Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522303/21/Br/Th

Linz, 01.12.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. X, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. X, Dr. X, Dr. X & Partner, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, vom 12.6.2009, Zl. VerkR20-1775-2002, nach der am 24.8.2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

            I.      Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

        II.      Sie haben den Führerschein unverzüglich nach Zustellung dieses Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach oder bei der Polizeiinspektion Lembach abzuliefern.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 u. § 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG, § 3 Abs.1 Z3, § 8 Abs.2 und § 29 Abs.3 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009 und § 3 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 64/2006.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Von der Behörde erster Instanz wurde nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens ein  Bescheid mit nachfolgendem Spruch erlassen:

"1. Es wird Ihnen hiermit die von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 30.7.1984 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung (Führerschein, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 31.10.2002, X) mangels gesundheitlicher Eignung entzogen.

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs. 1, Ziffer 1 Führerscheingesetz (FSG), BGBl. Nr. 120/1997 (Teil I) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1, Ziffer 3, Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV), BGBl. Nr. 322/1997 (Teil II) i.d.g.F.

 

2. Weiters wird ausgesprochen, dass Ihnen bis zur behördlichen Feststellung der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung keine neue Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt werden darf.

Rechtsgrundlage:

§ 25 Abs. 1 und 2 FSG i.d.g.F.

3. Der Führerschein ist unverzüglich nach Rechtskraft dieses Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach oder bei der Polizeiinspektion Lembach abzuliefern.

Rechtsgrundlage:

§ 29 Abs. 3 FSG i.d.g.F"

 

 

1.1. Begründend führt die Behörde erster Instanz aus:

"Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1, Ziffer 2 bis 4 FSG) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

 

1) die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2) die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 FSG in den Führerschein einzutragen.

 

Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist gemäß § 24 Abs. 4 FSG ein von einem Amtsarzt im Sinne des § 8 FSG erstelltes Gutachten einzuholen.

 

Ist der zu Begutachtende nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat gemäß § 8 Abs. 3, Ziffer 4 FSG das Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs. 2 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 FSG eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

 

1) die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2) die nötige Körpergröße besitzt,

3) ausreichend frei von Behinderungen ist und

4) aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Klasse erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzu­weisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.

 

Gemäß § 5 Abs. 1, Ziffer 3, FSG-GV gilt eine Person zum Lenken von Kraftfahrzeugen als hinreichend gesund, bei der keine Erkrankung festgestellt wurde, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder -trübungen kommt.

 

Am 10.6.2009 erschienen Sie beim Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach.

 

Der medizinische Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 10.6.2009 eine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B ausgesprochen.

 

In seiner Begründung führte der Amtsarzt folgendes aus:

„Beim Untersuchten liegt eine chronische Alkoholabhängigkeit mit rezidivierendem Alkoholmissbrauch und Kontrollverlusten vor. Er erscheint heute mit Restalkohol zur Begutachtung. Die Rückrechnung auf das Trinkende ergibt als wahrscheinlichsten Wert 2 %0. Die Alkoholabhängigkeit ist fachärztlich abgesichert.

Als Voraussetzung für eine neuerliche Beurteilung sind folgende Maßnahmen erforderlich:

1. Einhaltung vollständiger und stabiler Alkoholabstinenz

2. Ambulante oder stationäre Alkoholentwöhnung

3. Fortführung der Psychotherapie

4. Monatliche Laborkontrollen inkl. CDT-Wert."

 

Die psychiatrische Stellungnahme von Frau Dr. x vom 11.05.2009 lautet: "Diagnose: Langjähriger schädlicher Gebrauch von Alkohol - Abhängigkeitssyndrom dringend anzunehmen; rezidiv. depressive Störung. Das Lenken von Kraftfahrzeugen derzeit nicht zu befürworten. Kontrollierte Abstinenz und Kontaktaufnahme mit einer Spezialambulanz für Alkoholabhängige erforderlich."

