Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400787/15/BMa/Wb

Linz, 18.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Bergmayr-Mann über die Be­schwerde des X, geb. X, Staatsangehöriger von Sierra Leone, gegen den Schubhaftbescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 24. Oktober 2005, Sich41-132-2005, nach Aufhebung des Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenats vom 28. April 2006, VwSen-400787/2/BMa/Ri, durch den Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt:

I.                  Die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 24. Oktober 2005, Sich41-132-2005,  wird als verspätet zurückgewiesen.

II.              Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirkes Ried im Innkreis) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§ 82 Abs. 1 und § 83 Abs. 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr.  29/2009) iVm den §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

 

X ist nicht im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft. Er hat nach eigenen Angaben Sierra Leone im Jahre 1999 verlassen und ist nach Belgien gereist. Obwohl sein Asylantrag in Belgien abgelehnt wurde, wurde ihm ein belgischer Aufenthaltstitel ausgestellt. Die Stadt Antwerpen erteilte ihm zuletzt eine bis 8. Oktober 2005 befristete Aufenthaltsberechtigung. Am 10. Juni 2005 wurde X beim Autobahnparkplatz Ansfelden/Süd wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Suchtgiftschmuggels festgenommen. Er hat lediglich seinen belgischen Aufenthaltstitel, aber kein Reisedokument mitgeführt.

 

Wegen Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig verurteilt.

 

Die Fremdenpolizeibehörde konnte ermitteln, dass die Fingerabdrücke des Beschwerdeführers in Deutschland mit folgenden Daten einliegen:

X, geb. X in X, X. Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde in der BRD am 15.10.1999 abgelehnt. Am 25. April 1999 ist er nach unbekannt verzogen.

 

Am 24. Oktober 2005 wurde von der belangten Behörde der Schubhaftbescheid zu Sich41-132-2005 erlassen, um nach Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Strafhaft) des Beschwerdeführers das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots und seine Abschiebung zu sichern.

 

1.2. Zur Begründung des bekämpfen Schubhaftbescheides wurde neben dem festgestellten Sachverhalt, der sich im Wesentlichen mit den Feststellungen dieses Bescheides deckt, angeführt, der Beschwerdeführer habe angegeben, dass sein Name auf X laute. In Belgien habe man den Familiennamen mit dem Vornamen irrtümlich vertauscht. Er lebe in Antwerpen und habe in Österreich keinen Wohnsitz. Er sei zum ersten Mal nach Österreich eingereist. Im Bundesgebiet habe er keine Angehörigen. Seine Identitätskarte von Sierra Leone befinde sich beim Asylamt in Brüssel. Seine Ehegattin lebe in Sierra Leone, mitunter reise sie nach Nigeria. Nach Strafverbüßung wolle der Beschwerdeführer nach Belgien zurückkehren. Eine Abschiebung nach Sierra Leone käme für ihn nicht in Frage, er würde an einer Hirnerkrankung leiden, die in Afrika nicht ausreichend medizinisch versorgt werden könne. Der Polizeiarzt habe anlässlich seiner Verhaftung festgestellt, dass bei ihm höchstwahrscheinlich eine Psychose, remittiert  unter entsprechender Medikation, vorliege. Derzeit erhalte er monatlich eine Depotinjektion eines Neuroleptikums.

Die Identität des Beschwerdeführers stehe nicht fest, weil er einerseits in Deutschland und Belgien unterschiedliche Personalien verwendet habe, andererseits aber Dokumente seines Herkunftsstaates nicht vorliegen würden. Er halte sich mangels eines Reisedokumentes nicht rechtmäßig in Österreich auf.

Es bestehe die Gefahr, dass er sich mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern oder wesentlich erschweren werde. Der Zweck der Schubhaft könne durch Anwendung eines gelinderen Mittels gemäß § 66 FrG nicht erreicht werden, weil auf Grund des dargestellten Sachverhaltes zu befürchten sei, dass er sofort untertauchen und erneut straffällig werden würde. Seine Abschiebung sei aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dringend geboten.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. ebenfalls vom 24. Oktober 2005, Sich41-132-2005, wurde über den Beschwerdeführer auch ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen, das mit Bescheid vom 1. März 2006 vom Sicherheitsdirektor von Oberösterreich bestätigt wurde.

Der bestätigende Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 9. März 2006 in der Justizanstalt Ried i.I. zugestellt.

