Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100381/2/Fra/Ka

Linz, 17.02.1992

VwSen - 100381/2/Fra/Ka Linz, am 17. Februar 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des F J, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. C S und Dr. G T, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 8. Jänner 1992, VerkR-96/3262/1991, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.3 VStG.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 8. Jänner 1992, VerkR-96/3262/1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 7 Abs.1 StVO 1960, 2. § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 und 3. § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 im Zusammenhalt mit § 5 Abs.2a lit.b StVO 1960 zu 1. eine Geldstrafe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden), zu 2. eine Geldstrafe von 100 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und zu 3. eine Geldstrafe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verhängt, weil er am 7. Juli 1991 gegen 2.20 Uhr das Motorfahrrad, auf der W Landesstraße aus Richtung L kommend in Richtung N, Gemeinde W, gelenkt hat, wobei er 1. zwischen km 19,3 und km 19,6 nicht so weit rechts fuhr, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar gewesen wäre, da er in einem Abstand zwischen 2 m und 3 m vom rechten Fahrbahnrand in seiner Fahrtrichtung gesehen, fuhr 2. bei dieser Fahrt als Lenker den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug nicht mitführte bzw. auf Verlangen des Straßenaufsichtsorganes nicht zur Überprüfung aushändigte und 3. bei einer Fahrzeugkontrolle auf der Höhe Zufahrt Obermann in N vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand (Alkoholgeruch aus dem Munde, Rötung der Augenbindehäute, Schwanken beim Stehen und aggressives Verhalten) und der Aufforderung eines hiezu ermächtigten Sicherheitswacheorganes, einen Alkotest mittels Alkomat abzulegen, nicht nachkam.

Ferner wurde er zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 840 S, d.s. 10 % der Strafe, verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 44a lit.a VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten. Die fehlende oder mangelhafte Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat begründet eine Rechtswidrigkeit im Sinne des § 44a lit.a leg.cit. Nach dieser Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß, a) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und b) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, Slg.11466A).

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit den § 44a lit.a VStG genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lassen (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 3.10.1985, 85/02/0053).

Zum Faktum 1 (§ 7 Abs.1 StVO 1960): Die Tatumschreibung nach § 7 Abs.1 StVO 1960 erfordert einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist, und andererseits die konkrete Angabe, wie rechts ihm dies zumutbar und möglich war (vgl. VwGH vom 22.11.1985, 85/18/0101). Weder im angefochtenen Straferkenntnis noch in einer Verfolgungshandlung ist die Angabe enthalten, daß dem Beschuldigten ein Fahren näher am rechten Fahrbahnrand möglich und zumutbar war. Da inzwischen Verfolgungsverjährung eingetreten ist, ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, den Schuldspruch entsprechend den Anforderungen des § 44a lit.a VStG zu ergänzen.

Zum Faktum 2 (§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967):

Wie oben ausgeführt, muß im Spruch eines Strafbescheides die Identität der Tat unverwechselbar feststehen. Um diesen angeführten Erfordernissen zu genügen, muß dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß kein Zweifel bestehen kann, wofür er bestraft worden ist, und daß er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anbieten kann, um eben diesen Vorwurf zu widerlegen (wobei taugliche Beweismittel in diesem Sinne solche sind, die ein Beweisthema betreffen, daß sich auf das in Strafverfolgung gezogene Faktum bezieht), und der Spruch geeignet sei, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Dem Beschuldigten wird im Spruch des Bescheides zum Vorwurf gemacht "....... den Zulassungsschein nicht mitgeführt bzw. nicht zur Überprüfung ausgehändigt zu haben". Hiezu ist festzustellen, da das Nichtmitführen der Urkunden und die Weigerung, die (mitgeführten) Urkunden auf Verlangen dem Straßenaufsichtsorgan auszuhändigen, verschiedene Straftatbestände sind (vgl. VwGH vom 19.12.1985, 85/02/0272). Mit dieser alternativen Spruchfassung wird den Anforderungen des § 44a lit.a leg.cit. hinsichtlich der Tatumschreibung insofern nicht entsprochen, als nicht zweifelsfrei feststeht, wofür der Täter bestraft worden ist. Zum Faktum 3 (§ 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960):

Im Falle der gegenständlichen Verwaltungsübertretung verlangt das Konkretisierungsgebot des § 44a lit.a VStG, daß Zeit und Ort der Tathandlung der Verweigerung des Alkotests den Spruch des Straferkenntnisses aufgenommen werden. Diese rechtlich notwendigen Angaben über Zeit und Ort der Tathandlung der Verweigerung des Alkotests können durch die Angaben über Zeit und Ort des dieser Tathandlung vorausgegangenen Lenkens allein nicht ersetzt werden; eine solche vorausgegangene Verhaltensweise gehört zwar zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.a i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960, sie stellt jedoch nicht die nach dieser Strafnorm unter Strafsanktion stehende Tathandlung dar, die im konkreten Einzelfall im Sinne der Identität der Tat unverwechselbar feststehen muß (vgl. VwGH vertärkter Senat vom 13.6.1984, Slg.11466A u.a.). Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschuldigten weder im Straferkenntnis noch in einer vorausgegangenen Verfolgungshandlung der Zeitpunkt der Verweigerung des Alkotestes vorgeworfen. Da bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, eine entsprechende Ergänzung nach entsprechender Ermittlung der Tatzeit vorzunehmen.

Da somit hinsichtlich aller Fakten Umstände vorliegen, welche die weitere Verfolgung des Beschuldigten ausschließen, war spruchgemäß zu entscheiden.

I.4. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG abgesehen werden. zu II. Die Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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