Linz, 11.11.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 6. Oktober 2009 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 10. September 2009, CSt-10073/LZ/09, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen behoben.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 66 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ § 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVo 1960 eine Geldstrafe von 36 Euro (18 Stunden EFS) verhängt, weil er am 21. Jänner 2009, 00.18 Uhr, in Linz, Wiener Straße, Fahrtrichtung stadteinwärts, bei km 178.3 das Kfz X gelenkt und die durch Verbotszeichen gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten habe, weil die Fahrgeschwindigkeit 86km/h betragen habe, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt und die in Betracht kommende Messfehlergrenze bereits abgezogen worden sei.
Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 3,60 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, laut Vermessung sei das Verkehrszeichen 12 m vor der Haltelinie erkennbar, was bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h eine Wahrnehmungszeit von 1,4 Sek ergebe. Auch wenn angeführt sei, dass das Verkehrszeichen aus einem rückstrahlenden Material hergestellt sei, sei die beschriebene Reflexion nur aus der Fahrtrichtung Asten sichtbar. Seine Aufmerksamkeit sei 1,4 Sek vor der Kreuzung primär auf die Ampel, Fußgänger, Einsatzfahrzeuge etc. gerichtet gewesen. Daher sei ihm unmöglich gewesen, ein für ihn nicht reflektierendes, quer zur Fahrbahn angebrachtes Verkehrszeichen bei Dunkelheit wahrzunehmen.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins bei Dunkelheit am 10.11.2009 um ca 18.00 Uhr.
Beim Ortsaugenschein ließ sich vom erkennenden Mitglied ersehen, dass bei Annäherung an die Kreuzung B1-Pichlinger Straße aus Richtung Pichling das Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 so am rechten Rand der B1, noch dazu rechts im Kreuzungs-Kurvenbereich in einer über die Ausbuchtung der Bushaltestelle hinausgehenden Entfernung von der üblichen Fahrlinie eines Lenkers, situiert ist, dass es von einem rechts aus Richtung Pichling in die B1 einbiegenden Lenker zunächst überhaupt nicht zu sehen ist, weil das Zeichen aus diesem Blickwinkel völlig quer steht. Es ist – wenn man weiß, dass es sich um das genannte Zeichen handelt – nur die Querseite zu sehen, aber nicht abzulesen, um welches Zeichen es sich handelt. Da, um eine Reflexion zu erzeugen, das Zeichen von Licht angestrahlt werden muss, ist bei einem Rechtseinbieger von der Pichlinger Straße eine Sichtbarkeit des Zeichens auch beim Einbiegen auszuschließen, weil die Scheinwerfer im Einbiegevorgang den Kurvenradius nach links ausleuchten, aber nicht nach rechts, wo das Verkehrszeichen steht. Wenn sich nicht im Querverkehr von links aus Richtung Asten zur gleichen Zeit ein Kraftfahrzeug nähert, wird das Vorschriftszeichen gar nicht angeleuchtet – die dortige, auch auf den Fotos im Akt zu sehende Straßenbeleuchtung steht hinter dem Zeichen am Beginn der Bushaltestelle. Da anzunehmen ist, dass zur Vorfallszeit 00.18 Uhr die dortige Ampel auf blinkendes Gelblicht geschaltet war, ist ein solcher Querverkehr zum einen unwahrscheinlich, zum anderen hätte er die Aufmerksamkeit des beim Einbiegen wartepflichtigen Bw in Anspruch genommen, der im übrigen auch wegen der Nichtablesbarkeit des Zeichens bei der Annäherung keinen Anlass gehabt hätte, ausdrücklich die Bedeutung des Verkehrszeichens zu eruieren.
Den Angaben des Bw ist daher auf der Grundlage der Beobachtungen beim Ortsaugenschein nichts entgegenzuhalten und war somit in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen, dass ihn an der Unkenntnis der dort bestehenden 70 km/h-Beschränkung kein Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG trifft, weshalb ihm die unbestritten gebliebene Geschwindigkeitsüberschreitung nicht vorwerfbar ist und damit – ohne Kostenvorschreibung – spruchgemäß zu entscheiden war.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
bei oa. festgestellt, dass Verkehrszeichen nicht angeleuchtet wird und für Rechtseinbiegen nicht sichtbar ist bei Dunkelheit –> Einstellung