Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240711/2/Gf/Mu

Linz, 16.11.2009

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung der x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8. Oktober 2009, GZ 31392/2009, wegen einer Übertretung des Speisesalzgesetzes und drei Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

II.   Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8. Oktober 2009, GZ 31392/2009, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt 672 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: insgesamt 17 Stunden) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin ihrer GmbH zu verantworten habe, dass diese entgegen den Bestimmungen des LMSVG am 14. Jänner 2009 das Produkt „original nat(ur)salz″ an eine anderes Unternehmen geliefert habe, das diese Ware sodann am 30. März 2009 durch Feilbieten zum Verkauf in Verkehr gebracht habe. In der Folge wird im Spruch das gesamte Sachverständigengutachten der Agentur x vom 26. Juni 2009, Zl. 9027672, in dem vier festgestellte Mängel angeführt wurden, wörtlich wiedergegeben. Dadurch habe die Beschwerdeführerin einerseits eine Übertretung des § 2 Abs. 4 i.V.m. § 5a Abs. 1 des Speisesalzgesetzes, BGBl.Nr. 112/1963, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 115/1999 (im Folgenden: SpSG), sowie anderseits eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 4 der Verordnung über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln, BGBl.Nr. 896/1995, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 186/2009 (im Folgenden: NwKV), i.V.m. § 90 Abs. 3 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 52/2009 (im Folgenden: LMSVG), eine Übertretung des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 i.V.m. § 90 Abs. 2 LMSVG und eine Übertretung nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (im Folgenden: VO 1924/2006) i.V.m. § 90 Abs. 3 LMSVG begangen, weshalb sie zum einen nach § 5a Abs. 1 SpSG und zum anderen nach § 90 Abs. 2 LMSVG sowie (zweimal) nach § 90 Abs. 3 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihr zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund eines entsprechenden Gutachtens der x als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien Milderungsgründe nicht hervorgekommen, während zwei rechtskräftige einschlägige Verwaltungsvorstrafen als erschwerend zu werten gewesen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Rechtsmittelwerberin seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihr am 21. Oktober 2009 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 4. November 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, dass sie nicht bestreite, für die Lieferung dieses Produktes verantwortlich gewesen zu sein, jedoch habe sie selbst dieses nicht feilgeboten, weshalb sie insoweit auch nicht bestraft werden könne. Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses erweise sich daher hinsichtlich sämtlicher Strafaussprüche als verfehlt. In der Folge wird von der Rechtsmittelwerberin ausführlich zu den vier Tatanlastungen, die nur wortwörtlich das verfahrensgegenständliche Gutachten der x wiedergeben, Stellung genommen. Darüber hinaus wird abschließend festgestellt, dass im gegenständlichen Fall weder ein Schaden eingetreten noch Personen gefährdet worden und die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen seien, sodass die Strafe insgesamt als überhöht anzusehen sei.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung bzw. eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu GZ 31392/2009; da sich bereits aus
diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 44a Z. 1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat, muss der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat in so konkretisierter Form enthalten, dass der Beschuldigte einerseits in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und er anderseits rechtlich davor geschützt wird, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Im gegenständlichen Fall wird der Beschwerdeführerin im Spruch des Straferkenntnisses zunächst nur pauschal angelastet, dass sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin ihres Unternehmens zu verantworten habe, dass von diesem das gegenständliche Produkt „durch Liefern am 14. Jänner 2009 ..... und von dieser Firma durch Feilbieten zum Verkauf im Verkaufsregal ..... am 30. März 2009 in Verkehr gebracht wurde″. In der Folge wird dann im Spruch nur das Gutachten der x vom 26. Juni 2009, Zl. 09027672, wiedergegeben.

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat jedoch der Spruch i.S.d. § 24 VStG i.V.m. § 59 Abs. 1 AVG "die ..... Angelegenheit ..... in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung ..... zu erledigen", wobei in diesem Zusammenhang aus rechtssystematischer Sicht weiters zu bedenken ist, dass durch einen Bescheid jeweils eine individuell-konkrete Norm konstituiert wird und es deshalb eben nur der Spruch ist, der in Rechtskraft erwachsen kann. Der Spruch hat daher bei antragsbedürftigen behördlichen Erledigungen lediglich auf Stattgabe oder Abweisung zu lauten und bei Eingriffsakten die angeordnete Maßnahme präzise zu umschreiben.

