Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560089/12/Gf/Mu

Linz, 27.11.2009

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der x, vertreten durch die RAe x, gegen den Bescheid des Bezirks­hauptmanns von Kirchdorf vom 24. Jänner 2007, Zl. SO10-5243-WP, wegen Ersatz der Kosten sozialer Hilfe, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Kirchdorf vom 24. Jänner 2007, Zl. SO10-5243 WP, wurde die Rechtsmittelwerberin als Geschenk­nehmerin gemäß den §§ 7, 9, 15, 17, 28, 45, 48, 52 und 66 des Oö. Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 82/1998, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 9/2006 (im Folgenden: OöSHG), auf Grund des Antrages des Sozialhilfeverbandes Kirchdorf zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs einer Dritten in Höhe des Geschenkwertes von 5.800 Euro verpflichtet.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nach­dem kein Vergleich zustande gekommen sei als Geschenknehmerin in vollem Umfang zum Kostenersatz verpflichtet sei, weil sie in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Leistung sozialer Hilfe an eine Person, der soziale Unterstützung zuerkannt wurde, von dieser Vermögen erhalten habe. Denn das ihr durch Schenkung zugewendete Vermögen in Höhe von 5.800 Euro habe den zehnfachen Wert des Freibetrages (= 5.115 Euro, ausgehend vom Richtsatz für Alleinstehende im Jahr 2004 in Höhe von 511,50 Euro ) überstiegen. Dem gegenüber sei für die von ihr vorgebrachte Gegenargumentation, wonach nur die Differenz zwischen dem geschenk­ten Vermögen und dem zehnfachen Wert des Richtsatzes für Alleinstehende als Ersatz zu leisten wäre, kein Anhaltspunkt in den entsprechenden Bestimmungen des OöSHG zu finden.

 

1.2. Gegen diesen ihr am 26. Jänner 2007 zugestellten Bescheid richtete sich die vorliegende, am 1. Februar 2007 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin brachte die Rechtsmittelwerberin vor, dass die belangte Behörde die ent­scheidende Wortfolge in § 48 Abs. 1 OöSHG ("soweit der Wert des Vermögens ...") rechtsirrig ausgelegt habe. Tatsächlich lasse diese auf Grund ihrer Deutlichkeit keinen Raum für eine anderweitige, insbesondere nicht für jene von der Erstbehörde vertretene Interpretation. Der variable Betrag (das Zehnfache des Richtsatzes für Alleinstehende) könne demgemäß ausschließlich als Freibetrag verstanden werden. Überdies würde sich die von der belangten Behörde gewählte Auslegung als grob gleichheitswidrig erweisen: Denn diese würde dazu führen, dass "etwa im Jahr 2004 alle Schenkun­gen im Betrag von € 5.000,00 keinerlei Kostenersatzpflicht begründen würden, wo hingegen eine Schenkung von € 5.200,00 zur Gänze abzuführen wäre." Die Formulierung des Gesetzgebers sei daher ausschließlich im Sinne eines Freibetrages zu verstehen, weshalb nur der diesen übersteigende Wert für eine Kostenersatzpflicht heran­gezogen werden hätte dürfen.

 

Daher wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Beschwerdeführerin nur zu einem Kostenersatz in Höhe von 685 Euro verpflichtet wird.

 

1.3. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 6. März 2007, Zl. VwSen-560089/2/Gf/Mu/Ga, wurde der Berufung stattgegeben und der bekämpfte Bescheid dahin abgeändert, dass die Ersatzpflicht der Rechtsmittelwerberin auf 685 Euro herabgesetzt wurde.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass nach § 45 Abs. 1 Z. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 und 2 des OöSHG u.a. jene Personen zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe verpflichtet seien, denen der Empfänger sozialer Hilfe in den letzten fünf Jahren vor dem Beginn der Leistung sozialer Hilfe Vermögen geschenkt hat, soweit dessen Wert das Zehnfache des Richtsatzes für Alleinstehende (§ 16 Abs. 3 Z. 1 lit. a OöSHG) übersteigt; der Umfang der Ersatzpflicht sei jedoch nach § 45 Abs. 2 OöSHG jedenfalls mit der Höhe des Geschenk­wertes (Wert des ohne entsprechende Gegenleistung übernom­menen Vermögens) begrenzt.

 

Im gegenständlichen Fall stehe allseits unbestritten fest, dass der Rechtsmittelwerberin am 30. März 2004 − und damit in den letzten fünf Jahren vor dem Beginn der Hilfeleistung von einer Person, der soziale Hilfe zuerkannt wurde, Vermögen in Höhe von 5.800 Euro durch Schenkung zugewendet wurde. Wie die belangte Behörde insoweit zutreffend festgestellt habe, lag zu diesem Zeitpunkt der Richtsatz für Alleinstehende nach § 1 Abs. 1 Z. 1 der Oö. Sozialhilfeverordnung i.d.F. LGBl.Nr. 147/2003 bei einem Betrag von 511,50 Euro. Im Hinblick auf § 48 Abs. 1 OöSHG überstieg somit der Geschenkwert in Höhe von 5.800 Euro den zehnfachen Richtwert für Alleinstehende um 685 Euro. 

