Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100382/5/Fra/Hm

Linz, 23.03.1992

VwSen - 100382/5/Fra/Hm Linz, am 23. März 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 3. Kammer unter dem Vorsitz der Dr. Ilse Klempt sowie den Berichter Dr. Johann Fragner und den Beisitzer Mag. Michael Gallnbrunner über die Berufung des J K, gegen die mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wegen Übertretungen des KFG 1967 und StVO 1960 verhängten Strafen, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängten Strafen werden bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24 und 51 VStG.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 12.000 S, daß sind 20 % der verhängten Geldstrafe, bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1 Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Straferkenntnis vom 28. Jänner 1992, Zl. VerkR-1193/1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 64 Abs.1 KFG 1967, 2.) § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960 und 3.) § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967, zu 1.) eine Geldstrafe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Tage), zu 2.) eine Geldstrafe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und zu 3.) eine Geldstrafe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Tage) verhängt, weil er am 8. November 1991 gegen 1.00 Uhr den PKW auf Straßen mit öffentlichem Verkehr in den Gemeindegebieten von L und G, unter anderem auf der G Straße B und der H bis zum Wohnhaus G, gelenkt hat, obwohl er 1.) nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung war, 2.) bei der angeführten Fahrt den Zulassungsschein des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges nicht mitgeführt hat und 3.) in der Folge kurz nach 1.00 Uhr am 8. November 1991 im Zuge der Amtshandlung vor dem Wohnhaus G, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Durchführung der Atemluftprobe verweigert hat, obwohl vermutet werden konnte, daß er den vorangeführten PKW unmittelbar vorher in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat (starker Alkoholgeruch, stark gerötete Augen, lallende Aussprache, unsicherer Gang). Der Beschuldigte wurde weiters gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 6.030 S, das sind 10 % der Strafe, verpflichtet.

I.2 Die fristgerecht gegen das oben angeführte Straferkenntnis eingebrachte Berufung richtet sich gegen das Strafausmaß. Begründend führt der Berufungswerber aus, daß er die verhängten Geldstrafen im Hinblick auf sein Verschulden und auch im Hinblick auf seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse als zu hoch bemessen finde.

Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da hinsichtlich der Fakten 1 und 3 jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Hinsichtlich des Faktums 2 entfällt eine Entscheidung, da dieses nicht angefochten wurde.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

I.3.2. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Artikel 130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

I.3.3. Der gesetzliche Strafrahmen beträgt für die Übertretung nach § 5 Abs.2 i.V.m. § 99 lit.b StVO 1960 8.000 S bis 50.000 S. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe kann eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen verhängt werden. Gemäß § 100 Abs.1 StVO 1960 kann, wenn eine Person einer Verwaltungsübertretung nach § 99 leg.cit. schuldig ist, derentwegen sie bereits schon einmal bestraft worden ist, anstelle der Geldstrafe eine Arreststrafe im Ausmaß der für die betreffende Tat angedrohten Ersatzfreiheitsstrafen verhängt werden; ist eine solche Person bereits zweimal bestraft worden, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Der gesetzliche Strafrahmen bezüglich der Übertretung nach § 64 KFG 1967 beträgt gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. bis zu 30.000 S. Im Falle ihrer Uneinbringlichkeit kann eine Arreststrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann anstelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Erstbehörde hat bezüglich der Übertretung nach StVO 1960 den Strafrahmen zu 60 %, bezüglich des Deliktes nach KFG 1967 den Strafrahmen zur Gänze ausgeschöpft. Diese Ausschöpfung bezieht sich allerdings nur auf die Geldstrafe, da - wie oben erwähnt - auch unter bestimmten Voraussetzungen sowohl die Verhängung von Primärarreststrafen als auch die kumulative Verhängung von Geld- und Freiheitsstrafen möglich wäre. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führt die Erstbehörde aus, das Geständnis als mildernd gewertet zu haben, jedoch 14 Vormerkungen nach § 64 Abs.1 KFG 1967, sieben Vormerkungen nach § 5 Abs.2 StVO 1960 und eine Vormerkung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 als erschwerend gewertet zu haben. Im ergänzend vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführten Ermittlungsverfahren ist hervorgekommen, daß der Beschuldigte nicht 14, sondern "nur" 12 Vormerkungen nach § 64 Abs.1 KFG 1967 und nicht 7, sondern "nur" 5 Vormerkungen nach § 5 Abs.2 StVO 1960 aufweist. Auch unter Einbeziehung dieses Umstandes, war eine Herabsetzung der Strafen aus folgenden Gründen nicht gerechtfertigt:

Vorerst ist festzustellen, daß die sogenannten "Alkoholdelikte" als auch das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung Übertretungen darstellen, welche einen großen Unrechtsgehalt aufweisen. Es ist bekannt, daß diese Delikte zu den gröbsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung und gegen das Kraftfahrgesetz gehören, da diese Übertretungen die durch die Strafdrohung geschützten Interessen der Verkehrssicherheit im besonderen Maße schädigen. Die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen lassen darüberhinaus den Schluß zu, daß als Schuldform der Übertretungen allein Vorsatz in Betracht kommt. Der Beschuldigte bringt damit zum Ausdruck, daß er nicht gewillt ist, die einschlägigen Rechtsnormen zu akzeptieren und eine gegenüber den durch diese Normen rechtlich geschützten Werten ablehnende oder zumindest gleichgültige Einstellung hat, was eben einen hohen Grad des Verschuldens darstellt. Auch aus dem Aspekt der Spezialprävention erscheint eine Herabsetzung der Strafe nicht gerechtfertigt. Die verhängten Strafen erscheinen geradezu geboten, den Beschuldigten zu rechtstreuem Verhalten zu bewegen. Es kann daher dem Umstand, daß der Beschuldigte um vier rechtskräftige Vormerkungen weniger aufweist, als die Erstbehörde im angefochtenen Bescheid angenommen hat, und daß der Beschuldigte in eher tristen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen lebt (Bezieher der Notstandshilfe, für zwei Kinder sorgepflichtig, kein Vermögen) keine entscheidende Bedeutung im Hinblick auf die Strafbemessung zukommen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

I.4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t Dr. F r a g n e r Mag. Gallnbrunner