Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231044/24/SR/La

Linz, 09.12.2009

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, X, X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, X, X, X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 6. Juli 2009, GZ. Sich96-74-2008, wegen Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes nach der öffentlichen Berufungsverhandlung am 30. November 2009 zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. 

II.              Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe, d.s. 12 Euro zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 6. Juli 2009, GZ. Sich96-74-2008 wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben sich am 16.01.2008 gegen 23.03 Uhr am Privatgrundstück Ihres Hauses in X, X, trotz vorheriger Abmahnung durch Beamte der Polizeiinspektion X bzw. X, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnahmen, aggressiv verhalten und dadurch die Amtshandlung behindert.

 

Beschreibung des Sachverhalts:

Während einer Amtshandlung (Lenker- und Fahrzeugkontrolle) zeigten Sie sich gegenüber den Beamten äußerst aggressiv, indem Sie ua. das Garagentor, vor dem sich einer der beiden Beamten befand, herunterziehen wollten und eine mögliche Verletzung des Beamten riskierten. Trotz Abmahnung durch einen Beamten verhielten Sie sich weiterhin aggressiv, gestikulierten lautstark und schrien die Beamten mehrmals an, dass diese sofort das Grundstück verlassen sollten und Sie sich nicht sekkieren lassen von der Polizei, wodurch die oben angeführte Amtshandlung unnötig in die Länge gezogen wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 idgF."

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, verhängt. Zusätzlich wurden Verfahrenskosten in der Höhe von 6 Euro vorgeschrieben.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Bw den Polizeibeamten als Lenker eines PKW im Ortszentrum von X (Bereich des Gasthauses X) aufgefallen sei. Im Zuge der Nachfahrt sei diesem mittels Blaulicht und Lichthupe ein mehr als deutliches Anhaltesignal gegeben worden. Ohne zu reagieren habe der Bw seine Fahrt fortgesetzt, den Pkw schließlich in die Garage seines Hauses gelenkt und in Anwesenheit der Beamten den Fahrzeugmotor abgestellt. Nach dem Verlassen des Pkw´s habe BezInsp X eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle vornehmen wollen. Aufgrund des auffälligen Verhaltens (der Bw habe sich geweigert die vom Beamten eingeforderten Dokumente vorzuweisen und sich dabei gegenüber den Beamten äußerst aggressiv verhalten) sei der Bw zum Alkotest aufgefordert worden. Diesen habe der Bw verweigert. Obwohl der Bw von BezInsp X mehrmals aufgefordert worden sei, sein aggressives Verhalten einzustellen und seine Identität preiszugeben, sei der Bw diesem Ersuchen nicht nachgekommen. Vielmehr habe er den zwischenzeitlich anwesenden Familienangehörigen (X und X X) Anweisungen gegeben, den Beamten keinerlei Auskünfte zu erteilen und diese vom Grundstück zu verweisen.

 

Aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion X vom 21.1.2008 habe die belangte Behörde gegen den Bw die Strafverfügung vom 14.2.2008 erlassen. Den rechtzeitig erhobenen Einspruch habe der Bw damit begründet, dass er in seiner Garage von den Beamten angehalten worden sei und diese seinen Ausweis verlangt hätten. Da er sich in seiner eigenen Garage befunden hatte, habe er keinen Grund für eine Amtshandlung gesehen und diese verweigert. Es sei dann mit den Beamten eine etwas heftigere Diskussion entstanden, er sei jedoch sicherlich nicht aggressiv gewesen oder tätlich gegen die Beamten vorgegangen. Er habe die Beamten stehen gelassen und sei ins Haus gegangen. Die Beamten hätten sich noch mit der Tochter unterhalten und seien dann weggefahren.

 

Im Ermittlungsverfahren seien die Beamten niederschriftlich befragt worden. Dabei hätten sie das aggressive Verhalten des Bw genau beschrieben. Bereits bei der Kontaktaufnahme, die zum Zwecke der Durchführung der Lenker- und Fahrzeugkontrolle erfolgt sei, habe sich der Bw aggressiv verhalten. Dies sei soweit gegangen, dass der Bw dem Beamten das Garagentor, vor dem dieser gestanden sei, gegen den Kopf gezogen habe. Um Verletzungen vorzubeugen, sei das Garagentor vom Beamten abgefangen worden. Der Bw habe weiter ausgeführt, dass er sich von den Beamten nicht sekkieren lasse und die Beamten vom Grundstück verwiesen. In der Folge sei er dann lautstark und heftig diskutierend von seiner Gattin aus dem Blickfeld der Beamten entfernt worden.

 

Insp X habe, als Zeuge befragt, angegeben, dass die Anhaltung des Bw auf dem Vorplatz der Garage und nicht auf dem Privatgrundstück stattgefunden habe. Der Bw sei vom Kollegen zur Ausweisleistung aufgefordert worden. Dabei habe sich der Bw sofort aggressiv verhalten und die Beamten mehrmals auffordert, das Grundstück zu verlassen. Er habe geschrien, dass er sich nicht sekkieren lasse und das Garagentor so zugemacht, dass es fast auf den Kollegen gefallen sei. Dann sei der Bw zum Alkotest aufgefordert worden, worauf er noch aggressiver geworden sei und den Beamten immer wieder zu verstehen gegeben habe, dass er sich von der Polizei nicht sekkieren lasse. Anschließend habe er sich vom Ort der Amtshandlung entfernt und sei ins Haus gegangen. Durch dieses Verhalten habe er die Amtshandlung behindert.

 

Die als Zeugin einvernommene Tochter des Bw habe im Wesentlichen vorgebracht, dass sie den Vater mit der Polizei heftig diskutierend vor der Haustüre wahrgenommen habe. Sie habe mitbekommen, dass der Bw seine Papiere nicht herzeigen wollte. Weiters hätten die Beamten dem Bw gesagt, dass sie ihn, sollte er weiter so uneinsichtig sein, mit auf den Posten nehmen müssten. Die Diskussion sei in einem Wortgefecht eskaliert. Der Bw habe die Haustüre zumachen wollen. Dies hätten die Beamten verhindert. Daraufhin habe der Bw den Beamten gesagt, dass sie Hausfriedensbruch begehen würden. Da der Bw ziemlich aufgebracht gewesen sei und sich von den Beamten nicht beruhigen lassen habe, habe die Zeugin ihren Vater ins Haus zurückgezogen und sich weiter mit den Beamten unterhalten. Die Beamten hätten erzählt, dass sie den Bw aufhalten hätten wollen und dieser nicht angehalten habe. Er sei dann gleich in die Garage gefahren und habe von dort gleich ins Haus gehen wollen. Der Bw habe sich im Hintergrund noch immer aggressiv verhalten. Die Beamten seien dann gegangen.

Weiters habe die Zeugin angegeben, dass die Ehegattin des Bw keine Angaben zum Vorfall geben könne, da sie im Haus gewesen sei. Laut Äußerungen der Zeugin habe die Amtshandlung bis zu ihrem Hinzukommen ca. eine Minute gedauert. Der Bw sei sicherlich nicht gewalttätig gegen die Beamten vorgegangen und er habe auch keine Aufforderung zum Alkoholtest bekommen.

 

Das Ergebnis der Beweisaufnahme sei dem Bw zur Kenntnis gebracht worden. Dazu habe der rechtsfreundlich vertretene Bw ausgeführt, dass der Beamte bereits in der Garage neben der Fahrertür gestanden sei. Es sei unzutreffend, dass die Anhaltung am Vorplatz der Garage und somit nicht auf dem Privatgrundstück des Bw erfolgt sei. Darüber hinaus sei auch der Vorplatz Privatgrundstück des Bw. Wäre der Beamte nicht in die Garage hineingegangen, hätte er den Bw nicht am Zumachen des Tores hindern können, da dieses von Inneren nach unten zu ziehen sei. Es bleibe zur Gänze im Unklaren, welches aggressive Verhalten im Sinne des § 82 Abs. 1 SPG seitens des Bw gesetzt worden sei, zumal lautes Sprechen auch im Zusammenhang mit einer gewissen Gestik noch kein aggressives Verhalten im Sinne der genannten Bestimmung darstelle. Neben einer Abmahnung müsse auch eine Behinderung der Amtshandlung vorliegen. Den Zeugenaussagen sei in keinster Weise eine Konkretisierung des behaupteten aggressiven Verhaltens zu entnehmen und gehe auch keine vorherige Abmahnung hervor. Ohne vorherige Abmahnung und dennoch fortgesetzter aggressiver Verhaltensweise sei jedoch der Tatbestand des § 82 Abs. 1 SPG nicht verwirklicht.

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens in Zusammenhang mit den Angaben in der Anzeige und den Angaben des Bw sei die belangte Behörde zu der Ansicht gelangt, dass der Bw den Tatbestand im Sinne des § 82 Abs. 1 SPG ohne Zweifel erfüllt habe. Die Behörde habe sich bei ihrer Entscheidung im Wesentlichen auf die glaubhaften und nachvollziehbaren Zeugenaussagen der Polizeibeamten gestützt. Hingegen unterliege der Bw keiner solchen Wahrheitspflicht und könne sich daher in jede Richtung verantworten. Der Bw habe in seiner Stellungnahme vom 30. Mai 2008 indirekt auch zugegeben, dass er das Garagentor vor dem Beamten heruntergezogen habe, was unter dem Blickpunkt der Schilderungen der Beamten auf jeden Fall bereits ein aggressives Verhalten darstelle, zumal der Bw dadurch sogar eine Verletzung eines Beamten riskiert habe. Auch habe die Tochter von jedenfalls lauten und heftigen Diskussionen und einem aggressiven Verhalten durch den Bw berichtet.

 

2. Gegen das Straferkenntnis, welches dem Rechtsvertreter des Bw am 8. Juli 2009 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitig am 22. Juli 2009 zur Post gegebene Berufung.

 

In seiner Berufung macht der Bw im Wesentlichen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Straferkenntnisses und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend. Der Schuldvorwurf sei gänzlich unrichtig. Weiters liege ein Verstoß gegen § 44a VStG vor.

Die Angaben der Meldungsleger würden im Wesentlichen nur auf die ausdrückliche Aufforderung zum Alkotest abzielen. Eine Abmahnung im Sinne des § 82 Abs. 1 SPG sei dagegen nicht erkennbar. Darüber hinaus fehle es an eindeutigen und konkreten Feststellungen, durch welches Verhalten er sich äußerst aggressiv verhalten habe. Auch fehlen Angaben, welche Amtshandlungen durch sein Verhalten behindert worden seien. Die Angaben der Meldungsleger seien widersprüchlich und deshalb nicht glaubwürdig.

 

Die Nachfahrt durch das Polizeifahrzeug habe in der einspurigen X stattgefunden. Da ein Vorbeifahren des Einsatzfahrzeuges nicht ohne Eigengefährdung bewerkstelligt werden hätte können, sei der Bw weitergefahren und bei der ersten Möglichkeit in die Garage seines Hauses gefahren. Neben Widersprüchlichkeiten zur Fahrtgeschwindigkeit sei technisch auch nicht nachvollziehbar, dass das senkrecht nach unten laufende Roll-Garagentor im Zuge des Schließens auch nur in die Nähe des davor stehenden Beamten gekommen sei. Zutreffend sei offensichtlich viel mehr, dass es dem Polizeibeamten X gerade darauf ankommen sei, das Garagentor abzufangen.

Zur Gänze habe die belangte Behörde übergangen, dass auch die Tochter als Lenkerin seines PKW beamtshandelt worden sei. Dabei sei gegenüber der Tochter behauptet worden, dass der Bw unerlaubt mit dem Auto fahre, da er keinen Führerschein habe. Es würde sich daher auch seine Gattin, welche Mitzulassungs-besitzerin sei, strafbar machen. Diese Vorhaltungen der einschreitenden Beamten sei falsch gewesen und offensichtlich auch das Einschreiten am streitgegenständlichen Vorfall von dieser Fehlmeinung geprägt. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben hätte die Erstbehörde deren Angaben nicht dem entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu Grunde legen dürfen.

 

Abschließend wird die Stattgebung der Berufung und Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, in eventu das Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG, in eventu die Herabsetzung der verhängten Strafe gemäß      § 20 VStG beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 29. Juli 2009 hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den Verwaltungsstrafakt Sich96-74-2008 vorgelegt.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 30. November 2009 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschuldigten und seines Rechtsvertreters durchgeführt. Die belangte Behörde ist entschuldigt der Verhandlung ferngeblieben. Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten, Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, Einvernahme des Beschuldigten und der Zeugen X (Tochter des Bw), BezInsp X und Insp X.

3.2. Daraus ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

 

Am 16. Jänner 2008 um ca. 23. 00 Uhr hat der Bw seinen Pkw in X von der X in die X zu seinem Wohnhaus gelenkt. Zum Zwecke einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle ist die Streife "X Sektor" (Besatzung BezInsp X und Insp X) unter Verwendung des Blaulichtes dem Fahrzeug des Bw nachgefahren. Der Bw hat, obwohl er das Einsatzfahrzeug wahrgenommen hatte, keine Veranlassung gesehen, sein Fahrzeug anzuhalten und ist von der X auf sein Grundstück eingebogen und in die offene Garage gefahren. Die Polizeibeamten haben das Einsatzfahrzeug vor dem Grundstück angehalten, sich zum Garagentor begeben, BezInsp X hat die Amtshandlung begonnen und den gerade aus dem Pkw ausgestiegenen Bw zur Fahrzeug- und Lenkerkontrolle aufgefordert. In der Meinung, dass die Polizeibeamten nicht berechtigt seien, auf seinem Grund und Boden eine derartige Amtshandlung zu führen, lehnte der Bw das Ersuchen des Polizeibeamten lautstark ab, gestikulierte dabei heftig mit den Händen und gab diesem zu verstehen, dass er seinen Namen vom Briefkasten ablesen könne und sich die Beamten anschließend entfernen sollten. Da der Bw, um in sein Wohnhaus gelangen zu können, die Garage verlassen und ins Freie treten musste, ging er auf die unmittelbar vor dem Garagentor stehenden Polizeibeamten zu, drängte BezInsp X mit einer ausgestreckten Hand minimal zurück und zog gleichzeitig mit der anderen Hand das Garagentor herunter. Anschließend drehte er sich Richtung Haustür und setzte seinen Weg dorthin fort. Obwohl BezInsp X den Bw zu beruhigen suchte, um die Amtshandlung durchführen und zumindest die Identität des Bw klären zu können, verweigerte der Bw lautstark und heftig gestikulierend die Bekanntgabe seiner Identität. Auch wenn die Amtshandlung bis zum Erreichen der Haustür insgesamt nur wenige Minuten in Anspruch genommen hat, mahnte BezInsp X den Bw mehrmals ab, sein aggressives Verhalten einzustellen. Der Bw ließ sich davon dennoch nicht beirren. Als Folge dessen wurde ihm sogar die mögliche Festnahme in Aussicht gestellt, da er den einschreitenden Organen unbekannt war und seine Identität zu diesem Zeitpunkt auch sonst nicht festgestellt werden konnte. Unmittelbar bevor der Bw die Haustüre erreichte, wurde diese von der im Haus befindlichen Tochter geöffnet. Um die Situation zu beruhigen zog die Tochter den Bw ins Haus. Selbst im Hausinneren beruhigte sich der Bw vorerst nicht, versuchte die Tür gegen den Widerstand der Polizeibeamten zuzudrücken und gab diesen unmissverständlich zu verstehen, dass sie einerseits sein Grundstück verlassen sollten und andererseits deren Verhalten Hausfriedensbruch bedeuten würde. Entgegen den lautstarken Äußerungen des Bw gab die Tochter die persönlichen Daten des Bw bekannt. Zur Vermeidung einer weiteren Eskalation der Amtshandlung brachen die Polizeibeamten nach Klärung der Identität des Bw die Amtshandlung ab.

 

Die Tochter des Bw hat die Lautstärke als sehr laut (".... eher in Richtung Schreien ....") beurteilt und die Polizeibeamten sind von einem "Schreien" ausgegangen. Dagegen hat der Bw seine Lautstärke als "höher als normal" eingestuft und erläuternd ausgeführt, dass ein "Schreien" seinerseits zu einem Gehörsturz der Polizeibeamten geführt hätte.

 

3.3. Die Zeugenaussagen sind im Wesentlichen übereinstimmend, nachvollziehbar und glaubwürdig. Unstrittig steht daher fest, dass der Bw lautstark und heftig gestikulierend die Amtshandlung behindert und teilweise sogar verhindert hat. Auch wenn das Zurückdrängen des vor dem Garagentor stehenden BezInsp X vom Bw nicht als aggressives körperliches Vorgehen gegen den Polizeibeamten beabsichtigt war, konnte dieser schon im Hinblick auf die Begleitumstände das Verhalten des Bw aus seiner Warte nicht anders deuten. Dem Grunde nach hat der Bw sein tatbestandsmäßiges Verhalten eingestanden, es jedoch aus seiner subjektiven Sicht anders beurteilt. So ist in der mündlichen Verhandlung zu Tage getreten, dass der Bw den noch in der Strafverfügung gegen ihn geäußerten Vorwurf (Wegschieben des Polizeibeamten mit Köperkraft – körperlich aggressives Verhalten) nicht "auf sich sitzen lassen wollte". Die Schilderungen des BezInsp X stimmen mit den Angaben der vom Bw namhaft gemachten Zeugin (Tochter) überein und lassen nicht einmal ansatzweise Widersprüche erkennen. Die Tochter des Bw hat, bedingt durch das spätere Hinzukommen die Abmahnungen nicht mehr wahrgenommen. Dass der Bw mehrmals wahrnehmbar abgemahnt worden ist und ihm dies auch bewusst wurde, ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der einschreitenden Beamten.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Wer nach § 82 SPG sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

 

4.2. Das zentrale Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 SPG besteht in einem aggressiven Verhalten.

 

"Aggressiv" bedeutet so viel wie "angreifend" oder "angriffslustig". "Aggression" meint einen Überfall, einen Angriff oder feindseliges Verhalten. Unter aggressivem Verhalten ist ein sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten anzusehen. Das Vertreten eines Rechtsstandpunktes, mag dies auch in entschiedener Weise geschehen, stellt eine angemessene Reaktion, nicht aber ein ungestümes Benehmen dar (vgl. Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, A.5.1. f zu § 82).

 

Weiters ist unter einem aggressiven Verhalten ein solches zu verstehen, durch das die jedem Staatsbürger gegen das Einschreiten eines obrigkeitlichen Organs zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen als "aggressives Verhalten" gewertet werden muss. Solches liegt etwa vor, bei "Gebrauch lautstarker Worte verbunden mit heftiger Gestik gegenüber einem Sicherheitswachebeamten". 

 

So kann unter aggressivem Verhalten auch ein "sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten" angesehen werden. So gesehen reicht nach ständiger Rechtsprechung bereits allein das "Schreien mit einem Aufsichtsorgan" auch noch nach erfolgter Abmahnung zur Erfüllung des Tatbestandes aus (VwGH vom 20.12.1990, 90/10/0056; siehe auch Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, Fn. 14 zu § 82  mit weiteren Verweisen). 

 

Da das Gesetz lediglich "aggressives Verhalten" verlangt, bedarf es keiner "besonderen" Aggressivität um den Tatbestand zu erfüllen. Das Tatbild der zitierten Verwaltungsvorschrift verlangt, ein "aggressives Verhalten" während der "Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben" durch das Aufsichtsorgen oder die Militärwache; zusätzlich die "Behinderung einer Amtshandlung". (vgl. Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz3, zu § 82 SPG). Ein solches aggressives Verhalten liegt jedenfalls auch dann vor, wenn das Verhalten noch nicht als Anwendung von Gewalt oder als gefährliche Drohung (§ 269 des Strafgesetzbuchs [StGB] - Widerstand gegen die Staatsgewalt) zu qualifizieren ist.

 

Weiteres Tatbestandselement ist eine vorausgegangene Abmahnung. Abmahnung bedeutet so viel wie (Er-)Mahnung oder Zurechtweisung und besteht in der Aufforderung, ein Verhalten im Hinblick auf seine Gesetz- oder Ordnungswidrigkeit einzustellen, wobei die Aufforderung, ein bestimmtes Verhalten einzustellen, den Hinweis auf dessen Unzulässigkeit impliziert. Das Gesetz schreibt den Gebrauch bestimmter Worte für eine wirksame Abmahnung nicht vor, insbesondere muss sie nicht die Folgen weiteren Zuwiderhandelns zur Kenntnis bringen. Freilich muss dem Betroffenen die Abmahnung als solche erkennbar sein und bewusst werden.

4.3.1. Wie aus den Sachverhaltsfeststellungen und der Beweiswürdigung zu entnehmen ist, hat der Bw während der Amtshandlung ein Verhalten an den Tag gelegt, dass sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrte und mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbunden war. Auch wenn der Bw seine Äußerungen selbst noch nicht als ein Schreien betrachtet hat, waren diese von den Zeugen überwiegend als ein Schreien wahrgenommen worden. Selbst die Tochter hat den "Diskussionsbeitrag" des Bw – in genauer Kenntnis seiner Lautstärkeneinstufung – als sehr laut ("in Richtung Schreien") und sein Verhalten als aggressiv betrachtet. Stellt man auf das unzulässig laute Argumentieren des Bw, verbunden mit der heftigen Gestik gegenüber den Polizeibeamten, die sich u.a. auch in einem körperlichen Zurückdrängen eines Polizeibeamten äußerte, ab, ist das gesamte Verhalten des Bw als aggressiv einzustufen. Da der Bw das beschriebene aggressive Verhalten trotz der bewusst wahrgenommenen Abmahnungen nicht änderte, war es den einschreitenden Beamten nicht möglich, die bereits begonnene Amtshandlung (Lenker- und Fahrzeugkontrolle) fortzusetzen. In umsichtiger Weise und um die Amtshandlung nicht eskalieren zu lassen, haben die einschreitenden Beamten die Identität des Bw durch Befragen der Auskunftsperson (Tochter) geklärt.

 

Der Bw hat tatbestandsmäßig gehandelt. Rechtfertigungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

4.3.2. Das Sicherheitspolizeigesetz enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht.

 

Die Behörde erster Instanz hatte daher nicht den Beweis des Verschuldens des Bw zu führen. Vielmehr wäre es an ihm gelegen gewesen, die gemäß § 5 Abs. 2 VStG bestehende Rechtsvermutung seines Verschuldens zu entkräften.

 

Nach Abschluss des Beweisverfahrens hat der Bw angesichts der übereinstimmenden und nachvollziehbaren Zeugenaussagen sein tatbestandsmäßiges Verhalten dem Grunde nach insoweit eingestanden, als er einräumte, sich doch etwas aufgebrachter als üblich verhalten zu haben. Seiner Wertung nach habe er damit aber die Grenze zur Strafbarkeit noch nicht überschritten.

 

Im Hinblick auf die schlüssigen Zeugenaussagen gelang damit dem Bw weder vor der Behörde erster Instanz noch vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Ba hat sohin jedenfalls fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt. Seine Strafbarkeit ist somit gegeben.

 

4.3.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist.

 

Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Straf­bemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG im Einklang stehend.

 

Sowohl aus Gründen der Generalprävention als auch der Spezialprävention bedurfte es einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zu halten.

 

Das Gesamtverhalten des Bw lässt nicht den Schluss zu, dass ihn an der Verwaltungsübertretung ein geringfügiges Verschulden trifft. Das Verschulden wäre nur dann als geringfügig anzusehen, wenn – unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) – das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im Hinblick auf das Tatverhalten des Bw kann ein geringfügiges Verschulden nicht erkannt werden

 

Die Anwendung des § 21 VStG setzt voraus, dass das Verschulden des Bw geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Abgesehen davon, dass die Folgen der dem Bw angelasteten Verwaltungsübertretung nicht unbedeutend sind, konnte das Verschulden nicht als geringfügig eingestuft werden.

 

Die von der belangten Behörde verhängte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe ist als angemessen zu betrachten, um den Bw in Hinkunft von einer gleichgelagerten Verwaltungsübertretung abzuhalten. Zu Recht hat die belangte Behörde von der Anwendung des § 21 VStG Abstand genommen.

 

Das Straferkenntnis war daher im angefochtenen Umfang zu bestätigen und die Berufung diesbezüglich abzuweisen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 12 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Christian Stierschneider