Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252176/16/Kü/La

Linz, 05.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X vom 5. Jänner 2009 gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. Dezember 2008, SV96-55-2007, wegen Übertretungen des Ausländer­beschäftigungs­gesetzes nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. August 2009 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung die in Fakten 1.-4., 6., 9.-14., 16., 18.-22. verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 17 Stunden und die in Fakten 5., 7., 8., 15., 17. und 23.-25. verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 25 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.     Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 2.900 Euro (17x 100 Euro, 8x 150 Euro) herabgesetzt; für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrens­kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 19, 20,
51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. De­zember 2008, SV96-55-2007, wurden über den Berufungswerber wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz in 25 Fällen Geldstrafen von jeweils 2.000 Euro sowie Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 40 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben als seit 21.11.2006 gemäß § 28a/3 AuslBG iVm § 9/2 VStG 1991 verantwortlicher Beauftragter der "X", FN 103252v, mit Sitz in X, zu verantworten, dass von dieser Gesellschaft im dort geführten Betrieb
(Nahrungs- und Genussmittelindustrie ) die Ausländer :

1.      X, geb X;alban.StA AW; wh. X, von 1. bis 4.6.2007,

2.      X, geb X; mazed.StA AW; wh X, von 21. bis 31.5.2007,

3.      X, geb X, pakistStA AW; wh X, am 31.5.2007,

4.      X, geb X; serb.StA AW; wh X, von 20. bis 31.3. sowie 29. bis 30.4.2007,

5.      X, geb X; serb.StA AW; wh X, von 12.12.2006 bis 30.5.2007

6.       X, geb X; armen.StA AW; wh X, von 16.3. bis 30.4. sowie 18., 22., 24. und 25.5.2007,

7.      X, geb X; syr.StA AW; wh X, von 21.11.2006 bis 31.1.2007 sowie von 16.3. bis 30.4.2007,

8.      X, geb X; mongol.StA AW; wh X, von 21.11.2006 bis 30.4.2007 sowie 2. bis 4., 7. bis 8., 13. bis 17. und 21. bis 31.5.2007,

9.      X, geb X; serb.Sta AW; wh X, von 31.5. bis 4.6.2007

10. X, geb X; syr.StA AW; wh X, von 23.11.2006 bis 12.1.2007 sowie von 1. bis 15.2.2007,

11. X, geb X AW, wh X, von 1. bis 11., sowie 14. bis 18. und 21. bis 31.5.2007,

12. X, geb X; georg.StA AW, wh. X, am 27.12.2006,

13. X, geb X; moldaw.StA AW, wh X, am 29.5.2007,

14. X, geb X, afghan.StA AW, wh X, am 12.12.2006,

15. X, geb X, StA Russ.Föd. AW, wh X, von 5. bis 27.12.2006, 1. bis 25.1.2007 sowie 28.2. bis 1.4.2007, (ab 2.4.2007 subsidiär Schutzberechtigter)

16. X, geb X; alban.StA X, von 1. bis 4.6.2007,

17. X, geb X; Mrgis.StA AW, wh X, am 10.1.2007, von 20.3. bis 30.4.2007, sowie 7. bis 11., 14., 16., 18., 21. und 24. bis 31. 5. 2007,

18. X, geb X; iran.StA AW, wh X, von 19. bis 27.4.2007,

19. X geb X; syr.StA AW, wh X, am 18.1.2007,

20. X, geb X; ukrain.StA AW, wh X, von 20. bis 31.3. sowie 13. bis 30.4.2007,

21. X, geb X; StA Russ.Föd. AW, wh X, von 24. bis 30.5.2007,

22. X, geb X; armen.StA AW, X, von 12. bis 30.4.2007 sowie 2. bis 11. und 14. bis 16.5.2007,

23. X, geb X; alban.StA AW, wh X, von 14.9.2006 bis 4.6.2007,

24. X, geb X; StA Russ.Föd. AW, wh X, von 21.11.2006 bis 30.4.2007 sowie 9. bis 11.5.2007,

25.   X, geb X; mongol.StA AW, wh X von 21.11.2006 bis 30.4.2007 sowie von 2.5. bis 5.6.2007,

 

als - von der X, als Leiharbeitskräfte überlassene -Hilfskräfte beschäftigt worden sind, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3/5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" (§ 8/2/3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Dauer­aufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Rechtsvertretung des Bw eingebrachte Berufung, mit der das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wurde.

 

Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 27. August 2009 wurde die vorliegende Berufung mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2009 auf eine Berufung wegen der Strafe eingeschränkt. Gleichzeitig wurde erklärt, dass auf die Fortsetzung der mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet wird.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung mit Schreiben vom 02.07.2009, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 09.07.2009 vorgelegt und die Verspätung der Vorlage mit schweren gesundheitlichen Problemen des Sachbearbeiters erklärt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. August 2009, an welcher die Rechtsvertretung des Bw und ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben sowie Herr X und Herr X als Zeugen einvernommen wurden. Die mündliche Verhandlung wurde nach Durchführung der Zeugeneinvernahmen auf unbestimmte Zeit vertagt und wurde von der Rechtsvertretung um Bedenkzeit bezüglich der weiteren Vorgangsweise ersucht.

 

Wie bereits erwähnt, wurde mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2009 erklärt, dass die Berufung auf die Strafe eingeschränkt wird und gleichzeitig auf die Fortsetzung der mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet wird.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Berufung auf das Strafausmaß des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eingeschränkt wurde. Der Schuldspruch ist damit in Rechtskraft erwachsen und hat sich demnach der Unabhängige Verwaltungssenat in der Berufungsentscheidung damit nicht auseinander zu setzen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Vielzahl der unerlaubt beschäftigten Ausländer als erschwerend zu werten ist und teilweise von längerfristigen Beschäftigungen dieser Personen auszugehen ist.

 

Dem gegenüber stehen als Milderungsgründe die Unbescholtenheit des Bw, die teilweise nur einen Tag dauernden Beschäftigungen und der Umstand, dass der Bw grundsätzlich geständig ist. Ebenso kann im gegenständlichen Verfahren wegen der vom Arbeitskräfteüberlasser vorgenommenen Anmeldung der Leasingarbeitskräfte zur Sozialversicherung und dem marktkonformen Preis, den die X für die Überlassung der Arbeitskräfte bezahlt hat, keine Rede davon sein, dass es sich um eine illegale Beschäftigung gehandelt hat, die durch den Entfall von Steuern, Abgaben oder Beiträgen zum System der sozialen Sicherheit zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden oder Wettbewerbsverzerrung geführt hat.

 

Die X ist über Empfehlung des AMS mit der Firma X mit dem Sitz in X bezüglich der Überlassung von Arbeitskräften in Kontakt getreten. In der X bestand zu diesem Zeitpunkt Kenntnis darüber, dass die Firma X zur BBRZ-Gruppe der Oö. Arbeiterkammer gehörte und konnte der Bw auf Grund dieses Naheverhältnisses davon ausgehen, dass es sich um einen geprüften und bestqualifizierten Personalüberlasser handle. Zudem wurde die Gewerbeberechtigung des Arbeitskräfteüberlassers kontrolliert sowie Anfragen an die Gebietskrankenkasse bezüglich der Anmeldung der überlassenen Personen eingeholt ebenso wie Unbedenklichkeitsbescheinigungen.

 

In der Firma X existiert ein Qualitätsmanagementsystem, welches auch den Bereich der Personaleinstellung umfasst. In diesem Qualitätsmanage­mentsystem befinden sich auch Regelungen hinsichtlich der Beschäftigung von ausländischen Staatsangehörigen, und zwar in Form von Verfahrensanweisungen über die Vorgehensweise bei der Einstellung ausländischer Staatsangehöriger. Dieses Qualitätsmanagementsystem wurde laufenden Kontrollen und auch Editierungen von externer Stelle unterzogen. Aufgrund dieses bestehenden Systems, welches zwar im gegenständlichen Fall der Arbeitskräfteüberlasser nicht im geplanten Ausmaß funktionierte, ist von einem geringen Grad des Verschuldens des Bw auszugehen und entspricht das Verhalten des Bw daher nicht dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt.

 

Zu beachten ist im gegenständlichen Fall auch die lange Verfahrensdauer. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses beinahe 2 Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

In Gesamtbetrachtung der konkreten Verhältnisse kommt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass gegenständlich von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen ist und deshalb die Anwendung des § 20 VStG zur Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe geboten ist, wobei im Hinblick auf die längerfristige Beschäftigung einzelner Ausländer eine differenzierte Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung erforderlich erscheint. In diesem Sinne war daher die Reduzierung der gesetzlich vorgesehene Mindeststrafen nur in dem im Spruch dieses Erkenntnisses ausgewiesenen Ausmaß vorzunehmen.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Der Kostenbeitrag zum Verfahren der ersten Instanz war gemäß § 64 VStG mit 10 % der nunmehr verhängten Strafen neu festzusetzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, hat der Bw gemäß § 65 VStG keinen Verfahrenskosten­beitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

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