Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252320/3/Lg/Sta

Linz, 02.12.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine VIII. Kammer (Vorsitzender: Dr.  Werner Reichenberger, Berichter: Dr. Ewald Langeder, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des x, x, x,  gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Oktober 2009, Zl. 0041354/2009, betreffend eine Übertretung des Ausländer­beschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 44a, 45 Abs.1, 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 Euro bzw. eine  Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 105 Stunden verhängt, weil er als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person der Firma x KEG mit Sitz in x zu verantworten habe, dass von dieser Firma als Arbeitgeber von ausländischen Mitarbeitern am 7.3.2009 um 11:30 Uhr in der "x" x "die Arbeitspapiere der Dienstnehmer nicht am Betriebsstandort zur Einsichtnahme bereitgehalten wurden und somit auch nicht den Organen des Finanzamtes anlässlich der Kontrolle vorgelegt werden konnten."

 

Der Berufungswerber habe damit § 26 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z2 lit. c AuslBG verletzt und sei gemäß § 28 Abs.1 AuslBG in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

 

In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis im Wesentlichen auf den Strafantrag des Finanzamtes x vom 22.4.2009. Demnach sei am 7.3.2009 der im Spruch angeführte Sachverhalt festgestellt worden. Nach der beiliegenden Niederschrift habe der Berufungswerber angegeben, dass keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen im Betrieb aufliegen würden.

 

2. In einem undatierten Schreiben (zur Post gegeben am 30.10.2009) rechtfertigte sich der Berufungswerber damit, dass laut einer Auskunft des AMS für Ausländer mit gültigem Niederlassungsnachweis keine Bescheinigung ausgestellt würde, da diese vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen seien.

 

Am Tag der Kontrolle habe Frau x ihre Handtasche zu Hause vergessen, in welchem sich der Niederlassungsnachweis befunden habe. Da diese Kontrolle außerhalb der Öffnungszeiten stattgefunden und sich der Berufungswerber nicht vor Ort befunden habe, habe ihn seine Mitarbeiterin am Handy angerufen. Sie habe nur schlecht schildern gekonnt, worum es gegangen sei. Daher sei der Berufungswerber direkt von unterwegs in den Betrieb gefahren. Seine Aktentasche mit den Kopien der Unterlagen habe er noch nicht dabei gehabt, da der Betrieb erst ab 16.00 Uhr geöffnet werde. Im Lokal hätten ihm zwei Finanzbeamtinnen ein paar Fragen gestellt. Auf die Frage nach den gültigen Arbeitspapieren habe er angeboten, die Unterlagen per Fax vom Steuerbüro anzufordern. Frau x wollte ihren Mann bitten, die Papiere vorbeizubringen. Die Beamtinnen hätten abgelehnt, da sowieso Zugang zu den Daten bestünde und die Angaben im Nachhinein geprüft würden.

 

Frau x sei ordnungsgemäß bei der GKK angemeldet und verfüge über eine gültige Arbeitsbewilligung. Daher sei der Berufungswerber davon ausgegangen, die Bestimmungen des AuslBG nicht verletzt zu haben.

 

Beigelegt sind Heiratsurkunde, Niederlassungsnachweis und Anmeldebestätigung betreffend die erwähnte Ausländerin.

 

3. In der Berufung vom 25.11.2009 brachte der Berufungswerber vor, die Dienstnehmerin verfüge über einen gültigen Niederlassungsnachweis und sei somit von dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen. Beigelegt ist eine Kopie des Niederlassungsnachweises sowie der Rechtfertigung vom Oktober 2009.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z2 lit. c ist mit einer Geldstrafe von 2.500 bis 8.000 Euro zu bestrafen, wer "seinen Verpflichten gemäß § 26 Abs.1 nicht nachkommt. Gemäß § 26 Abs.1 AuslBG" sind "der Arbeitgeber und die Ausländer ... verpflichtet", den genannten Behörden (= den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung und den Abgabenbehörden) "in die erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren".

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dazu gehört die Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind.

 

Gegenständlich ist die Einsicht in die "erforderlichen Unterlagen" zu gewähren. Diesbezüglich ist vorauszusetzen, dass das Kontrollorgan gegenüber dem Verpflichteten präzisiert, in welche Unterlagen konkret es Einsicht nehmen möchte (im Strafantrag erwähnt werden "arbeitsmarktrechtliche Dokumente", die – nicht existente – Gewerbeberechtigung, ein "Dienstplan" und der Vorwurf, dass "von den Arbeitnehmern keine Arbeitszeit erfasst wird", da diese "mündlich im Vorhinein ausgemacht" werde). Fraglich erscheint, ob ein gewisser zeitlicher Spielraum für die Herbeischaffung zu tolerieren ist. Ferner ist – im Hinblick auf die unterschiedlichen Zuständigkeiten mehrerer Behörden – rechtlich zu klären, welche Arten von Unterlagen im Hinblick auf die Aufgabenstellung der Behörden überhaupt in Betracht kommen, wobei beachtlich erscheint, dass die im selben Satz geregelte Auskunftserteilungspflicht sich auf "die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte" bezieht, was auf eine Einschränkung hindeutet. Klärungsbedürftig ist vor allem die Rechtsfrage, ob die gesetzlich vorausgesetzte Erforderlichkeit auch dann gegebenen sein kann, wenn es der betreffenden Behörde unschwer möglich ist, die interessierende Rechts- oder Sachlage auch ohne Einsichtnahme in Unterlagen des Arbeitsgebers oder des Arbeitsnehmers festzustellen – wie dies beispielsweise bei der Frage des Vorliegens der Berechtigungen im Sinne des § 28 Abs.1 Z1 lit. a AuslBG (also beispielsweise des Vorliegens einer Beschäftigungsbewilligung) der Fall ist. Dass diese Feststellbarkeit gegeben ist, zeigt die Praxis der gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit. a AuslBG zur Anzeige gelangenden Fälle. Diesbezüglich sei festgehalten, dass § 26 AuslBG sanktionsbewehrte Regelungen zur Bekanntgabe der im Betrieb beschäftigten Ausländer und zur Identitätsfeststellung enthält und dass – nach der Behauptung des Bw – die Kontrollorgane geäußert hätten, dass "sowieso Zugang zu den Daten bestünde und die Angaben im Nachhinein geprüft würden". Die in Rede stehende Frage ist – zumal im Hinblick auf die Höhe des Strafrahmens – wohl ebenso zu verneinen, wie jene, ob bei Nichtvorhandensein der entsprechenden Berechtigung zB. einer Beschäftigungsbewilligung) neben  einer Bestrafung gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit. a AuslBG auch eine solche gemäß § 28 Abs.1 Z2 lit. c AuslBG zulässig sein kann (etwa mit dem Argument, dass bei nicht vorhandener Beschäftigungsbewilligung auch nicht in eine entsprechende Ausfertigung Einsicht gewährt werden kann).

 

Mit all diesen Fragen setzt sich das angefochtene Straferkenntnis nicht auseinander, sondern begnügt sich im Spruch mit dem Vorwurf, dass "die Arbeitspapiere der Dienstnehmer nicht am Betriebsstandort zur Einsichtnahme bereitgehalten wurden". Bei dieser Formulierung ist erstens unklar, welche "Unterlagen" mit "Arbeitspapiere der Dienstnehmer" gemeint sind. Zweitens fehlt der wesentliche und nach dem Zweck zu präzisierende Vorwurf der Erforderlichkeit. Daher ist das angefochtene Straferkenntnis schon aus dem Grunde des § 44a Z1 VStG zu beheben, ohne dass es eines vertieften Eingehens auf die oben aufgeworfenen Rechtsfragen (deren Existenz aber das Erfordernis der Spruchpräzisierung unterstreicht!) bedürfte.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger