Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222326/2/Kl/Pe

Linz, 29.12.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14.9.2009, Ge96-113-8-2008-Bd/Fr, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 27, 29a und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14.9.2009, Ge96-113-8-2008-Bd/Fr, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 32 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 370 Abs.1 iVm § 367a und § 114 Abs.1 GewO 1994 iVm § 8 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x, welche im Standort x, im Besitz des Gewerbes mit dem Wortlaut „Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994 in der Betriebsart einer Diskothek“ ist, zu vertreten hat, dass von Organen der Polizeiinspektion Freistadt festgestellt wurde, dass der Bw in der Nacht vom 17.10.2008 bis zum 18.10.2008 im Lokal „x“ vom Bedienungspersonal nachstehend angeführter Jugendlichen entgegen den Bestimmungen des Oö. Jugendschutzgesetztes 2001 iVm den Bestimmungen der GewO 1994 Alkohol ausschenkt wurde.

x, geb. x, konsumierte Alkohol, und zwar zwei Halbe Bier und vier Cappy-Malibu, welcher ihr vom Bedienungspersonal ausgeschenkt wurde. Der Alkovortest am 18.10.2008 um 02.20 Uhr ergab 0,56 mg/l.

Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, dürfen weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.

Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken verboten.

An Jugendliche dürfen keine alkoholischen Getränke abgegeben werden, welche sie iSd § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 nicht erwerben und konsumieren dürfen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Verwaltungsstrafe hätte nicht ausgesprochen werden dürfen. Die Kellner seien unterwiesen, an Jugendliche und Betrunkene keinen Alkohol auszuschenken und hätten im Zuge der Einstellung dies auch unterfertigt. Bei der Eingangskontrolle durch Vorweisen eines Ausweises wird ein farbiges Band an über 18-Jährige verteilt, wobei die Farbe täglich gewechselt werde. Auch seien in sämtlichen Bars die Jugendschutzbestimmungen angeschlagen und werde darauf hingewiesen, dass an Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren nur Bier und Wein ausgeschenkt werden dürfe. Die Lokale und Kellner werden vom Bw als Geschäftsführer und Herrn x kontrolliert. Es sei ein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet worden. Jedoch lasse es sich nicht verhindern, dass trotz ausdrücklicher Anweisung des Bedienungspersonals im Einzelfall Spirituosen ausgeschenkt werden würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Danach ist der für die Entscheidung erhebliche Sachverhalt ausreichend klar ersichtlich. Weil der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 114 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 idF BGBl.I Nr. 68/2008 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) ist es Gewerbetreibenden untersagt, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Die Gewerbetreibenden und die im Betrieb beschäftigten Personen müssen die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises oder einer speziellen Jugendkarte, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen zum Nachweis des Alters geeignet ist, verlangen, um das Alter der Jugendlichen festzustellen. Die Gewerbetreibenden haben an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf das im ersten Satz angeführte Verbot hingewiesen wird.

 

Gemäß § 367a GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

 

Gemäß § 8 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 – Oö. JSchG 2001 ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und von alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten. An Jugendliche dürfen keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren abgegeben werden, welche sie im Sinn des Abs.1 nicht erwerben und konsumieren dürfen.

 

5.2. Die x hat ihren Sitz in x, und ist im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart „Diskothek“ am Standort x. Zum gewerberechtlichen Geschäftsführer wurde der Bw mit 18.1.2007 bestellt.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Dies ist daher jener Ort, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen.

 

Dem Bw wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis als Tathandlung vorgeworfen, dass er am Standort x vom Bedienungspersonal an näher angeführte Jugendliche Alkohol ausschenken hat lassen. Die Tathandlung wurde daher am Gewerbestandort gesetzt. Dieser Ort ist Tatort. Die Gemeinde x liegt hingegen im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Freistadt. Die belangte Behörde ist daher zur Erlassung des Straferkenntnisses örtlich unzuständig. Es war daher mangels Zuständigkeit der belangten Behörde das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben.

 

5.3. Der Bw hat zwar seinen Wohnsitz in x und liegt dieser im Sprengel der belangten Behörde. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 6.11.2009 wurde zwar das Strafverfahren gemäß § 29a VStG an die belangte Behörde übertragen. Es wurde die betreffende Anzeige vom 28.10.2008 angeschlossen. Gemäß § 29a VStG darf aber die zuständige Behörde das Strafverfahren nur dann an die sachlich zuständige Wohnsitzbehörde übertragen, wenn dadurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird. An diesen wesentlichen gesetzlichen Voraussetzungen fehlt es aber. Außer dem Wohnsitz sind andere Anknüpfungspunkte zum Sprengel der belangten Behörde aus dem Akt nicht ersichtlich. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes richtet sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer auf § 29a VStG gestützten Übertragung des Strafverfahrens danach, ob die übertragende Behörde im Zeitpunkt ihres Vorgehens nach der angeführten Gesetzesnovelle begründet der Auffassung sein konnte, durch die Übertragung des Verfahrens an eine andere Behörde werde der angeführte Erfolg eintreten (VwGH 28.2.1989, 88/07/0115; 25.1.1993, 92/10/0419; 17.3.1999, 97/03/0364).

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, waren gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung: Tatort, Übertragung der Zuständigkeit, keine Vereinfachung