Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164612/3/Zo/Ps

Linz, 14.12.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, unbekannter Aufenthalt, vom 18. September 2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 9. September 2008, Zl. VerkR96-29116-2008, wegen mehrerer Übertretungen des FSG, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er in insgesamt 16 Fällen den Lkw mit dem Kennzeichen X auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für diese Klasse sei. Er habe dadurch Verwaltungs­übertretungen nach § 37 Abs.1 iVm § 1 Abs.3 FSG begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in Höhe von insgesamt 5.840 Euro sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen und zusätzlich Primärarreststrafen in Höhe von 14 Tagen verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 584 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber zusammengefasst im Wesentlichen geltend, dass er selbst mit diesem Fahrzeug nicht gefahren sei. Es habe sich um einen Lkw mit Wechselbrücken gehandelt und er habe diesen nicht lenken können. Er sei bei den Fahrten stets anwesend gewesen, nie aber selbst gefahren. Das habe auch Herr X von der Firma X (sein damaliger Arbeitsgeber) gewusst, weshalb er einen anderen Fahrer eingeteilt habe. Er selbst sei nur wegen seiner Ortskenntnisse und zum Einlernen als Beifahrer mitgefahren. Dies lasse sich auch durch die Tachoscheiben beweisen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weil eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht mehr rechtzeitig durchgeführt werden kann.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber wurde angezeigt, weil er in der Zeit vom 14. April 2008 bis 23. Mai 2008 den Lkw mit dem Kennzeichen X an insgesamt 16 Tagen auf öffentlichen Straßen gelenkt habe, ohne im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse C zu sein. Der Berufungswerber hatte sich – nach dem Entzug der Lenkberechtigung in Deutschland – bei einer österreichischen Bezirks­verwaltungs­behörde einen österreichischen Führerschein erschlichen, wobei dieser in weiterer Folge entzogen worden war. Er hatte das Dokument jedoch nicht abgegeben und unter Verwendung dieses Führerscheindokumentes den gegenständlichen Lkw gelenkt. Er wurde wegen mehrerer strafrechtlicher Delikte vom Landesgericht Korneuburg am 4. September 2008 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Während des Vollzuges dieser Freiheitsstrafe hat die Erstinstanz das angefochtene Straferkenntnis erlassen und dem Berufungswerber in der Justizanstalt Korneuburg zugestellt. Der Berufungswerber hat dagegen rechtzeitig eine Berufung eingebracht, welche am 23. September 2008 bei der Erstinstanz einlangte. Diese hat in weiterer Folge zahlreiche Ermittlungsschritte gesetzt, unter anderem einen Zeugen einvernommen und einen weiteren zu erreichen versucht. Der Akt wurde letztlich mit Schreiben vom 23. November 2009 an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und langte hier am 30. November 2009 ein.

 

Vom zuständigen Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich wurde noch erhoben, dass der Berufungswerber in der Zwischenzeit aus der Strafhaft entlassen wurde. Eine Meldeanfrage an der von ihm bekanntgegebenen Entlassungsadresse ergab, dass er sich dort bereits seit dem Jahr 2007 nicht mehr aufhält.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Gemäß § 51 Abs.7 VStG tritt das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft, wenn in einem Verfahren seit dem Einlangen der Berufung gegen ein Straferkenntnis 15 Monate vergangen sind. Das Verfahren ist einzustellen. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in diese Frist nicht einzurechnen.

 

Gemäß § 51e Abs.1 VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat grundsätzlich in Verwaltungsstraf­verfahren eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen. Diese kann nur in wenigen Ausnahmefällen entfallen. Im gegenständlichen Fall hat der Berufungswerber den Sachverhalt bestritten, weshalb nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Berufungsverhandlung zwingend notwendig ist. Zu dieser Verhandlung ist der Berufungswerber so zu laden, dass ihm von der Zustellung der Ladung an mindestens zwei Wochen zur Vorbereitung zur Verfügung stehen.

 

Da die gegenständliche Berufung bereits am 23. September 2008 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingelangt ist, läuft die 15-monatige Frist für die Berufungsentscheidung am 23. Dezember 2009 ab. Der Akt ist beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch erst am
30. November 2009 eingelangt. Es wäre nunmehr zwingend eine Berufungs­verhandlung bis spätestens 23. Dezember 2009 durchzuführen, wobei die Ladung zu dieser dem Berufungswerber spätestens am 9. Dezember 2009 zugestellt werden muss. Unter Berücksichtigung des Wochenendes sowie des Feiertages hätte die Ladung daher spätestens am 4. Dezember 2009 abgesendet werden müssen. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat zwar bereits drei Tage nach dem Einlangen des Aktes erheben können, dass die vom Berufungswerber angegebene Entlassungs­adresse nicht richtig ist. Es war jedoch nicht mehr möglich, bis 4. Dezember 2009 den tatsächlichen Aufenthalt des Berufungswerbers festzustellen, weshalb es nicht mehr möglich war, ihn rechtzeitig zur Verhandlung zu laden.

 

Zur Verhandlung wären auch zwei Zeugen zu laden gewesen, wobei dazu noch festzuhalten ist, dass einen dieser Zeugen auch die Erstinstanz trotz Ladungs­bescheid und Vorführungsauftrag über einen Zeitraum von sieben Monaten nicht erreichen konnte. Es ist daher auch sehr zweifelhaft, ob dieser Zeuge rechtzeitig zur Verhandlung hätte geladen werden können. Seine Einvernahme wäre aber für ein rechtsstaatliches Verfahren notwendig gewesen.

 

Es war daher nicht mehr möglich, eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung innerhalb der 15-monatigen Entscheidungsfrist durchzuführen, weshalb eine gesetzmäßige Überprüfung der Tatvorwürfe vor dem Außerkrafttreten des Straferkenntnisses nicht mehr möglich ist. In diesem Zusammenhang muss nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Erstinstanz die Berufung erst 14 Monate nach dem Einlangen an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt hat. Die Tatvorwürfe können daher – aus zeitlichen Gründen – nicht mehr beurteilt werden, weshalb sie auch nicht als erwiesen angesehen werden können. Es ist daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l