Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522468/4/Br/Th

Linz, 29.12.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RA Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 11.12.2009, Zl. VerkR21-919-2009LL,  zu Recht:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der ausgesprochene Entzug der Lenkberechtigung wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 - AVG iVm § 7 Abs.3, Abs.4 Z13 Führerscheingesetz 1997, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 93/2009 - FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Bescheid dem Berufungswerber

1. die von der BPD Wien am 4.03.1980 unter Zahl X für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung in der Dauer von drei Monaten entzogen (§ 24 Abs.1 FSG);

2. wurde ausgesprochen, dass ihm die Lenkberechtigung für den Zeitraum von drei Monaten - gerechnet ab 24.11.2009 - dem Tag der Bescheidzustellung, keine Lenkberechtigung erteilt werden dürfe (§ 25. Abs.1 u. Abs.3 u. § 3 Abs.2 FSG);

3. wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahr­zeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung - gerechnet ab Zustellung des Bescheides – verboten (§ 32 Abs.1 FSG);

4. wurde ihn für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen (§ 30 Abs.1 u. § 32 Abs.1 FSG) und

5. wurde einem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz traf nachfolgende Erwägungen:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Bescheid vom 17.11.2009, VerkR21-919-2009/LL gemäß § 57 Abs. 1 AVG 1991 als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz Herrn X die Lenkberechtigung für die Klasse B gemäß §24 Abs. 1 FSG iVm. §57 Abs. 1 AVG 1991 für einen Zeitraum von 3 Monaten ab 24.11.2009 (Tag der Bescheidzustellung) gemäß § 25 Abs. 1 FSG iVm. § 57 Abs. 1 AVG 1991 entzogen. Des weiteren wurde für den Zeitraum der Entziehung der Lenkberechtigung ein Lenkverbot gerechnet ab Bescheidzustellung gemäß § 32 Abs. 1 iVm. § 57 Abs. 1 AVG 1991 ausgesprochen.

Weiters wurde gemäß § 30 Abs. 1 und § 32 Abs. 1 FSG für die Dauer der Entziehung das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Grund dieser Maßnahmen war die rechtskräftige Bestrafung mittels Straferkenntnis der BH Wels-Land vom 25.09.2009, VerkR96-5345-2009, wonach Sie am 12.05.2009 um 11.00 Uhr auf der A8 bei km 19,500 die Abfahrt Pichl bei Wels entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung befahren haben.

 

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Vorstellung gemäß § 57 Abs. 2 AVG 1991 erhoben und das Ermittlungsverfahren eingeleitet.

In Ihrer Vorstellung haben Sie im wesentlichen um Einstellung des Verfahrens und umgehende Ausfolgung des Führerscheines gebeten.

Sie begründen dies damit, dass seit der im Straferkenntnis der BH Wels-Land zur Last gelegten Übertretung des § 46 Abs. 4 lit. a StVO. 1960 kapp 6,5 Monate vergangen sind, weshalb die Annahme der BH Linz-Land, ich sei seit Zustellung des Mandatsbescheides vom 17.11.2009 für die Dauer von drei Monaten verkehrsunzuverlässig, nichts anderes bedeutet, als dass wegen des Vorfalles vom 12.05,2009 von der Behörde angenommen wird, dass ich wegen dieser Übertretung für die Dauer von 9,5 Monaten verkehrsunzuverlässig wurde, was unberechtigt ist. Aufgrund der Nichtabnahme meines Führerscheines zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung im Mai 2009 ist die Entziehungszeit ab Zustellung des Mandatsbescheides zu bemessen. Zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Maßnahmen muss im Sinne der ständigen Judikatur die Annahme gerechtfertigt sein, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit aktuell, also zum Zeitpunkt der Bescheidzulassung besteht und darüber noch für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten.

Außerdem verweisen Sie darauf, dass die BH Wels-Land im Straferkenntnis vom 25.09.2009 als Strafnorm nicht etwa die Bestimmung des § 99 Abs. 2 lit. c, sondern jene nach §99 Abs. 3 lit. a StVO herangezogen hat, also nicht von einer besonderen Rücksichtslosigkeit bzw. von besonders gefährlichen Verhältnissen ausgegangen ist.

 

Auf die Akteneinsicht wurde von Seiten des Rechtsvertreters verzichtet, nachdem diesem mitgeteilt wurde, dass im Zuge des Ermittlungsverfahrens kein neuer Sachverhalt zu Tage getreten ist.

Der für die Beurteilung dieses Sachverhaltes maßgebliche Tatbestand ergibt sich aus folgenden Bestimmungen:

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 - 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.   die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.   die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Ziffer 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl.Nr. 120/1997, idgF. hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl.Nr. 120/1997, idgF. verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Ver­kehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

Gemäß § 25 Abs. 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997 ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 Führerscheingesetz 1997-FSG, BGBl. Nr. 120/1997 ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Gemäß § 3 Abs. 2 Führerscheingesetz 1997-FSG, BGBl. Nr. 120/1997 darf Personen, denen eine Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen wurde, vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden.

 

Eine Person gilt gemäß § 7 Abs.1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.   die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.   sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Absatz 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, dass an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebende Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtun­gen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 sec unterschritten hat und die Übertretungen mit technischen Messgeräten festgestellt wurde, oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen;

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie haben It. Straferkenntnis der BH Wels-Land vom 25.09.2009, VerkR96-5345-2009 am 12.05.2009, 11.00 Uhr in der Gemeinde Pichl bei Wels, A8 bei km 19,500, Abfahrt Pichl bei Wels in FR Graz mit dem Fahrzeug PKW, X die Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung befahren, obwohl sich dies nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen ergeben hat.

 

Die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 FSG liegt somit vor.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Ihrem Einwand, dass seit dem Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung bis zur Erlassung des Mandatsbescheides bereits 6,5 Monate vergangen sind und daher die Feststellung einer Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt 9,5 Monaten nicht gerechtfertigt sei, ist zu entgegnen, dass nach Rsp des VwGH ein Delikt iSd Abs. 3 Z 4 dann nicht mehr die Entziehung der LB der betreffenden Person rechtfertigt, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen ist und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist. (VwGH 11.7.2000, 98/11/0303)

 

Dies bedeutet, dass ein Entzug der Lenkberechtigung innerhalb eines Jahres nach dem Tatzeitpunkt nach erstinstanzlichem Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens gerechtfertigt ist.

Im konkreten Fall wurde aber mit der Verwaltungsübertretung gemäß § 46 Abs. 4 lit. a StVO eine Handlung gesetzt, die mindestens genauso schwerwiegend wenn nicht noch gefährlicher als eine im Abs. 3 Zif. 4 normierte Übertretung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit ist und somit der mittlerweile verstrichene Zeitraum von 6,5 Monaten vernachlässigt werden kann.

 

Im Unterschied zum Verwaltungsstrafverfahren, wo der Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 99 Abs. 2 lit. c unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichts­losigkeit gegen anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und somit eine besondere Gefährdung vorzuliegen hat, reicht bei der Verkehrsunzulässigkeit gemäß § 7 Abs. 3 Zif. 3 FSG ein Verhalten aus, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, im besonderen auch das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Die genannten Umstände wiegen daher in ihrer Gesamtheit so schwer, dass es der festgesetzten Entziehungszeit bedarf, bis Sie die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen. Gemäß § 30 Abs. 1 kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von Ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot gemäß § 32 FSG auszusprechen. Aufgrund der ausgesprochenen Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit war Ihnen auch die Verwendung eines ausländischen Führerscheines in Österreich ausdrücklich zu verbieten.

 

Da Fahrzeuglenker mit mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die öffentliche Verkehrssicherheit gefährden, war im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug einer gegen diesen Bescheid allenfalls eingebrachten Berufung gemäß § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz-AVG, BGBl. Nr. 51/1991 die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

Es war daher aus vorgenannten Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht per Fax bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung mit folgenden Ausführungen:

Gegen den gestern zugestellten Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11.12.2009, VerkR21-919-2009LL, erhebe ich

 

BERUFUNG

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Zur Vermeidung von Wiederholungen erlaube ich mir auf den Inhalt meiner Vorstellung vom 24.11.2009 sowie auf jenen in der Vorstellungsergänzung vom 11.12.2009 zu verweisen und diesen zum Inhalt dieser Rechtsmittelschrift zu erheben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft vermeidet es, auf die von mir zitierte Judikatur einzugehen.

 

Der Verweis auf die Rechtsprechung zur bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG geht schon deshalb fehlt, weil die Hintergründe dieser Rechtsprechung zur quali­fizierten Geschwindigkeitsüberschreitung ganz besondere sind, nämlich gesetzliche.

 

Nach § 26 Abs. 4 FSG darf eine Entziehung gemäß Abs. 3 nämlich erst dann ausge­sprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abge­schlossen ist.

 

Dies hat es notwendig gemacht, dass die Judikatur zu dieser bestimmten Tatsache ei­nen zeitlichen Rahmen findet, in welchem der Entzug der Lenkberechtigung trotz zeit­licher Distanz zum Delikt noch zulässig ist.

 

Ein gravierender Unterschied dieser bestimmten Tatsache zu den anderen liegt auch darin, dass im Sinne der in meiner Vorstellungsergänzung vom 11.12.2009 zitierten Judikatur die Wertung der Tat nach § 7 Abs. 4 FSG entfällt, wenn das Gesetz eine fixe Entziehungsdauer vorsieht.

 

Zu Recht stellt die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land im Vorstellungsbescheid nicht in Abrede, dass die von mir zitierte Rechtsprechung auf den gegenständlichen Fall Anwendung findet, ebenso, dass dieses Delikt einer Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG zu unterziehen ist.

 

Zu verweisen ist überdies auf das bereits vorliegende Erkenntnis des UVS des Landes Oberösterreich vom 14.12.2009, VwSen-164549/5/Br/Th, in welchem u. a. ausgeführt wird, dass unter den gegebenen Umständen von leichter Fahrlässigkeit auszugehen ist und ich die gefährlichen Folgen der Falschfahrt noch rechtzeitig erkannt und sofort, noch ehe ich auf die Autobahn gelangte, durch den Umkehrversucht abwandte. Die Gefahrenlage bestand über einen Zeitraum von rund 30 Sekunden und darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass auf der fünf Meter breiten Fahrbahn ein Begegnungs­verkehr möglich ist und gegenständlich die Gefahrenlange nach einer halben Minute abgewandt war, indem ich mit dem Pkw auf den dortigen Wiesenstreifen stand, als

(zufällig) die Polizei vorbeikam; Gegenverkehr hatte ich auf diesen rund 400 Metern nicht.

 

Dass die Verwaltungsstrafbehörde keine besonders gefährlichen Verhältnisse oder eine besondere Rücksichtslosigkeit annahm, ergibt sich schon aus dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25.09., in welchem als Strafnorm die Be­stimmung des § 99 Abs. 3 Iit.a StVO herangezogen wurde.

Ich stelle höflich den

 

ANTRAG,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11.12.2009 aufheben und das Verfahren einstellen.

Ich ersuche höflich auf möglichst umgehende Entscheidung über dieses Rechtsmittel.

 

Mattighofen, am 16.12.2009                                                                                X“

 

2.1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht!

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte mit Schreiben vom 22.12.2009 zur Berufungsentscheidung vorgelegt; der Akt langte bei der Berufungsbehörde am 28.12.2009 ein und kam dem zuständigen Mitglied am 29.12.2009 zur Vorlage.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des hier anhängig gewesenen Verwaltungsstrafverfahrens, sowie in den vorgelegten Verfahrensakt. Beigeschafft wurde ein aktueller Auszug aus dem Verwaltungsvormerkregister der Wohnsitzbehörde des Berufungswerbers.

 

4. Sachverhalt:

Der Berufungswerber hat am 12.5.2009 um 11:00 Uhr mit dem Pkw, Kennzeichen X, in der Gemeinde Pichl bei Wels, die Richtungsfahrbahn der Autobahnabfahrt aus Richtung Suben der A8 entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung befahren.

Wie in der Berufung unter Hinweis auf die h. Berufungsentscheidung v. 14.12.2009, VwSen-164549/5/Br/Th zutreffend dargetan wurde, hat die Berufungsbehörde dieser vom Berufungswerber ehest erkannten und letztlich noch vor Erreichen der Autobahn beendeten Falschfahrt als atypisch bezeichnet und keine gefährlichen Folgen zugemessen. Dieser Umstand wurde demnach als gravierend anders beurteilt als er einer klassischen „Geister- oder Falschfahrt“ in typischer Weise an Gefährlichkeit zuzuordnen ist.

Zutreffend wurde auch darauf hingewiesen, dass selbst die Verwaltungstrafbehörde erster Instanz diesem nunmehr bereits mehr als sieben Monate zurückliegenden Vorfall nicht als unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen erachtete und demnach nur die Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 anwendete.

Der als Geschäftsführer tätige Berufungswerber zeigte sich anlässlich der h. Berufungsverhandlung am 14.12.2009 im Verwaltungsstrafverfahren einsichtig und bedauerte diesen Vorfall. Er legte glaubwürdig und nachvollziehbar dar, dass es offenkundig nur durch eine Verkettung unglücklicher Umstände und keinesfalls durch einen Orientierungsverlust zu dieser kurzen und gefahrlos verlaufenen Falschfahrt gekommen ist. Die Berufungsbehörde sah sich im Strafverfahren nicht zuletzt zur Feststellung veranlasst, dass ein solcher Fehler „durch widrige Umstände durchaus jedem wertverbundenen Autofahrer unterlaufen könnte“.

Mit diesen Überlegungen scheint sich die Behörde erster Instanz offenbar in diesem Verfahren, insbesondere bei der nach § 7 Abs.4 FSG vorzunehmenden Wertung, inhaltlich nicht auseinander gesetzt zu haben.

 

6. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung darf eine solche im Sinne des § 3 Abs.1 FSG nur Personen erteilt (und daher auch nur belassen) werden, die:

     ...

     2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

     ...

    Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ist gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

6.1. Die Behörde erster Instanz geht in ihren rechtlichen Ausführungen auf die hier rechtskräftig festgestellte atypische Fallgestaltung überhaupt nicht ein. Mit den pauschalen Hinweisen auf § 7 Abs.3 Z3 letzter Halbsatz wird zumindest keine noch für weitere drei Monate bestehende Verkehrsunzuverlässigkeit aufgezeigt.

Es kann auf sich bewenden ob das kurze Befahren einer Autobahnzufahrt, welche als Definition im Sinne der StVO als Teil der Autobahn gilt, vom Führerscheingesetzgeber an sich bereits „als Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen“ gesehen werden wollte.

Jedenfalls kann diesem von der Strafbehörde nicht einmal nach § 99 Abs.2 lit.c StVO (als unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen) qualifiziertem Verhalten und unter Berücksichtigung des bisherigen Wohlverhaltens keine über zehn Monate andauernde Verkehrszuverlässigkeit zugesonnen werden. Damit wurde von der Behörde erster Instanz die Rechtslage insofern verkannt, als dies zu einem mit der EMRK in Konflikt geratendem Ergebnis führt, indem der Führerscheinentzug letzlich nur mehr als Strafe zur Wirkung gelangt (VwGH 25.5.2004, 2003/11/0291).

Vor diesem Hintergrund muss ob des langen Zurückliegens des Vorfalls auch die Annahme einer Gefahr in Verzug und darauf gestützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als problematisch bemerkt werden.

Die Behörde kann [hat] iSd § 64 Abs.2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung immer dann (aber auch nur dann) aberkennen, wenn die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge geboten ist. Davon kann bei sachbezogener Betrachtung des Sachverhaltes hier aber wohl kaum die Rede sein (VwGH 2.7.1986, 85/11/0167 mit Hinweis auf VwGH 28.11.1983, 82/11/0270, VwSlg 11237 A/1983 sowie VwGH 29.9.2005, 2005/11/0123).

Wenn die Behörde erster Instanz in diesem Zusammenhang auf ein Erkenntnis einer gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitung verweist, geht dies ins Leere weil den sogenannten Kurzzeitentzügen keine Wertung zu Grunde liegt, sondern ein solcher Entzug als Erziehungs- u. nicht als Sicherungsmaßnahme konzipiert ist (VfGH 14.3.2003, G 203/02 ua).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbei zu führen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen, sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Der Berufungswerber nahm laut Vormerkregister ab diesem Vorfall bis zu verfahrensgegenständlichen Entzug im übrigen völlig unbeanstandet am Straßenverkehr teil.

 

Alleine schon die mit Blick auf im Gegensatz zur Fahrt auf der Autobahn geringergradige Gefährlichkeit  dieser nur kurzzeitigen Falschfahrt am Zufahrtsbereich und insbesondere die seit daher verstrichene Zeit und das Wohlverhalten während dieser Zeit lässt keine Wertungskriterien erkennen, welche derzeit noch auf eine noch weitere drei Monate auf eine Verkehrsunzuverlässigkeit schließen ließen (vlg. VwGH v. 11.4.2000, 99/11/0351). Nicht zuletzt erfordert das am Gleichheitsgrundsatz orientierte Sachlichkeitsgebot, dass ein Sachverhalt nicht völlig pauschal, sondern an seinen Auswirkungen im Einzelfall beurteilt wird!

Die Entziehung der Lenkberechtigung war daher von der Berufungsbehörde unverzüglich zu beheben (VwGH 24.7.2007, 2005/11/0156 mit Hinweis auf VwGH 27. März 2007, 2006/11/0273 mwN.

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r