Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164513/7/Ki/Jo

Linz, 25.11.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der X, vom 8. Oktober 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 21. September 2009, VerkR96-3107-2009-BS, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 25. November 2009 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.        Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kosten­beiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 21. September 2009, VerkR96-3107-2009-BS, wurde die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe am 9. Dezember 2008, 10:26 Uhr in der Gemeinde Leonding, Landesstraße Freiland, Kremstaler Bundesstraße B139 bei Strkm. 6,200, Kreuzung Kremstaler Bundesstraße mit der Haidfeldstraße in Fahrtrichtung Pasching mit dem Fahrzeug "Kennzeichen X, PKW, Mazda MPV, blau" trotz gelbem nicht blinkenden Lichtes nicht an der Haltelinie angehalten, sondern sei weitergefahren, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre. Sie habe dadurch § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960 verletzt. Gemäß
§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 (in der zur Tatzeit geltenden Fassung) wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Außerdem wurde die Berufungswerberin gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 8. Oktober 2009. Darin wird ausgeführt, die Behörde habe offensichtlich keine Kenntnis über den tatsächlichen Lenker erlangen wollen, da zum Zeitpunkt der Einvernahme der Berufungswerberin ein Lenken durch eine andere Person zum Verjähren der angeblichen Tat geführt hätte. Somit werde im Namen des Lenkers hiermit der eigentliche Tatbestand, das Einfahren bei nicht blinkendem Gelblicht bestritten und es mögen entsprechende Beweise vorgelegt werden. Es stelle sich auch die Frage, warum die Polizeibeamten, die zwar das angebliche Einfahren bei Gelblicht und das Kennzeichen samt Autotyp  zweifelsfrei erkannt haben, nicht im Stande waren, das Fahrzeug anzuhalten und das angebliche Delikt an Ort und Stelle zu ahnden.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 13. Oktober 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 25. November 2009. An dieser Verhandlung nahm die Berufungswerberin persönlich teil, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Als Zeuge wurde der Meldungsleger, X, einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde durch den Meldungsleger (Polizeiinspektion Leonding) am 23. Dezember 2008 angezeigt, dass der Lenker des Pkw Kz. X auf der Kremstal Bundesstraße bei Straßenkilometer 6,200 aus Richtung Linz kommend in Richtung Pasching trotz gelbem nicht blinkenden Lichtes der Verkehrssignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten habe, sondern weitergefahren sei, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre. Die Übertretung sei von der Streife "Leonding Verkehr" besetzt mit dem Meldungsleger und einem weiteren Polizeibeamten im Zuge von Standkontrollen wahrgenommen worden. Als Zulassungsbesitzer des bezeichneten Kfz wurde die X festgestellt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat zunächst die Zulassungsbesitzerin zu einer Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, diese gab bekannt, dass Herr X die Auskunft erteilen könne. Daraufhin hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eine entsprechende Anfrage an die benannte Person gerichtet und es wurde von dieser die nunmehrige Berufungswerberin als jene Person, die das Fahrzeug verwendet hat, bekannt gegeben.

 

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gegen Frau X wegen der angezeigten Verwaltungsübertretung eine Strafverfügung (VerkR96-58078-2008 vom 5. Mai 2009) erlassen, diese wurde von ihr beeinsprucht.

 

Das Verwaltungsstrafverfahren wurde daraufhin von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land an die dem Wohnort der Berufungswerberin nach örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gemäß § 29a VStG zur weiteren Durchführung abgetreten.

 

Bei einer Einvernahme am 24. Juli 2009 gab Frau X laut Niederschrift zu Protokoll, dass ihr die Übertretung zu Unrecht angelastet werde, da sie zum angeführten Zeitpunkt nicht mit dem Fahrzeug gefahren sei. Es handle sich bei dem Fahrzeug um ein Firmenfahrzeug, das von jedem verwendet werden könne. X habe ihr das Fahrzeug überlassen, sie habe es zum Zeitpunkt
9. Dezember 2008 aber nicht gelenkt. Zu diesem Zeitpunkt habe sie das Fahrzeug bereits wieder zur Firma zurückgestellt gehabt. Es existiere ein Fahrtenbuch, in welchem eingetragen werde, wer mit dem Fahrzeug wann wohin gefahren sei. Sie selbst führe Aufzeichnungen, wann sie das Fahrzeug genommen und wieder zurückgestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sie das Fahrzeug am Vorabend geholt und in der Früh zurückgestellt. X – welcher ihren Namen bekannt gegeben habe – sei der Geschäftsführer und ihr Schwiegervater. Ihr Mann könne sich auch nicht mehr erinnern, wer mit dem Fahrzeug gefahren sei, dies sei schon zu lange her. Das Fahrzeug sei nicht von ihr gelenkt worden. Vielleicht könnten die Beamten noch Angaben zum Lenker bzw. zur Lenkerin machen.

 

Im Rechtshilfeweg wurde seitens der Bundespolizeidirektion Linz Herr X am 27. Juli 2009 einvernommen. Er gab zu Protokoll, dass das Kfz an Frau X am 9. Dezember 2008 morgens persönlich von ihm übergeben worden sei. Ob sie dieses Kfz dann zum Tatzeitpunkt tatsächlich gelenkt hat, könne er nicht anführen. Als Beleg legte er eine Kopie von Fahrtenbucheintragungen vor.

 

In einer Stellungnahme vom 21. August 2008 führte die Berufungswerberin dann aus, das Auto sei ihr am vakanten Tag zur Verfügung gestellt worden, nur sei es zum Tatzeitpunkt von jemand anderem gelenkt worden. Es sei dazu anzumerken, dass ihr niemals eine gesetzlich vorgeschriebene Lenkererhebung übermittelt worden sei, sondern sofort eine Strafverfügung. Im Übrigen sei ihr auch bei der 1. Verhandlung nicht aufgetragen worden, den Lenker ausfindig zu machen und bekannt zu geben.

 

Letztlich hat die belangte Behörde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei der mündlichen Berufungsverhandlung führte die Berufungswerberin aus, dass Herr X verantwortlicher Geschäftführer der X sei. Es entspreche der Tatsache, dass dieser ihr das Fahrzeug überlassen habe. Sie habe das Fahrzeug bei Herrn X abgeholt und dieses zum Sitz des Unternehmens in der X verbracht. Ein Fahrzeugschlüssel befinde sich im Büro und es würden verschiedene Personen das Fahrzeug, etwa für Fahrten zur Post, benützen, Aufzeichnungen hierüber würden keine geführt werden. Heute könne sie mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass ihr Gatte das Fahrzeug zur Vorfallszeit gelenkt hat, dieser habe ihr erklärt, dass er damals vermutlich in das Plus-Einkaufszentrum gefahren sei um Weihnachtsgutscheine einzukaufen. Der Gatte sei ebenfalls Geschäftsführer des Unternehmens und nehme sich grundsätzlich das Auto ohne sie zu informieren. Sie selbst habe sich zur Vorfallszeit im Büro aufgehalten.

 

Der als Zeuge vernommene Meldungsleger erklärte, dass er sich an den konkreten Vorfall nicht mehr erinnern könne, er verwies auf die Anzeige. Eine Anhaltung habe nicht stattgefunden und er könne auch nicht angeben, wie viele Personen bzw. ob eine männliche oder eine weibliche Person sich im Fahrzeug befunden haben.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass der Berufungswerberin die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden kann. Wohl finden sich im Einzelnen Widersprüche in ihren Rechtfertigungsangaben, andererseits konnte der Meldungsleger keine Angaben über den/die Lenker/in des Fahrzeuges machen. Eine Anhaltung hat nicht stattgefunden. Es trifft zwar, geht man von den Angaben des X aus, zu, dass er der Berufungswerberin das Fahrzeug überlassen hat, es widerspricht aber auf den konkreten Fall bezogen nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass dieses Fahrzeug von einer anderen Person verwendet wurde.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Zunächst wird zur Frage hinsichtlich der Lenkerauskunft iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 festgestellt, dass, wie bei der mündlichen Verhandlung hervorgekommen ist, tatsächlich noch eine entsprechende Anfrage an die Berufungswerberin zulässig gewesen wäre, zumal Herr X als verantwortlicher Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin als "Erstbefragter" anzusehen ist.

 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat im gegenständlichen Fall den Schluss gezogen, dass die Berufungswerberin, zumal ihr von X das Fahrzeug überlassen wurde, die im Spruch des Straferkenntnisses bezeichnete Verwaltungsübertretung selbst begangen hat. Das durchgeführte Beweisverfahren konnte jedoch – wie bereits dargelegt wurde - mit keiner zur Bestrafung führenden Sicherheit den Nachweis erbringen, dass die Berufungswerberin auf den vorliegenden Fall bezogen das Fahrzeug tatsächlich selbst gelenkt hat. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes "in dubio pro reo" kann daher der Beschuldigten die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht nachgewiesen werden. Der Berufung war daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

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