Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550505/3/Kü/Pe/Ba

Linz, 12.01.2010

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über den Antrag der Bietergemeinschaft x, vertreten durch x, x, vom 5. Jänner 2010 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des x betreffend das Vorhaben „Sammlung, Transport und Verwertung Altpapier“, zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und dem Auftraggeber  die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  5. März 2010, untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 5.1.2010 hat die Bietergemeinschaft x, x (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 2.400 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich bei der gegenständlichen Ausschreibung um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich handle. Laut Ausschreibungsunterlage (AU) werde der Dienstleistungsauftrag nur an Unternehmer vergeben, welche über eigene Sammelfahrzeuge und Personal verfügen würden und sei die Weitergabe des gesamten Auftrages an Subunternehmer unzulässig. Für Bietergemeinschaften gelte, dass von jedem Unternehmen alle angeführten Eignungskriterien zu erfüllen und entsprechende Nachweise vorzulegen seien. Angebote von Bietern, die die Eignungskriterien bzw. Mindestanforderungen nicht erfüllen und welche nach einmaliger Aufforderung die geforderten Nachweise nicht beibringen, würden ausgeschieden werden.

Der Zuschlag werde dem wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt und gelten als Zuschlagskriterien der „Aufwand“ mit maximal 50 Punkten, „Erlös Altpapier“ mit maximal 43 Punkten, „Umweltgerechtheit Transport“ mit maximal fünf Punkten und „Abgasarme LKW EURO 5“ mit zwei Punkten.

Für die Abwicklung der Dienstleistung, dürften maximal zwei Subunternehmer beauftragt werden, wobei die Weitergabe des gesamten Auftrages unzulässig sei. Die Subunternehmer sowie der Umfang des Subunternehmerauftrages seien in der AU zu benennen und die Eignungskriterien nachzuweisen.

Die Antragstellerin habe fristgerecht mit 10.9.2009 ein Hauptangebot mit einem Angebotspreis von 1,193.655,00 Euro (exkl. USt.) sowie ein Alternativangebot mit einem Angebotspreis von 1,174.190,00 Euro (exkl. USt.) abgegeben.

Die Angebotsöffnung sei am 15.9.2009 erfolgt und seien Angebote von drei Bietern eingelangt. Mit Schreiben vom 27.11.2009 sei die Antragstellerin aufgefordert worden, die tatsächliche Verfügbarkeit der angegebenen Verwertungsanlagen nachzuweisen und ein gültiges Zertifikat vorzulegen sowie die im Hauptangebot mit 0,00 Euro ausgewiesenen Positionen aufzuklären. Dieser Aufforderung sei die Antragstellerin mit Schreiben vom 1.12.2009 nachgekommen.

Mit Schreiben vom 22.12.2009 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag dem Angebot der x (im Folgenden: präsumtive Zuschlagsempfängerin) als wirtschaftlich günstigstes Angebot zu erteilen.

Die Antragstellerin sei auf dem Gebiet der Abfall- und Altpapierentsorgung tätig und habe auch mehrere Jahre die ausgeschriebenen Leistungen für den Auftraggeber erbracht. Durch die Abgabe ihrer Angebote habe die Antragstellerin ihr Interesse am Erhalt des Zuschlages dargelegt und drohe ihr im Fall des Entgangs des Zuschlages ein materieller und immaterieller Schaden. Es seien bereits Kosten in Zusammenhang mit der Angebotslegung sowie auch der rechtlichen Beratung entstanden. Weiters stelle der gegenständliche Auftrag ein wichtiges Referenzprojekt dar.

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Verfahrens, darauf, dass Angebote, bei denen Ausscheidungsgründe vorliegen, ausgeschieden werden, sowie auf Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung, des freien, fairen und lauteren Wettbewerbs und der Transparenz und in ihrem Recht auf eine Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten verletzt. Zur Rechtswidrigkeit wurde ausgeführt, dass die anderen Bieter nicht geeignet seien, den gegenständlichen Auftrag auszuführen. Die Bieter würden sich auf die Leistungsfähigkeit anderer Unternehmen stützen, ohne den Nachweis erbracht zu haben, dass ihnen die für die Ausführung des Auftrages bei diesen Unternehmen vorhandenen Mittel tatsächlich zur Verfügung stehen, weshalb diese Angebote auszuscheiden gewesen wären. Die Angebote der Mitbewerber wären auch mangels Vorliegen der geforderten Eignungskriterien sowie wegen spekulativer Preisgestaltung auszuscheiden gewesen, da der anzugebende Mindesterlös davon abhängig sei, zu welchem Preis das Altpapier von der jeweiligen Verwertungsstelle abgenommen wird.

Da der Auftraggeber die Angebote der Mitbewerber nicht ausgeschieden habe, sei die Zuschlagsentscheidung mit Rechtswidrigkeit behaftet und wäre bei Ausscheiden der Mitbewerber die Antragsstellerin mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot zum Zug gekommen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat den x als Auftraggeber am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme ist innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Gemeindeverbände. Der Bezirksabfallverband Linz-Land ist ein auf Grundlage des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes eingerichteter Gemeindeverband und somit öffentlicher Auftraggeber. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein „besonderes“ öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum