Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150721/12/Lg/Hu

Linz, 17.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Be­rufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 18. November 2008, Zl. BauR96-126-2007/Va, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 80 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen X am 9.1.2007, 17.40 Uhr, die mautpflichtige Bundesstraße A1 bei km 170,500, Raststation Ansfelden, Gemeinde Ansfelden, Fahrtrichtung Salzburg, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug entrichtet zu haben. Es sei am Fahrzeug eine Mautvignette angebracht gewesen, welche abgelaufen war.

 

 

2. In der Berufung wird vorgebracht:

 

"Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20.11.2008, BauR96-126-2007/Va, wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

Begründung:

Gemäß § 20 Abs. 3 Bundesstraßen-Mautgesetz werden Taten gemäß Abs. 1 und 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 - 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht. Die Mautaufsichtsorgane sind im Fall, dass wegen einer von ihnen dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden kann, bemächtigt, am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen 2 Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsbetrag die automationsunterstützt lesbare, voll­ständige und richtige Identifikationsnummer enthält (§ 19 Abs. 3 Bundesstraßen-Mautgesetz).

Voraussetzung für die Entscheidung über eine Straflosigkeit eines Täters gemäß § 20 Abs. 3 Bundesstraßenmautgesetz ist also die Wahrnehmung der Ermächtigung durch ein Mautauf­sichtsorgan und die tatsächliche Hinterlassung der in § 19 Abs. 3 Bundesstraßen-Mautgesetz angesprochenen Aufforderung. Nur dann kann ein Täter seiner Zahlungsberechtigung ent­sprechen, wodurch er straflos wird. Diese Gesetzesbestimmung normiert einen Strafaufhe­bungsgrund, bei dem die Strafbarkeit entfällt. Ein Verdächtiger hat einen Rechtsanspruch auf eine Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut, ohne die eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung einer Mautprellerei nicht in Frage kommt. Damit werden die Unterlassung der frist­gerechten Leistung der Ersatzmaut und die Aufforderung zu Leistung derselben Vorausset­zungen der Strafbarkeit, ohne die eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung entfällt (vgl. ZVR 2004, Seite 232f). Wenn ein Mautaufsichtsorgan daher von der Ermächtigung Gebrauch ge­macht hat, jedoch die schriftliche Aufforderung nicht hinterlassen hat, ist ein Täter straffrei, d.h. im Ergebnis ist hier zu überprüfen, weil die Wahrnehmung der Ermächtigung durch die Mautaufsichtsorgane außer Streit steht, ob an meinem Pkw neben einem unausgefüllten Er­lagschein die schriftliche Aufforderung hinterlassen worden und vom Täter auch vorgefunden werden konnte. In diesem Zusammenhang geht die erkennende Behörde davon aus, dass die Zahlungsaufforderung, die, als ich zu meinem Pkw zurückgekommen bin, an meinem Fahr­zeug nicht vorhanden, sondern ohne mein Verschulden in Verlust geraten war, sodass ich sie nicht zur Kenntnis nehmen konnte (und damit nicht in der Lage war, die Voraussetzungen für eine Straflosigkeit gemäß § 20 Abs. 3 Bundesstraßen-Mautgesetz zu schaffen). Mir aber unter Hinweis auf ZVR 7/8 2004, Seite 229 ff, 232, generell das Risiko des Verlustes oder der Be­schädigung aufzubürden, geht zu weit, ohne nicht die näheren Umstände festzustellen insbe­sondere eingedenk des Grundsatzes in dubio pro reo, unter denen die Zahlungsaufforderung am Fahrzeug hinterlassen wurde, da § 19 Abs. 3 Bundesstraßen-Mautgesetz zweifelsfrei ver­langt, dass die schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut am Fahrzeug so hinter­lassen werden muss, dass sie vom Täter auch vorgefunden werden kann. Dass diese Voraus­setzung nicht vorliegt bzw. von den Aufsichtsorganen nicht geschaffen wurde, geht zweifels­frei daraus hervor, dass der Erlagschein von mir vorgefunden werden konnte und wurde, was den Schluss erzwingt, dass die Zahlungsaufforderung nicht oder zumindest nicht ausreichend gesichert an meinem Fahrzeug hinterlassen worden ist, insbesondere es mannigfaltige Mög­lichkeiten gibt, dass die Zahlungsaufforderung verloren geht, etwa durch Wind und Wetter oder durch einen Vandalenakt einer dritten Person. Beide Umstände können mit Sicherheit nicht mir angelastet werden bzw. würde die gegenteilige Auffassung zumindest dazu führen, dass gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen ist (ZVR 2004, Seite 233 oben 1. Absatz). Es ist falsch, sich unter Hinweis auf Missbrauchsmöglichkeiten kritiklos der Auffassung von Wessely, eines Mitgliedes des UVS des Landes NÖ., in ZVR 7/8 2004, Seite 229ff, 232 anzu­schließen, ohne zu erkennen, dass dieser seine nicht haltbare Meinung unter Hinweis auf § 17 Abs.3 ZustellG in einer Fußnote äußert. Diese Begründung in einer Art Analogie ist nicht haltbar, weil § 17 Abs. 4 ZustellG anders als das Bundesstrassenmautgesetz ausdrücklich be­stimmt, dass die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs.2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde. Eine ausdrückliche Bestimmung, dass das Risiko des Verlustes den Verdächtigten trifft, enthält das Bundesstrassenmautgesetz nicht. Eine derartige ausdrückliche Risikovertei­lung zu Lasten eines Verdächtigen, für den der Zweifelsgrundsatz gilt, durch das Gesetz wäre auch unhaltbar, weil die Hinterlassung einer Hinterlegungsanzeige an einer Abgabestelle nach § 4 Zustellgesetz (Wohnung usw.), also ein einem durchaus geschützten Ort, absolut nicht vergleichbar ist mit der Hinterlassung einer Zahlungsaufforderung an einem Fahrzeug etwa auf einem Autobahnparkplatz bei Nacht und Nebel, Wind und Wetter oder wo und wie auch immer, jedenfalls an einem völlig ungeschützten Ort. Das Risiko des Verlustes oder der Be­schädigung hat in einem solchen Fall schlicht die Behörde zu tragen trotz allfälliger Miss­brauchmöglichkeiten, die jedoch keinesfalls überzubewerten sind, weil prinzipiell von einem gesetzeskonformen Verhalten der Normunterworfenen auszugehen ist und nicht grundsätzlich vom Gegenteil.

 

Unter diesem Blickwinkel ist auch der Schriftsatz der ASFINAG vom 12.7.2007 auszulegen. Die ASFINAG ist eine Aktiengesellschaft, also eine juristische und keine natürliche Person, die zwar eine Kopie der Zahlungsaufforderung vorgelegt hat, jedoch unter Hinweis auf § 2 Bundesstraßen-Mautgesetz, die Vereidigung von Aufsichtsorganen und § 19 Abs. 3 Bundesstraßenmautgesetz eine durchaus formelhafte Rechtfertigung abgegeben hat, sodass meiner Stellungnahme entgegen der Auffassung der erkennenden Behörde keine Angabe eines fach­lich geschulten oder unter Diensteid stehenden Meldungsleger gegenübersteht, der eine erhöh­te Glaubwürdigkeit zukommt. Damit ist das Verfahren mangelhaft, weil es die erkennende Behörde unterlassen hat, die Mautaufsichtsorgane als Zeugen einzuvernehmen. Immerhin ergibt sich diese Notwendigkeit jedenfalls daraus, dass mein Standpunkt von Anbeginn an eindeutig, schlüssig und widerspruchsfrei ist, sodass der im Verwaltungsverfahren geltende Grundsatz der freien Beweiswürdigung die Behörde nicht berechtigt, davon auszugehen, dass allein die Eigenschaft eines als Zeugen nicht vernommenen Anzeigers als Organ der öffentli­chen Sicherheit (Meldungsleger) schon ausreicht, den leugnenden Beschuldigten der ihm zu Last gelegten Tat (Übertretung der Verwaltungsvorschrift) als unwiderlegbar überführt und damit als schuldig anzusehen. In einem solchen Fall ist der Meldungsleger als Zeuge einzu­vernehmen (vgl. etwa Entscheidungen 152 und 154 b in Hauer/Leukauf, Handbuch des Öster­reichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Seite 322). Damit liegt kein ordentli­ches Ermittlungsverfahren vor, obwohl die Behörde von Amts wegen zur Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichtet ist gemäß § 25 VStG iVm § 37 AVG, sodass das Verwaltungsstrafverfahren im Zweifel zu meinen Gunsten eingestellt werden hätte müssen. Immer­hin habe ich plausibel und für die Behörde auch glaubwürdig dargetan, dass die Zahlungsauf­forderung an meinem Fahrzeug nicht vorhanden war. Es liegt also keine pauschale Bestrei­tung meinerseits vor, sondern unter Hinweis darauf, dass ich den Erlagschein vorgefunden habe, eine schlüssige Darstellung.

