Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164544/4/Br/Th

Linz, 27.11.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 12.10.2009, Zl. VerkR96-4241-2008, nach der am 27.11.2009 im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung, zu Recht:

 

 

I.       Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird;

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber, wegen einer Übertretung nach § 46 Abs.4 lit.e iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro und im Nichteinbringungsfall 26 Stunden an Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe als Lenker des unten angeführten Sattelkraftfahrzeuges auf der Autobahn außerhalb einer durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stelle abgestellt.

Tatort: Gemeinde Suben, A 8 Innkreisautobahn, km 75.600, Richtungsfahrbahn    Passau.

Tatzeit: 02.10.2008, 07:50 Uhr bis 08:44 Uhr.

Fahrzeuge: Kennzeichen X, Sattelzugfahrzeug, MAN TGA 26.480, rot Kennzeichen X, Sattelanhänger, ES-GE, orange.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz traf nachfolgende Erwägungen:

Der strafbare Tatbestand ist durch die dienstliche Wahrnehmung eines Organs der Autobahnpoli­zeiinspektion Ried im Innkreis erwiesen.

 

Rechtslage:

Nach § 46 Abs. 4 StVO ist auf der Autobahn verboten, außerhalb der durch Hinweiszeichen ge­kennzeichneten Stellen zu halten oder zu parken.

 

Sachverhalt:

Die Behörde nimmt Bezug auf eine Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis. Das auf die X GesmbH., X zugelassene Sattelkraft­fahrzeug mit dem Zugfahrzeugkennzeichen X bzw. Kennzeichen X war am 02.10.2008 zumindest in der Zeit von 07.50 bis 08.44 Uhr auf der A8 Innkreisautobahn bei km 75,600 (Gemeindegebiet Suben am Inn) abgestellt und somit auf einer Autobahn außerhalb einer durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stelle.

 

Im Zuge einer Lenkererhebung ergab sich Ihre persönliche Lenkerschaft, weshalb die Behörde eine Strafverfügung erließ, die Sie beeinsprucht haben. Im wesentlichen wird vorgebracht, dass u.a. ein Halte- und Parkverbotszeichen mit dem Hinweis "Ende" bzw. demnach ab diesem Schild das Halten und Parken zulässig sei. Es handle sich keinesfalls um eine nicht gekennzeichnete Stelle. Aus dem Halte- und Parkverbotsschild mit dem Vermerk "Ende" könne geschlossen werden, dass ab diesem Schild das Abstellen des Fahrzeuges zulässig sei. Weitere führten Sie den Verweis auf § 44 StVO Kundmachungsmängel betreffend des geforderten Klarheits- und Eindeutigkeitsgebotes ins Treffen.

 

Entscheidungsgründe:

Auf das behördliche Schreiben vom 01.10.2009 wird hingewiesen. Zur Sache selbst haben Sie sich nicht geäußert. Lediglich zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen.

 

Die Behörde verweist auch auf ein zwischenzeitlich ergangenes Erkenntnis in einem anderen gleich gelagerten Fall zu VwSen-163218/9/Br/Ps vom 24. Juni 2008. Eine dagegen erhobene Berufung wurde somit vom UVS des Landes OÖ. vollinhaltlich abgewiesen.

 

Abgestellt war das Sattelkraftfahrzeug auf der A 8 Innkreisautobahn bei km 75,600. Auf die Bestimmungen des Bundesstraßengesetzes 1971 i.d.g.F. wird ebenso Bezug genommen: Nach § 2 besteht das Bundesstraßennetz aus den Bundesstraßen A (Bundesautobahnen, Verz. 1) und den Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen, Verz. 2). Nach § 3 des gleichen Gesetzes gelten als Bestandteile der Bundesstraße neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen wie Fahrbahnen (z.B. Hauptfahrbahnen inklusive Kollektoren, Zu- und Abfahrtsstraßen, Anschlussstellen samt ihren Rampen) und Parkflächen auch der Grenzabfertigung, der Verkehrsbeeinflussung, der Kontrolle oder der Bemautung dienende Grundflächen und Anlagen, weiters Anlagen im Zuge einer Bundesstraße wie Tunnel, Brücken, Durchlässe, Stütz- und Futtermauern, Straßenböschungen, Straßengräben und Sanitäranlagen, ferner Betriebs­grundstücke gem. § 27, so die sonstige der Erhaltung und der Beaufsichtigung der Bundesstraßen dienende bebaute und unbebaute Grundstücke und Anlagen zum Schutz vor Beeinträchtigungen durch den Verkehr auf der Bundesstraße, insbesondere gegen Lärmeinwirkung.

 

Weiters wird auf zwei ministerielle Verordnungen hingewiesen, wonach auf der A 8 Innkreis­autobahn Richtungsfahrbahn Passau von km 75,186 bis km 75,455 bzw. in der Richtungsfahrbahn Sattledt von km 75,583 bis km 75,428 ein Halte- und Parkverbot sowie weiters eine Kurzparkzone verordnet wurde. Zu diesen Verordnungen hat sich das Ministerium insofern entschlossen, um eine vorübergehende Halte- und Parkverbotsmöglichkeit zumindest für begleitpflichtige Sonder­transporte für eine Abstellmöglichkeit von maximal 3 Stunden zu ermöglichen, eben weil diese Verkehrs-Fläche rechtlich gesehen als "Autobahn" im Sinne § 46 StVO gilt. Das Sattelkraftfahrzeug parkte somit auch nicht innerhalb des Halte- und Parkverbotes bzw. innerhalb der o.a. Kurzparkzone It. Verordnungen, weil es bereits bei km 75,600 und somit außerhalb dieses Bereiches abgestellt war und der § 46 Abs. 4 lit. e der StVO gilt; bei der Tatörtlichkeit handelt es sich somit aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen um eine Autobahn. Da § 46 Abs. 4 lit. e StVO das Halten und Parken außerhalb von Hinweiszeichen grundsätzlich als absolute Norm der StVO verbietet, erfolgte die Anzeige durch die Polizei zu Recht.

 

Die von Ihnen vorgebrachten Kundmachungsmängel betreffend einer Verordnung im Sinne § 44 StVO gehen schon deshalb ins Leere, weil für diese Tatörtlichkeit zu keinem Zeitpunkt eine Verordnung durch eine Behörde erlassen wurde (und für die Sanktion auch gar keine nötig ist), weshalb auch keine "Kundmachungsmängel" vorliegen können.

 

Das Sattelkraftfahrzeug war auf jeden Fall am 02.10.2008 zumindest in der Zeit von 07.50 bis 08.44 Uhr somit entgegen der angeführten Bestimmung abgestellt bzw. geparkt. Gründe, weshalb dies tatsächlich geschah, werden im gesamten Verfahren von Ihnen nicht vorgebracht.

 

§ 5 VStG besagt:

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht Anderes bestimmt, genügt zur Straf­barkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift (nach Abs. 2), der der Täter zuwider gehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn Sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

In diesem Zusammenhang wurden keine Argumente vorgebracht, wonach Ihnen in diesem kon­kreten Fall fahrlässiges Verhalten nicht zu unterstellen wäre. Allenfalls muss ohne gesicherte Parkplätze eben die Fahrt so geplant werden, dass ein legales Abstellen oder Parken möglich ist; jedenfalls war die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht zulässig.

Bei der Bemessung des Strafausmaßes konnte als mildernd die bisherige Unbescholtenheit gewertet werden. Erschwerungsgründe fand die Behörde nicht.

Die ursprünglich verhängte Geldstrafe ist keinesfalls überhöht und sie war im Hinblick auf general- und spezialpräventive Überlegungen notwendig, um Sie künftig zur Einhaltung solcher Bestimmun­gen anzuhalten.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden wie folgt berücksichtigt: monatlich netto € 1.324,00, keine Sorgepflichten, kein Vermögen

 

Die vorgeschriebenen Kosten sind in der zitierten Gesetzesstelle begründet..“

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht per Fax übermittelten Berufung folgenden Inhaltes:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 12.10.2009 erheben wir innerhalb offener Frist nachstehende

BERUFUNG:

 

[1.] Außer Streit steht, dass gegenständlich Herr X am ausgewiesenen Tatort, Gemeinde Suben, A8 Innkreisautobahn, bei Kilometer 75.600, sein Sattelzugfahrzeug, X mit dem Anhänger X (angeblich) außerhalb einer durch Hinweiszeichen gekennzeichne­ten Stelle geparkt hat. Das Straferkenntnis der BH-Schärding vom 12.10.2009 zu Zahl VerkR96-4241-2008, wird voll inhaltlich bekämpft.

 

[2.] Das gesamte bisherige Vorbringen in diesem Verfahren wird voll inhaltlich zum Vor­bringen dieser Berufung erhoben.

 

Ergänzend ist folgendes auszuführen:

[2.1.] Die Behörde hat auf Seite 3 des Straferkenntnisses festgehalten, dass Herrn Jobst zu­mindest ein fahrlässiges Verhalten anzulasten ist; sofern über das Verschulden nichts anderes bestimmt ist, genügt zur Strafbarkeit einer Verwaltungsvorschrift fahrlässiges Verhalten. Die Behörde wirft uns vor, dass wir bislang keine Argumente vorgebracht hätten, wonach Herrn X ein fahrlässiges Verhalten nicht unterstellt werden könne.

 

In diesem Zusammenhang verkennt die Behörde, dass wir bereits in unserem Einspruch vom 07.11.2008 vorgebracht haben, dass am ausgewiesenen Tatort das Halte- und Parkverbot nicht dem Klarheits- und Eindeutigkeitsgebot entspricht. Art. 7 MRK schließt unter anderem das Gebot in sich, Strafvorschriften so klar zu gestalten, dass es dem Einzelnen möglich ist, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren (RIS-Justiz RS0053343). Ab dem Halte- und Parkverbotsschild mit dem Vermerk „Ende" kann daher jedenfalls geschlossen werden, dass ab die­sem Schild das Abstellen der Fahrzeuge zulässig ist, da das Halten und Parken nur verboten ist, im Bereich des Vorschriftzeichens Halten und Parken verboten (vgl. § 24 Abs. 1 StVO).

 

Insofern - und darauf haben wir bereits in unserem Einspruch hingewiesen - kann Herrn X kein Fehlverhalten vorgeworfen werden, da er sich rechtskonform verhalten hat und ihm ein ausgewiesenes Halte- und Parkverbot, welches nicht dem Eindeutigkeitsgebot entspricht, nicht zur Last gelegt werden kann. Wir haben daher sehr wohl bereits vorgebracht, dass Herrn X kein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden kann.

Herr X hat demnach bereits aus diesen Gründen seinen Schwertransport rechtmä­ßig am ausgewiesenen Tatort abgestellt.

[2.2.] Sollte die Behörde zur Ansicht gelangen, dass der Schwertransport dennoch unrecht­mäßig am ausgewiesenen Tatort abgestellt wurde, so hätte sie gegenständlich von der Strafe absehen müssen und allenfalls eine Ermahnung iSd § 21 VStG auszusprechen gehabt; auf Grund des Vorbringens unter Punkt [2.1.] besteht kein Zweifel darüber, dass das Verschulden des Herrn X - sofern man von einem solchen überhaupt sprechen kann - jedenfalls als geringfügig im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG anzusehen ist und die Folgen der Verwaltungsübertretung unbedeutend sind.

Hiezu wird Folgendes ausgeführt:

Es ist als amtsbekannt vorauszusetzen, dass es am Grenzübergang Suben häufig zu Verwaltungsübertretungen kommt; dies deshalb, da die Verwaltungspraxis dahin geht, dass Schwer­transporte so bewilligt werden, dass ein Abstellen der Schwertransporter am Grenzübergang Suben notwendig wird;, andererseits aber die Parksituation am Grenzübergang Suben auf Grund der (allerdings nicht eindeutig ausgewiesenen) Halte- und Parkverbotbeschilderungen problematisch ist. Mit dieser Thematik befasst sich nunmehr seit der ersten Jahreshälfte 2008 die WKO Oberösterreich, Sparte Transport- und Verkehr; deren Geschäftsführer, Herr Mag. Christian Strasser, hat unserer Rechtsvertretung via Mail vom 13.10.2009 mitgeteilt, dass es nunmehr doch (endlich) zu einer Realisierung verschiedenster Maßnahmen kommen wird, die das bekannte Problem „Grenzübergang Suben“ lösen. Vertreter der Wirtschaftskammer Öster­reich haben am 01.10.2009 bei einem Ortsaugenschein am Grenzübergang Suben teilgenom­men. Dabei ging es um die Erörterung von Planungsvarianten zur Realisierung zusätzlicher Parkplätze, um die Einreise sowie die Ausreise speziell für Schwer- und Sondertransporter

durch zusätzliche Parkplätze zu erleichtern. Erste konkrete Umsetzungsmaßnahmen sollen noch heuer (!) erfolgen.

 

Es ist daher der Wirtschaftskammer Oberösterreich ein wesentliches und dringendes Anlie­gen, in erster Linie eine klare und eindeutige Parksituation am Grenzübergang Suben zu schaffen; zum anderen sollen zusätzliche Parkplätze, insbesondere für Sondertransporte so rasch als möglich realisiert werden.

Vor diesem Hintergrund wäre gegenständlich die Verhängung einer Geldstrafe unbillig. Die Tat hat keine bedeutenden Folgen nach sich gezogen und ist daher von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen.

Im Übrigen bedarf es im Beschwerdefall keiner Ermahnung des Herrn Jobst, um ihn in Hin­kunft von weiteren strafbaren Handlungen der gleichen Art abzuhalten, da bereits noch heuer die Parkplatzsituation am Tatort massiv verbessert wird und hinkünftig Halten und Parken im gesamten Bereich erlaubt sein wird. Da bereits konkret an einer Lösung gearbeitet wird, wird die Behörde aufgefordert, das Verwaltungsstrafverfahren gegenüber Herrn X einzustellen.

 

Beweis: E-Mail des Herrn Mag. Christian Strasser vom 13.10.2009

 

[3.]    Wir stellen daher den

ANTRAG

die Berufungsbehörde möge eine Berufungsverhandlung anberaumen, das Straferkenntnis ersatzlos aufheben, in eventu eine Ermahnung aussprechen.

 

Salzburg, am 28.10.2009                                                                                           X"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vor Ort war ob des gesonderten Antrages zwingend durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Beigeschafft wurden Luftbilder vom fraglichen Bereich des Grenzüberganges Suben. Im Rahmen der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde der persönlich erschienene Berufungswerber zum Sachverhalt befragt. Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

4.1. Das Ergebnis des Beweisverfahrens lässt sich nur dahingehend zusammenfassen, dass der Berufungswerber mit dem im Bild dargestellten breiten Transport zwischen 03:00 und 04:00 Früh von Spielfeld kommend in Suben ankam. Die Übernahme des Sondertransportes durch die deutsche Polizei wird vereinbarungsgemäß am Grenzübergang ab 06:00 Uhr früh abgewartet. Der Berufungswerber vermochte im Rahmen der Berufungsverhandlung glaubhaft darzulegen, dass damals  die etwa 250 m weiter südlich gelegenen Kurzparkplätze belegt waren. Für ihn bestand daher objektiv besehen keine andere Möglichkeit als dort die Übernahme durch die deutsche Polizei abzuwarten.

Der Berufungswerber wurde am Donnerstag den 2.10.2008 um 07:50 Uhr beanstandet, die Weiterfahrt erfolgte offenbar um 08:44 Uhr. Zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheins befanden sich ebenfalls drei überbreite Transporte an der fraglichen Stelle abgestellt, welche zwischenzeitig, wohl in Kenntnis dieser Problematik mit weißen Markierungen versehen sind. Nachteilige Auswirkungen für den Verkehrsfluss auf der A8 im Bereich des Grenzüberganges der nunmehr innerhalb von Markierungen positioniert gewesenen Schwertransporte, konnten ebenso wenig erkannt werden wie dies offenkundig beim lt. Bild positioniert gewesenen Sondertransport des Berufungswerbers der Fall gewesen ist. Auch aus dem beigeschafften Luftbild lässt sich diese offenbar permanente Problematik von dort abgestellten Sondertransportfahrzeugen nachvollziehen.

Selbst von den die Sicherung der Berufungsverhandlung vornehmenden Polizeibeamten wurde  im Ergebnis bestätigt, dass in der identen Benutzung dieser Fläche von insgesamt drei überbreiten Transporten zur Zeit der Berufungsverhandlung ein verkehrstechnisches Problem nicht zu sehen sei. Ein solches jedoch erst dann auftritt, wenn etwa noch ein weiteres Fahrzeug daneben abgestellt wird. So sei es diesbezüglich bei Nebellangen schon zu Unfällen gekommen.

Auch das vom Berufungswerber vorgelegte E-Mail der Wirtschaftskammer zeigt die Evidenz des Problems fehlender Stellmöglichkeiten für Schwerfahrzeuge auf. Darin wurde auf die erfolgten Markierungen und die Schaffung von Stellplätzen auf der deutschen Seite hingewiesen.  Wenn nun dieses Problem auf breiter Basis bekannt ist, vermag in der für den Berufungswerber als Fahrer daraus resultierenden „ausweglosen“ Situation ein strafwürdig schuldhaftes Verhalten  - trotz formaler Rechtswidrigkeit  - nicht erblickt werden.

Der Berufungswerber stand mit dem im Bild ersichtlichen Schwertransport bis zur Übernahme durch die deutsche Polizei um 08:44 Uhr an der besagten Örtlichkeit der A8 abgestellt. Er hätte diesem objektiv rechtswidrigen Verhalten nur dadurch entgegen können einen viel schwerwiegenderen Verstoß, nämlich die Fahrt ohne Begleitung fortzusetzen. Er befand sich vor diesem Hintergrund, wie er glaubhaft darzustellen vermochte, in einer Art Pflichtenkollision, wobei er sich für den geringst möglichen und offenbar von einer Vielzahl von Schwerfahrzeuglenkern unausweichlichen Regelverstoß zu entscheiden hatte.

 

5. In rechtlicher Hinsicht ist wohl grundsätzlich den erstinstanzlichen Ausführungen zum § 46 Abs.4 lit.e StVO 1960 zu folgen. Diese Bestimmung normiert, dass es auf Autobahnen verboten ist, außerhalb der durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stellen zu halten oder zu parken (vgl. Erk. UVS Tirol v. 14.8.2006, 2005/17/2878-4). Solche Hinweiszeichen fanden sich weder zum damaligen noch zum Zeitpunkt des durchgeführten Ortsaugenscheins.

 
Der § 5 VStG besagt:
(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
 
5.1. Im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Fällen ermangelte es hier dem Berufungswerber einem sogenannten rechtsmäßigen Alternativverhalten. 
Es kann ihm in diesem Fall nicht zur Last fallen die Fahrt von Spielfeld bis hierher nicht so geplant zu haben, dass eine nahtlose Übernahme möglich gewesen wäre. Das exakte zeitliche Eintreffen der deutschen Polizei ab 6:00 Uhr früh und damit die unverzügliche Weiterfahrt kann er als Fahrer des Schwertransportes nur durch eine entsprechend rechtzeitige Abfahrt gewährleisten. Demnach ist im Eintreffen zwei Stunden vor der zu erwartenden Übernahme und die von ihm nicht disponierbare Stellmöglichkeit nur auf geringes Verschulden beruhendes Verhalten im Hinblick auf die fehlende – legale – Abstellmöglichkeit zu qualifizieren. 
Mit Blick darauf ist dieser Fall nicht mit dem von der Behörde erster Instanz zitierten h. Erk. v. 24.6.2008, VwSen-163218/9/Br/Ps vergleichbar. Dort hatte der Lenker die Fahrt so geplant, dass er das ganze Wochenende über an der genannten Stelle abgestellt bleiben musste. 
 

6. Hier gilt es jedoch die nachweislich vorliegenden spezifischen Umstände mit Blick auf § 6 VSTG zu beurteilen. Unter Notstand ist ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten zu begreifen, in dem nur eine Entscheidung zwischen der Verletzung zweier Rechtsgüter möglich ist;

Durch ein Angemessenheitskorrektiv sollen bei bestimmten Fallgruppen notwendige Korrekturen anhand oberster Wertmaßstäbe ermöglicht werden; rechtfertigender Notstand kommt danach nicht in Betracht, wenn die Tat, bezogen auf die obersten Prinzipien und Wertbegriffe der Rechtsordnung, nicht als das angemessene Mittel erscheint (s. Kienapfel ÖJZ 1975, 431, 429), oder ein rechtfertigender Notstand setzt voraus, dass es sachgemäß, billigenswert und im Interesse der Gerechtigkeit erlaubt ist, die Notstandslage durch "Beeinträchtigung des kollidierenden Interesses zu überwinden." Derselbe Grundgedanke liegt schließlich auch bei derartigen Fallgestaltungen in Betracht zu ziehenden "sozialen Adäquanz" zugrunde, dem sog. sozialadäquaten Verhalten. Auch dabei wird davon ausgegangen, dass mangels einer von ihm vor Ort nicht mehr disponierbaren Alternativverhaltens nur in der Wahl der Inkaufnahme des geringeren Regelverstoßes bestand.

 

6.2.1. Zur rechtfertigenden Pflichtenkollision kann auf die herrschende Lehrauffassung verwiesen werden,  wonach eine Kollision von zwei oder mehreren rechtlich bedeutsamen Pflichten vorliegt, wenn die betreffende Person nach den konkreten Umständen nur eine dieser Pflichten erfüllen kann. Häufig sind derartige Konfliktssituationen über den rechtfertigenden Notstand zu lösen. Soweit dies nicht möglich ist, muss es aber über eine andere dogmatische Konstruktion erlaubt (dh rechtmäßig) sein, eine dieser Pflichten zu verletzen, weil die betreffende Person sich sonst überhaupt nicht rechtmäßig verhalten könnte.

Gemäß § 21 VStG kann (und hat) die Behörde jedoch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.  Dies trifft hier in objektiver Beurteilung der Ausgangslage und der oben dargelegten in der Sphäre des Handelnden vorzunehmenden Güterabwägung zweifelsfrei zu.

Grundsätzlich hat immer noch die Behörde - hier die Berufungsbehörde -  die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären (VfSlg. 11195/1986).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt diesbezüglich den Standpunkt (s. Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), dass dieser Maßstab ein objektiv-normativer zu sein hat. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt ein Täter folglich nur dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (s. VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).  In der strafrechtlichen Literatur und Judikatur ist anerkannt, dass der das Maß der objektiven Sorgfalt begrenzende Vertrauensgrundsatz iSd § 3 StVO für Bereiche arbeitsteiligen Zusammenwirkens analogiefähig erscheint (vgl. Burgstaller, Wiener Kommentar, § 6 Rz 54 und § 80 Rz 45 u 52; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A [1992], § 6 Rz 13a; Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. A [1994], Z 25 Rz 20; Triffterer, Österreichisches Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. A [1994], 148 Rz 116, vgl. h. Erk. 27.11.1995, VwSen-260158/2/Wei/Bk, sowie v. 5.12.1996, VwSen-104178/2/Br).

Es war daher angesichts der bloß unbedeutenden Tatfolgen und ob der notstandsähnlichen Situation nur geringen Verschuldens von einer Bestrafung abzusehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Pflichtenkollision, Unabwendbarkeit, geringes Verschulden und unbedeutende Tatfolgen.

 

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