Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530861/13/Re/Sta

Linz, 11.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der x, vom 27. November 2008, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. November 2008, GZ. 501/G021049zk, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Betriebsanlagen­änderungsgenehmigung im Grunde des § 81 GewO 1994, unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 2009, Zl. 2009/04/0153, zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. November 2008, GZ. 501/G021049zk, behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.2, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG);

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.  Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit dem Bescheid vom
17. November 2008, GZ. 501/G021049zk, das Ansuchen der x, vom 9.8.2002 auf Genehmigung des Projektes der "Mehrzweckanlagengenehmigung Bau 700" abgewiesen.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, bezugnehmend auf den Antrag der beabsichtigten Verwendung des Bau 700 als "Mehrzweckanlage" sei zunächst mit Bescheid vom 2. September 2004 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 354 die Genehmigung für die Durchführung eines Versuchsbetriebes im Sinne des Projektes erteilt worden, da die Ergebnisse und Erfahrungen dieses Versuchsbetriebes als Entscheidungsgrundlage für eine endgültige Entscheidung erforderlich gewesen seien. Ziel des gegenständlichen Projektes sei es, neue Produktionen im Bau, die sich innerhalb des vom Projekt und der Genehmigung umfassten Rahmens befänden, nicht mehr anzeigen bzw. genehmigen zu müssen. Zur Überprüfung der Übereinstimmung der neuen Produkte mit dem vorgegebenen Rahmen sei eine standardisierte Darstellung der wesentlichen Produktions- und Stoffdaten vorgeschrieben. Insgesamt 14 "Meldungen" seien auf Übereinstimmung mit der Rahmengenehmigung geprüft worden. Diese Prüfungen hätten ergeben, dass die Einstufungsmöglichkeiten für neue Produkte im Vergleich zum genehmigten Rahmen sehr oft nicht möglich gewesen sei. Die möglichen Auswirkungen von Gefährdungen und vielfältigen Stoffeigenschaften neuer Produkte und eingesetzter Stoffe seien mit einem Rahmen nur unzureichend vergleichbar. Der Versuchsbetrieb habe gezeigt, dass die Konzeption der Mehrzweckanlage den Rahmenbedingungen nicht entspreche. Die Gewerbeordnung sehe ein Projektgenehmigungsverfahren vor, weshalb die abschließende Darstellbarkeit und Überprüfungsmöglichkeit für das Projekt erforderlich sei. Dies sei jedoch nicht gegeben, da die Fülle der künftig möglichen Produktions- bzw. Stoffarten nicht darstellbar sei. Ein weiteres Problem ergebe sich in der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht neuer Produktionen.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die x, mit Schriftsatz vom 26. November 2008, bei der belangten Behörde eingelangt am 27. November 2008, innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies mit dem Vorbringen, die beantragte Bewilligung einer Mehrzweckanlage für die Herstellung verschiedener chemischer Produkte sei zulässig. Das Betriebs­anlagen­recht der GewO sei auf die Beurteilung von Gefährdungen oder sonstigen Auswirkungen in Bezug auf bestimmte Schutzgüter ausgerichtet. Anlagen und deren Änderung seien nur dann genehmigungspflichtig, wenn die Gefahr dieser Auswirkungen bestehe. Eine Genehmigung sei nur zulässig, wenn voraussehbare Gefährdungen vermieden und sonstige Auswirkungen zumutbar seien. Die Emission von Luftschadstoffen sei grundsätzlich nach dem Stand der Technik zu begrenzen und die Abfallwirtschaft müsse ordnungsgemäß sein. Daraus sei abzuleiten, dass sich die Genehmigung auf zumutbare Auswirkungen erstrecke. Es müsste daher nach Ansicht der Berufungswerberin möglich sein, diese zitierten Voraussetzungen in den Einreichunterlagen und im entsprechenden Bescheid zu definieren. Nach dem System der GewO sollte dann jede Änderung der Produktionspalette, welche sich im Rahmen der Definition bewege, ohne weitere Genehmigung zulässig sein. Der österreichische Gesetzgeber habe Mehrzweck- und Mehrprodukteanlagen für die Herstellung chemischer Produkte in Anhang 1, Z57 UVP-G ausdrücklich geregelt. Hinsichtlich Genehmigungsvorschriften verweise das UVP-G auf die GewO. Es könne daher die GewO nicht so interpretiert werden, dass die Genehmigung von Mehrzweckanlagen nicht möglich sei. Das BAT-Dokument "organische Feinchemikalien" enthalte in Punkt 2.2. sogar einen eigenen Abschnitt, aus dem ersichtlich sei, dass es Stand der Technik sei, Feinchemikalien in Mehrzweck- oder Mehrprodukteanlagen herzustellen. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass die GewO die Genehmigung solcher Anlagen nicht zulasse. Schwierigkeiten beim Vergleich tatsächlicher Produktionen mit der bestehenden Genehmigung seien nachvollziehbar. Es könne die fachliche Schwierigkeit einer Beurteilung im Einzelfall nicht zur Gesetzesauslegung führen, dass eine Genehmigung einer Mehrzweckanlage überhaupt nicht zulässig sei. Hiemit könne somit auch nicht die Abweisung des Antrages begründet werden.

 

 

3. Dieser Berufung wurde mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 19. März 2009, VwSen-530861/2, keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid des Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz vom 17. November 2008 bestätigt. Dies mit der Begründung, im Grunde des § 353 GewO 1994 seien dem Verfahren die Einreichunterlagen der Beurteilung zu Grunde zu legen. Gegenstand des behördlichen Verfahrens nach § 77 bzw. nach § 81 GewO 1994 sei das eingereichte Projekt. Aufgabe des Konsenswerbers sei es, unter Bezugnahme auf § 353 GewO 1994 sämtliche Projektsunterlagen zur Beurteilung der geplanten Betriebsanlage durch die beizuziehenden Amtssachverständigen beizubringen, um der Behörde zu ermöglichen, ausreichende und vollständige Sachverständigengutachten zur Beantwortung der Frage einzuholen, ob tatsächlich alle vorhersehbaren Gefährdungen vermieden bzw. Belästigungen auf ein zumutbares Maß beschränkt würden. Ausreichende Unterlagen seien im gegenständlichen Verfahren nicht vorgelegen. Das Ermittlungsverfahren habe auch unter Einbeziehung der Ergebnisse des nach § 354 GewO 1994 angeordneten Versuchsbetriebes keine ausreichenden Grundlagen zur möglichen positiven Begutachtung der geplanten Mehrzweckanlage ergeben. Vom Amtssachverständigen sei ausdrücklich festgestellt, dass bei mehreren neuen bzw. zusätzlichen Produkten die Angaben im verwendeten Meldeformular nicht ausreichend waren, um auf die Durchführung eines Anzeigeverfahrens bzw. Genehmigungsverfahrens zu verzichten. Es sei erforderlich, auch im Rahmen der Genehmigung einer Mehrzweckanlage die damit möglicherweise entstehenden Gefährdungen zu erfassen, zu beurteilen und in der Folge im Rahmen eines allenfalls genehmigten Betriebes hintanzuhalten. Grundlage für eine derartige positive Beurteilung seien die von der Konsenswerberin beizubringenden technischen Grundlagen.

 

4. Diese Berufungsentscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. September 2009, Zl. 2009/04/0153-5, auf Grund der Beschwerde der Konsenswerberin, vertreten durch x,  wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behoben. Dies mit der Begründung, die Betriebsbeschreibung bilde die Beurteilungsgrundlage für die zu erwartenden Emissionen und bestimme die normative Tragweite des Genehmigungsbescheides. Sie müsse insbesondere präzise Angaben zu all jenen Faktoren enthalten, die für die Beurteilung der auf den Nachbarliegenschaften zu erwartenden Immissionen von Bedeutung sind. Enthalte das Ansuchen einer Partei nicht alle jenen Angaben, die für die Beurteilung der Anlage im Hinblick auf die Genehmigungskriterien von Bedeutung sind, so stelle dies einen Mangel im Sinne des § 13 Abs.3 AVG dar, dessen Behebung die Behörde von Amts wegen zu veranlassen hätte. Das in der Gegenschrift diesbezüglich zitierte Schreiben der Erstbehörde  vom 9. Oktober 2008 als  Hinweis auf die beabsichtigte Abweisung des Ansuchens könne nicht als Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs.3 AVG gewertet werden. Im Verbesserungsauftrag sei konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen und dem Einschreiter die Behebung dieses Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung aufzutragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen werde. Diesen Voraussetzungen habe das Schreiben der Erstbehörde vom 9. Oktober 2008 jedenfalls nicht entsprochen.

 

Dieser Entscheidung zu Grunde liegt die Beschwerde der Konsenswerberin vom 6. Mai 2009, worin diese die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 19. März 2009 zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anficht. Entgegnet wird, dass die Beschwerdeführerin der Erstbehörde sämtliche Unterlagen vorgelegt habe und selbst dann, wenn Unterlagen noch vorzulegen gewesen wären, dies nicht zur Abweisung des Antrages hätte führen dürfen, weil die Beschwerdeführerin das Fehlen der Unterlagen nicht zu verantworten habe. Auf Grund der Bestimmungen nach §§ 13 und 13a AVG wäre die Erstbehörde verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführerin aufzufordern, fehlende Unterlagen beizuschaffen und ihr zur Beurteilung vorzulegen. Ein Antragsteller dürfe in einem das Verfahren abschließenden Bescheid  nicht mit der Abweisung eines Antrages mit der Begründung, das Unterlagen fehlen, überrascht werden. Aus den Rechtsgrundsätzen der Verpflichtung zur Anleitung der Partei und zur Erforschung der Wahrheit von Amts wegen ergäbe sich, dass die Beschwerdeführerin von der Erstbehörde zur Vorlage fehlender Unterlagen anzuleiten und aufzufordern gewesen wäre, was tatsächlich nicht geschehen ist.

 

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt hat ergeben, dass x mit Antrag vom 8. August 2002 um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage unter Vorlage umfangreicher Projektsunterlagen angesucht hat. Der Antrag richtet sich auf die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigung für die Nutzung des Baus 700 als Mehrzweckanlage zur Produktion von Feinchemikalien im Werksgelände. Gleichzeitig wurde auch eine wasserrechtliche Bewilligung hiefür beantragt. Nach umfangreichen Vorprüfungen der Projektsunterlagen wurde gegenüber der Konsenswerberin bekannt gegeben, dass die eingereichten Unterlagen zu ergänzen sind. Eine notwendige umfangreiche Prüfung der Unterlagen ergibt sich insbesondere auf Grund der Tatsache, als es sich beim gegenständlichen Anlagenteil einerseits um einen IPPC-Anlagenteil handelt, andererseits auch Abschnitt 8a der Gewerbeordnung betreffend die Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen Anwendung finden. Im Rahmen der Vorprüfungen wurden über entsprechende Aufträge durch die belangte Behörde ergänzende Projektsunterlagen etc. durch die Berufungswerberin beigebracht. In der Folge wurde über das Ansuchen auch eine mündliche Verhandlung für den 12. August 2004 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Dieser Verhandlung beigezogen wurden auch Amtssachverständige aus den Bereichen Wasserbautechnik, Brandschutz, Maschinen- und Elektrotechnik, Immissionstechnik und Arbeitnehmerschutz. Festgestellt wurde im Rahmen dieser Verhandlung, dass aus Sicht der Behörde und der beigezogenen Amtssachverständigen eine endgültige Genehmigung des Mehrzweckanlagen­antrages nicht möglich sei. Möglich wäre die Genehmigung eines Versuchsbetriebes für die Gewinnung weiterer Erkenntnisse, wie zB. das erforderliche Procedere bei der Prüfung neuer Produktionen auf die Übereinstimmung mit dem Genehmigungsumfang. Nach Beibringen weiterer Projektsunterlagen und Antragstellung durch die Berufungswerberin zur Genehmigung eines Versuchsbetriebes wurde eine weitere mündliche Verhandlung am 19. August 2004 unter Beiziehung der angesprochenen Amtssachverständigen durchgeführt. Gegenstand der Verhandlung sei die geplante Nutzungsänderung des Baus 700 von einer Anlage mit Einzelgenehmigung verschiedener Produkte bzw. Verfahren in eine Mehrzweckanlage mit dem Ziel, Verfahren und damit verbundene Gefahren zu definieren und darauf aufbauend ein Schema zu entwickeln, um zu ermöglichen, neue Verfahren als vom Genehmigungsumfang erfasst nur zu melden bzw. anzuzeigen oder mit einem normalen Änderungsgenehmigungsverfahren zu behandeln. Dabei würden die Merkmale mit bestehenden, bereits genehmigten Produktionen verglichen und es erfolge eine Meldung bei niedrigerem Gefährdungspotential bzw. Genehmigungsantrag oder Anzeige bei höherem Gefährdungspotential für die neue Produktion. In der Folge erging von der belangten Behörde im Grunde des § 354 GewO 1994 der Bescheid vom
2. September 2004, GZ. 501/G021049S, mit welchem der beantragte Versuchsbetrieb für den Bau 700 samt Nebenanlagen als Mehrzweckanlage im Sinne des vorgelegten Projektes für die Dauer von 4 Jahren ab Rechtskraft des Bescheides unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt wurde.

 

Im Laufe des Versuchsbetriebes wurden von der Berufungswerberin entsprechend den Auflagen des Versuchsbetriebes Behördenmeldungen betreffend die Anzeige neuer Produkte übermittelt. Die Überprüfung durch den Sachverständigendienst der belangten Behörde hat diesbezüglich ergeben, dass nur ein Teil dieser Behördenmeldungen als plausibel zur Kenntnis genommen werden konnte. Ein weiterer Teil der Meldungen konnte nicht zur Kenntnis genommen werden und wurde festgestellt, dass diesbezüglich ein weiteres Genehmigungsverfahren durchzuführen sein wird. Bei einer weiteren Gruppe von Meldungen blieben Fragen offen und war daher ebenfalls eine Zurkenntnisnahme nicht möglich bzw. konnte aus diesen Gründen die Beurteilung nicht abgeschlossen werden.

Diese Sachverständigenüberprüfungsergebnisse führten letztlich zur Aussage der belangten Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid, dass der Versuchsbetrieb ergeben habe, dass die beantragte Genehmigung des Bau 700 als Mehrzweckanlage in der im Projekt dargestellten Form nicht möglich ist, da die Darstellungs- bzw. Einstufungsmöglichkeiten der neuen Produkte im bestehenden genehmigten Rahmen sehr oft nicht möglich gewesen bzw. die möglichen Auswirkungen von Gefährdungen und die vielfältigen Stoffeigenschaften neuer Produkte und eingesetzter Stoffe mit dem vorweg genehmigten Rahmen nur unzureichend vergleichbar seien.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung geht die belangte Behörde zu Recht vom Grundsatz des Betriebsanlagenrechts nach den Bestimmungen der GewO 1994 aus, wonach es sich beim Genehmigungsverfahren um ein Projektsgenehmi­gungs­verfahren handelt. Diesem Verfahren sind die im § 353 genannten Einreichunterlagen der Beurteilung zu Grunde zu legen (VwGH 3.9.1996, 95/04/0189). Ausgehend von § 59 Abs.1 AVG sind der Genehmigung zu Grunde liegende Projektsbestandteile enthaltende Pläne und Beschreibungen im Spruch des Bescheides so eindeutig zu bezeichnen, dass eine Nachprüfung in Ansehung eines eindeutigen normativen Abspruches möglich ist (VwGH 17.4.1998, 97/04/0217). Als Gegenstand des behördlichen Verfahrens nach § 77 bzw. nach § 81 GewO 1994 ist daher ausschließlich das eingereichte Projekt anzusehen. Die Behörde ihrerseits ist an den Inhalt des Ansuchen und an den Umfang desselben gebunden, es steht ihr nicht frei, abweichend von diesem eine Errichtungs- oder Betriebsgenehmigung zu erteilen bzw. zu versagen. Im Sinne derselben Gesetzesbestimmung ist es die Aufgabe der Behörde, unter Heranziehung von entsprechenden Sachverständigen die Feststellung des relevanten Sachverhaltes, ob Gefährdungen vermieden und Belästigungen etc. auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, vorzunehmen. Aufgabe des Konsenswerbers ist es in diesem Zusammenhang, unter Bezugnahme auf § 353 GewO 1994 sämtliche Projektsunterlagen zur Beurteilung der geplanten Betriebsanlage durch die beizuziehenden Amtssachverständigen beizubringen, um letztlich der Behörde zu ermöglichen, ausreichende und vollständige Sachverständigengutachten zur Beantwortung der Frage einzuholen, ob tatsächlich alle vorhersehbaren Gefährdungen vermieden bzw. Belästigungen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Im erstinstanzlich durchgeführten Verfahren hat sich laut Stellungnahme der Amtssachverständigen ergeben, dass im Rahmen des Versuchsbetriebes zum Teil Behördenmeldungen für bestimmte Produkte eingegangen sind, die als solche nicht zur Kenntnis genommen wurden und anschließend in einem Genehmigungsverfahren mündeten. Weiters gab es Behördenmeldungen, die "quasi in der Bearbeitung stecken geblieben sind". Die Meldung wurde nicht zur Kenntnis genommen und auch eine Genehmigungspflicht nicht erkannt, sondern es blieben Fragen offen. Vorgeschlagen wurde, die Beurteilung abzuschließen bzw. im Falle einer festgestellten Genehmigungspflicht das entsprechende Genehmigungsverfahren durchzuführen. In der Äußerung des Amtssachverständigendienstes des Umwelt- und Technikcenter wird darüber hinaus unter anderem festgehalten, dass Auflage 77 nicht eingehalten werde. Vorgebracht wird hiezu, dass die Berufungswerberin ihre Emissionsmessungen so flexibel gestalten könne und auch müsse, um die entsprechenden Schadstoffkomponenten messtechnisch bestimmen zu können. In Bezug auf Auflage 82, Lärm betreffend, wurde festgehalten, dass hiezu Detailgespräche seitens der Berufungswerberin in Aussicht gestellt worden seien, es jedoch keine Kontakte mehr gegeben habe. Die Auflage sei nicht eingehalten. Auch zu Auflage 83 wird "nicht eingehalten" festgehalten, da von der Berufungswerberin die in einem Schreiben angekündigten weiteren Informationen nicht mehr eingelangt seien. In der in Auflage 68 behandelten "HF-Messung" wird festgehalten, dass diese Auflage nur teilweise eingehalten sei, jedoch noch zu klären sei, wie und unter welchen Rahmenbedingungen ein diskontinuierliches Messprogramm aussehen solle. Als nicht erfüllt wurde weiters die Auflage 62 erkannt, Auflage 80 als teilweise eingehalten. Da aus diesen Amtssachverständigenäußerungen insgesamt ablesbar ist, dass die beantragte Genehmigung in der beantragten Form nicht möglich sein wird, wurde die Absicht, das Ansuchen abzuweisen, der Berufungswerberin mit Schreiben vom 9. Oktober 2008 bekannt gegeben.

 

Eine weitere Aufforderung unter Bezugnahme auf § 13 Abs.3 AVG zur Vorlage ergänzender Projektsunterlagen erfolgte nicht. Die Berufungswerberin hat in der oben zitierten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof selbst vorgebracht, es sei übersehen worden, dass die Beschwerdeführerin der Erstbehörde sämtliche Unterlagen vorgelegt habe und selbst dann, wenn Unterlagen noch vorzulegen gewesen wären, dies nicht zur Abweisung des Antrages der Beschwerdeführer auf Genehmigung einer Mehrzweckanlage führen hätte dürfen, weil die Beschwerdeführerin das Fehlen dieser Unterlagen nicht zu verantworten habe. Die Berufungswerberin selbst bringt weiters vor, dass auf Grund der Bestimmungen nach §§ 13 und 13a AVG die Erstbehörde verpflichtet gewesen wäre, die Beschwerdeführerin aufzufordern, fehlende Unterlagen beizuschaffen und ihr zur Beurteilung vorzulegen.

 

Dies hat letztlich auch der Verwaltungsgerichtshof im – aufhebenden – Erkenntnis vom 7. September 2009 dargelegt und festgestellt, dass das Nichtvorliegen all jener Angaben, die für die Beurteilung der Anlage im Hinblick auf die Genehmigungskriterien von Bedeutung sind, einen Mangel im Sinne des
§ 13 Abs.3 AVG darstelle, dessen Behebung die Behörde von Amts wegen zu veranlassen habe (s.h. VwGH 2005/04/0118). Das erstinstanzliche behördliche Schreiben vom 9. Oktober 2008, worin auf die beabsichtigte Abweisung des Ansuchens hingewiesen worden sei, sei nicht als Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs.3 AVG zu werten, da im Verbesserungsauftrag konkret anzugeben sei, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (VwGH 2007/07/0075) und dem Einschreiter die Behebung dieses Mangels innerhalb angemessener Frist mit der Wirkung aufzutragen sei, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen werde. Diesen Voraussetzungen habe das Schreiben der Erstbehörde vom 9. Oktober 2008 jedenfalls nicht entsprochen.

 

Auf Grund dieser dargestellten Sach- und Rechtslage war daher wie im Spruch zu entscheiden, insbesondere auch um der Berufungswerberin die Möglichkeit zu bieten, die von ihr selbst in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angesprochenen fehlenden Unterlagen beizuschaffen und der Gewerbebehörde
I. Instanz, welche mit dem ihr beigegebenen Amtssachverständigendienst den Versuchsbetrieb genehmigt und überwacht hat, vorzulegen. Soferne die Unterlagen weiterhin für eine Genehmigung nicht ausreichen, wäre eine entsprechende Aufforderung der Gewerbebehörde I. Instanz im Sinne des § 13 Abs.3 AVG vorzunehmen und dementsprechend auch weiter rechtlich vorzugehen.

 

Da allenfalls beigeschaffte ergänzende Projektsunterlagen jedenfalls zwischen Behörde, Amtssachverständigendienst und Konsenswerberin in Verhandlung zu nehmen sind, war vom Rechtsinstrumentarium des § 66 Abs.2 AVG Gebrauch zu machen und wie im Spruch zu erkennen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

 

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