 

Offenbar haben die beiden Mautaufsichtsorgane vergessen, die Zahlungsaufforderung an meinem Pkw zu hinterlassen oder diese Zahlungsaufforderung nicht mit der gebotenen Sorg­falt an meinem Pkw angebracht, sodass sie von mir ohne mein Verschulden nicht vorgefun­den werden konnte. Ich habe daher den bloßen Erlagschein als Warnung aufgefasst und die­sen Sachverhalt, als ich am 9.1.2007 nach Hause gekommen bin, meiner Ehegattin X und am nächsten Tag Kollegen im Büro bekanntgegeben. Mit dieser Berufung wird da­her auch bekämpft, dass an meinem Fahrzeug die schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut überhaupt hinterlassen wurde.

 

 

Beweis:

Zeugin X, geb. am X, Angestellte, X, X;

zeugenschaftliche Einvernahme meines Arbeitskollegen;

meine Einvernahme.

 

Die Ausführungen der erkennenden Behörde zusammengefasst, dass ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kraftfahrzeuglenker die Mautpflicht beachtet und vor Benützung der maut­pflichtigen Bundesstraße die zeitabhängige Maut durch ordnungsgemäßes Anbringen einer gültigen Mautvignette am Fahrzeug entrichtet, wird prinzipiell richtig, jedoch nach meinem von Anbeginn an dargetanen Standpunkt irrelevant. Vielmehr hätte die Behörde überprüfen müssen, ob mir ein Verschulden angelastet werden kann, dass ich innerhalb der Frist des § 19 Abs. 3 Bundesstraßen-Mautgesetz die Ersatzmaut nicht bezahlt habe. Ein derartiger Sorg­faltsverstoß meinerseits ist jedenfalls zu verneinen, sodass wegen Vorliegens des Strafaufhe­bungsgrundes des § 20 Abs. 3 Bundesstraßen-Mautgesetz das Verfahren eingestellt hätte wer­den müssen bzw. eine Ermahnung ausgesprochen werden hätte müssen.

 

Ich stelle daher den

Antrag,

es möge dieser Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20.11.2008, BauR96-126-2007/Va, Folge gegeben, das Straferkenntnis ersatzlos aufge­hoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen mich eingestellt werden."

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 23.2.2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz eine Mautvignette angebracht gewesen, welche abgelaufen war. Als Zusatz zur Anzeige wurde angegeben: „Monatvignette Nr.: X, gelocht am 18.08.2006“.

 

Mit Schreiben vom 8.3.2007 benannte die Zulassungsbesitzerin den Bw als Lenker des Kfz zur Tatzeit.

 

Nach Strafverfügung vom 19.3.2007 rechtfertigte sich der Bw dahingehend, dass er am 9.1.2007 bei seinem Fahrzeug zwar ein Erlagschein der ASFINAG deponiert, dieser aber nicht ausgefüllt  worden sei und er daher diesen als bloße Warnung verstanden habe. Die Mautplakette sei von ihm noch am selben Tag am Fahrzeug angebracht worden.

 

Einer ASFINAG-Stellungnahme vom 26.6.2007 sind die Angaben der Anzeige sowie rechtliche Bestimmungen zu entnehmen. Gemäß § 19 Abs.3 BStMG sei am Kfz ein Ersatzmautangebot am Fahrzeug hinterlassen worden. Weiters sei vorgebracht worden, dass lt. Aufzeichnungen der Mautaufsichtsorgane zum Zeitpunkt der Kontrolle die vorhandene Vignette abgelaufen gewesen sei; es war lediglich eine 2-Monats-Vignette mit der Lochung 18.08.2006 an der Windschutzscheibe angebracht gewesen. Die in der Anzeige getätigten Angaben würden auf der dienstlichen Wahrnehmung der vereidigten Mautaufsichtsorgane, die immer zu zweit Dienst verrichten, basieren.

 

Als Beilage wurde eine Kopie der Zahlungsaufforderung angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Bw dahingehend, dass er die beiliegende Kopie der Zahlungsaufforderung über 120 Euro zum ersten Mal gesehen habe und diese am 9.1.2007 nicht auf seinem Fahrzeug angebracht gewesen sei. Es sei lediglich ein nicht ausgefüllter bzw. leerer Erlagschein der ASFINAG beim Scheibenwischer angebracht gewesen, den er als Mahnung verstanden hätte. Hätte er diese Zahlungsaufforderung vorgefunden, so wäre der Betrag von 120 Euro selbstverständlich beglichen worden. Er würde sich auch jetzt dazu bereit erklären, den Betrag zu begleichen.

 

Mit Schreiben (E-Mail) vom 17.9.2007 gibt der Bw seine Einkommensverhältnisse von 1.960 Euro bekannt.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung äußerte sich die Vertreterin des Bw dahingehend, dass behauptet werde, dass die Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut auf dem Pkw ihres Mandanten nicht auffindbar gewesen sei. Es werde die Rechtsauffassung vertreten, dass die Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut Strafbarkeitsvoraussetzung sei. Daher sei gegenständlich zumindest im Zweifel freizusprechen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der  Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 3).

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

5.2. Unbestritten ist, dass der Bw der Lenker war, der gegenständliche Parkplatz der Mautpflicht unterliegt und auf dem Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette aufgeklebt war. Strittig ist, ob eine Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut  hinterlassen wurde bzw. ob den Bw diese erreicht hat. Diesbezüglich sei die Feststellung getroffen, dass der der Behauptung des Bw entsprechende Sachverhalt der Entscheidung des UVS  zugrunde gelegt wird.

 

Fraglich ist, welche rechtlichen Konsequenzen dies hat.

 

Wenn der Bw vorbringt, ihm sei die Ersatzmaut nicht ordnungsgemäß angeboten worden, so setzt er offenbar voraus, dass das Angebot zur Leistung der Ersatzmaut Strafbar­keitsvoraussetzung ist. Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend: Der Verwaltungs­gerichtshof hat zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG) in mehreren Erkenntnissen (vgl. u.a. Zl. 97/06/0242 v. 18.12.1997 und Zl. 98/06/0105 v. 9.9.1999) festgestellt, dass der Strafaufhebungsgrund des § 13 Abs. 3 BStFG die tatsächliche Entrichtung der Ersatzmaut voraussetzt, nicht jedoch die Aufforderung dazu. "Die erfolglose Aufforderung ist nicht Voraussetzung für die Strafbarkeit; die Tat wird vielmehr auch dann nicht straflos, wenn die zuvor genannten Beträge nicht entrichtet werden, mag auch die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben sein".

 

Gestützt auf die im Vergleich zum BStFG größere Detailgenauigkeit der Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) über die Vor­gangsweise der Organe im Zusammenhang mit dem Ersatzmautangebot (dies trifft insbesondere auch auf die einschlägigen Passagen der als Verordnung einzustufenden Mautordnung zu) vertrat Wessely, ZVR 07/08, 2004, Seiten 229ff, 232 – entgegen der Rechtsprechung des VwGH zum BStFG – die Auffassung, dass ein Rechtsanspruch auf die Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut besteht und verwaltungsstrafrechtliche Ahndung der Mautprellerei ohne vorhergehende Aufforderung nicht in Betracht kommt. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist dieser Auffassung aus pragmatischen Gründen gefolgt (vgl. u.a. VwSen-150253/7/Lg/Hue/Hu v. 19.7.2005), ohne die durch diese Auslegung bedingten, die Vollzugspraxis belastenden Auslegungsprobleme zu übersehen – so etwa war unklar, unter welchen genauen Voraussetzungen von einem wirksamen Ersatzmautangebot auszugehen ist.

 

Mit der Novelle zum BStMG, BGBl. I Nr. 26/2006, wurden nicht nur die Bestimmungen über die Durchführung eines Ersatzmautangebotes abgeändert, sondern auch ausdrücklich festgehalten: "Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht" (§ 19 Abs. 6). Die EB, 1262 Blg. NR 22 GP, Seite 5, führen dazu aus: "Mit der Änderung des § 19 wird klargestellt, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt". Dies bedeutet (arg. "klargestellt"), dass in den EB davon ausgegangen wird, dass die einschlägigen Regelungen des BStMG bereits vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 26/2006 nicht anders auszulegen waren, als die entsprechenden Regelungen des BStFG und zwar nach der maßgeblichen Rechtsprechung des VwGH. Aufgrund dieser gewissermaßen authentischen Interpretation des Gesetzgebers ging der Unabhängige Verwaltungssenat nunmehr ebenfalls davon aus, dass die in der Novelle BGBl. I Nr. 26/2006 explizit gemachte Rechtslage auch auf Sachverhalte anzuwenden ist, die sich vor Inkrafttreten dieser Novelle ereignet haben. Das Ersatzmautangebot ist daher keine Voraussetzung der Strafbarkeit. 

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Es ist im Zweifel von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da dem Bw bei entsprechender Aufmerksamkeit die Mautpflicht des gegenständlichen Parkplatzes nicht  entgehen hätte dürfen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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