Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252012/17/WEI/Ba

Linz, 05.01.2010

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, X, X vom 22. Dezember 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10. Dezember 2008, SV 96-9-2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Oktober 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. In Bezug auf den Strafausspruch wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 730 Euro herabgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt unverändert.

 

II.              Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz den Betrag von 73 Euro zu leisten. Im Berufungsverfahren ist kein weiterer Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen befugte Organ der Fa. X. mit dem Sitz in X zu verantworten, dass X, geb. X am 08.02.2008 zwischen 09:30 Uhr und 10:20 Uhr und um 12:15 Uhr in der Küche des China-Restaurants X in X, X mit der Zubereitung von Speisen beschäftigt wurde, ohne diesen Arbeitnehmer bei der Gebietskrankenkasse als zuständiger Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben.

 

Die Beschäftigung des Dienstnehmers wurde am 08.2.2008 von KIAB-Beamten des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding festgestellt."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach dem § 111 Abs 1 iVm § 33 ASVG und § 9 VStG als gegeben und verhängte nach dem Strafrahmen des § 111 Abs 2 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 100 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses dem Bw zu Händen seiner Rechtvertreter am 11. Dezember 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig per Telefax am 23. Dezember 2008 eingebrachte Berufung, mit der primär die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG oder die Herabsetzung der Strafe auf 365 Euro beantragt wird.

 

In der Begründung wird auf im erstbehördlichen Verfahren erstattete Stellungnahmen verwiesen, in denen glaubwürdig dargelegt worden wäre, dass X nur seine Qualifikation als Koch probeweise und unentgeltlich für die Familie (vgl Schreiben vom 14.05.2008) unter Beweis gestellt hätte. Er wäre bis zum 5. Februar 2008 bei einem anderen Arbeitgeber, der X (lt. Schreiben vom 14.05.2008), beschäftigt gewesen und hätte daher vorher nicht bei der X arbeiten können, so dass die vorgesehene und auch in der Folge vorgenommene Anmeldung am Montag, dem 11. Februar 2008, durchaus dem üblichen Vorgang bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes und der Übersiedlung an einen anderen Arbeitsort entspreche.

 

Wie der Bw schon wiederholt mitgeteilt hätte, wäre mit der Wahrnehmung der Meldepflichten nach dem ASVG die selbständig zeichnungsberechtigte Geschäftsführerin Frau X beauftragt gewesen. Die belangte Behörde sei auf diesen Umstand in keiner Weise eingegangen. Es ginge daher nicht an, den Bw wegen der nicht wahrgenommenen Meldeverpflichtung zu bestrafen.

 

Hilfsweise wird ein Absehen von Strafe nach § 21 Abs 1 VStG mit der Begründung beantragt, dass die Durchführung der neuen Meldevorschriften ab 1. Jänner 2008 ohne technische Ausrüstung wie Fax oder Computer in der Praxis nahezu unmöglich wäre. Auch die telefonische Anmeldung wäre wegen der Sprachschwierigkeiten praktisch ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hätte es den Normunterworfenen schwer gemacht, den Meldepflichten nachzukommen. Die Streichung der einwöchigen Meldefrist wäre noch nicht lange in Kraft gewesen und dem Bw nicht bekannt gewesen. Sein Verschulden wäre sicher als geringfügig anzusehen. Ebenso wären die Folgen der Übertretung geringfügig bzw gar nicht vorhanden. Bei einer Anmeldung bereits am 8. statt am 11. Februar 2008 wären Sozialbeiträge für maximal 3 Tage, und damit eine unbedeutende Summe, angefallen. Für den Fall, dass diese Gründe nicht als ausreichend beurteilt werden, beantragt die Berufung eine Herabsetzung der Strafe auf 365 Euro, da Unbescholtenheit und auch die übrigen Voraussetzungen vorlägen. Das Einkommen wäre mit 2.000 Euro auch bei weitem zu hoch angenommen worden. Die tatsächlichen Einkünfte wären dem Finanzamt bekannt.

 

2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 8. Jänner 2009 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

3. Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats hat eine öffentliche mündliche Verhandlung am 22. Oktober 2009 in Gegenwart des Rechtsvertreters des Bw durchgeführt. Beweis wurde aufgenommen durch Erörterung der Aktenklage und Einvernahme des bei der Kontrolle durch die KIAB teilnehmenden Finanzbeamten X als Zeugen.

 

Auf Grund der Aktenlage und der durchgeführten Berufungsverhandlung ergibt sich für den erkennenden Verwaltungssenat der folgende S a c h v e r h a l t :

 

3.1. Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X mit dem Sitz in X, X. Von dieser Gesellschaft wird am selben Standort ein Chinarestaurant betrieben. Neben dem Bw fungiert als weitere handelsrecht­liche Geschäftsführerin der X Frau X. Beide Geschäftsführer sind seit 2001 selbständig vertretungsbefugt (vgl aktenkundigen Firmenbuchauszug zu FN X vom 11.02.2008). Die Aufgaben zwischen den handelsrechtlichen Geschäftsführern sind im Innenverhältnis derart verteilt, dass der Bw für die Küche und den Einkauf zuständig ist und Frau X für die Verwaltung. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten wurde nach der Aktenlage gegenüber der Behörde nicht nachgewiesen.

 

Nachdem am 7. Februar 2008 um die Mittagszeit das Chinarestaurant der X von zwei Beamten des Finanzamtes Braunau Ried Schärding auf Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes kontrolliert und der unangemeldete chinesische Staatsangehörige X arbeitend in einem Nebenraum der Küche angetroffen worden war, wollten die Finanzbeamten am 8. Februar 2008 eine weitere Kontrolle durchführen, weil am Vortag der Eindruck gewonnen wurde, dass Frau X die Sache nicht richtig eingesehen hätte (vgl Zeuge X, Tonbandprotokoll, Seite 1).

 

Am 8. Februar 2008 betraten zwei Finanzbeamte zunächst am Vormittag um 09:30 Uhr das Lokal durch den Haupteingang und begaben sich sofort in die Küche, wo sie den mit dem Kochen beschäftigten Herrn X antrafen. Frau X kam dann gleich dazu und erklärte, dass der Koch nur für die Familie kochen würde. Zu diesem Zeitpunkt konnten die Beamten diese Behauptung der Chefin (Geschäftsführerin) noch nicht mit Sicherheit widerlegen. Sie verließen das Lokal und stellten bei einer kurzfristigen EDV-Überprüfung fest, dass der Koch bereits bei einer anderen Firma gemeldet und tätig war. Sie entschlossen sich dann zu einer weiteren Kontrolle kurz nach Mittag desselben Tages. Der Finanzbeamte X betrat das Lokal wieder von vorne über den Haupteingang und der Zeuge X begab sich zum Hinterausgang der Küche, um einen allfälligen Fluchtversuch zu vereiteln. Als Herr X die Küche betrat, ließ der dort beschäftigte X, der offenbar gerade auch für die Gäste des Lokals kochte, sofort den Kochlöffel fallen und wollte sich durch Flucht über den Hinterausgang der Kontrolle entziehen. Dort konnte er aber vom Finanzbeamten X gestellt werden. Angaben über die Entlohnung wurden verweigert.

 

Aus der vorgenommenen Datenabfrage ergab sich, dass der Koch X zu den Zeitpunkten der Kontrollen nicht für die X angemeldet worden war. Er wurde vielmehr erst nachträglich von der X am Montag, dem 11. Februar 2008, zur Sozialversicherung für die X als neuen Arbeitgeber angemeldet.

 

3.2. Die im Berufungsverfahren vertretene Version, dass der Koch X nur zur Probe seine Qualifikation unter Beweis stellen sollte und dafür lediglich Kost und Logis erhielt, wird vom erkennenden Verwaltungssenat für nicht glaubhaft gehalten. Laut Anzeige hat Frau X gegenüber den kontrollierenden Finanzbeamten ursprünglich angegeben, dass der Koch nur für die Familie kochen und dafür Essen und Trinken bekommen würde. Diese Version, die im Grunde auch noch in der Stellungnahme vom 14. Mai 2008 aufrecht erhalten wurde, ist aber schon durch die weitere Kontrolle der Finanzbeamten um 12:15 Uhr widerlegt worden, bei der dieser Koch in Arbeitskleidung beim Zubereiten von Speisen für Gäste des Lokals angetroffen wurde (vgl Anzeige vom 13.02.2008, Stellungnahme des Finanzamts vom 26.05.2008; Zeuge X, Tonbandprotokoll, Seite 3). Dass er beim neuerlichen Ansichtigwerden des Finanzbeamten X kurz nach Mittag des 8. Februar 2008 sofort den Kochlöffel fallen ließ und über die Hintertüre flüchten wollte, spricht für sich und bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung. Der Koch X hatte offenbar erkannt, dass seine nicht gemeldete Tätigkeit für die X nunmehr nicht mehr erklärt werden kann, weshalb er es vorzog zu fliehen.

 

Der Berufungsvertreter hat erstmals in der Berufungsverhandlung allgemein vorgebracht, dass auch die Möglichkeit bestünde, dass der Koch von einem anderen Chinarestaurant ausgeliehen hätte werden können und dann nicht separat meldepflichtig gewesen wäre. Ein durch konkrete Tatsachen untermauertes Vorbringen konnte er zu diesem Thema allerdings nicht erstatten. Vielmehr konnte er nur angeben, dass seine Steuerberatungskanzlei Herrn X am 11. Februar 2008 für die X zur Sozialversicherung per EDV angemeldet hat (vgl Tonbandprotokoll, Seite 3). Schon diese Meldung kurz nach der Beanstandung durch die Finanzbeamten am Freitag, dem 8. Februar 2008, spricht gegen die "Verleihung" des Kochs durch einen anderen Arbeitgeber. Außerdem wurde noch in der Berufung ausdrücklich das Gegenteil behauptet, nämlich dass der Koch X bis 5. Februar 2008 bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt gewesen wäre und vorher nicht bei der X hätte arbeiten können. Die vorgenommene Anmeldung am 11. Februar 2008 hätte "dem üblichen Vorgang bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes" entsprochen. Der erkennende Verwaltungssenat schließt daher die Möglichkeit einer vorübergehenden Arbeitskräfteüberlassung aus.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der widerspruchsfreien Aussage des einvernommenen Zeugen X, der Darstellung der Anzeige vom 13. Februar 2008 und den Stellungnahmen des Finanzamts vom 26. Mai 2008 und vom 19. September 2008, in denen die Fakten nachvollziehbar dargelegt wurden. Die von den Finanzbeamten am 8. Februar 2008 vorgefundene Situation ließ eindeutig darauf schließen, dass X die Speisenzubereitung in der Küche übernommen hatte und als Koch für die Gäste des Chinarestaurants fungierte, zumal auch ein anderer Koch gar nicht anwesend war. Wie durch die nachträglich erstattete Anmeldung zur Sozialbversicherung am 11. Februar 2008 erwiesen ist, wurde X auch weiterhin als Koch im Lokal der X verwendet.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

4.2. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs 2 VStG) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Im gegenständlichen Strafverfahren steht unbestritten fest, dass der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X Ges.m.b.H. ein zur Vertretung nach außen berufenes und damit iSd § 9 Abs 1 VStG verantwortliches Organ ist. Ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 VStG war zum Kontrollzeitpunkt nicht wirksam bestellt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs wirkt die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird. Dabei muss bei der Behörde ein aus der Zeit vor der Begehung der Übertretung stammender Zustimmungsnachweis eines verantwortlichen Beauftragten eingelangt sein. Die Berufung auf eine etwa erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage genügt nicht (vgl näher zum Ganzen Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1289 Anm 7 und E 96 ff zu § 9 VStG).

 

Bei einer Mehrzahl von zur Vertretung nach außen berufenen Organen einer juristischen Person haben diese die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit kumulativ zu tragen, eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung ist irrelevant (vgl bspw VwGH 5.09.1997, Zl. 97/02/0235; VwGH 19.10.1994, Zlen. 2004/03/0102 bis 0106)

 

4.3. Nach den Verfahrensergebnissen steht außer Streit, dass die Kontrollorgane der KIAB bei zwei Kontrollzeitpunkten am gleichen Tag den chinesischen Koch X in der Küche des Chinarestaurants der X Ges.m.b.H. bei der Zubereitung von Speisen antrafen. Der chinesische Staatsangehörige ist daher unter Umständen angetroffen worden, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Beschäftigungsverhältnis hindeuten. Die Ermittlungen der Beamten ergaben, dass er für die Gäste im Lokal kochte.

