Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222308/6/Bm/Ga

Linz, 22.12.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die auf die Strafe beschränkte Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x gegen Spruchpunkt A des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10.9.2009, Ge96-42-2009, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17.11.2009 zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die unter Spruchpunkt A verhängte Strafe des Verfalles behoben wird.

II.         Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 16, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF

Zu II.: § 65 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10.9.2009, Ge96-42-2009 wurde über den Berufungswerber (Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 iVm § 366 Abs.1 Zif 1 GewO 1994 die Strafe des Verfalles der im Straferkenntnis angeführten gebrauchten Kraftfahrzeuge ausgesprochen.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben zumindest zwischen 12.5.2009 und 16.7.2009 im Standort x, von verschiedenen Kfz-Betrieben und Privatpersonen angekaufte Gebrauchtfahrzeuge, nämlich

1. VW Polo blau

2. VW Polo blau

3. VW Polo schwarz

4. VW Polo rot

5. VW Polo blau

6. VW Golf weinrot

7. VW Golf blau

8. VW Golf weiß

9. VW Vento grün

10. Ford Fiesta weiß

11. VW Golf rot

12. VW Polo grün

13. VW Golf rot

14. VW Polo schwarz

15. VW Golf rot

16. SEAT Ibiza grün

17. Ford Fiesta blau

18. VW Polo grün

19. VW Polo rot

20. VW Lupo schwarz

21. VW Lupo grün

22. VW Lupo grün und

23. Opel Corsa blau

Sowie Autoersatzteile (Autotüren, Motorhauben, Batterien) in der Absicht abgestellt, diese gegen Entgelt wieder an mögliche Kunden zu verkaufen; Sie haben somit Tätigkeiten, die dem Handelsgewerbe vorbehalten sind, selbständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ohne im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe zu sein, obwohl das Handelsgewerbe erst nach rechtsgültig erstatteter Gewerbeanmeldung ausgeübt werden darf."

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser im Wesentlichen ausgeführt, dass es nicht den Tatsachen entspreche, dass sämtliche der im Straferkenntnis genannten Fahrzeuge im Eigentum des Beschuldigten stehen würden. Die Mehrzahl der genannten Fahrzeuge würden viel mehr im Eigentum der 6 Kinder des Beschuldigten stehen und sei der Beschuldigte auch nicht beauftragt worden, diese Fahrzeuge zu verkaufen.

Die Begründung der Behörde, der Beschuldigte habe in nicht geringem Umfang gebrauchte Fahrzeuge und Fahrzeugteile regelmäßig angekauft und bei entsprechendem Interesse von Kunden gegen Entgelt auch wieder weitergegeben und würde diese Tätigkeit noch weiter ausüben, gründe auf keinerlei nachvollziehbarer Beweiswürdigung. Die Behörde begründe Ihre Feststellung apodiktisch alleine dadurch, dass genannte Verhalten des Beschuldigten sei ihr bekannt. Es sei aber nicht nachvollziehbar, auf Grund welcher Umstände die Behörde Kenntnis von den Vorwürfen habe, ob etwa der Beschuldigte einem Organ der Behörde ein Fahrzeug zum Kauf angeboten habe, oder die Behörde lediglich vom Hören-Sagen von den Vorwürfen wisse. Sofern die Behörde zur Begründung den Strafakt Gz: Ge96-54-2008 bemühe, sei nicht nachvollziehbar, woraus sie schließe, dass das mit Strafverfügung vom 30.3.2009 geahndete Verhalten weiterhin vorliege; wiederum handle es sich um eine bloße Behauptung der Behörde, die aber durch keine Beweisergebnisse nachvollziehbar sei. Der angefochtene Bescheid leide sohin auch an einem Begründungsmangel.

Das Straferkenntnis sei unrechtmäßig, weil es die zur Ziffer 1 bis 23 aufgezählten Fahrzeuge lediglich nach Marke und Farbe beschreibe, die Fahrzeuge aber mangels Angabe des Typs sowie einer konkreten Fahrgestellnummer gar nicht identifizierbar seien. Lediglich beispielshalber sei erwähnt, dass von der Behörde gleich drei "VW Polo blau" angeführt würden, aber keineswegs ersichtlich sei, wie diese Fahrzeuge im Einzelnen zu konkretisieren bzw. von anderen, die sich womöglich ebenfalls auf der Grundstücksfläche befinden, zu unterscheiden seien. Die dem Straferkenntnis zu Grunde liegende Tat sei daher nicht genau bezeichnet bzw. könne das Straferkenntnis so auch gar nicht exekutiert werden.

Die Verfallstrafe sei in den §§ 10, 17 und 18 VStG geregelt. Die belangte Behörde wende diese Strafbestimmungen jedoch nicht an, sondern stütze sich allein auf § 369 GewO. Der Beschuldigte habe jedoch einen Anspruch auf Anwendung der rechtlichen gesetzlichen Bestimmungen, mangels dessen das Straferkenntnis ebenfalls unwirksam sei.

Die Behörde habe keine Feststellung getroffen, dass der Beschuldigte die angeführten Fahrzeuge konkret zum Verkauf angeboten hätte. Die Strafe des Verfalles von Gegenständen könne sich jedoch nur auf jene Gegenstände beziehen, die der Beschuldigte konkret zum Verkauf angeboten habe. Auch aus diesem Grund sei das Straferkenntnis unrechtmäßig.

Die Strafe des Verfalls von 23 Kraftfahrzeugen bei einer Übertretung nach § 366 Abs.1 Zif. 1 GewO sei jedenfalls auch unverhältnismäßig. Die genannten Fahrzeuge würden einen erheblichen finanziellen Wert darstellen und wäre daher die Aussprache des Verfalls der Gegenstände ein unverhältnismäßiger Eingriff in das den Beschuldigten verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Achtung des Eigentums.

Weiters zeige das gesamte bisherige Verwaltungsgeschehen, dass sich der Beschuldigte um die Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung bemüht habe und für diesen Fall auch eine Gewerbeberechtigung gelöst hätte. Die Behörde habe auch schon vorgehabt, die Betriebsanlage zu genehmigen, dies sei jedoch auf Grund eines überraschenden Sinnungswandels des Eigentümers der Liegenschaft letztlich unterblieben. Hievon sei der Beschuldigte jedoch von der Behörde erst mit Schreiben vom 8.9.2009 verständigt worden. Selbst wenn man also davon ausgeht, dass der Beschuldigte beabsichtige, mit den Fahrzeugen zu handeln, was bestritten werde, erhelle er daraus, dass ihn jedenfalls auch nur eine, wenn überhaupt geringe Schuld daran treffe, dass er allenfalls nicht rechtzeitig um eine Gewerbeberechtigung angesucht habe, weil er zuvor eine Betriebsanlagengenehmigung erreichen wollte.

Selbst wenn also dem Beschuldigten ein Verschulden zur Last zu legen sei, so sei ein solches Verschulden lediglich als vernachlässigbar zu qualifizieren. Diese Umstände würden viel mehr für ein bloß geringfügiges Fehlverhalten sprechen, dass auch einem gewissenhaften und besonnen Menschen in einer vergleichbaren Situation unterlaufen könne.

Es sei ferner zu berücksichtigen, dass die Folgen der Übertretung unbedeutend geblieben seien, da kein Fahrzeug gehandelt worden sei und auch keinerlei Flüssigkeiten aus den Fahrzeugen ausgelaufen seien. Darüber hinaus handle es sich bei den vorgeworfenen Übertretungen um reine Formaldelikte, sodass allfällige Folgen der Übertretung schon dem Tatbild nach nicht in Frage kommen würden. Es sei daher jedenfalls davon auszugehen, dass das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibe.

Es seien somit die Voraussetzungen des § 21 VStG gegeben und sei somit auch aus diesem Grund von einer weiteren Verfolgung abzusehen.

Weiters habe die Behörde den ihr zur Verfügung stehenden Strafrahmen exorbitant ausgenützt, in dem sie den Verfall von gleich 23 Fahrzeugen ausgesprochen habe, was keinesfalls in irgendeinem vertretbaren Verhältnis zum Schuldvorwurf an der Übertretung stehe. Die Bestrafung in Form des Verfalls sei somit auch unverhältnismäßig, willkürlich und daher nicht gesetzlich. Die Behörde hätte viel mehr mit einer wesentlich geringeren Strafe das Auslangen finden können.

 

Es werden die Anträge gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat wolle

 

- das angefochtene Straferkenntnis aufheben und allenfalls nach Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens und Aufnahme der beantragten Beweise das Verwaltungsstrafverfahren einstellen

- in eventu unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen

- in eventu unter Anwendung des § 21 VStG den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen und von der Verhängung einer Strafe absehen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 17.11.2009, an welcher der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen teilgenommen haben.

Im Zuge der Berufungsverhandlung wurde vom Bw die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt A auf die Strafe eingeschränkt; hinsichtlich Spruchpunkt B wurde die Berufung zurückgezogen.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 5 GewO 1994 dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

 

Nach § 366 Abs.1 Zif. 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 369 leg. cit kann die Strafe des Verfalles von Waren ausgesprochen werden, wenn diese Gegenstände mit einer Verwaltungsübertretung nach § 366 im Zusammenhang stehen, bei einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Zif. 15 kann auch der Verfall des Automaten mittels dessen die Gewerbeausübung erfolgte, ausgesprochen werden. Von der Verhängung der Strafe des Verfalles ist jedoch Abstand zu nehmen, wenn es sich um Gegenstände handelt, die der Beschuldigte zur Ausübung seines Berufes oder zur Führung seines Haushaltes benötigt.

 

Nach der oben zitierten Bestimmung des § 369 GewO 1994 bezieht sich die Strafe des Verfalls auf Waren, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehen, das heißt konkret zum Verkauf angeboten werden. Gegenständlich kann von einem konkreten Verkaufangebot der im Spruchpunkt A bezeichneten Waren nicht ausgegangen werden, weshalb im Grunde des Berufungsvorbringens der Strafausspruch des Verfalles zu beheben war.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenkostenbeitrag zum Berufungsverfahren nicht zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier