Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100389/8/Bi/Hm

Linz, 17.03.1992

VwSen - 100389/8/Bi/Hm Linz, am 17. März 1992 DVR.0690392 J B, N; Übertretung der StVO 1960;

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des J B, vertreten durch Dr. M K, Rechtsanwalt in L, vom 4. Februar 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23. Jänner 1992, VerkR/96/1459/1991/Stei/He, aufgrund des Ergebnisses der am 17. März 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Punkte 2.), 3.) und 4.) (je § 20 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten behoben und das Verfahren eingestellt.

Hinsichtlich Punkt 1.) (§ 20 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Hinsichtlich der Punkte 2.), 3.) und 4.) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Hinsichtlich Punkt 1.) hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 200 S (20 % der verhängten Strafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 45 Abs.1 Z.1, 51e Abs.1 und 19 VStG. zu II.: §§ 64 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 23. Jänner 1992, VerkR96/1459/1991/Stei/He, über Herrn J B, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) bis 4.) je § 20 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.000 S, 2.) 700 S, 3.) 700 S und 4.) 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 24, 2.) 18, 3.) 18 und 4.) 24 Stunden verhängt, weil er am 5. März 1991 gegen 16.10 Uhr den PKW auf der B von L kommend in Richtung R gelenkt und dabei 1.) zwischen Strkm. 14,3 und 15,8 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h, 2.) zwischen Strkm. 18,7 und 20,2 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h, 3.) zwischen Strkm. 21,0 und 22,0 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h und 4.) zwischen Strkm. 23,2 und 24,7 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h überschritten hat.

Außerdem wurde er zum Ersatz des Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von insgesamt 340 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Am 17. März 1992 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der Berufungswerber begründet sein Rechtsmittel im wesentlichen damit, das Straferkenntnis stütze sich allein auf die Aussage des Meldungslegers, der an verschiedenen Straßenabschnitten durch Nachfahrt und Schätzung Geschwindigkeitsüberschreitungen angenommen habe, jedoch ohne ihn durch Einschalten von Blaulicht und Folgetonhorn auf sich aufmerksam zu machen und zur Einhaltung einer geringeren Geschwindigkeit anzuhalten. Geklärt sei auch nicht, inwieweit der Tachometer des Dienstwagens radarüberprüft und welche Abweichung von der tatsächlichen Geschwindigkeit anzunehmen sei. Der Meldungsleger habe selbst angeführt, die Geschwindigkeiten hätten ständig gewechselt, und er habe Probleme gehabt, mit dem Dienstwagen dem PKW des Beschuldigten zu folgen. Im Gegensatz dazu stelle der Strafbescheid fest, daß die Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand erfolgt sei. Es sei daher nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit anzunehmen, daß er die Überschreitungen tatsächlich begangen habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Meldungsleger Rev.Insp. R R zeugenschaftlich befragt an, er habe als Lenker des Gendameriefahrzeuges nach dem 70 km/h-Bereich in W beschleunigt, wobei ihm aufgefallen sei, daß das Beschuldigten-Fahrzeug vor ihm erheblich höher beschleunigte. Er sei ca. 100 m an diesen herangekommen und zwischen km 14,3 und km 15,8 der B 127 in gleichbleibendem Abstand hinter dem PKW nachgefahren. Der Tacho des Gendameriefahrzeuges sei radarüberprüft und habe bei der Nachfahrt ca. 150 km/h angezeigt, was einer tatsächlichen Geschwindigkeit von ca. 130 bis 140 km/h entspreche. Er sei zu diesem Zeitpunkt der Meinung gewesen, er könne den Beschuldigten noch einholen, sodaß er es nicht für notwendig gehalten habe, Blaulicht und Folgetonhorn einzuschalten.

Der Beschuldigte hat angegeben, auf der gesamten Fahrt nichts vom Gendameriefahrzeug bzw. vom Meldungsleger bemerkt zu haben. Dieser sei erst am Parkplatz der Firma K in Erscheinung getreten.

Auf Grund des Verhandlungsergebnisses wird der dem Beschuldigten im Straferkenntnis unter Punkt 1.) zur Last gelegte Tatbestand als erwiesen angenommen. Die Nachfahrstrecke von 1,5 km sowie der Abstand zwischen den Fahrzeugen reicht aus, um eine Geschwindigkeitsüberschreitung festzustellen, wobei diesbezüglich die Zeugenaussage des Meldungslegers schlüssig war. Der Beschuldigte hat keine konkrete Gegendarstellung anzubieten vermocht, die die glaubwürdigen Ausführungen des Meldungslegers in Zweifel gezogen hätte.

Da gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 der Lenker eines Fahrzeuges auf Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren darf, hat der Beschuldigte durch die Einhaltung einer Geschwindigkeit von ca. 130 km/h den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Grundlage für die Strafbemessung sind die im § 19 VStG genannten Kriterien, wobei neben dem Unrechtsgehalt der Tat im ordentlichen Ermittlungsverfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen und unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Bei der Bemessung von Geldstrafen sind überdies die Einkommens- , Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Die festgesetzte Strafe entspricht im wesentlichen dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, wobei keinerlei Erschwerungs- oder Milderungsgründe zu berücksichtigen sind. Der Beschuldigte weist eine nicht einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1990 auf, sodaß nicht mehr von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen ist. Die verhängte Strafe entspricht auch seinen wirtschaftlichen Verhältnissen (ca. 15.000 S netto monatlich, kein Vermögen, sorgepflichtig für Gattin und zwei Kinder), und ist deren Verhängung im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt, sodaß Punkt 1.) des bekämpften Straferkenntnisses vollinhaltlich zu bestätigen war.

4.2. Hinsichtlich der in den Punkten 2.), 3.) und 4.) des bekämpften Straferkenntnisses angeführten Geschwindigkeitsüberschreitungen hat der Zeuge bei der mündlichen Verhandlung keine ausreichende Grundlage für die Annahme derartiger Verwaltungsübertretungen geboten. Insbesondere hat er angeführt, er habe den PKW des Beschuldigten öfters aus den Augen verloren, der Abstand zwischen den Fahrzeugen habe sich wesentlich vergrößert und er sei auf Grund des nur 50 PS - was er später auf 70 PS abänderte aufweisenden Gendameriefahrzeuges nicht in der Lage gewesen, dem PKW des Beschuldigten in annähernd gleichbleibendem Abstand nachzufahren. Nach Strkm. 22 der B 127 sei eine Kolonne mit ca. 80 km/h gefahren, wobei er zuvor den Beschuldigen aufgrund einer unübersichtlichen Kurve aus den Augen verloren hatte und sich dieser beim Ansichtigwerden der Kolonne bereits in dieser befand. Seiner Meinung nach habe der Beschuldigte zwei Kolonnenfahrzeuge überholt gehabt, da in diesem Bereich keine Nebenstraßen einmünden; er könne aber auch nicht ausschließen, daß diese PKW aus der dort befindlichen Hauseinfahrt gekommen seien. Der Beschuldigte habe am Ende der 80 km/h-Beschränkung die restlichen Fahrzeuge überholt und dabei derart beschleunigt, daß es ihm mit dem Gendameriefahrzeug gänzlich unmöglich gewesen sei, ihm zu folgen. Der Abstand habe sich auf ca. 400 m vergrößert, und er hätte den Beschuldigten, wenn dieser nicht zum genannten Parkplatz gefahren wäre, nie mehr eingeholt. Ein Einschalten des Blaulichtes wäre deshalb sinnlos gewesen, weil der Beschuldigte aufgrund des großen Abstandes die Einsatzfahrt nicht auf sich beziehen hätte müssen.

Der unabhängige Verwaltungssenat erachtet die Darstellung des Zeugen nicht für ausreichend, die geschilderten Geschwindigkeitsüberschreitungen tatsächlich anzunehmen, da der Zeuge aufgrund der mangelnden technischen Möglichkeiten seines Fahrzeuges nicht in der Lage war, einen Abstand annähernd gleichmäßig einzuhalten und sich aus seinen Aussagen zweifellos ergibt, daß er den PKW immer wieder längere Zeit aus den Augen verloren hat, insbesondere im Bereich der Kolonne, sodaß über die tatsächlich vom Beschuldigten eingehaltene Geschwindigkeit keine schlüssigen Aussagen getroffen werden können. Aus diesem Grund war im Zweifel mit der Einstellung des Verfahrens in den Punkten 2.), 3.) und 4.) des Straferkenntnisses vorzugehen. Im Punkt 3.) bestehen außerdem Divergenzen zwischen den Zeugenaussagen und den angegebenen Kilometern.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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