Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520103/2/Sch/Si/Pe

Linz, 18.03.2003

 

 

 

VwSen-520103/2/Sch/Si/Pe Linz, am 18. März 2003

DVR.0690392

 

 

B e s c h e i d

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Schön im Berufungsverfahren wegen der Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung für die Klassen A und B auf Grund des Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 5.8.2002, FE-1357/2001, wie folgt:

"Herr HMC, wird aufgefordert innerhalb einer Frist von 4 (vier) Wochen, ab Zustellung dieses Bescheides,

  1. eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme,
  2. eine fachärztliche internistische Stellungnahme beizubringen und sich anschließend einer
  3. amtsärztlichen Untersuchung beim Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Landessanitätsdirektion, Harrachstraße 16a, 4021 Linz, zur Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens zu unterziehen."

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a AVG sowie §§ 35 Abs. 1 2. Satz und 34 Abs. 1 FSG idF BGBl Nr. I/65/2002

§§ 24 Abs. 4 FSG, 14 Abs. 1 und Abs. 4 und 16 Abs. 2 FSG-GV

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oa Bescheid wurde Herrn HM gem. § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG iVm § 8 Abs. 3 Z. 2 bzw. Z. 3 FSG die Gültigkeit der Lenkberechtigung für die Klassen AB wie folgt eingeschränkt:

"Befristung bis 5.8.2003

Bedingungen:

2. Gegen den Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben.

3. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

Zur sachlichen Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates im Verfahren zur Befristung der Lenkberechtigung ist Folgendes auszuführen: Gemäß § 35 Abs.1 zweiter Satz FSG i.d.F. des Verwaltungsreformgesetzes, BGBl.I/65/2002, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde. Gemäß § 43 Abs.11 FSG i.d.F. des Verwaltungsreformgesetzes besteht die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern dann, wenn das Verfahren am 1. August 2002 oder danach anhängig wurde. Im vorliegenden Fall wurde der erste Verfahrensschritt mit dem Bescheid wegen der Befristung und der übrigen Einschränkungen der Lenkberechtigung der Bundespolizeidirektion Linz vom 5.8.2002, Fe-1357/2002, gesetzt.

Die bisherigen Ermittlungen durch den Landeshauptmann von Oö. als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung sind auch im weiteren Verfahren heranzuziehen.

Die 5. Führerscheingesetz-Novelle, BGBl. I/81/2002, ist (§ 43 Abs.12 leg.cit.) am 1. Oktober 2002 in Kraft getreten. Diese Gesetzesnovelle enthält keine Übergangsbestimmungen. Der gegenständliche Fall ist daher gemäß FSG idF des Verwaltungsreformgesetzes sowie der 5. FSG-Novelle zu beurteilen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Im Berufungsverfahren betreffend die Einschränkungen der Lenkberechtigung ist es auf Grund des Gebotes der materiellen Wahrheitsfindung erforderlich geworden, beim Berufungswerber (Bw) die Mitwirkungspflicht einzufordern.

 

Nach der Aktenlage ist beim Berufungswerber eine Polytoxikomanie bekannt, weshalb er auch 2 Jahre im Methadon-Substitutionsprogramm war. Der Bw hat sich im Verfahren am 15.4.2002 einer fachärztlichen psychiatrischen Untersuchung unterzogen. Der Facharzt sprach sich - auf Grund der Angaben des Bw und der Drogentests - nicht gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen aus, hielt jedoch auf Grund der hohen Rückfallgefahr bei einem Zustand nach Drogenabhängigkeit die regelmäßige Vorlage regelmäßiger Drogentests für erforderlich. Bereits bei der erstmaligen Vorlage am 18.9.2002 lag eine eindeutige positive Bewertung von Cannabinoid im Harn (49 ng/ml bei einem Referenzwert von 0-25) vor. Die Amtsärztin, Frau Dr. W kam daher im Gutachten vom 4.12.2002 auf Grund der nicht eingehaltenen Bedingung der Drogenfreiheit zum Schluss, dass der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist. Dem Bw wurde diese Schlussfolgerung zur Kenntnis gebracht; er ersuchte um Erstreckung der Frist für die Stellungnahme. Es folgte keine weitere Stellungnahme. Der Bw hat sich auch zu einer Berufungszurückziehung nicht geäußert. Weiters ist im Verfahren hervorgekommen das beim Bw seit 1995 eine HIV-Infektion und Hepatitis C vorliegen.

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

 

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen (§ 24 Abs. 4 erster Satz FSG). Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen (§ 24 Abs. 4 dritter Satz FSG).

 

Die gesundheitliche Eignung ist durch ein Gutachten gemäß § 8 FSG dazulegen. Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen.

 

Die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) enthält die Bestimmungen über die ärztlichen Gutachten und darüber unter welchen Bedingungen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte Leiden oder Gebrechen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben.

Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

Gemäß Abs. 4 leg.cit. darf Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden.

Gemäß Abs. 5 leg.cit. ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Im Sinne des § 14 FSG-GV ist eine fachärztliche Stellungnahme erforderlich. Gemäß § 2 Abs. 4 FSG-GV darf bei der Erstellung des ärztlichen Gutachtens keine fachärztliche Stellungnahme miteinbezogen werden, die älter als sechs Monate ist. Aktenkundige Vorbefunde sind zur Beurteilung eines Krankheitsverlaufes beizuziehen.

 

Eine fachärztliche Stellungnahme hat das Krankheitsbild zu beschreiben und dessen Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen zu beurteilen (§ 1 Abs. 1 Z. 2 FSG-GV).

Gemäß § 16 Abs. 2 FSG-GV darf Personen, die an einer in den vorangehenden Bestimmungen (der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung) nicht genannten Krankheit leiden, diese jedoch eine funktionelle Untauglichkeit bedeuten oder zur Folge haben kann, so dass dadurch beim Lenken eines Kraftfahrzeugs die Sicherheit im Straßenverkehr gefährdet wird, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden.

 

Auf Grund des bisherigen Verfahrens steht die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in Frage. Für die Erstellung eines Gutachten gemäß § 8 FSG bedarf es weiterer Befunde, die aber nicht älter als 6 Monate sein dürfen. Da die vorliegenden Befunde älter sind, wird der Bw zur Beibringung der Stellungnahmen aufgefordert. Die Bestimmung des § 24 Abs. 4 FSG bietet der Behörde eine Handhabe dagegen, dass der Bw als Besitzer einer Lenkberechtigung im Verfahren durch Verweigerung der Mitwirkung am Ermittlungsverfahren durch eine allfällige Entziehung der Lenkberechtigung verhindert. Die gesundheitliche Eignung ist eine Sachfrage und keine Rechtsfrage. Die Sachfrage kann nicht argumentativ gelöst, sondern nur durch ein amtsärztliches Gutachten und der dazu erforderlichen fachärztlichen Stellungnahmen geklärt werden.

 

Es ist Sache des Facharztes sich mit den Ausführungen des Bw in den bisherigen Stellungnahmen bezüglich Vorwurf des Suchtmittelmissbrauches und der Suchtmittelabhängigkeit auseinander zu setzen. Dasselbe gilt für das Vorbringen zum Methadon-Programm. Durch eine internistische Stellungnahme ist zu klären, ob die HIV-Infektion und die Hepatitis C eine funktionelle Untauglichkeit bedeuten oder zur Folge haben können, sodass dadurch beim Lenken eines Kraftfahrzeugs die Sicherheit im Straßenverkehr gefährdet wird.

 

Die Frist für die Beibringung der für das Gutachten erforderlichen Stellungnahmen ist im Hinblick auf das bereits anhängige Verfahren angemessen. Aus dem Akt ist zudem zu entnehmen, dass der Bw in ärztlicher Betreuung (hinsichtlich der Drogenproblematik) bzw. unter Kontrolle (hinsichtlich der HIV-Infektion) steht, sodass die Frist ausreichend ist.

 

Im Fall der Nichtbefolgung dieses Bescheides ist auf Grund der Gesetzeslage die Lenkberechtigung ohne weiteres Verfahren zu entziehen (§ 24 Abs. 4 letzter Satz FSG).

 

Terminvereinbarungen mit den Fachärzten und der Amtsärzin (Frau Dr. W) in der Landessanitätsdirektion obliegen dem Berufungswerber. Die Kosten der fachärztlichen Stellungnahme sind vom Bw zu tragen.

 Für die amtsärztliche Untersuchung wird die Abteilung Landessanitätsdirektion von diesem Bescheid in Kenntnis gesetzt.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 
 

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