Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100360/2/Fra/Ka

Linz, 03.02.1992

VwSen - 100360/2/Fra/Ka Linz, am 3.Februar 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des E K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 17. Dezember 1991, VerkR96/3862/1991/Ja, wegen Übertretung des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung vom 7. Jänner 1992 wird insofern stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die verhängte Geldstrafe jedoch auf 3.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24 und 51 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 300 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 17. Dezember 1991, VerkR96/3862/1991/Ja, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt, weil er am 19. Juli 1991 um 19.41 Uhr als Lenker des PKW, auf der B 125 - P Straße auf Höhe des Straßenkilometers 31,847 in der Marktgemeinde K in Richtung F fahrend das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" mißachtet hat, indem er bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h laut Radarmessung eine Geschwindigkeit von 129 km/h gefahren ist. Ferner wurde er zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 500 S, d.s. 10 % der Strafe, verpflichtet.

I.2. In der fristgerecht gegen das o.a. Straferkenntnis eingebrachten Berufung stellt der Berufungswerber den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und in der Sache selbst auf Einstellung des Verfahrens, in eventu auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Zurückverweisung zur Ergänzung an die erste Instanz, in eventu auf Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf eine Höhe von 1.000 S, wobei er sein Rechtsmittel im wesentlichen wie folgt begründet:

Der angefochtene Bescheid sei nichtig, da zwischen Österreich und Belgien in Verwaltungsstrafsachen keine Gegenseitigkeit bestehe. Es mangle somit dem angefochtenen Straferkenntnis an der entsprechenden Rechtsgrundlage, weshalb es aus diesem Grunde als nichtig aufzuheben sei. Die Behörde habe es unterlassen, Erhebungen betreffend seiner Einkommensverhältnisse anzustellen. Er sei Student ohne eigenes Einkommen. Die Behörde hätte dies bei entsprechender Anfrage leicht erheben können. Die Behörde habe auch keinerlei Erhebungen in Richtung allfälliger Vorverurteilungen gepflogen, es habe ihr daher bei der Entscheidung auch an den entsprechenden Unterlagen betreffend die Ausmessung der zu verhängenden Strafe gefehlt. Die verhängte Strafe werde dem Unrechtsgehalt der Tat nicht gerecht, zumal es die Behörde nicht für notwendig erachtet habe, überhaupt Erhebungen zu pflegen bzw. sich jene Informationen zu beschaffen, die eine Beurteilung der gesamten Sach- und Rechtslage ermöglicht hätte.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Die Auffassung des Berufungswerbers, daß der angefochtene Bescheid deshalb nichtig sei, da zwischen Österreich und Belgien in Verwaltungsstrafsachen keine Gegenseitigkeit bestehe, ist rechtsirrig. Er wird auf die Bestimmung des § 2 VStG verwiesen, wonach, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar sind. Nach Abs.2 leg.cit. ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörige Erfolg im Inland eingetreten ist. Nun liegt es auf der Hand, daß die gegenständliche Geschwindigkeitsübertretung in Östereich begangen wurde. Wenn zwischen Österreich und Belgien in Verwaltungsstrafsachen "keine Gegenseitigkeit" besteht, so vermag dies an der Strafbarkeit der begangenen Verwaltungsübertretung nichts zu ändern, sondern hat dieser Umstand allenfalls Auswirkungen im Hinblick auf die Vollstreckbarkeit der verhängten Strafe. Da sonst keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, welche Zweifel an der Verwirklichung des dem Beschuldigten zur Last gelegten Tatbestandes entstehen lassen könnten, war der angefochtene Schuldspruch zu bestätigen.

I.3.2. Zur Strafbemessung: Bei der Strafbemessung hat die Behörde die Kriterien des § 19 VStG zugrundezulegen. Danach ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Artikel 130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Der gesetzliche Strafrahmen für die gegenständliche Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S. Wenn die Behörde trotz der gravierenden Geschwindigkeitsübertretung lediglich die Hälfte des gesetzlichen Strafrahmens ausgeschöpft hat, kann ihr vom Gesichtspunkt des Unrechtsgehaltes der Tat nicht entgegengetreten werden. Wie die Erstbehörde richtig ausgeführt hat, war mit der Tat eine Schädigung und Gefährdung der Interessen anderer Verkehrsteilnehmer verbunden und wird durch Geschwindigkeitsübertretungen die Verkehrssicherheit in hohem Maße gefährdet, da es dabei immer wieder zu Verkehrsunfällen mit teils schwerwiegenden Folgen für das Leben und die Gesundheit von Menschen kommt, weshalb derartigen Verstößen seitens der Behörde mit aller Strenge entgegenzutreten ist, auch wenn die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat. Die Behörde hat weiters ausgeführt, daß die gegenständliche Übertretung zumindest fahrlässig begangen wurde. Die Erschwerungs- und Milderungsgründe wurden gegeneinander abgewogen und dabei das Geständnis als Milderungsgrund gewertet. Ein Erschwerungsgrund wurde nicht gefunden.

Wenn der Berufungswerber ausführt, daß es die Behörde unterlassen hat, Erhebungen betreffend seiner Einkommensverhältnisse anzustellen, so ist dies aktenwidrig. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. Oktober 1991 ist unter Punkt 2. des Hinweises folgendes angeführt: "Wenn Sie sich schriftlich rechtfertigen, geben Sie uns auch Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt, widrigenfalls wir eine Einschätzung vornehmen müßten, deren Folgen Sie zu tragen hätten." Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 1991 hat der Vertreter des Beschuldigten der Behörde mitgeteilt, daß er ledig sei, keine Sorgepflichten habe und im Haushalt seiner Eltern lebe. Er sei derzeit Student und verfüge über kein eigenes Einkommen. Er bekomme lediglich ein Taschengeld von seinen Eltern. Dieses freie verfügbare Einkommen belaufe sich pro Monat auf umgerechnet 2.000 S. Diese vom Beschuldigten bekanntgegebenen Fakten, betreffend seiner sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wurden von der Erstbehörde bei der Strafbemessung berücksichtigt.

Eine Herabsetzung auf ein schuldangemessenes Ausmaß der gegenständlichen Geschwindigkeitsübertretung war jedoch deshalb vorzunehmen, da der Täter absolut unbescholten ist. Dieser Umstand bildete einen Milderungsgrund (VwGH vom 24.4.1963, 790/61). Die nunmehr bemessene Geldstrafe erscheint ausreichend, um den Beschuldigten in Hinkunft von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, zumal er die von ihm zu verantwortende Geschwindigkeitsübertretung auch bedauert hat. Eine weitere Herabsetzung der Strafe war aufgrund des hohen Unrechtsgehaltes der Übertretung - trotz des geringen Einkommens des Beschuldigten - nicht vertretbar.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

I.4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51 Abs.2 VStG unterbleiben.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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