Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420610/4/Gf/Mu

Linz, 26.11.2009

V E R F Ü G U N G

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Beschwerde des x, vertreten durch RA x, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehörd­licher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ des Bezirkshauptmannes von Freistadt am 10. Oktober 2009 beschlossen:

Die Eingabe wird an die Staatsanwaltschaft Linz weitergeleitet.

Rechtsgrundlage:

§ 6 Abs. 1 AVG.

Begründung:

1.1. In seiner am 11. November 2009 zur Post gegebenen und explizit auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützten Beschwerde wendet sich der Rechtsmittelwerber gegen die rechtswidrige Festnahme am 10. Oktober 2009 an seiner Wohnadresse durch Exekutivbeamte der Bezirkshauptmannschaft Freistadt.

 

Begründend bringt der Beschwerdeführer vor, dass er sich gegen 18.00 Uhr in seinem Fahrzeug auf dem Grundstück seiner Wohnadresse aufgehalten habe, um dort zu telefonieren bzw. ein Autoradio einzubauen. Als die Beamten mehrmals an der Haustüre geläutet hätten, habe seine Lebensgefährtin die Türe geöffnet. Die Sicherheitsorgane hätten dann sofort nach seiner Person gefragt, ohne sich zuvor zu legitimieren. Zwischenzeitlich seien zwei weitere uniformierte Beamte dazugekommen, die sich auf dem Grundstück umgesehen haben. Als diese ihn in seinem Fahrzeug vorgefunden haben, sei auch ein Gruppeninspektor dazugestoßen, der sodann die Festnahme ausgesprochen und ihm in der Folge vor seiner Familie am Rücken Handschellen angelegt habe; dies sei damit begründet worden, dass angeblich eine dringende Fluchtgefahr sowie eine Verabredungs- und Verdunkelungsgefahr bestanden habe. Anschließend sei er zur Polizeiinspektion gebracht worden, wo er sich bis auf die Socken ausziehen und sich einer Untersuchung durch uniformierte Beamte unterziehen habe müssen. Grund für die Festnahme sei der Verdacht des Schotterdiebstahls gewesen. In der Folge habe er im Rahmen der Einvernahme seine Familie telefonisch verständigen wollen, was ihm jedoch erst nach mehrmaliger Aufforderung gewährt worden sei. Zudem seien ihm die Handschellen während der ganzen Amtshandlung, welche bis 20:55 Uhr gedauert habe, nicht abgenommen worden. Die Abnahme sei erst nach wiederholtem Bitten und nach einer Unterschriftsleistung erfolgt. Durch das unsachgemäße Anlegen der Handschellen seien seine Handgelenke verletzt worden, was auch der beilgelegte Bericht des Unfallkrankenhauses bestätige. Schließlich sei ihm nach Rücksprache mit der zuständigen Staatsanwältin mitgeteilt worden, dass er auf freiem Fuß angezeigt werde.

Durch diese Amtshandlung sei er insbesondere in seinem Recht auf persönliche Freiheit und in seinem Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden. Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme beantragt.

1.2. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat als belangte Behörde mit Schriftsatz vom 24. November 2009 die Bezug habenden Akten vorgelegt und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Beschwerde eine ausschließlich nach der Strafprozessordnung gesetzte Amtshandlung zu Grunde liege, weshalb die kostenpflichtige Zurückweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt wird.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu GZ Sich01-234-2009; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 2 Z. 3 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG haben die Unabhängigen Verwaltungssenate über Maßnahmenbeschwerden i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG i.V.m. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt  in ihren Rechten verletzt zu sein.

Nach der ständigen Rechtssprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist das Rechtsschutzinstrumentarium der Maßnahmenbeschwerde jedoch als ein bloß subsidiärer Rechtsbehelf anzusehen, der stets erst dann zum Tragen kommt, wenn keine der sonst vorgesehenen ordentlichen Rechtsmittel zur Verfügung stehen (vgl. z.B. statt vieler VwGH v. 25.4.1991, 91/06/0052).

3.2. Aus dem von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vorgelegten Akt geht hervor, dass die Organe der belangten Behörde im gegenständlichen Fall gegen den Rechtsmittelwerber explizit und ausschließlich unter Heranziehung der Straf­prozessordnung, BGBl.Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 93/2007 (im Folgenden: StPO), nämlich wegen eines Verdachtes des gewerbsmäßigen Diebstahls (§ 130 des Strafgesetzbuches), eingeschritten sind.

§ 106 Abs. 1 Z. 2 StPO in der seit dem 1. Jänner 2008 maßgeblichen Fassung der umfangreichen StPO-Novelle 2007 legt in diesem Zusammenhang nunmehr insbesondere fest, dass jeder Person, die behauptet, dadurch in einem subjektiven Recht verletzt worden zu sein, dass eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme seitens der Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei unter Verletzung von Bestimmungen der StPO angeordnet oder durchgeführt wurde, die Möglichkeit eines Einspruches an das zuständige Gericht zusteht; ein derartiger Einspruch ist gemäß § 106 Abs. 3 StPO bei der Staatsanwaltschaft einzubringen.

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat hatte daher die Beschwerde des Rechtsmittelwerbers – da er zu deren Behandlung im Hinblick auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG und i.V.m. §§ 106 f. StPO funktionell nicht (d.h.: seit der StPO-Novelle 2007 nicht mehr) zuständig ist – ungeachtet eines allfälligen Fristversäumnisses an die Staatsanwaltschaft Linz weiterzuleiten.

Dr.  G r o f

 

 

 

Rechtssatz:

VwSen-420610/4/Gf/Mu vom 26. November 2009

wie VwSen-420575/13/Gf/Mu/Bu vom 17. Juli 2009

 

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