 

Aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 OöSHG – arg. "Zum Ersatz ..... sind auch Personen verpflichtet, ..... soweit der Wert des Vermögens das Zehnfache des Richtsatzes ..... übersteigt" – ergebe sich zweifelsfrei, dass Geschenknehmer erst dann und überdies nur insoweit zum Kostenersatz verpflichtet seien, wenn bzw. als der Wert des Geschenkes die zehnfache Höhe des Richtsatzes übersteigt.

 

Für die von der belangten Behörde angenommene Interpretation, wonach im Falle des Übersteigens des zehnfachen Richtsatzes eine auch diesen Betrag erfassende Ersatzpflicht eintritt, biete dem gegenüber schon die Formulierung dieser Bestimmung keinerlei Raum. Aber auch den Materialien ist keine in diese Richtung deutende Absicht des historischen Gesetzgebers zu entnehmen, im Gegenteil: Dort heiße es nämlich ausdrücklich, dass "darüber hinaus ..... – vor allem aus verwaltungsökonomischen Gründen – die bisherige 'Bagatellgrenze' verdoppelt" wird (Blg 3/1997, 25. GP, 27), was nur so verstanden werden könne, dass damit das Bestehen einer Freibetragsregelung bekräftigt wurde (vgl. in diesem Sinne auch schon VwSen-560047 vom 30. Juli 2002).

 

Die belangte Behörde hätte daher auf den Freibetrag des Zehnfachen des Richtsatzes gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. Sozialhilfeverordnung abstellen und somit den Betrag von 5.115 Euro vom Geschenkwert in Höhe von 5.800 Euro in Abzug bringen müssen, sodass die danach verbleibende Differenz letztlich eine Ersatz­pflicht in Höhe von lediglich 685 Euro ergebe, wie dies von der Beschwerdeführerin zu Recht eingewendet wird.

 

2.1. Gegen dieses Erkenntnis hat die Oö. Landesregierung gemäß Art. 131 Abs. 2  B‑VG i.V.m. § 9 Abs. 3 Z. 1 des Oö. Verwaltungssenatsgesetzes eine Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 


Mit Erkenntnis vom 21. Oktober 2009, Zl. 2007/10/0083, hat der VwGH dieser Beschwerde Folge gegeben und das h. Erkenntnis  vom 6. März 2009, GZ VwSen-560089/2/Gf/Mu/Ga, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Wort "soweit" in § 48 Abs. 1 OöSHG zwar auch im Sinne von "nur insoweit, als" ausgelegt werden könnte; da dieses Wort – wie etwa Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG zeige – in der österreichischen Rechtsordnung jedoch auch in einem konditionalen Sinn verwendet wird, ist sein konkreter Sinn im Wege eines Rückgriffes auf die Gesetzesmaterialien zu ermitteln. Aus diesen ergebe sich jedoch unmissverständlich, dass Kostenersatz bis zur Höhe des geschenkten Vermögens zu leisten ist, falls der Wert des geschenkten Vermögens das Zehnfache des Richtsatzes für Alleinstehende übersteigt.

 

2.2. An diese Rechtsansicht ist der Oö. Verwaltungssenat nach § 63 Abs. 1 VwGG gebunden.

 

Diese Bindungswirkung erstreckt sich wohl auch auf das in Art. 140 i.V.m. Art. 129a Abs. 3 B-VG vorgesehene Antragsrecht, sodass es ihm daher insbesondere auch verwehrt ist, im gegenständlichen Fall die Frage der allfälligen Verfassungswidrigkeit, die bei einer derartigen Auslegung des § 48 Abs. 1 OöSHG z.B. einerseits im Hinblick auf Art. 5 StGG i.V.m. Art. 2 StGG darin gesehen werden könnte, dass der (gänzliche) Verfall des Vermögens von Gesetzes wegen selbst dann eintritt, wenn dieses vom Beschenkten gutgläubig erworben wurde und andererseits darin, dass die Rückzahlung derart hoher, nämlich das Zehnfache des Richtsatzes für Alleinstehende übersteigender Beträge regelmäßig erst zu einem Zeitpunkt vorgeschrieben wird, zu dem das Vermögen entweder gänzlich oder zumindest zu einem Großteil bereits verbraucht ist, was unter dem Aspekt des Art. 6 Abs. 1 EMRK und des Art. 13 EMRK als besonders bedenklich erscheint, zu relevieren.

 

Eine derartige Normenkontrolle könnte vielmehr nur im Wege einer Individualbeschwerde gegen diesen Bescheid nach Art. 144 Abs. 1 B-VG bewirkt werden.

 

3. Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen.


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

 

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