Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281147/5/Kl/Rd/Pe

Linz, 30.11.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Arbeitsinspektorates x,  gegen die Fakten 2 und 3 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2.2.2009, Ge96-59-2008, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Bauarbeiterschutzverordnung  zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird keine Folge gegeben und das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang mit der Maßgabe bestätigt, dass die Ersatzfreiheitsstrafe zu Faktum 2 und 3 „jeweils 40 Stunden“ und die Verwaltungsstrafnorm jeweils „§ 130 Abs.5 Einleitung ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG“ zu lauten hat.

 

II.   Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2.2.2009, Ge96-59-2008, wurden über den Beschuldigten x, Geldstrafen von jeweils 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 5 Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 129 Abs.7 zweiter Satz BauV (Faktum 2) und § 132 Abs.2 erster Satz BauV (Faktum 3) iVm § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen gemäß § 9 Abs.1 VStG berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der DWEA x, der Arbeitgeberin zu verantworten hat, dass, wie im Zuge einer Überprüfung der Baustelle in x am 13.5.2008 um ca. 8.00 Uhr durch ein Organ des Arbeitsinspektorates x festgestellt wurde,

1)    von Arbeitnehmern der Firma x auf dem Flachdach des Rohbaues Neubau „x“ 20 Propangasflaschen à 33 kg (Versandbehälter) nach Arbeitsschluss ohne (entsprechende) Umzäunung gelagert wurde, wobei diese Propangasflaschen auf dem gesamten Flachdach verteilt waren,

2)    diese 20 Propangasflaschen auf dem Flachdach nicht aufrecht standen, sondern alle liegend gelagert waren, obwohl aus den jeweiligen Behältern das Flüssiggas nicht aus der flüssigen Phase entnommen wurde und die Behälter auch nicht in Maschinen oder Anlagen fest eingebaut waren und

3)    von den auf dem Flachdach gelagerten 20 Flüssiggasflaschen bei 16 Flüssiggasflaschen die Ventilschutzkappen fehlten, obwohl diese vorgesehen waren.

 

2. Dagegen wurde vom Arbeitsinspektorat Leoben fristgerecht hinsichtlich der Fakten 2 und 3 eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht.

Begründend wurde ausgeführt, dass von der belangten Behörde entgegen dem vom AI beantragten Strafausmaß, nämlich von der Verhängung der Mindeststrafe von 145 Euro pro Propangasflasche lediglich insgesamt 500 Euro pro Faktum verhängt wurde. Das AI könne sich der Rechtsmeinung der belangten Behörde nicht anschließen, da nach ihrer Rechtsauffassung jede vorgefundene Propangasflasche eine Verwaltungsüber­tretung darstelle und entsprechend zu ahnden wäre. Diese Rechtsauffassung gelte sowohl für Faktum 2 als auch für Faktum 3.        

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Der Beschuldigte wurde am Verfahren beteiligt und gab dieser in seiner Stellungnahme vom 1.4.2009 an, dass das Strafausmaß der Strafanzeigen des AI x vom 7.7.2008, GZ: 041-44/1-12/08, in den Sachverhalten 2 und 3 übertrieben sei. Die von der Bezirkshauptmannschaft Perg verhängte Geldstrafe in Höhe von 1.650 Euro sei für dieses Vergehen ausreichend.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da das Arbeitsinspektorat Leoben Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses unbestritten belassen hat und hinsichtlich der Fakten 2 und 3 ausschließlich die Strafhöhe bekämpft, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen. Es wurde die Tatbegehung auch zu Faktum 2 und 3 als Tateinheit und ein Delikt rechtlich beurteilt und dem Straferkenntnis als Tatvorwurf zugrunde gelegt. Diese rechtliche Beurteilung ist daher ebenfalls in Rechtskraft erwachsen.

 

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wurde von der belangten Behörde in Bezug auf die Höhe der hinsichtlich Faktum 2 und 3 verhängten Geldstrafen ausgeführt, dass das Tatbild einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften der §§ 129 Abs.7 und 132 Abs.2 BauV jedenfalls unabhängig von der Anzahl der Behältnisse, und sohin bereits durch eine einzige Flüssiggasflasche erfüllt sei, das Gefährdungs- bzw Schädigungspotential an Hand der Anzahl der involvierten Behältnisse zu bemessen rein hypothetisch und nicht nachweisbar und daher für die Strafbemessung kein essentielles Kriterium sei.

 

Diese Rechtsansicht teilt das Arbeitsinspektorat x jedoch nicht, vertritt dieses vielmehr die Meinung, dass jede vorgefundene Propangasflasche eine eigene Verwaltungsübertretung darstellt und entsprechend zu ahnden sei, somit vom Vorliegen von Einzeltatbeständen ausgeht, welche dem Kumulationsprinzip unterliegen würden.

 

Letztgenannte Auffassung wird vom Oö. Verwaltungssenat nicht geteilt; vielmehr geht der Oö. Verwaltungssenat vom Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes aus, zumal das vom Beschuldigten gesetzte strafbare Verhalten die typischen Merkmale eines fortgesetzten Deliktes aufweist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einem fortgesetzten Delikt eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (vgl. VwGH 19.4.1979, 668, 669/78,  19.5.1980 Slg 10.138 A verst. Sen. 16.4.1986, 84/11/0270, 19.11.1986, 86/09/0142); der Zusammenhang muss sich äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen (vgl. VwGH 27.1.1981, Slg. 10.352 A, 7.3.1984, 84/09/0031, 31.10.1986, 86/10/0104, 0105, 23.10.1995, 93/04/0191, 18.2.1998, 96/08/0313, uva).

 

Die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen sich derart dar, dass nach Arbeitsschluss von den Arbeitnehmern die auf dem Flachdach befindlichen Propangasflaschen an jenen Örtlichkeiten in liegendem Zustand belassen wurden, wo diese zuletzt in Verwendung standen bzw benötigt wurden. Gleiches gilt für die Nichtanbringung der Ventilschutzkappen an den Propangasflaschen. Das Gesamtkonzept der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen ist durch das "schlampige Hinterlassen" der Baustelle nach Arbeitsschluss durch die Arbeitnehmer begründet. Auch ist der zeitliche Zusammenhang (Arbeitsschluss) und die gemeinsame Tatörtlichkeit gegeben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bislang in seinen auch im Hinblick auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt als einschlägig anzusehenden Entscheidungen betreffend die Ladungssicherung im Gefahrgutbeförderungsgesetz keine Bedenken hinsichtlich der Verhängung einer Geldstrafe in Bezug auf die „Menge/Anzahl“ der nicht oder nur unzureichend gesicherten Ladung gehegt (vgl. VwGH vom  8.6.2005, Zl. 2004/03/0166, 23.10.2008, Zl. 2005/03/0175, sowie vom 25.3.2009, Zl. 2004/03/0194). Dabei war es unerheblich, ob zB 25 ungereinigte leere Verpackungen lose und ungesichert im Lkw lagen und befördert wurden oder die Ladung aus 129 Säcken aus Kunststoff mit umweltgefährdender Stoffe bestanden habe sowie die einzelnen Transporteinheiten, bestehend aus fünf flexible IBC jeweils auf Paletten, nicht gegen Verrutschen gesichert waren. In keinen der zitierten Verstößen wurden „Einzelstrafen“ verhängt, sondern wurde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. 

Dies hat zur Folge, dass es auch im gegenständlichen Fall, wie bereits die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses dargelegt hat, nicht auf die Menge bzw Anzahl der vorgefundenen Propangasflaschen – unbeschadet der Ausführungen in Punkt 5.5. - ankommt, sondern darum, dass diese nicht stehend gelagert und nicht mit Ventilschutzkappen versehen waren.

 

5.2. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht  kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

 

5.4. Von der belangten Behörde wurden gegen den Beschuldigten im angefochtenen Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 2 und 3 Geldstrafen von jeweils 500 Euro bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro festgesetzt und wurden sowohl Straferschwerungs- als auch Strafmilderungsgründe gewertet. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass dem Beschuldigten der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommt. Die von der belangten Behörde festgesetzten Geldstrafen in Höhe von jeweils 500 Euro stellen in etwa das 3 1/2-fache der gesetzlichen Mindeststrafe dar und wird dadurch auch die Menge der zu beanstandenden Propangasflaschen, sohin das daraus resultierende Gefährdungspotential im Sinne des Unrechtsgehaltes der Tat dokumentiert. Mit anderen Worten: Die belangte Behörde wertete diesen Umstand als straferschwerend. Es konnte somit kein Ermessensmissbrauch seitens der belangten Behörde festgestellt werden und waren die verhängten Geldstrafen somit auch zu bestätigen.

 

5.5. Da aber für jedes gesonderte Delikt gemäß dem in § 22 VStG geregelten Kumulationsgebot eine gesonderte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe auszusprechen ist, war der Spruch hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe zu korrigieren. Eine Verschlechterung für den Beschuldigten tritt hiermit nicht ein.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind keine Verfahrenskosten angefallen, zumal gemäß § 64 Abs.1 VStG in Berufungsverfahren nur dann ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorzuschreiben ist, wenn der Bestrafte selbst Berufungswerber ist. Dies war gegenständlich nicht der Fall.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Deliktseinheit, fortgesetztes Delikt, Gesamtstrafe

 

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