Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164516/3/Fra/Ka

Linz, 26.11.2009

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 28.9.2009, S-25816/09 VP, betreffend Übertretung des § 76 Abs.6 2. Satz StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.        

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 76 Abs.6 2. Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 50 Euro (EFS 25 Stunden) verhängt, weil sie am 16.6.2009 um 14.55 Uhr in Linz, Semmelweisstraße zwischen Neubau x als Fußgängerin die Fahrbahn im Ortsgebiet nicht an einer Kreuzung überquert hat, obwohl die Verkehrslage ein sicheres Überqueren an der von ihr gewählten Stelle nicht zweifellos zuließ.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 76 Abs.6 StVO 1960 haben Fußgänger, wenn Schutzwege oder für Fußgänger bestimmte Unter- oder Überführungen vorhanden sind, diese Einrichtungen zu benützen. Ist jedoch keine dieser Einrichtungen vorhanden oder mehr als 25 m entfernt, so dürfen Fußgänger im Ortsgebiet die Fahrbahn nur an Kreuzungen überqueren, es sei denn die Verkehrslage lässt ein sicheres Überqueren der Fahrbahn auch an anderen Stellen zweifellos zu.

 

3.2. Unstrittig ist, dass an der Vorfallsörtlichkeit weder ein Schutzweg noch für Fußgänger bestimmte Unter- oder Überführungen vorhanden sind. Die Bw durfte daher als Fußgängerin im Ortsgebiet die Fahrbahn nur an einer Kreuzung (in gedachter Verlängerung der Gehsteige oder der sonst nach § 76 Abs.1 StVO für Fußgänger zu benützenden Verkehrsflächen) überqueren, es sei denn, die Verkehrslage ließ ein sicheres Überqueren der Fahrbahn auch an der Vorfallsörtlichkeit zu. Zu interpretieren ist daher der Begriff "Verkehrslage". Nach herkömmlicher Auffassung wird unter Verkehrslage die Situation auf den Straßen, insbesondere Verkehrunfälle, mögliche Behinderungen, Stau, Witterungsumstände etc. verstanden bzw beschrieben. In regelmäßigen Abständen berichtet auch der Rundfunk über die Verkehrslage.

 

Laut Aktenlage wollte die Bw als Fußgängerin an der Vorfallsörtlichkeit die Semmelweisstraße überqueren. Als sie zwischen zwei abgestellten Fahrzeugen die Fahrbahn betrat, wurde sie von Herrn x gelenkten PKW, Kz.: x angefahren. Laut Bereicht des Sicherheitspolizeikommandos Linz vom 20.6.2009, GZ: C1/32236/2009, an die Staatsanwaltschaft Linz "kollidierte x, als x zwischen zwei abgestellten Fahrzeugen auf die Fahrbahn kam, aus Sicht des PKW-Lenkers von rechts nach links mit der vorderen Stoßstange rechts gegen das linke Bein von x wodurch diese teils über die Motorhaube bzw über den rechten Kotflügel geschleudert wurde und vermutlich mit dem Kopf den rechten Außenspiegel schlug, diesen beschädigte und anschließend auf die Fahrbahn stürzte. x gab an, dass er x erst unmittelbar beim Unfall wahrgenommen hatte und nicht mehr ausweichen bzw abbremsen konnte".

 

Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren ist es nicht von Relevanz und kann die Beantwortung der Frage dahingestellt bleiben, ob  der Unfallgegner den Verkehrsunfall mit wesentlich überhöhter Geschwindigkeit und – wie die Bw ausführt – ohne ihr Verschulden verursachte. In diesem Verfahren ist ausschließlich die Frage zu klären, ob die Verkehrslage für Fußgänger ein sicheres Überqueren der Fahrbahn an der gewählten Stelle zweifellos zuließ.

 

Aus den allgemeinen aktenkundigen Feststellungen zum Unfallsort, Licht- und Witterungsverhältnisse lässt sich kein relevanter Schluss zur (Un)zulässigkeit des Überquerens der Semmelweisstraße zum Vorfallszeitpunkt ableiten, sodass der Oö. Verwaltungssenat mangels Vorliegens objektivierter gegenteiliger Anhaltspunkte grundsätzlich von der Zulässigkeit des Überquerens der Fahrbahn durch die Bw an der Vorfallsörtlichkeit im Sinne des § 76 Abs.6 2. Satz leg.cit. ausgeht. Ob die Bw – wie sie laut Zeugeneinvernahme vom 19.6.2009 angegeben hat – das Auto nicht wahrgenommen habe, weil sie auf die andere Straßenseite fixiert gewesen sei, hängt mit der Beurteilung und Klärung der hier verfahrensrelevanten Frage nicht zusammen, sondern ist allenfalls ein Verschuldenselement des Verkehrsunfalles und ist diese Frage vom Gericht zu klären. Wenn § 76 StVO 1960 ein Überqueren der Fahrbahn im Hinblick auf die Verkehrslage neben anderen Faktoren zulässt, muss nämlich davon ausgegangen werden, dass hier der Verkehr als Ereignis bzw Gegebenheit gemeint ist und nicht der Umstand, ob ein einzelner Kraftfahrzeuglenker allenfalls mit erhöhter Geschwindigkeit sein Fahrzeug gelenkt oder sich auf andere Weise fehlverhalten hat.

 

Da sich die spruchgemäße Entscheidung bereits aus der Aktenlage ergab, entfiel gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine Verhandlung.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

 

 

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