Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522416/4/Fra/Ka

Linz, 19.11.2009

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 19.10.2009, GZ: 09/375915-Am, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigung für die Klasse B durch Befristung und Erteilung von Auflagen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit dem in der Präambel angeführten  und nunmehr angefochtene Bescheid vom 19.10.2009, GZ: 09/375915-Am, der Berufungswerberin (Bw) die Gültigkeit der mit Führerschein der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr., Zl. x für die Führerscheinklasse B erteilte Lenkberechtigung durch Befristung bis 17.8.2010 sowie durch Erteilung folgender Auflagen eingeschränkt:

- "Sie haben sich in Abständen von drei Monaten einer ärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen und bis spätestens 17.11.2009, 17.2.2010, 17.5.2010 der Behörde persönlich oder per Post folgende Befunde im Original vorzulegen: Harnbefunde auf Suchtmittel (Cannabinoide)

 

- Rechtzeitig vor Ablauf der Befristung haben Sie sich einer amtsärztlichen Nachuntersuchung zu unterziehen, bei welcher folgendes vorzulegen ist:

Eine Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie."

 

2. Über die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG) Folgendes erwogen:

 

2.1. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf das amtsärztliche Gutachten des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land Dr. L. x vom 17.8.2009, wonach die Bw unter den oa Einschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 Klasse B geeignet ist. In der Rubrik "Ergebnis der Befunde" ist ausgeführt:

"x vom 11.3.2009:

Aus nervenfachärztlicher Sicht besteht kein Einwand gegen eine bedingte Erteilung der Lenkberechtigung. Die Bedingungen sind: Unauffällige Drogenharn-Kontrollen. Landesnervenklinik Wagner Jauregg vom 6.8.2009: Cannabinoide negativ"

 

Begründend wird in diesem Gutachten ua ausgeführt:

"Kontrolle des Allgemeinzustandes und gehäufter Suchtmittelmissbrauch…"

 

Laut Bericht der PI Kremsmünster vom 8.1.2009 an die Staatsanwaltschaft Steyr, GZ: B6/7241/2008-Mai, züchtete ua die Bw seit Oktober 2004 bis zum 12.9.2008 in ihren gemieteten Räumlichkeiten des Wohnhauses in x, Hanf zum Eigengebrauch. Dazu dunkelten sie zwei Räume des oa Wohnhauses ab, legten Hanfsamen in Töpfe ein und züchteten Hanfpflanzen mittels Wärmelampen auf. Laut Beschuldigtenvernehmung der PI Kremsmünster vom 23.9.2008, GZ: B6/7241/2008-Mai, gab die nunmehrige Bw an, seit 2003 mit x zusammen zu sein und auch ungefähr seit dieser Zeit bei ihm an der angeführten Adresse zu wohnen. Sie sei aufgrund eines "Burnout-Syndroms" seit ca. 2004 in Frühpension. Sie seien beide Vegetarier, leben sehr gesund und seien naturverbunden. X und sie haben auch Pflanzen von der Wiese gegessen. Als sie zu ihm gezogen sei, habe sie Lampen, welche sie für die Hanfzucht verwendet habe, zu ihm mitgenommen. Sie habe dann zur Spielerei Hanfsamen gekauft und diese eingesetzt. X habe die Blätter der Pflanzen gegessen. Sie habe sie nicht gegessen, da sie ihr nicht geschmeckt haben. Die Pflanzen seien nicht gediehen und nur zum Blühen angefangen, da X die Blätter immer gegessen habe und sie sich dadurch nicht entwickelt haben können. X und sie hätten gemeinsam eine selbstgewuzelte Zigarette mit Hanf zum Schlafen geraucht. Diese seien aber wirkungslos gewesen. Sie hätten keinen Rausch bekommen und sie haben sie nur wegen dem Geschmack geraucht. Sie seien keine Dealer, haben nie Hanf verkauft oder an andere weiter gegeben. Sie habe gewusst, dass der Anbau verboten ist, fühle sich aber nicht schuldig, da sie den Hanf nur für sich selbst angebaut und konsumiert haben. Sie sei froh, dass das jetzt vorbei ist. Heinz habe ihr auch immer gesagt, dass er die Lampen nicht haben wolle. Dies sei auch für sie der Anlass, dass sie diese jetzt entsorgen will.

 

Diesem Bericht lässt sich sohin entnehmen, dass die Bw angegeben habe, Hanf zum Schlafen gehen geraucht zu haben.

 

Laut fachärztlicher Stellungnahme des Herrn x, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 11.3.2009, habe die Bw jedoch angegeben, das zu Hause angebaute Cannabis für Essen verwendet und die Blätter verspeist zu haben. Cannabis hätte sie jedoch nicht geraucht. Der Psychiater stellte zusammenfassend fest, dass bei der Bw kein AHP für eine Substanzbeeinträchtigung oder für ein Entzugssyndrom festgestellt werden konnte. Entsprechend den Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. habe die Bw zu Hause Cannabis gezüchtet und angeblich auch Blätter gegessen oder zum Kochen verwendet. Die Bw sei seit 2004 wegen eines Burnout-Syndroms in Frühpension. Eine fachärztliche oder psychotherapeutische Behandlung findet nicht statt. Aus neurologischer Sicht bestehe bei der Untersuchung keine krankheitswertige Störung.

 

Laut Laborbefund vom 25.3.2009, der Laborambulanz, Landesnervenklinik Linz, Wagner Jauregg, sind die Cannabinoide negativ.

 

2.2. Die oa unter Punkt 2.1. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen rechtfertigen nach der unten dargestellten Rechtslage die Einschränkung der Lenkberechtigung nicht:

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG  hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete der nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder -behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Laut Beschuldigtenvernehmung durch die PI Kremsmünster habe die Bw zwar angegeben, Cannabis zum Schlafengehen geraucht zu haben. Es steht jedoch nicht fest, wann, wie oft und in welchem Zeitraum die Bw Hanf geraucht habe. Es fehlen konkrete Feststellungen über die Zeitpunkte des Suchtmittelkonsums und über die Menge des konsumierten Suchtmittels. Laut fachärztlicher Stellungnahme des Herrn x vom 11.3.2009 habe die Bw jedoch laut ihren eigenen Angaben nie Cannabis geraucht, sondern lediglich für Essen verwendet und Blätter verspeist. Laut Bericht der PI Kremsmünster kann man das Ende der Züchtung von Hanfpflanzen mit 12.9.2008 annehmen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt jedoch ein gelegentlich oder lange zurückliegender Suchtmittelkonsum noch keine Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Betreffenden zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Es bedürfe hiezu vielmehr konkreter Feststellungen über die Zeitpunkte des Suchtmittelkonsums sowie die Art und Menge des konsumierten Suchtmittels (VwGH 22.3.2002, ZVR 2004/95 und VwGH 22.2.2007, 2004/11/0096). Ein in der Vergangenheit liegender Suchtmittelmissbrauch einer Person vermag im Hinblick darauf, dass diese über einen längeren Zeitraum keinen Suchtmittelmissbrauch mehr begangen hat, die Anwendung des § 14 Abs.5 FSG-GV nicht zu rechtfertigen (VwGH vom 24.4.2007, 2006/11/0090).

 

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage in der Ausformung der hiezu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur sind die oa Sachverhaltsfeststellungen nicht ausreichend für eine Auflage bzw Befristung im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV. Nicht nachvollziehbar sind die Anführungen der Bestimmungen der § 8 und 11 Abs.1 FSG-GV als den Spruch tragenden Rechtsgrundlagen, da in § 8 FSG-GV Mängel des Sehvermögens geregelt sind und § 11 Abs.1 FSG-GV vorschreibt, dass Zuckerkranken eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden darf.

 

Aus den genannten  Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

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