Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522296/12/Fra/Ps

Linz, 10.12.2009

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. Mai 2009, Zl. FE-709/2009, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die gesundheitliche Eignung des x zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B unter folgenden Auflagen gegeben ist:

 

·       Kontrolluntersuchungen folgender Laborparameter: CDT, MCV, Gamma-GT, GOT, GPT und Cholesterinesterase unter Vorlage des darüber ausgestellten Facharztbefundes an die Behörde zu folgenden Terminen: erstmals am 10. März 2010, weiters am
10. Juni 2010, 10. September 2010 und 10. Dezember 2010.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 8 und 24 Abs.1 Z2 FSG,
§ 14 Abs.5 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 28. Mai 2009,
Zl. FE-709/2009, dem Berufungswerber (Bw) die mit Führerschein der Bundespolizeidirektion Linz vom 31. Mai 2007 unter Zl. 06/391871 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung ab Verkündung des Bescheides mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet ist, entzogen.

Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Berufungswerbers vom 8. Juni 2009.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz legte die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden
(§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bundespolizeidirektion Linz und Einholung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme vom
4. Oktober 2009, einer psychiatrischen Stellungnahme vom 17. Oktober 2009 sowie eines amtsärztlichen Gutachtens vom 2. Dezember 2009 hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers.

 

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und erschien aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auch nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

5.1. Der Berufungswerber wurde wegen eines am 28. Dezember 2008 begangenen Alkoholdeliktes (Alkoholgehalt der Atemluft 0,93 mg/l) neben der Entziehung seiner Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten unter anderem verpflichtet, eine verkehrspsychologische Stellungnahme sowie ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG beizubringen.

 

Am 24. April 2009 unterzog er sich bei der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle "1A Sicherheit", 5020 Salzburg, der verkehrs­psychologischen Untersuchung. Entsprechend der darüber erstatteten Stellungnahme vom 4. Mai 2009 ist der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B aus verkehrspsychologischer Sicht derzeit nicht geeignet. Begründet wurde die Nichteignung, da die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht in ausreichendem Maße anzunehmen ist.

 

Unter Zugrundelegung dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme vom
4. Mai 2009 erstattete der Polizeiarzt der Bundespolizeidirektion Linz Herr
x – nach Untersuchung des Berufungswerbers – das amtsärztliche Gutachten gemäß § 8 FSG. Der Polizeiarzt stützte sein Gutachten vom 12. Mai 2009 unter anderem auf den verkehrspsychologischen Untersuchungsbefund und attestierte dem Berufungswerber die Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 Klasse B.

 

Entsprechend dem amtsärztlichen Gutachten erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Mai 2009, wogegen die oben näher bezeichnete Berufung eingebracht wurde.

 

5.2. Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde der Berufungswerber im Hinblick auf das Berufungsvorbringen gemäß § 18 Abs.5 zweiter Satz FSG-GV zu einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung zugewiesen.

 

Die verkehrspsychologische Untersuchung vom 2. Oktober 2009, durchgeführt von der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle "go and drive KG", 4910 Ried im Innkreis, Eberschwangerstraße 20a, ergab aus verkehrspsychologischer Sicht eine bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B unter der Voraussetzung von aktuellen unauffälligen alkoholspezifischen Labor­parametern. Es wurde vorgeschlagen, über einen Befristungszeitraum von zwölf Monaten alkoholsensitive Laborparameter regelmäßig zu kontrollieren.

 

Die folgende psychiatrisch-neurologische Untersuchung des Berufungswerbers bei Herrn x, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Arzt für psychotherapeutische Medizin, x, am 17. Oktober 2009 ergab, dass der Berufungswerber bezüglich der Vorkommnisse, die zum ersten Führerscheinentzug am 28. Dezember 2008 geführt haben, problembewusst und kritisch eingestellt sei. Es falle ihm laut eigenen Aussagen in der Zwischenzeit auch leicht, bei seinen Freizeitbeschäftigungen abstinent zu bleiben, sein Freundeskreis habe dies angeblich auch akzeptiert. Objektivierbare Hinweise liegen derzeit nicht zur Verfügung. Der Psychiater regt an, dass in den nächsten Wochen noch eine Laboruntersuchung durchgeführt werde, bei welcher insbesondere ein unauffälliger CD-Tect-Wert befundet werden sollte. Aus psychopathologischer Seite sei der Patient unauffällig. Die kraftfahrspezifische psychophysische Leistungsfähigkeit sei seines Erachtens im Rahmen der Norm, genauere Details wurden bereits bei der neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung erhoben. Unter der Voraussetzung einer Befristung zumindest auf Jahr und bei Vorliegen eines unauffälligen neuerlichen CD-Tect-Wertes befürworte er die Wiedererteilung der Lenkberechtigung ausschließlich für die Klasse B. Im Beobachtungszeitraum könne nach Ermessen des Amtsarztes die Abstinenzmotivation des Patienten mit gelegentlichen einschlägigen Laborparametern dokumentiert werden. Weitere Therapiemaßnahmen seien aus seiner Sicht derzeit nicht erforderlich.

