Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164222/10/Sch/Jo

Linz, 13.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vom 28. Mai 2009, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Mai 2009, Zl. VerkR96-563-2008, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes (KFG) 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. November 2009, zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 250 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage herabgesetzt werden.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II.                Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 25 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 14. Mai 2009, Zl. VerkR96-563-2008, über Herrn X wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 364 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden, verhängt, weil er in der Zeit vom 06.02. bis 20.02.2008 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstraße 16, 4020 Linz nicht Auskunft innerhalb der vorgeschriebenen Zeit darüber erteilt hat, wer das angeführte Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X am 28.09.2007 um 16.15 Uhr im Gemeindegebiet Enns auf der Lagerhausstraße, 329 Meter nach der Kreuzung mit der Westbahnstraße, in Fahrtrichtung L 568 gelenkt hat, obwohl er mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 31. Jänner 2008 als Zulassungsbesitzer aufgefordert wurde, dies binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekannt zu geben. Er habe auch keine Person benannt, die diese Auskunft erteilen hätte können.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 36,40 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Dem gegenständlichen Verfahren liegt die Anzeige eines Polizeiorganes der Polizeiinspektion Enns zugrunde, wonach wahrgenommen worden sei, dass der Lenker des auf den Berufungswerber zugelassenen PKW mit dem Kennzeichen X unter in der Anzeige näher umschriebenen Umständen eine massive Geschwindigkeitsüberschreitung begangen habe.

 

Gegen die deshalb ergangene Strafverfügung hat der nunmehrige Berufungswerber Einspruch mit der Begründung erhoben, dass er mit dem Fahrzeug nicht gefahren sei.

 

Hierauf erfolgte eine Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967, auf die der Berufungswerber in der Weise reagiert hat, dass das Fahrzeug zum angeblichen Vorfallszeitpunkt bei ihm zu Hause in der Tiefgarage abgestellt gewesen sei. Auch schloss er aus, dass eine andere Person das Fahrzeug gelenkt haben könnte. Dieser Einwand findet sich in den folgenden weiteren Eingaben des Berufungswerbers und wird in der Folge mit weiteren Details zum Ablauf des Vorfallstages aus seiner Sicht ergänzt.

 

Auch bei der eingangs angeführten Berufungsverhandlung hat er sich in dieser Weise verantwortet, also letztlich eingewendet, dass beim Meldungsleger ein Irrtum aufgetreten sein müsse, was die Identität des Fahrzeuges betrifft. In diesem Sinne wurde von der Berufungsbehörde ein Beweisverfahren abgeführt. Zu diesem Zweck fand eine Berufungsverhandlung an Ort und Stelle mit zeugenschaftlicher Einvernahme des Meldungslegers und Einvernahme des Berufungswerbers statt.

 

Dabei hat der Zeuge angegeben, dass sein Standort im Kreuzungsbereich Lagerhausstraße/Westbahnstraße in Enns eine einwandfreie Sicht auf den ankommenden und abfließenden Verkehr auf der erstgenannten Straße zulässt. Der Lokalaugenschein hat diese Angaben bestätigt. Geht man, wie vom Zeugen geschildert, davon aus, dass das Fahrzeug des Berufungswerbers aus der Sicht des Beamten betrachtet, auf der Lagerhausstraße von rechts kommend gelenkt wurde, hatte der Lenker in der Folge eine Rechtskurve zu passieren, wonach die Lagerhausstraße einen nahezu geraden Verlauf nimmt. Es sind neben der Fahrbahn auch keinerlei sichtbehindernde Objekte vorhanden. Das Fahrzeug musste also den Standort des Meldungslegers im Kreuzungsbereich in sehr geringer Entfernung passiert haben, bevor es auf der gerade verlaufenden Lagerhausstraße in Richtung L568 (ehemalige B1) gelenkt wurde. Hier ist das Ablesen eines Fahrzeugkennzeichens, wie der Lokalaugenschein bestätigt hat, ohne weiteres möglich. Die zum Zeitpunkt des Augenscheines passierenden Fahrzeuge konnten einwandfrei wahrgenommen werden, für die Ablesung der Kennzeichen standen mehrere Sekunden zur Verfügung. Dem Meldungsleger muss daher zugebilligt werden, dass er sowohl das Fahrzeugkennzeichen ablesen konnte, als auch Marke und Type des Fahrzeuges erkennen konnte, wenn er, wie hier offenkundig gegeben, entsprechende Kenntnisse in diese Richtung hat.

