Linz, 17.11.2009
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 28. Mai 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des X, X, X, X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 16. September 2008, Zl. SV96-43-2007/La, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.
II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.
Rechtsgrundlagen:
Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;
zu II: § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X mit Sitz in X, X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass diese Firma den ungarischen Staatsangehörigen X, geb. X, am 24. Juli 2007 um 9.15 Uhr entgegen § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz auf dem Betriebsgelände der Firma X mit Sitz in X beschäftigt worden sei, ohne dass eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5 AuslBG) oder eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis (§ 14a AuslBG) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c AuslBG) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt worden sei.
In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 20. August 2007, auf die Einvernahme von Herrn X vom 26. Juli 2007, auf die Stellungnahme des Beschuldigten vom 14. April 2008 und die Stellungnahme des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 23. April 2008.
Beweiswürdigend führt das angefochtene Straferkenntnis aus, dass für den Ausländer zur Tatzeit keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vorgelegen seien und der Tatbestand aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck sowie der übermittelten Beweismittel in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen sei. Zur subjektiven Seite sei festzustellen, dass dem Bw als Gewerbetreibenden die Bestimmungen des AuslBG bekannt sein müssen.
Zur Strafbemessung sei mildernd die Unbescholtenheit, als erschwerend kein Umstand gewertet worden. Die von der Behörde angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien – mangels Angaben des Bw –berücksichtigt worden.
2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:
"Unsere Bestellung: Werkvertrag über Fertigung und Montage
Wir nehmen Bezug auf die Verhandlung mit Ihrem Herrn X und beauftragen Sie mit der Durchführung, der Lieferung, der Fertigung und der Montage von Rohrleitungen und deren Unterkonstruktionen auf unserer Baustelle in Laakirchen.
Baustellenadresse: X
1. Vertragsgegenstand:
Der AN wird im Rahmen dieser Vereinbarung für den AG folgende Leistungen erbringen:
Lieferung und Montage von Rohrleitungen und deren Unterkonstruktionen laut Angebot von 07.05.2007.
Die Durchführung erfolgt nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen in Österreich sowie den beigefügten 'Allgemeinen Vertragsbedingungen'.
Der Gesamtpauschalpreis beträgt ca. € 43.000,- exkl. MWSt.
Der Regiestundensatz beträgt € 28,50 (inkl. Auslösen, Nächtigungen, Quartierkosten, An- u. Abreisen, Lohn- u. Lohnnebenkosten.)
2. Auftragsdurchführung:
- Lieferung der Anlagenteile mit Abnahme durch Bevollmächtigte.
- Vorfertigen der Rohrleitungsteile.
- Zwischenlagerung der vorgefertigten Spools.
- Montage der Anlage einschließlich der Unterkonstruktionen.
- Durchführen der Schweißdokumentation.
- Durchführen der Rohrleitungsreinigung und der Druckproben.
- Der AN hat sein Personal mit der kompletten persönlichen Schutzausrüstung auszustatten.
- Der AN hat seine Leistungen mit eigenem Werkzeug (Schweißmaschinen, Hebezeuge, Transportgeräte sowie Verbrauchsmaterialien) unter Berücksichtigung des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik und unter Beachtung aller einschlägigen Vorschriften fachmännisch, qualitativ einwandfrei und termingerecht auszuführen.
- Der AN erbringt seine Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Eine vollständige oder teilweise Vergabe des Werkvertrages an Drittunternehmer ist ausgeschlossen.
- Wasser, Strom und Müllentsorgung wird vom AG beigestellt.
- Der AG hat jederzeit das Recht, sich von der qualitativen Ausführung der Arbeiten zu überzeugen. Für die ordnungsgemäße Ausführung ist jedoch ausschließlich der AN verantwortlich.
- Die vom AN erbrachten Leistungen werden durch einen, vom AG benannten und bevollmächtigten Ansprechpartner abgenommen.
- Der AN trägt für die von ihm zu erbringenden Leistungen bis zu deren Abnahme (wie vorher erwähnt) die Gefahr.