 

1.3. Mit Eingabe vom 31. Oktober 2005 hatte der Beschwerdeführer gegen den Schubhaftbescheid vom 24. Oktober 2005 schon einmal Beschwerde erhoben, die vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 11. November 2005 auf der damals geltenden Rechtsgrundlage des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. I 75/1979, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/2004 – FrG, als unzulässig zurückgewiesen wurde.

 

1.4.  Mit Schreiben vom 29. März 2006 wandte sich der Beschwerdeführer abermals gegen seine Anhaltung in Schubhaft nach Beendigung seiner gerichtlichen Strafhaft (gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 24. Oktober 2005, Sich41-132-2005).

 

Begründend führt er im Wesentlichen aus, er besitze einen Aufenthaltstitel von Belgien, deshalb müssten alle Maßnahmen ergriffen werden, um ihn sofort nach Beendigung seiner gerichtlichen Strafe nach Belgien zurückzuschicken. Er wolle nicht in Österreich wohnen, er beschwere sich, um sofort nach Beendigung seiner Anhaltung in gerichtlichem Vollzug seine Abschiebung nach Belgien zu erreichen.

Ein Kostenbegehren wurde nicht gestellt.

 

1.5. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 28. April 2006, Zl. VwSen-400787/2/BMa/Ri, wurde der Beschwerde Folge gegeben.

 

1.6. Über die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom 30. April 2009, Zl. 2006/21/0135, ho. eingelangt am 29. Mai 2009, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine Beschwerde nach § 82 FPG könne auch noch innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Beendigung der Schubhaft uneingeschränkt erhoben werden. Auch der Schubhaftbescheid sei in diesem zeitlichen Rahmen, wann immer er ergangen sei, noch einer Anfechtung zugänglich, allerdings nur, wenn er seinerseits innerhalb von sechs Wochen ab seiner Erlassung in Vollzug gesetzt werde. Sei das hingegen nicht der Fall, so komme eine Bekämpfung des Schubhaftbescheides nach Ablauf von sechs Wochen ab seiner Erlassung nicht mehr in Betracht, unabhängig davon, ob er mittlerweile vollstreckt worden sei oder nicht.

 

Die am 3. April 2006 eingebrachte (gegen den am 25. Oktober 2005 zugestellten, nicht aber innerhalb von sechs Wochen nach seiner Entlassung in Vollzug gesetzten Schubhaftbescheid gerichtete) Schubhaftbeschwerde erweise sich als verspätet und wäre aus diesem Grund zurückzuweisen gewesen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

3.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt in Zusammenhang mit der Beschwerde.

 

3.2. Gemäß § 82 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2008, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach § 83 Abs 4 FPG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Nach § 83 Abs. 2 FPG gelten grundsätzlich die für Maßnahmenbeschwerden iSd

§ 67a Abs. 1 Z 2 AVG vorgesehenen Verfahrensbestimmungen der §§ 67c bis 67g sowie des § 79 AVG auch im Schubhaftbeschwerdeverfahren.

 

Die vom Bf am 3. April 2006 eingebrachte Schubhaftbeschwerde gegen den am 25. Oktober 2005 zugestellten, nicht aber innerhalb von sechs Wochen nach seiner Erlassung in Vollzug gesetzten Schubhaftbescheid, ist daher als verspätet anzusehen.

 

3.3. Auf der Basis der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, auf deren Begründung im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, war festzustellen, dass im Ergebnis die vorliegende Schubhaftbeschwerde als verspätet zurückzuweisen war.  

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkhauptmann des Bezirkes Ried im Innkreis) nach § 79a Abs. 1 und 4 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 sowie § 2 Abs. 2 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, antragsgemäß ein Auf-wandsersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (57,40 Euro für den Vorlageauf-wand und 368,80 Euro für den Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

 

 

Rechtssatz zu VwSen-400787/15/BMa/Wb vom 18. November 2009

Erkenntnis

§ 82 FPG: Die vom Bf am 3. April 2006 eingebrachte Schubhaftbeschwerde gegen den am 25. Oktober 2005 zugestellten, nicht aber innerhalb von sechs Wochen nach seiner Erlassung in Vollzug gesetzten Schubhaftbescheid, ist daher als verspätet anzusehen (VwGH v. 30 April 2009, 2006/21/0135-9).

 

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