Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522404/18/Zo/Ka

Linz, 30.12.2009

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, vom 5.10.2009, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 23.9.2009, Zl.FE-1287/2009, wegen Erteilung eines Lenkverbotes und begleitender Maßnahmen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.12.2009, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Dauer des Lenkverbotes auf  sechs Monate, gerechnet ab 12.9.2009, herabgesetzt wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d AVG iVm den §§ 7 Abs.1, Abs.3 Z1 und Abs.4, 24 Abs.1 Z1 und Abs.3, 26 Abs.2 und 32 Abs.1 Z1 FSG jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2005.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid die Vorstellung des Berufungswerbers (Bw) gegen den Mandatsbescheid vom 8.9.2009, Zl. FE-1287/2009 abgewiesen und diesen vollinhaltlich bestätigt. Im ggst. Mandatsbescheid war über den Bw ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge für die Dauer von
8 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, verhängt worden. Weiters wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker, die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, jeweils bis zum Ablauf der Entziehungsdauer, angeordnet. Dem Bw wurde das Recht aberkannt, von einer allfälligen bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Bw vorerst aus, dass er nicht im Besitz einer Lenkberechtigung sei, weshalb ihm eine solche auch nicht entzogen werden könne. Er habe den ggst. Unfall nicht verschuldet und weder eine Übertretung nach § 4 noch nach § 5 StVO begangen. Er habe das Motorfahrrad nicht gelenkt. Aus dem Verwaltungsstrafverfahren ergebe sich, dass ein solches Lenken nicht bewiesen werden könne.

 

Richtig sei, dass er damals in einem durch alkoholbeeinträchtigten Zustand gewesen sei, dies habe jedoch nicht mit dem Verkehrsunfall zu tun. Sein Motorfahrrad sei zwar beschädigt, diese Beschädigung habe jedoch Herr X X verursacht. Er habe die Übertretungen nach § 4 und § 5 StVO nicht begangen und dies könne auch von keinem Zeugen bewiesen werden.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.12.2009. Der Zeuge X wurde bereits vor dieser Verhandlung gesondert vernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Bw lenkte am 3.8.2009 um 16.30 Uhr sein Motorfahrrad in Linz auf der Goethestraße in Richtung Dinghoferstraße. Er wollte dabei die Kreuzung mit der Humboldtstraße geradeaus fahrend überqueren. Zur gleichen Zeit lenkte Frau X ihren PKW auf der Goethestraße und wollte auf der Kreuzung mit der Humboldtstraße nach links in diese einbiegen. Sie war dabei bereits in die Kreuzung eingefahren und hatte sich zum Linksabbiegen eingeordnet, wobei nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, ob sie ihr Fahrzeug zur Gänze angehalten hatte. Der Bw stieß mit seinem Motorfahrrad gegen die rechte Fahrertür des PKW und kam zu Sturz. Dabei verlor er auch seinen Helm. Der Bw stand unmittelbar nach diesem Vorfall wieder auf, von einem Unfallzeugen wurde ihm der Helm gegeben. Obwohl er von Zeugen aufgefordert wurde, das Eintreffen der Polizei abzuwarten, setzte er sich unmittelbar darauf wieder auf sein Motorfahrrad und fuhr mit diesem von der Unfallstelle weg.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der im ggst. Verfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung, der Einvernahme des Zeugen X sowie dem erstinstanzlichem Verfahrensakt. Bezüglich der dabei getätigten Aussagen und deren Beweiswürdigung wird auf die Berufungsentscheidung vom 29.12.2009  im Verwaltungsstrafverfahren verwiesen (Az: VwSen-164632). Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang der Vollständigkeit halber lediglich, dass die Lenkereigenschaft des Bw und seine Alkoholisierung als erwiesen anzusehen sind, jedoch nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, ob er tatsächlich bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren ist. Auch die Frage des Unfallverschuldens konnte nicht geklärt werden (der Zeuge X gab dazu an, dass aus seiner Sicht die PKW-Lenkerin eine Vorrangverletzung begangen hätte).

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 StGB zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei in den in Abs. 3 Z. 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen sind.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Fristen nicht befolgt, oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht, oder wurde die Mitarbeit bei der Absolvierung der begleitenden Maßnahmen unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 26 Abs.2 FSG ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird.

 

Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht iSd § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

ausdrücklich zu verbieten,

nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden oder

nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

5.2. Der Bw hat bei der ggst. Fahrt eine Atemluftalkoholkonzentration von mehr als 0,8 mg/l aufgewiesen, weshalb er eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG zu verantworten hat. Er war an einem Verkehrsunfall beteiligt und hat eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.5 StVO begangen. Diesbezüglich wird auf die Entscheidung des UVS  vom 29.12.2009, Zl. VwSen-164632 verwiesen.

 

Gemäß § 26 Abs.2 FSG beträgt die Mindestentzugsdauer in diesem Fall vier Monate. Alkoholdelikte sind grundsätzlich als verwerflich anzusehen und stellen eine erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Bw nach dem Verkehrsunfall die Unfallstelle verlassen hat und weder seine Identität nachgewiesen noch die nächste Polizeidienststelle verständigt hat. Er hat damit seine Gleichgültigkeit den wesentlichen verkehrsrechtlichen Bestimmungen gegenüber eindrücklich bewiesen.

 

Zugunsten des Bw ist bei der Wertung des ggst. Vorfalles allerdings zu berücksichtigen, dass die Frage des Verschuldens des ggst. Verkehrsunfalles nicht geklärt werden konnte. Es konnte nicht bewiesen werden, dass der Bw tatsächlich bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren ist und auch einer der Unfallzeugen schilderte den Vorfall dahingehend, dass die PKW-Lenkerin eine Vorrangverletzung begangen habe. Unter diesen Umständen darf der Umstand, dass es zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, nicht zu Lasten des Bw bei der Festsetzung der Entzugsdauer gewertet werden. Es konnte daher die von der Erstinstanz verhängte Dauer des Fahrverbotes herabgesetzt werden. Mit der Mindestdauer konnte jedoch wegen der vom Bw zu verantwortenden Fahrerflucht nicht das Auslangen gefunden werden.

 

Die Anordnung der Nachschulung, der verkehrspsychologischen Stellungnahme und des amtsärztlichen Gutachtens sind im § 24 Abs.3 FSG begründet. Die Anordnung, wonach dem Bw das Recht aberkannt wurde, von einer eventuell in seinem Besitz befindlichen ausländischen Lenkberechtigung während der Dauer des Fahrverbotes Gebrauch zu machen, ist im § 30 FSG begründet. Sollte der Bw über keine solche Lenkberechtigung verfügen, so ist er durch diese Anordnung nicht belastet. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung erfolgte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Mag. Gottfried  Z ö b l