 

Die Behörde schließt sich dem schlüssigen und widerspruchsfreien Teil des Gutachtens des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, welches im Sinne der einschlägigen Bestimmungen erstellt wurde, an.

 

Der dargelegte Sachverhalt rechtfertigt die Annahme, dass die zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B erforderliche gesundheitliche Eignung bei Ihnen derzeit nicht mehr gegeben ist.

 

Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde Ihnen im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG am 10.6.2009 zur Kenntnis gebracht."

 

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seinen nachfolgend ausgeführten, bei der Behörde erster Instanz fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufungsausführungen:

"In umseits bezeichneter Führerscheinsache gibt Herr Dr. X bekannt, dass er die Anwaltssocietät X, X, X & Partner, X, mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt hat.

Binnen offener Frist wird gegen den umseits bezeichneten Bescheid das Rechtsmittel der

 

BERUFUNG

erhoben.

 

Der Führerschein wird mit der Begründung entzogen, dass die gesundheitliche Eignung von Dr. X derzeit nicht gegeben sei. Dabei beruft sich die erkennende Behörde auf das Gutachten des Amtsarztes, welches wiederum auf der psychiatrischen Stellungnahme von Dr. x basiert.

 

Dieses Gutachten enthält jedoch unrichtige Ausführungen, insbesondere dahingehend, was die angebliche Uneinsichtigkeit und die mangelnde Kontrollfähigkeit in Bezug auf Alkoholkonsum betrifft.

 

Dr. X ist als promovierter Arzt entgegen der Ansicht der Sachverständigen sehr wohl in der Lage so vorzugehen, dass er nach Alkoholkonsum nicht mehr in ein Fahrzeug steigt.

 

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Dr. X auch am 7.2.2009 (Anlasssituation für das gegenständliche Verfahren) nicht alkoholisiert gefahren ist, sondern die Alkoholisierung auf eine außergewöhnliche Situation zurückzuführen war. Dabei ging es nicht um eine „bloße Streiterei mit dem Vater", sondern um für Dr. X äußerst wesentliche und wirtschaftlich bedeutende Auseinandersetzungen mit weitreichenden Folgen.

 

Angesichts des Umstandes, dass sich Dr. X seit dem Führerscheinentzug im Jahre 2004 als Verkehrsteilnehmer völlig tadellos verhalten hat und es während dieser Zeit insbesondere auch zu keinen Beanstandungen in Bezug auf Alkoholisierung kam (dies obwohl davon auszugehen ist, dass Dr. X aufgrund des damaligen Führerscheinentzuges unter „besonderer Beobachtung" der Polizeiinspektion Lembach stand), ist die Befürchtung, er sei gesundheitlich nicht in der Lage ein Fahrzeug zu lenken, nicht nachvollziehbar.

 

Allfällige rezidiv. depressive Störungen, wegen der sich Herr Dr. X im Übrigen auch in therapeutischer Behandlung befindet, können ebenfalls kein Grund für einen Entzug der Lenkerberechtigung darstellen; ansonsten müsste (entsprechend dem amtsbekannten Umstand über die Häufigkeit derartiger Erkrankungen) jeder 4. Österreicher seinen Führerschein abgeben.

 

Beweis:   Einholung eines psychiatrischen Gutachtens, w.B.v.

 

Es wird daher gestellt der

 

ANTRAG

 

der Berufung möge Folge gegeben und der angefochtene Bescheid möge ersatzlos aufgehoben werden.

 

Um Vorschreibung der Gebühren per Erlagschein an die ausgewiesene Rechtsanwaltskanzlei wird ersucht.

 

Linz, am 17.6.2009                                                                                              Dr. X"

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat über die Berufung durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war mit Blick auf das Berufungsvorbringen geboten. Bereits in der Ladung zur Berufungsverhandlung vom 23.6.2009 wurde der Berufungswerber auf die amtsärztlich vorgeschlagenen therapeutischen Maßnahmen hingewiesen die es im Rahmen des Beweisverfahrens zu erörtern sein würden. Ebenfalls, dass diese spätestens bis zum Verhandlungstermin zur Verfügung gestellt werden müssten, weil diese als fachliche Bedingung für eine positive Beurteilung laut amtsärztlicher Empfehlungen anzusehen wären.  

 

4. Sachverhaltslage aus dem amtsärztlichen Gutachten:

Anamnese:

Am 7.2.2009 kam es zu einer familiären Konflikteskalation mit dem Vater mit erheblicher Alkoholisierung bis zum Zust. der vollen Berauschung. Er hatte Schnaps konsumiert. Es wurde dann eine Unterbringung gem. § 8 UBG. in die Landes-Nervenklinik erforderlich. In der Vorgeschichte findet sich eine Trunkenheitsfahrt im Dez. 2004 mit 0,84 ‰ sowie 2001 mit verweigertem Alkotest.

 

Klinischer Gesamteindruck:

15.04.2009: Der Untersuchte beschreibt sich als zielstrebig und leistungsfähig, dabei überfordere er lallweise seine Ressourcen mit fallweisen Entspannungstrinken. In den Wintermonaten treten auch depressive Episoden auf, er nimmt dann Sertralin und steht bei Frau Dr. Blüm) in fachärztlicher Behandlung.

10.06.2009: Dr. X erscheint zur Besprechung des psychiatrischen Gutachtens, in dem eine Nichteignung wegen Alkoholabhängigkeit attestiert wird.

Er gibt an, seit 4 Tagen keine Alkohol konsumiert zu haben. Die Überprüfung des Atemalkohols bei der PI Rohrbach ergibt dem gegenüber 0,44 %<> mit einer max. Alkoholisierung zum Trinkende um 24.00 Uhr des Vortages von 2 %o als wahrscheinlichster Wert. Mit dem Ergebnis konfrontiert, entschuldigt sich der Untersuchte wegen seiner unwahren Angaben und erklärt sich bereit, sich in ärztliche Behandlung zur Entwöhnung zu begeben. Eine Psychotherapie hat er bereits Mitte Mai 09 begonnen.

 

 

Ergebnis der Befunde:

Psychiatrische Stellungnahme Dr. x vom 11.05.2009: "Diagnose: Langjähriger schädlicher Gebrauch von Alkohol -Abhängigkeitssyndrom dringend anzunehmen; rezidiv. depressive Störung. Das Lenken von Kraftfahrzeugen derzeit nicht zu befürworten. Kontrollierte Abstinenz und Kontaktaufnahme mit einer Spezialambulanz für Alkoholabhängige erforderlich."

Bestätigung Psychotherapie seit 14. Mai 2009, gezeichnet Mag. x.

Der Amtsarzt Dr. x gelangte am 10.6.2009 zusammenfassend zum fachlichen Kalkül "nicht geeignet" und begründet dies mit Feststellung, dass beim Untersuchten eine chronische Alkoholabhängigkeit mit rezidivierendem Alkoholmissbrauch und Kontrollverlusten vorliege.

Er sei heute mit Restalkohol zur Begutachtung erschienen. Die Rückrechnung auf das Trinkende ergibt als wahrscheinlichsten Wert 2 %o. Die Alkoholabhängigkeit sei fachärztlich abgesichert.

Als Voraussetzung für eine neuerliche Beurteilung wurde folgende Maßnahmen erforderlich erachtet:

1. Einhaltung vollständiger und stabiler Alkoholabstinenz

2. Ambulante oder stationäre Alkoholentwöhnung

3. Fortführung der Psychotherapie

4. Monatliche Laborkontrollen inkl. CDT-Wert.

 

 

4.1. Das dem Amtarzt vorliegende psychiatrische Gutachten der Fachärztin  Dr. x vom 11. Mai 2009 gelangt zum Ergebnis, dass beim Berufungswerber Faktoren feststellbar waren, die auf ein "dringend anzunehmendes Abhängigkeitssyndrom, nach längjährigen schädlichen Konsum, hinweisen.

Aus fachlicher Sicht sei aus der Sicht der Fachärztin das Lenken von KFZ nicht zu befürworten.

Es wird abschließend eine kontrollierte Abstinenz über ein halbes Jahr mit monatlicher Bestimmung der alkoholspezifischen Parameter (MCV, LFP u. CDT), sowie die Kontaktnahme mit einer Spezialambulanz für Alkoholabhängige oder einer Selbsthilfegruppe mit schriftlichen Nachweis, eine Psychotherapie und eine entsprechende Überprüfung nach Ablauf dieser Frist empfohlen.

 

4.2. Im Rahmen der Berufungsverhandlung am 24. August 2009 beurteilte der Amtsarzt die zwischenzeitig absolvierten Maßnahmen und gelangt zu folgendem Kalkül:

 ……….

Zusammenfassend lässt sich der in dem im Rahmen des Berufungsverfahrens beigebrachten Gutachten festgestellte Status der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung als noch nicht ausreichend für die Verkehrsteilnahme umschreiben. Jedoch wird darin die Entwicklung als durchaus positiv und optimistisch gesehen.

Letztlich wies der Amtsarzt jedoch auf einen die gemäß den Begutachtungsleitlinien des BMVIT und auch fachärztlich als zwingend erachteten zumindest  6-monatigen Abstinenznachweis und die zwingende Notwendigkeit auf eine „befürwortende fachärztliche Stellungnahme“ hin. Diese erklärte sich der Berufungswerber zu erbringen in der Lage und bereit.

 

4.3. Nach mehreren h. Urgenzen angesichts des offenen Verfahrens stellte sich der Berufungswerber schließlich um den 11. November einer fachärztliche Begutachtung.

Doch noch ehe die fachärztliche Stellungnahme erstellt werden konnte, wurde der Berufungsbehörde ein neuerliche Vorfall einer gerichtlich strafbaren Handlung aktenkundig. Dies durch eine Anzeige der Polizeiinspektion Lembach an die StA Linz v. 12.11.2009, GZ: B6/7450/2009-Fa, in Verbindung mit einem exzessiven Alkoholkonsum des Berufungswerbers im Ausmaß von neun Halbe Weißbier wurde dieser abermals rück- bzw. auffällig.

Der Berufungswerbervertreter erstattete nach diesbezüglichen Parteiengehör vom 23.11.2009 keine  Stellungnahme mehr, obwohl er dies im Rahmen eines Telefonates mit der Berufungsbehörde vom 24.11.2009, 09:05 Uhr (ON 19) vermeinte binnen zwei Tagen noch in Form einer kurzen Stellungnahme zu tun.

Diese Information wurde ebenfalls dem vom Berufungswerber auserwählten Facharzt Prim. Dr. x für die Erstellung seiner fachärztlichen Stellungnahme weitergeleitet. Dieser signalisierte über h. Ersuchen vom 25.11.2009, 09:23 Uhr (ON 20), am 30.11.2009 um 14:15 Uhr  im Rahmen eines Telefonates, dass betreffend dieses Trinkereignis wohl eine befürwortende Stellungnahme nicht zu erwarten sein werde und  in den nächsten Tagen eine der amtsärztlichen Sicht folgende fachärztliche Stellungnahme ergehen werde.

Diese kann jedoch mit Blick auf das jüngst bekannt gewordene Trinkereignis, ob der hier wirksam gebliebene aufschiebende Wirkung der Berufung unter Bedachtnahme auf die überwiegend Interessen der Verkehrssicherheit, in Verbindung mit der die gesundheitliche Eignung nun nicht mehr bezweifelbar verneinende Gutachtenlage,  nicht mehr abgewartet werden.

 

4.4. Die gutacherlichen fach- u. amtsärztlichen Ausführungen sind schlüssig und nachvollziehbar. Demnach ist beim Berufungswerber von einem Alkoholabhängigkeitssyndrom auszugehen (Gutachten Dr. x v. 11.5.2009 u. Dr. x v. 10.7.2009). Dies belegt nun zusätzlich der während des offenen Berufungsverfahrens gesetzte Alkoholexzess durch den Konsum von nicht weniger als neun Weißbier binnen weniger Stunden am 26.9.2009, welcher offenbar von einem emotionalen Kontrollverlust begleitet war.

Es gibt daher keinen Grund dem derzeitig noch negativen Eignungskalkül nicht zu folgen. Sowohl das amtsärztliche Gutachten sowie der verkehrspsychologischen Stellungnahmen sprechen im Hinblick auf eine derzeit nicht ausreichend gesicherte Verkehrsanpassungsstabilität des Berufungswerbers eine eindeutige Sprache. Wenn einerseits der Amtsarzt als auch eine Fachärztin für Psychiatrie derzeit zu einer die gesundheitliche Eignung ausschließenden Diagnose gelangt sind, vermag vor dem Hintergrund des jüngsten Rückfalls daran kaum ein berechtigter Zweifel gehegt werden. Die Gutachten sind fachlich begründet und verweisen auf vielfach abgesicherte einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse.

Der Berufungswerber enttäuschte seine im Rahmen der Berufungsverhandlung erklärte Abstinenzbereitschaft mit einem offenkundig exzessiven Trinkverhalten was offenkundig wiederum zu einer Anzeige wegen einer Körperverletzung anlässlich einer Wirtshausstreiterei führte.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Das Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997 – FSG, gelangt hier idF BGBl. I Nr. 93/2009 und die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 322/1997 – FSG-GV idF BGBl. II Nr. 64/2006 zur Anwendung:

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt (und belassen) werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Gesundheitliche Eignung:

§ 8 (1) FSG: Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:

'geeignet', 'bedingt geeignet', 'beschränkt geeignet' oder 'nicht geeignet'. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten 'geeignet' für diese Klassen zu lauten;

...

4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten 'nicht geeignet' für die entsprechenden Klassen zu lauten.

 

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung:

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen....

 

5.1. Nach § 14 Abs.1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV, darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

Für die Überprüfbarkeit der Schlüssigkeit eines Gutachtens ist es notwendig, dass der Befund all jene Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung nennt, die für das Gutachten verwendet wurden. Nur wenn es daran fehlt, würde dies das Sachverständigengutachten mit einem wesentlichen Mangel belasten (Hinweis Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze², unter E 151f zu § 52 AVG zitierte hg. Judikatur).

Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Sachverständigengutachten grundsätzlich nur - sieht man von Einwendungen auf entsprechender fachlicher Ebene ab - in Zweifel gezogen werden, wenn es mit den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch steht (VwGH 25.4.1991, 91/09/0019 u.a.).

Ein Gutachten muss schlüssig und nachvollziehbar sein, um einen Entzug oder auch bloß eine Einschränkung einer Lenkberechtigung darauf stützen zu dürfen.

Hier ergibt sich insbesondere aus der Vorgeschichte und durch Gutachten untermauert die Indizienlage auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränkt oder ausschließt. Die Gutachten sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten (§ 3 Abs.3 FSG-GV).

Ein von einem Sachverständigen erstelltes und mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten kann in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten in Zweifel gezogen werden (VwGH 18.3.1994, 90/07/0018; 21.9.1995, 93/07/0005 u.a.).

Einem schlüssigen Sachverständigengutachten kann jedenfalls nicht mit bloßen Behauptungen, ohne Argumentation auf gleicher Ebene in tauglicher Art und Weise entgegengetreten werden (VwGH 13.11.1990, 87/07/0126; 23.1.1991, 90/03/0051; 20.2.1992, 91/09/0154; 31.1.1995, 92/07/0188 u.a.).

Der Berufung musste demnach letztlich mit Blick auf das diagnostizierte und im Rahmen des Berufungsverfahrens einmal mehr zu Tage getretenen akuten Alkoholabhängigkeitssyndroms ein Erfolg versagt bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Alkoholabhängigkeit, Abhängigkeitssyndrom