Im Besonderen bedarf es davon ausgehend – wie hier – im Falle der Erlassung eines Straferkenntnisses der Subsumtion der einzelnen konkreten Sachverhaltsaspekte unter das gesetzliche Tatbild bzw. unter die einzelnen jeweils zugehörigen Tatbestandselemente. Gerade diesem Erfordernis wird ein Straferkenntnis aber dann nicht gerecht, wenn sich dessen Spruch lediglich in der Wiedergabe eines Sachverständigengutachtens erschöpft, und zwar selbst dann nicht, wenn sich in jenem zumindest im Ergebnis ohnehin alle erforderlichen Konkretisierungselemente finden. Denn abgesehen davon, dass sich der Spruch im gegenständlichen Fall über insgesamt 9 Seiten (!) erstreckt und damit für einen durchschnittlichen Normadressaten allein schon aus diesem Grund in keiner Weise mehr nachvollziehbar ist, ist in diesem Zusammenhang weiters zu beachten, dass es nicht der Sachverständige, sondern vielmehr ausschließlich die Behörde ist, die den staatlichen Strafanspruch zu vertreten hat (vgl. in diesem Sinne z.B. statt vieler z.B. VwGH vom 14. Jänner 1993, 92/09/0201). Daher muss im Spruch des Straferkenntnisses auch deutlich eine dahin gehende Wertung, dass die Behörde das Verhalten des Beschuldigten als strafwürdig erachtet, zum Ausdruck kommen, und zwar eben gerade dadurch, dass eine eigenständige Subsumtion der konkret angelasteten Handlung(en) unter das gesetzliche Tatbild erfolgt, wobei zudem deutlich herzugehen hat, welche Sachverhaltselemente jeweils welchem Aspekt des gesetzlichen Tatbildes zuzuordnen sind.

3.3. Da der hier in Rede stehende Spruch diesem Erfordernis offenkundig nicht gerecht wird, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesen Gründen insoweit stattzugeben, als das angefochtenen Straferkenntnis aufzuheben war.

Im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist war hingegen von einer Einstellung abzusehen; ob bzw. in welchem Umfang das Strafverfahren weitergeführt wird, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-240711/2/Gf/Mu vom 16. November 2009:

 

§ 59 Abs. 1 AVG; § 44a Z. 1 VStG:

 

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch i.S.d. § 24 VStG i.V.m. § 59 Abs. 1 AVG "die ..... Angelegenheit ..... in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung ..... zu erledigen", wobei in diesem Zusammenhang aus rechtssystematischer Sicht weiters zu bedenken ist, dass durch einen Bescheid jeweils eine individuell-konkrete Norm konstituiert wird und es nur der Spruch ist, der in Rechtskraft erwachsen kann; bei antragsbedürftigen behördlichen Erledigungen hat der Spruch lediglich auf "Stattgabe" oder Abweisung zu lauten und bei "Eingriffsakten" die angeordnete Maßnahme präzise zu umschreiben; bei der Erlassung eines Straferkenntnisses bedarf es daher der Subsumtion der einzelnen konkreten Sachverhaltsaspekte unter das gesetzliche Tatbild bzw. unter die einzelnen jeweils zugehörigen Tatbestandselemente. Gerade diesem Erfordernis wird ein Straferkenntnis aber dann nicht gerecht, wenn sich dessen Spruch lediglich in der Wiedergabe eines Sachverständigengutachtens erschöpft, und zwar selbst dann nicht, wenn sich in jenem zumindest im Ergebnis ohnehin alle erforderlichen Konkretisierungselemente finden. Denn abgesehen davon, dass sich der Spruch im gegenständlichen Fall über insgesamt 9 Seiten (!) erstreckt und damit für einen durchschnittlichen Normadressaten allein schon aus diesem Grund in keiner Weise mehr nachvollziehbar ist, ist in diesem Zusammenhang weiters zu beachten, dass es nicht der Sachverständige, sondern vielmehr ausschließlich die Behörde ist, die den staatlichen Strafanspruch zu vertreten hat (vgl. in diesem Sinne z.B. statt vieler z.B. VwGH vom 14. Jänner 1993, 92/09/0201). Daher muss im Spruch des Straferkenntnisses auch deutlich eine dahin gehende Wertung, dass (auch) die Behörde das Verhalten des Beschuldigten als strafwürdig erachtet, zum Ausdruck kommen, und zwar eben gerade dadurch, dass eine eigenständige Subsumtion der konkret angelasteten Handlung(en) unter das gesetzliche Tatbild erfolgt, wobei zudem deutlich herzugehen hat, welche Sachverhaltselemente jeweils welchem Aspekt des gesetzlichen Tatbildes zuzuordnen sind.

 

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