Nach der erfolgten Geschwindigkeitsmessung hat der Meldungsleger eine Nachfahrt versucht, um eine Anhaltung durchführen zu können. Er konnte das Fahrzeug aber nicht mehr ausfindig machen, sodass eine Lenkeridentifizierung nicht möglich war.

 

Der Zeuge hat bei der Verhandlung versichert, aus seiner Sicht – und den geschilderten objektiven Umständen – einen Irrtum beim Ablesen des Kennzeichens ausschließen zu können.

 

Für die Berufungsbehörde stellt sich sohin die Sachlage so dar, dass einerseits die schlüssige Aussage eines glaubwürdigen Zeugen vorliegt, andererseits der Einwand des Berufungswerbers, dass das Fahrzeug zum angezeigten Zeitpunkt eben nicht gelenkt worden, sondern in der Tiefgarage abgestellt gewesen war.

 

Nach § 45 Abs.2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit absoluter Sicherheit erweislich ist. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.04.1995, 94/07/0033).

 

Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass den Angaben des Meldungslegers der Vorzug gegeben werden muss, zumal die Annahme eines Irrtums nach der gegebenen Sachlage nicht begründbar ist. Seine Ausführungen sind schlüssig nachvollziehbar, wie die Beweisaufnahmen vor Ort ergeben haben. Es muss daher als hinreichend erwiesen angenommen werden, dass der Berufungswerber eine – wissentlich oder nicht – unrichtige Auskunft iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 erteilte, als er behauptete, das Fahrzeug sei zum Vorfallszeitpunkt bei ihm in der Tiefgarage abgestellt gewesen.

 

Zur Strafbemessung:

Der Zweck des § 103 Abs. 2 KFG 1967 liegt nicht nur darin, einen etwaigen einer Verwaltungsübertretung schuldigen Lenker festzustellen. Es sollen darüber hinaus nämlich auch im Zusammenhang mit der Ausforschung von Zeugen Straftätern geordnete und zielführende Amtshandlungen ermöglicht werden.

 

Das beträchtliche öffentliche Interesse an dieser Bestimmung hat der Bundesverfassungsgesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er einen Teil hievon in Verfassungsrang erhoben hat.

 

Übertretungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 können daher nicht als "Bagatelldelikte" mit geringfügigen Geldstrafen abgetan werden.

 

In diesem Sinne wäre die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 364 Euro (der Strafrahmen gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis 2.180 Euro) an sich angemessen.

 

Dem Berufungswerber ist allerdings der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute zu halten. Dieser lässt erwarten, dass auch mit einer herabgesetzten Geldstrafe im spezialpräventiven Sinn das Auslangen gefunden werden kann. Dazu kommt noch, dass das Verfahren – rechnet man als Beginn die Erlassung der Strafverfügung vom 15. November 2007 wegen des "Grunddeliktes" – bis zur Fällung der Berufungsentscheidung mehr als zwei Jahre gedauert hat. Auch diese Tatsache darf bei der Strafbemessung nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. § 35 Abs.2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG).

 

Der seitens der Erstbehörde erfolgten Schätzung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, insbesondere im Hinblick auf das angenommene monatliche Nettoeinkommen von etwa 1.400 Euro, wurde auch im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnte. Demnach kann erwartet werden, dass der Berufungswerber zur Bezahlung der festgesetzten Geldstrafe in der Lage sein wird.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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