 

Unbestritten steht auch fest, dass der Ausländer Kost und Logis erhielt. Angaben über die Entlohnung wurden verweigert. Nach der Judikatur ist nicht entscheidend, ob mit dem Ausländer ausdrücklich ein Entgelt in einer bestimmten Höhe vereinbart wurde oder nicht, gilt doch gemäß § 1152 ABGB im Zweifel ein angemessenes Entgelt als bedungen, wenn kein Entgelt bestimmt und auch nicht ausdrücklich Unentgeltlichkeit vereinbart wurde. Im Zweifel ist die Verwendung einer ausländischen Arbeitskraft entgeltlich. Ob ein dem Ausländer zustehendes Entgelt in angemessener Höhe (schon) geleistet wurde oder noch nicht, braucht nicht untersucht zu werden; die allfällige Nichtbezahlung bedeutet nämlich nicht, dass der Ausländer unentgeltlich verwendet bzw nicht beschäftigt worden ist. (vgl VwGH vom 21.1.2004, Zl. 2001/09/0228).

 

Auf Grund dieser Rechtslage und der festgestellten äußeren Umständen, die in eindeutiger Weise dafür sprechen, dass der Koch X jedenfalls am Kontrolltag, aber auch danach (Anmeldung zur Sozialversicherung am 11.02.2008) Arbeitsleistungen in der Küche des Chinarestaurants erbrachte, ist von einer zur Sozialversicherung meldepflichtigen Beschäftigung des chinesischen Staatsangehörigen für die WU Jianxiong Ges.m.b.H. auszugehen. Das Vorbringen über ein angebliches Kochen zur Probe kann unter den gegebenen Umständen nur als Schutzbehauptung gewertet werden. X war schon Koch in einem anderen Chinarestaurant und brauchte seine Qualifikation daher wohl nicht unter Beweis zu stellen. Außerdem könnte mit ihm auch ein Arbeitsverhältnis auf Probe mit formloser Auflösbarkeit innerhalb der Probezeit vereinbart worden sein, das aber auch nicht unentgeltlich gewesen wäre.

 

4.4. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die 'Glaubhaftmachung' nicht.

 

Tatsache ist, dass der am 11. Februar 2008 zur Sozialversicherung gemeldete X schon am 8. Februar 2008 als Koch des Chinarestaurants arbeitete und Speisen für Gäste zubereitete. Mit den Schutzbehauptungen, dass er nur für die Familie oder zur Probe gekocht hätte, konnte der schlüssig erhobene Tatvorwurf nicht widerlegt werden. Die von den Kontrollorganen festgestellten äußeren Umstände sprachen klar für eine unselbständige Beschäftigung als Koch.

 

Wenn vom Vertreter des Bw zu dessen Entlastung die interne Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern der X eingewendet wird, so ist ihm die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten (vgl. VwGH vom 16.12.2008, 2007/09/0375). Demnach kann sich ein Beschuldigter mit dem Hinweis, dass die den Beschuldigten treffende Verantwortung von einer anderen Person wahrzunehmen sei, nicht von der ihn treffenden Verantwortung entlasten. Es bedarf hiezu vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person(en) Vorsorge getroffen worden ist, wobei das bezügliche Kontrollsystem vom Beschuldigten darzulegen ist. Im Sinne dieser Rechtsprechung reicht nicht einmal die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen aus; entscheidend ist, ob eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisung erfolgt ist, wobei selbst kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichen, um die Annahme eines wirksames Kontrollsystems zu rechtfertigen. Ein derartiges Kontrollsystem hat der Bw nicht einmal ansatzweise behauptet.

 

Dem Bw ist die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens mit seinem Vorbringen nicht gelungen, weshalb er die angelastete Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

5.1. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus verlangt § 19 Abs 2 VStG für das ordentliche Verfahren die Berücksichtigung und Abwägung einer Reihe weiterer Umstände.

 

5.2. Die im vorliegenden Fall gegebene Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 Abs 1 Z 1 ASVG ("wer Meldungen oder Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig erstattet") ist gemäß § 111 Abs 2 ASVG als Verwaltungsübertretung grundsätzlich mit Geldstrafe von 730 bis 2.180 Euro zu bestrafen, wobei für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe bis zwei Wochen vorgesehen ist. Nach diesem Strafsatz war die Strafe gegenständlich zu bemessen.

 

Als mildernd wertete die belangte Behörde die bisherige Unbescholtenheit und die relativ kurze Beschäftigungszeit, als erschwerend keinen Umstand. Dem von der belangten Behörde geschätzten Monatseinkommen von 2.000 Euro bei fehlenden Sorgepflichten ist die Berufung mit der bloßen Behauptung entgegen getreten, dass diese Annahme zu hoch wäre, ohne freilich niedrigere Einkünfte zu bescheinigen. Auch in der Berufungsverhandlung wurde dazu nichts vorgelegt, sondern nur auf eine Steuererklärung hingewiesen, die ca. 12.000 Euro netto im Jahr ausweise. Damit wurde aber noch nicht nachvollziehbar ein geringeres Einkommen bescheinigt. Hinsichtlich der Geschäftsführerin X konnte der Berufungsvertreter überhaupt keine Angaben machen. Es war daher bei der Funktion eines handelsrechtlichen Geschäftsführers weiterhin von der nicht unrealistischen Schätzung der belangten Behörde auszugehen. Im Hinblick auf die gegenständlich nur verhängte Mindeststrafe spielt das Einkommen aber keine wesentliche Rolle.

 

Allerdings vertritt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht, dass die nach dem Spruch nur für einen Tag (unter Angabe einer bestimmten Uhrzeit) festgestellte geringe Beschäftigungsdauer auch nur ein dementsprechend geringes Unrecht bedeutet. Folgerichtig kann sich auch das Ausmaß des Verschuldens nur auf dieses objektiv angelastete geringe Unrecht beziehen und damit nicht besonders ins Gewicht fallen. Die belangte Behörde hat diesen Umstand nicht ausreichend zugunsten des Bw gewürdigt. Auch wenn der Bw schon am Vortag durch KIAB-Beamte wegen der illegaler Beschäftigung eines Chinesen beanstandet wurde, so ist ihm dennoch zugute zu halten, dass der Koch X immerhin schon am Montag, dem 11. Februar 2008, durch den Steuerberater für die X angemeldet und damit zumindest schon bald eine Legalisierung der Beschäftigung nachträglich hergestellt wurde.

 

Dass dem Bw die neue Regelung Meldepflicht ab 1. Jänner 2008 noch nicht bewusst war, hält der erkennende Verwaltungssenat zwar für durchaus  möglich, allein dieser Umstand vermag ihn nicht zu entschuldigen, weil ihn als unternehmerisch tätigen Geschäftsführer einer Ges.m.b.H. entsprechende Erkundigungspflichten über die einschlägigen Vorschriften trafen. Sofern er selbst nicht über die erforderlichen technischen Einrichtungen verfügt haben sollte, hätte er auch schon am Freitag, dem 8. Februar 2008, mit Hilfe der für die X tätigen Steuerberatungskanzlei eine Anmeldung zur Sozialversicherung vornehmen lassen können.

 

Im Ergebnis sprechen die Umstände des Falles zwar noch nicht für ein geringfügiges, aber doch für ein weniger schwer wiegendes Verschulden des Bw. Dem erkennenden Verwaltungssenat erscheint daher eine Reduktion der Geldstrafe auf die Höhe der Mindeststrafe im Betrag von 730 Euro tat- und schuldangemessen und noch ausreichend, um den Bw künftig von der Begehung von einschlägigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die erstbehördlich festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden war im Verhältnis zur Geldstrafe von 1.000 Euro als deutlich zu gering bemessen anzusehen, weshalb nunmehr trotz Herabsetzung der Geldstrafe auf 730 Euro die Ersatzfreiheitsstrafe nicht anzupassen war, sondern unverändert zu bleiben hatte.

 

Die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG war nicht in Betracht zu ziehen, da im gegenständlichen Fall keine deutlich überwiegenden Milderungsgründe hervorgekommen sind. Ebenso wenig kommt die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG in Betracht, da die Tat nicht wesentlich hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb. Von unbedeutenden Folgen kann grundsätzlich bei Nichtmeldung von illegal beschäftigten Ausländern zur Sozialversicherung und dem damit regelmäßig verbundenen volkswirtschaftlichen Schaden nicht gesprochen werden.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Bei diesem Ergebnis verringerte sich gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf 73 Euro (10 % der Geldstrafe). Da der Bw im Berufungsverfahren teilweise Erfolg hatte, entfiel gemäß § 65 VStG ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

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