit weiteren Nachweisen).

Im Übrigen ist aber darauf hinzuweisen, dass es für den konkreten Arbeitsvorgang gar keine Anweisungen zum Tatzeitpunkt gegeben hat, weil die Gefahrenstelle nicht erkannt wurde.

Darüber hinaus kann aber auch das Vorbringen des Bw, dass eine Sicherheitsfachkraft und Sicherheitsvertrauenspersonen im Betrieb eingesetzt sind, ihn nicht entlasten. Zum einen ist auszuführen, dass die regelmäßigen Begehungen durch die genannten Personen schon eine gesetzliche Verpflichtung darstellen. Zum anderen ist aber der Bw darauf aufmerksam zu machen, dass er auch diese Begehungen und Überwachungen seinerseits zu kontrollieren und zu überwachen hat. Weiters können aber diese Evaluierungen nicht einen gesetzwidrigen Zustand rechtfertigen bzw. können auch die mangelhafte Evaluierung und auch mangelhafte Zertifizierung der Maschine nicht einen, dem Gesetz widersprechenden Zustand rechtfertigen bzw. als rechtmäßig erklären.

Schließlich ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5.8.2009, Zl. 2008/02/0036-6, hinzuweisen, wonach nicht der Arbeitsunfall zur Beurteilung ansteht, sondern der Zustand der Maschine im angelasteten Zeitraum. Aus der Bestimmung der AM-VO ergibt sich, welche Gefahrenstellen eines Arbeitsmittels gegen Gefahr bringendes Berühren zu sichern sind. Auch bei der konkreten Thiokol-Anlage ist aber schon ohne besonderes Fachwissen im Hinblick auf § 44 AM-VO zu erkennen, dass hydraulisch bewegte Teile, zu denen eine Berührungsmöglichkeit besteht – wie sich in der Folge auch gezeigt hat – eine Gefahrenstelle darstellen und daher abzusichern sind. Es ist daher kein fehlendes Verschulden des Bw in Bezug auf die mangelhafte Absicherung der Maschine zu erkennen. Es war daher vom Verschulden des Bw, nämlich zumindest von einer fahrlässigen Tatbegehung auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung eine rechtskräftige Vorstrafe als erschwerend gewertet. Weitere Erschwerungs- sowie Milderungsgründe lagen nicht vor. Zu den persönlichen Verhältnissen wurde der Bw mit einem Nettoeinkommen von monatlich 3.000 Euro und keinen Sorgepflichten geschätzt. Der Bw hat diesen Strafbemessungsgründen weder in der Berufung noch in der mündlichen Verhandlung geänderte Umstände entgegengesetzt. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hätte. Vielmehr ist schon iSd § 19 Abs.1 VStG auf den Unrechtsgehalt der Tat hinzuweisen. Es wurde nämlich durch die Verletzung der Schutzbestimmung genau jener Schutzzweck der Norm, nämlich Erhaltung und Sicherung der Gesundheit der Arbeitnehmer verletzt. Im Übrigen sind auch nachteilige Folgen durch den Unfall eingetreten. Dies war daher schon bei der objektiven Strafbemessung zu beachten. Darüber hinaus ist bei den subjektiven Strafbemessungsgründen nach § 19 Abs.2 VStG auf eine vorliegende Vorstrafe nach dem ASchG Bedacht zu nehmen. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 130 Abs.1 Einleitungssatz ASchG ergibt sich daher bei einer Tatwiederholung der höhere Strafrahmen von 290 Euro bis 14.530 Euro. Angesichts dieser Höchststrafe beträgt die festgelegte Geldstrafe lediglich ein Siebtel des Strafrahmens und ist daher nicht überhöht. Milderungsgründe traten nicht hervor und wurden auch vom Bw nicht vorgebracht. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Bw über überdurchschnittliche Einkommensverhältnisse verfügt, keine Sorgepflichten hat und auch die Firmenanteile als Vermögen anzurechnen sind. Es kann daher auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Bw nicht festgestellt werden, dass die verhängte Geldstrafe überhöht ist. Entsprechende Erwägungen gelten auch für die Ersatzfreiheitsstrafe. Es war daher auch das Strafausmaß zu bestätigen.

 

Da keine Milderungsgründe vorlagen, war auch nicht von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG Gebrauch zu machen. Auch liegt keine Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung war auch nicht von einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG Gebrauch zu machen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 400 Euro, festzusetzen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Quetschstelle, Sicherung, Kontrollsystem

 

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