 

Die amtsärztliche Sachverständige Frau x des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, erstellte in der Folge unter Zugrundelegung der vorliegenden Befunde und Stellungnahmen das amtsärztliche Gutachten vom 2. Dezember 2009. Gemäß diesem Gutachten ist der Berufungswerber befristet für ein Jahr unter folgenden Auflagen geeignet: dreimonatige Kontrolluntersuchungen von CDT, MCV, Gamma-GT, GOT, GPT und Cholesterinesterase. Begründend führt die Amtsärztin aus, dass aus der Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie von x hervorgehe, dass ein anamnestisch schädlicher Gebrauch von Alkohol bestehe und eine Alkoholintoxikation im Rahmen des Führerscheindeliktes am
28. Dezember 2008 vorlag. Der Patient habe sowohl bei der psychiatrischen als auch bei der verkehrspsychologischen und hierortigen Untersuchung angegeben, dass er seine Trinkgewohnheiten radikal geändert hätte und seit Mai 2009 durchgehend abstinent geblieben wäre. Außerdem habe er ein hohes Maß an Problembewusstsein entwickelt und ist bezüglich der Vorkommnisse, die zum ersten Führerscheinentzug am 28. Dezember 2008 geführt haben, problembewusst und kritisch eingestellt. Er habe auch beteuert, dass es ihm sehr leicht falle, aufgrund seiner Freizeitbeschäftigungen abstinent zu bleiben und außerdem aufgrund der Akzeptanz seines Freundeskreises. Laut verkehrs­psychologischer Stellungnahme der go and drive KG vom 4. Oktober 2009 sei x zum Lenken von Kraftfahrzeugen bedingt geeignet. Zusammenfassend sei x unter den oben angeführten Auflagen der dreimonatigen Kontrolle der entsprechenden Laborparameter zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 Klasse B befristet auf ein Jahr geeignet.

 

Dem Berufungswerber wurde das eingeholte amtsärztliche Gutachten vom
2. Dezember 2009 und die verkehrspsychologische Stellungnahme vom
4. Oktober 2009 sowie die Stellungnahme des x nachweislich zur Kenntnis gebracht. Der Berufungswerber hat diese Unterlagen zur Kenntnis genommen und beantragt, ihm die Lenkberechtigung für die Klasse B unter den vorgeschlagenen Auflagen zu erteilen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber wie folgt erwogen:

 

6.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken
(§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als
18 Monate sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen Sachverständigenarzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

6.2. Das eingeholte amtsärztliche Gutachten vom 2. Dezember 2009 berücksichtigt die entsprechende verkehrspsychologische Stellungnahme vom
4. Oktober 2009 und die fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom
17. Oktober 2009, wobei diese Kontrolluntersuchungen der alkoholspezifischen Laborparameter befürworten.

 

Die darüber hinausgehende Auflage – Befristung der Lenkberechtigung und Nachuntersuchung nach einem Jahr – ist hingegen folgendermaßen zu beurteilen: die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs.3 Z2 FSG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Dazu bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhalts­feststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. z.B. VwGH vom 18.03.2003, Zl. 2002/11/0254).

 

Dem Amtsarztgutachten sowie der verkehrspsychologischen und psychiatrischen Stellungnahme zufolge wurde ein "Alkoholmissbrauch" des Berufungswerbers im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV diagnostiziert, eine "Krankheit" im oben bezeichneten Sinn – "Alkoholabhängigkeit" – konnte jedoch nicht festgestellt werden. Aus diesem Grund ist die Vorschreibung sowohl einer Befristung auf ein Jahr als auch der Nachuntersuchung nach einem Jahr im rechtlichen Sinne nicht möglich.

 

Insgesamt ist das amtsärztliche Gutachten vom 2. Dezember 2009 schlüssig und nachvollziehbar. Der Berufungswerber hat dem ihm bekannten Gutachten nicht widersprochen. Dieses Gutachten ist sohin beweiskräftig und war daher der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner