Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222305/2/Kl/Pe

Linz, 29.12.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 28.8.2009, Ge96-89-11-2008-Bd/Fr, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 27, 29a und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 28.8.2009, Ge96-89-11-2008-Bd/Fr, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) Geldstrafen von 200 Euro in fünf Fällen und 300 Euro in einem Fall, Ersatzfreiheitsstrafen von 32 Stunden in fünf Fällen und 48 Stunden in einem Fall, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 370 Abs.1 iVm § 367a und § 114 Abs.1 GewO 1994 iVm § 8 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x, welche im Standort x, im Besitz des Gewerbes mit dem Wortlaut „Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994 in der Betriebsart einer Diskothek“ ist, zu vertreten hat, dass von Organen der Polizeiinspektion Freistadt festgestellt wurde, dass der Bw in der Nacht vom 18.10.2008 bis zum 19.10.2008 im Lokal „x“ vom Bedienungspersonal nachstehend angeführten Jugendlichen entgegen den Bestimmungen des Oö. Jugendschutzgesetztes 2001 iVm den Bestimmungen der GewO 1994 Alkohol ausschenken habe lassen.

1.     x, geb. x, konsumierte Alkohol, welcher ihm vom Bedienungspersonal ausgeschenkt wurde. Der Alkovortest am 19.10.2008 um 02.22 Uhr ergab 0,80 mg/l.

2.     x, geb. x, konsumierte Alkohol, welcher ihm vom Bedienungspersonal ausgeschenkt wurde. Der Alkovortest am 19.10.2008 um 02.33 Uhr ergab 0,44 mg/l.

3.     x, geb. x, konsumierte Alkohol, welcher ihm vom Bedienungspersonal ausgeschenkt wurde. Der Alkovortest am 19.10.2008 um 00.00 Uhr ergab 0,65 mg/l.

4.     x, geb. x, konsumierte Alkohol, welcher ihr vom Bedienungspersonal ausgeschenkt wurde. Der Alkovortest am 19.10.2008 um 02.21 Uhr ergab 0,71 mg/l.

5.     x, geb. x, konsumierte Alkohol, welcher ihm vom Bedienungspersonal ausgeschenkt wurde. Der Alkovortest am 19.10.2008 um 02.57 Uhr ergab 0,84 mg/l.

6.     x, geb. x, konsumierte Alkohol, welcher ihm vom Bedienungspersonal ausgeschenkt wurde. Der Alkovortest am 19.10.2008 um 02.43 Uhr ergab 1,03 mg/l.

Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken verboten.

An Jugendliche dürfen keine alkoholischen Getränke abgegeben werden, welche sie iSd § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 nicht erwerben und konsumieren dürfen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Verwaltungsstrafe hätte nicht ausgesprochen werden dürfen. Die Kellner seien unterwiesen, an Jugendliche und Betrunkene keinen Alkohol auszuschenken und hätten im Zuge der Einstellung dies auch unterfertigt. Bei der Eingangskontrolle durch Vorweisen eines Ausweises wird ein farbiges Band an über 18-Jährige verteilt, wobei die Farbe täglich gewechselt werde. Auch seien in sämtlichen Bars die Jugendschutzbestimmungen angeschlagen und werde darauf hingewiesen, dass an Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren nur Bier und Wein ausgeschenkt werden dürfe. Die Lokale und Kellner werden vom Bw als Geschäftsführer und Herrn x kontrolliert. Es werde darauf hingewiesen, dass unter den befragten  Gästen, mit Ausnahme von Herrn x, lediglich Bier und Wein ausgeschenkt wurde. Weder vom Bw noch von den Kellnern werde aber an Gäste, an denen eine Alkoholisierung sichtbar sei, Alkohol ausgeschenkt. Der Alkoholisierungsgrad könne allerdings nicht festgestellt werden. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass den Gästen Getränke von anderen Gästen zur Verfügung gestellt worden seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Danach ist der für die Entscheidung erhebliche Sachverhalt ausreichend klar ersichtlich. Weil der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 114 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 idF BGBl.I Nr. 68/2008 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) ist es Gewerbetreibenden untersagt, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Die Gewerbetreibenden und die im Betrieb beschäftigten Personen müssen die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises oder einer speziellen Jugendkarte, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen zum Nachweis des Alters geeignet ist, verlangen, um das Alter der Jugendlichen festzustellen. Die Gewerbetreibenden haben an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf das im ersten Satz angeführte Verbot hingewiesen wird.

 

Gemäß § 367a GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

 

Gemäß § 8 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 – Oö. JSchG 2001 ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und von alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten. An Jugendliche dürfen keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren abgegeben werden, welche sie im Sinn des Abs.1 nicht erwerben und konsumieren dürfen.

 

5.2. Die x hat ihren Sitz in x, und ist im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart „Diskothek“ am Standort x. Zum gewerberechtlichen Geschäftsführer wurde der Bw mit 18.1.2007 bestellt.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Dies ist daher jener Ort, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen.

 

Dem Bw wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis als Tathandlung vorgeworfen, dass er am Standort x vom Bedienungspersonal an näher angeführte Jugendliche Alkohol ausschenken hat lassen. Die Tathandlung wurde daher am Gewerbestandort gesetzt. Dieser Ort ist Tatort. Die Gemeinde x liegt hingegen im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Freistadt. Die belangte Behörde ist daher zur Erlassung des Straferkenntnisses örtlich unzuständig. Es war daher mangels Zuständigkeit der belangten Behörde das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben.

 

5.3. Der Bw hat zwar seinen Wohnsitz in x und liegt dieser im Sprengel der belangten Behörde. Allerdings kann dem gesamten Verwaltungsstrafakt nicht entnommen werden, dass das Verfahren von der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Freistadt an die belangte Behörde gemäß § 29a VStG als Wohnsitzbehörde übertragen wurde. Dem Übermittlungsschreiben der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.11.2008 ist ein entsprechender Übertragungsvorgang nicht zu entnehmen. Die Übertragung der Zuständigkeit hinsichtlich der Anzeige vom 28.10.2008, bei der belangten Behörde eingelangt am 10.11.2008, betrifft hingegen eine Tatbegehung am 18.10.2008, 02.20 Uhr, und deckt sich nicht mit dem Tatvorwurf im angefochtenen Straferkenntnis. Auch ist die Verwaltungsübertretung aus der Anzeige nicht erkennbar. Insoweit die Abtretung gemäß § 29a VStG an eine Anzeige anknüpft, wird das Verwaltungsstrafverfahren nur hinsichtlich der den entsprechenden Sachverhaltselementen nach in der Anzeige ausdrücklich angeführten Verwaltungsübertretungen übertragen (VwGH 3.10.1984, Slg. 11536 A; 30.10.1990, 90/04/0195). Darüber hinaus ist aber auch darauf hinzuweisen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsübertragung, nämlich dass das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, nicht vorliegen. Der Gewerbebetrieb liegt im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Freistadt. Die Mehrzahl der angezeigten und als Zeugen einvernommenen Jugendlichen hat ihren Wohnsitz im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Freistadt. Diese hätte eine direkte Ladung vornehmen können. Eine wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens ist daher nicht zu erwarten gewesen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, waren gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Tatort, Standort der Gewerbeberechtigung, Übertragung der Zuständigkeit, Voraussetzungen

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum