Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252303/2/Gf/Mu

Linz, 03.12.2009

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 3. November 2009, GZ 59459/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in dessen Spruch einerseits das Wort zumindest“ und die Wendung „i.V.m. § 1 und 1a ASVG“ im Zuge der Anführung der als verletzt erachteten Verwaltungsvorschriften zu entfallen haben und es andererseits anstelle von „gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen“ nunmehr „gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 2 ASVG verstoßen“ zu heißen hat.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 36,50 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 ASVG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 3. November 2009, GZ 59459/2008, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in
Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 154 Stunden) verhängt, weil er es als Gewerbeinhaber zu verantworten habe, dass er „von 07.11.2008 bis zumindest am 17.11.2008“ eine Person als Hilfsarbeiter mit dem Pflanzen eines Baumes beschäftigt habe, ohne dass diese zuvor
beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 33 i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 i.d.F. BGBl.Nr. I 146/2008 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er gemäß § 111 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Tat auf Grund entsprechender Feststellungen eines Organs des Finanzamtes Linz und der Aussage des beschäftigten Dienstnehmers als erwiesen anzusehen und ihm insoweit zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien seine bisherige Unbescholtenheit und die lange Verfahrensdauer als mildernd, die Entlohnung des Dienstgebers unter dem Kollektivvertrag hingegen als erschwerend zu werten gewesen; die Einkommens‑, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 6. November 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. November 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Begründend bringt der Beschwerdeführer vor, dass in Wahrheit kein Arbeitsverhältnis, sondern lediglich ein familiärer Freundschaftsdienst vorgelegen sei, den ihm sein Bruder erwiesen habe. Dies zeige sich insbesondere an der geringfügigen Gegenleistung von 100 Euro, die nicht als Entgelt, sondern nur als eine Geste der Anerkennung für eine familiäre Hilfeleistung aufgefasst werden könne.
Außerdem habe weder eine Weisungsgebundenheit noch ein Abhängigkeitsverhältnis bestanden.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu GZ 59459/2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber Meldungen oder Anzeigen entgegen den Bestimmungen des ASVG entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden; diese Meldepflicht gilt nach § 33 Abs. 2 ASVG u.a. auch für teilversicherte, nämlich bloß in der
Unfallversicherung pflichtversicherte Dienstnehmer.

3.2. Im gegenständlichen Fall ist lediglich unstrittig, dass die im Zuge einer behördlichen Kontrolle am 17. November 2008 angetroffene Person – der Bruder des Beschwerdeführers – beim Pflanzen eines Baumes betreten wurde sowie, dass diese Person vom Rechtsmittelwerber eine Leistung von 100 Euro erhalten hat.

Weiters ergibt sich aus dem im Akt erliegenden Gewerberegisterauszug, dass der Beschwerdeführer über eine Berechtigung für den Kleinhandel mit Gemüse, Obst, Kartoffeln, Schnittblumen und Christbäumen verfügt.

Mit Blick auf die explizite Berechtigung zum Handel mit Christbäumen erscheint sohin das Pflanzen eines Baumes als eine offenkundig betriebstypische Tätigkeit. 

Dass damit ein Dienstverhältnis vorlag, wird vom Rechtsmittelwerber auch nur insofern bestritten, als er vorbringt, dass keine Weisungsgebundenheit oder persönliche Abhängigkeit vorgelegen hätte. Dabei übersieht er jedoch, dass nach § 4 Abs. 2 ASVG ein Dienstverhältnis im Sinne dieses Gesetzes bereits dann vorliegt, wenn die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen der selbständigen Ausübung einer Erwerbstätigkeit überwiegen. Dass sein Bruder selbständig erwerbstätig ist oder dass er – was ohnehin äußerst unglaubwürdig wäre – das Pflanzen des Baumes ausschließlich aus eigenem Antrieb durchgeführt hätte, wird aber vom Beschwerdeführer ohnehin nicht behauptet.

Daher war insgesamt besehen vom Bestehen eines Dienstverhältnisses auszugehen, zumal das ASVG – das (anders als beispielsweise das Ausländerbeschäftigungsgesetz) den sozialen Schutz des Arbeitnehmers (und nicht beschäftigungspolitische Ziele) verfolgt – den Motiven für die Beschäftigung grundsätzlich keine Bedeutung beimisst, sodass mangels gesetzlicher Ausnahmeregelung insbesondere auch sog. „Freundschaftsdienste“ als Dienstverhältnis anzusehen sind.

3.3. Das für diese Beschäftigung gewährte Entgelt lag – wie auch bereits im angefochtenen Bescheid festgestellt – aber unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 4 Abs. 2 Z. 2 ASVG, sodass für diesen Dienstnehmer gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 ASVG schon von vornherein keine Vollversicherungspflicht zur Krankenversicherung i.S.d. § 4 Abs. 1 ASVG, sondern nach § 7 Z. 3 lit. a ASVG lediglich eine Teilversicherungspflicht zur Unfallversicherung bestand.

Die Meldepflicht gründete sich daher im gegenständlichen Fall nicht – wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses rechtsirrig angeführt – auf § 33 Abs. 1 ASVG, sondern vielmehr auf den zweiten Absatz dieser Bestimmung. 

Dies ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, weil es damit gleichsam im Ergebnis um ein anderes Delikt geht: Im Gegensatz zum „Normalfall“ der Nichtmeldung eines vollversicherten Dienstnehmers kommt nämlich der Unterlassung der Anmeldung eines wegen Unterschreitens der Geringfügigkeitsgrenze bloß teil-, nämlich nur unfallversicherungspflichtigen Arbeitnehmers schon von vornherein ein wesentlich geringerer Unrechtsgehalt zu. Dies muss von der Behörde einerseits in formaler Hinsicht, nämlich im Spruch des Straferkenntnisses, und andererseits jedenfalls auch inhaltlich, d.h. in Bezug auf die Strafhöhe, jeweils entsprechend deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

3.3.1. Im gegenständlichen Fall genügt der Spruch (gerade noch) den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG, weil dort der Aspekt der Teilversicherung ausdrücklich angeführt ist und die unzutreffende Wendung „hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen“ dadurch korrigiert wird, dass § 33 Abs. 2 ASVG als die verletzt erachtete Verwaltungsvorschrift angeführt wird.

3.3.2. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde den zuvor dargestellten, vergleichsweise geringeren Unrechtsgehalt in keiner Weise berücksichtigt.

Dem gegenüber hätte der Aspekt der Entlohnung unter dem Kollektivvertragsniveau in diesem Zusammenhang nur dann als erschwerend berücksichtigt werden dürfen, wenn die belangte Behörde zuvor das tatsächliche Gesamtausmaß der Beschäftigung einerseits und das dafür bezahlte Entgelt andererseits objektiv und zugleich zweifelsfrei festgestellt (und nicht bloß auf die Angaben des bei der Kontrolle betretenen und somit nicht zeugenschaftlich, d.h. insbesondere nicht unter Wahrheitspflicht einvernommenen Dienstnehmers gegründet) hätte.

3.3.3. Unter Berücksichtung des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe (Unbescholtenheit, lange Verfahrensdauer) und des vergleichsweise geringeren Unrechtsgehaltes der Tat (Nichtmeldung eines bloß teilversicherungspflichtigen, unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze Beschäftigten) findet es der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, unter den konkreten Umständen des gegenständlichen Falles die Geldstrafe gemäß § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG auf 365 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe nach der durch § 16 Abs. 1 VStG vorgegebenen Relation auf 56 Stunden herabzusetzen.

3.4. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, dass in dessen Spruch einerseits das Wort zumindest“ (weil sich ansonsten der Schluss auf einen längeren Tatzeitraum geradezu aufdrängt, der jedoch deshalb absolut unzulässig ist, weil dieser durch keinerlei konkrete Ermittlungsergebnisse gestützt wird) und die Wendung „i.V.m. § 1 und 1a ASVG“ im Zuge der Anführung der als verletzt erachteten Verwaltungsvorschriften zu entfallen haben und es andererseits anstelle von „gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen“ nunmehr „gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 2 ASVG verstoßen“ zu heißen hat.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 36,50 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag festzusetzen.


Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-252303/2/Gf/Mu vom 3. Dezember 2009

 

§ 4 Abs. 1 und 2 ASVG; § 5 Abs. 1 ASVG; § 33 Abs. 1 und 2 ASVG; § 111 ASVG; § 44a Z. 1 VStG

Da das für die Beschäftigung gewährte Entgelt unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 4 Abs. 2 Z. 2 ASVG lag, bestand für diesen Dienstnehmer sohin gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 ASVG schon von vornherein keine Vollversicherungspflicht zur Krankenversicherung i.S.d. § 4 Abs. 1 ASVG, sondern nach § 7 Z. 3 lit. a ASVG lediglich eine Teilversicherungspflicht zur Unfallversicherung; die Meldepflicht gründete sich daher im gegenständlichen Fall nicht – wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses rechtsirrig angeführt – auf § 33 Abs. 1 ASVG, sondern vielmehr auf den zweiten Absatz dieser Bestimmung. 

Dies ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, weil es damit im Ergebnis gleichsam um ein anderes Delikt geht: Im Gegensatz zum „Normalfall“ der Nichtmeldung eines vollversicherten Dienstnehmers kommt nämlich der Unterlassung der Anmeldung eines wegen Unterschreitens der Geringfügigkeitsgrenze bloß teil-, nämlich nur unfallversicherungspflichtigen Arbeitnehmers schon von vornherein ein wesentlich geringerer Unrechtsgehalt zu. Dies muss von der Behörde einerseits in formaler Hinsicht, nämlich im Spruch des Straferkenntnisses, und andererseits jedenfalls auch inhaltlich, d.h. in Bezug auf die Strafhöhe, jeweils entsprechend deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

 

 

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