3. Gewährleistung und Haftung:
Der AN garantiert ausdrücklich, dass
er über den Leistungsgegenstand frei verfügen kann und keinerlei Ansprüche Dritter hinsichtlich des Leistungsgegenstandes bestehen und
der Leistungsgegenstand
- keine seinen Wert und/oder Tauglichkeit vermindernde Mängel oder Fehler aufweisen
- die zugesicherten Eigenschaften hat, insbesondere vollinhaltlich den in der Bestellung enthaltenen technischen Anforderungen, Leistungen und Spezifikationen entspricht und
- den geltenden Rechtsvorschriften, den zur Anwendung kommenden Normen sowie den einschlägigen Standards und anerkannten Regeln der Technik, jeweils insbesondere hinsichtlich Arbeitssicherheit bzw. Sicherheitstechnik entspricht.
Der AN hat aufgrund dieser unbedingten Garantieverpflichtung auch alle Nachteile zu ersetzen, die dem AG im Zusammenhang mit einer nicht den vorstehenden Bestimmungen entsprechenden Leistung erwachsen.
Diese Garantie endet 24 Monate nach vollständiger Leistungserfüllung.
Der AN garantiert weiters, dass er die jeweiligen Leistungen vertragsgemäß und vollständig erbringen wird.
Der AN haftet für alle von den von ihm eingesetzten Personen im Zusammenhang mit der Leistungserbringung verursachten Schäden.
Eine Montageversicherung wird vom AG nicht abgeschlossen. Der AN hat sich angemessen gegen alle allenfalls auftretenden Risiken zu versichern und auf Verlangen des AG diesem unverzüglich eine Versicherungsbestätigung, aus der der konkrete Deckungsumfang ersichtlich ist, zukommen zu lassen.
Der AN ist für die Einhaltung aller seiner Mitarbeiter und sonst mit der Leistung beauftragten Personen betreffenden Vorschriften verantwortlich und wird den AG für alle Schäden und Nachteile in diesem Zusammenhang schad- und klaglos halten.
4. Haftrücklass:
Haftrücklass 5,0% des Gesamtauftragwertes, ablösbar gegen Gestellung einer für uns kostenlosen, abstrakten Bankgarantie, gültig bis zum Ablauf der vereinbarten Gewährungsfrist.
5. Sicherheit:
Das Sicherheitshandbuch der Fa. X, Ausgabe März 2006 wurde übergeben.
Die Regelungen dieser Vorschrift sind striktest einzuhalten.
Weiters sind die jeweiligen Örtlichen Vorschriften zu berücksichtigen.
6. Geheimhaltung:
Der AN und dessen Mitarbeiter verpflichten sich zur strengsten Geheimhaltung bezüglich aller Informationen, die bei der Durchführung der Aufträge bekannt werden.
7. Zahlungen:
Die Zahlungen für die unter Pkt. 1 angeführten Leistungen erfolgen nach vollständiger Leistungserfüllung aufgrund leistungskonformer Rechnungen innerhalb von 30 Tagen ab Rechnungseingang.
8. Allgemeine Bestimmungen:
Leistungserbringung: 18.06.2007 - 30.11.2007
Mündliche Nebenabreden wurden nicht getroffen. Vertragsänderungen bzw. Ergänzungen bedürfen zu Ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.
Es gilt österreichisches Recht als vereinbart. Gerichtsstand ist Wien."
Laut Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 20. August 2007 sei am 24. Juli 2007, 9.15 Uhr, von Organen des Finanzamtes auf dem Betriebsgelände der Firma X mit Sitz in X anlässlich einer Kontrolle nach dem AuslBG Herr X bei Schweißarbeiten angetroffen worden. Der Ausländer habe sich durch die Vorlage einer Beschäftigungsbewilligung des AMS Wels vom 3. Juli 2007, GZ 08114/ABB-Nr. 2882735, legitimiert. Durch Nachforschungen seitens der Kontrollorgane, der niederschriftlichen Einvernahme des Herrn X, dem Baustellenverantwortlichen und Vorarbeiter der Fa. X sowie den Angaben des Ausländers habe festgestellt werden können, dass Herr X bei der Firma X, X, X, beschäftigt gewesen sei. Diese Firma habe den Ausländer entgegen § 8 Abs.3 AuslBG an die Firma X mit Sitz in X, X, überlassen.
Zur Würdigung des Sachverhaltes wurde seitens des Finanzamtes auf die beschäftigungsrelevanten Merkmale der ausländischen Staatsangehörigen und auf die im AuslBG normierten Grundsätze hinsichtlich der Begriffe "Beschäftigung" und "Arbeitgeber" verwiesen: Der Begriff "Beschäftigung" umfasse nicht nur Arbeitsvertragsverhältnisse, wie auch unter dem Begriff des "Arbeitgebers" nicht nur Vertragspartner eines Arbeitsvertrages zu verstehen sei. Aufgrund des im § 2 Abs.4 AuslBG normierten Grundsatzes der Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach der äußeren Erscheinungsform des Sachverhaltes komme es zwischen einem Unternehmen und Ausländern nicht darauf an, in welchem Rechtsverhältnis die Vertragspartner zueinander stehen, sondern unter welchen bestimmten Umständen Ausländer verwendet werden.
Übertretungstatbestand: § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG: Beschäftigung von Ausländern entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG, für den/die weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt oder der Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.
Anlässlich einer Einvernahme am 26. Juli 2007 hat Herr X Folgendes angegeben:
-
- Der Bestellschein samt Preisaufstellung der Firma X vom 6. Juni 2007
Nach Aufforderung zur Rechtfertigung brachte X als Vertreter des Bw am 14. April 2008 vor, dass Herr X der Bauleiter der Firma X sei und den laufenden Baufortschritt überwache. Bei Bedarf – wenn hinter der Leistung geblieben werde – ziehe er weitere Arbeitskräfte hinzu. Wie in diesem vorgegebenen Fall Herrn X. Dieser sei auf die Baustelle beordert worden und sei tatsächlich ein Bediensteter der Firma X, wo er ordnungsgemäß angemeldet und auf keinen Fall der Firma X überlassen worden sei. Der Ausländer habe ausschließlich Aufträge der Firma X abgearbeitet.
Dazu brachte das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck am 23. April 2008 vor, dass unbestritten sei, dass sowohl die Firma X als auch die Firma X seien. Ein einheitliches bzw. selbständiges Werk sei deshalb nicht existent. Weiters wurde vorgebracht:
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwoben:
Zum Sachverhalt ist festzuhalten, dass das sich aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung darbietende Bild wesentlich von jenem des Aktes unterscheidet. Aufgrund des konsistenten Charakters der Zeugenaussagen in Verbindung mit dem überzeugenden Auftreten der Zeugen sowie unter Beachtung des für den Unabhängigen Verwaltungssenat geltenden Grundsatzes der Unmittelbarkeit ist – zumindest im Zweifel – davon auszugehen, dass der sich aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergebende Sachverhalt – der auch vom Vertreter des Finanzamtes in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht in Zweifel gezogen wurde – der Wirklichkeit entspricht.
Dieser Sachverhalt ist der Prüfung gemäß § 4 Abs.2 AÜG zu unterziehen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Gegenstand des Werkvertrags die Lieferung und Montage (einschließlich der Schweißarbeiten) der Rohrunterstützungen war. Die damit verbundenen Arbeiten sind nicht von einer Art, die dazu zwänge, dem Vertrag den Charakter des Werkvertrags zu nehmen. Ferner ist davon auszugehen, dass die gegenständliche Arbeitstätigkeit getrennt von Aktivitäten des Auftraggebers auf der Baustelle erfolgten – die Firma X führte überhaupt keine vergleichbaren Tätigkeiten durch (§ 4 Abs.2 Z 1 AÜG). Die Arbeiten wurden ausschließlich mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers durchgeführt (§ 4 Abs.2 Z 2 AÜG). Der gegenständliche Ausländer unterlag auch nicht der Dienst- und Fachaufsicht der Firma X (§ 4 Abs.2 Z 3 AÜG). Die Information, wo die Montage der Unterstützung zu erfolgen habe, allein erfüllt das Kriterium der Aufsicht im Sinne der in Rede stehenden Bestimmung nicht. Dasselbe gilt für die Koordination des Baufortschritts durch X, die überdies ohnehin nicht in Form von Anordnungen der Firma X gegenüber dem Ausländer (sondern im "Umweg" über die Firma X) erfolgte. Letztlich haftete die Firma X laut Vertrag für die mängelfreie Leistungserbringung (§ 4 Abs.2 Z 4 AÜG). Da sohin alle Kriterien des § 4 Abs.2 AÜG für einen unter dem Blickwinkel des AÜG unbedenklichen Werkvertrages erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ewald Langeder