Linz, 11.01.2010
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch den X, Rechtsanwälte GmbH, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. Oktober 2009, VerkR21-15001-2009, nach der am 14. u. 23. Dezember 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:
Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Entzugsdauer auf 24 Monate reduziert wird; in diesem Umfang reduzieren sich ebenfalls die ausgesprochenen Verbote.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 und § 66 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 20/2009, § 7 Abs.1, 3 u. Abs.4 und § 24 Abs.3 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009.
Entscheidungsgründe:
1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem angefochtenen Bescheid in Abweisung der Vorstellung und durch Bestätigung ihres Mandatsbescheides vom 12.1.2009, GZ: VerkR21-15001-2009 dem Berufungswerber
I. die ihm am 15.10.2008 unter der Geschäftszahl: 08365276 erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B auf die Dauer von 36 Monaten - gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines am 25.12.2008 (demnach bis einschließlich 25.12.2011) entzogen.
Weiters wurde ihm das Recht aberkannt, für die Dauer der Entziehung der oben angeführten Lenkberechtigung von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen (Lenkverbot).
Rechtsgrundlage: §§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.3, 30 Abs.1 Führerscheingesetz (FSG) iVm. § 56 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);
II. Wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung (Spruchpunkt I) verboten;
Rechtsgrundlage:
§§ 32 Abs.1, 25 Abs.3 Führerscheingesetz (FSG) iVm. § 56 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Nachfolgendes aus:
2. In der durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht eingebrachten Berufung tritt der Berufungswerber mit folgenden Ausführungen entgegen:
3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Demnach ist dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Behörde erster Instanz.
Beigeschafft wurde ein Auszug aus dem Führerscheinregister. Ebenfalls wurde eine Aktenkopie des noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens, GZ. VerkR96-1110-2009, beigeschafft.
Im Sinne der Beweisanträge wurden auch die Temperatur- und Niederschlagsparameter für den fraglichen Zeitraum und Örtlichkeit in Erfahrung gebracht.
Im Rahmen der am 14. und 23. Dezember 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde die einschreitenden Polizeiorgane BI X und RI X, sowie Herr X als Zeugen einvernommen. Im Wege des Amtsarztes der Bundespolizeidirektion Linz wurde die vom Berufungswerber glaubhaft dargelegte Nachtrunkmenge (2 Fläschchen Leibwächter zu 0,04 mit 35 Volumsprozent Alkohol) errechnet.
Diesbezüglich wurde den Parteien das Ergebnis mit der Einladung hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen am 28.12.2009 übermittelt.
Auf die weiteren Beweisanträge ist mangels Verfahrensrelevanz nicht weiter einzugehen. Sie wurden letztlich im Verfahren auch nicht mehr eingefordert.
4. Vorgeschichte:
Der Berufungswerber ist laut Verwaltungsstrafvormerkregister die vergangenen fünf Jahre wegen zwei Alkofahrten vorgemerkt, wobei die letzte Vormerkung auch ein Lenken trotz entzogener Lenkberechtigung zum Inhalt hatte (VerkR96-9463-2006, VerkR96-9463-2006); insgesamt wurde ihm während der Zeit seiner aktiven Verkehrsteilnahme nun bereits das sechste mal im Zusammenhang mit Alkohol aufällig geworden. Während der letzten zehn Jahre ergaben sich laut dem Auszug aus dem Führerscheinregister jeweils bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen folgende Vorentzüge:
VerkR21-15044-1997 v. 12.2.1997 bis 12.7.1998 (17 Monate)
VerkR21-15301-1999 v. 16.8.1999 bis 16.8.2001 (24 Monate)
VerkR21-15215/2000 v. 13.7.2000 bis 13.2.2003 (Anschlussentzug 18 Monate)
VerkR21-15215/2000 v. 14.1.2003 bis 14.1.2004 (Anschlussentzug 12 Monate)
VerkR21-15318/2006 v. 29.9.2006 bis 29.9.2008 (24 Monate);
4.1. In der Sache:
Eingangs ist zu bemerken, dass der Berufungswerber offenbar einem Denkfehler unterliegt, wenn er in seiner Berufung vermeint von dem um 22:21 Uhr festgestellten Messwert von 1,58 Promillen (0,79 mg/l - der höhere erste Beatmungswert lag sogar bei 0,84 mg/l) auf den laut Bescheid angenommenen Unfallereignis [Lenkende] um 20:00 Uhr (2,33 Stunden) rückgerechnet - bei einem Abbauwert zugunsten des Berufungswerbers von 0,2 Promillen pro Stunde – 0,47 Promille abzuziehen wären und somit nur ein verbleibender Wert in Höhe von 1,11 Promille oder 0,55 mg/l anzulasten sei.
Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Dieser Wert ist bis zur Messung abgebaut worden, wobei zu Gunsten des Betroffenen von einer Abbaurate von nur 0,1 Promillen ausgegangen werden muss.
Demnach wäre vielmehr von einem Ausgangswert zum Lenkende um 20:00 Uhr von mindestens 1,83 Promillen auszugehen.
Folgt man schließlich der Nachtrunkverantwortung des Berufungswerbers dann ergibt dies unter der Annahme der vollen Resobtion der beiden Fläschchen Leibwächter (gesamt 0,08 Liter mit 35 Volumsprozent Alkohol pro Flasche 11,2 g reinen Alkohol, der nach der Widmarkformel beim 85 kg schweren Berufungswerber zu einer (zusätzlichen) Blutalkoholkonzentration 0,336 Promillen führte. Zum Lenkende kann selbst unter Bedachtnahme auf den glaubhaft erscheinenden Nachtrunk um 20:00 Uhr, als sehr wahrscheinlich jedenfalls von einem Alkoholisierungsgrad von deutlich über 1,2 Promillen aber kaum von einem unter dem Bereich von 1,5 Promillen ausgegangen werden. Der amtsärztlichen Berechnung lag nur der Inhalt eines Fläschchens (11,2 g reiner Alkohol) zu Grunde (Menge: 40 = 0,04 l).
Sollte der nicht mehr exakt nachvollziehbare Unfallszeitpunkt (das Lenkende) später gelegen sein, gelangt der Rahmen des § 99 Abs.1 lit.a StVO jedenfalls näher an den 1,6 Promille-Bereich. Die Annahme des Unfallszeitpunktes mit 20:00 Uhr kommt daher jedenfalls zu Gunsten des Berufungswerbers zur Wirkung.
Der Berufungswerber war am 25. Dezember 2008 um etwa 20:00 Uhr als Lenker eines Pkw im Gemeindegebiet Steyregg, nämlich der Donau-Straße B3 von der Steyregger-Brücke kommend in Fahrtrichtung Plesching bzw. Linz/Dornach unterwegs.
Dabei geriet der Berufungswerbers auf Höhe des Strkm 236,3 der B3 in der eng verlaufenden Linkskurve der Brückenabfahrt Ausfahrt mit dem Kraftfahrzeug, Kennzeichen X, vermutlich wegen eines in der Alkoholisierung gründenden Fahrfehlers und/oder überhöhten Kurvengeschwindigkeit ins Schleudern und prallte dadurch gegen die Leitschiene. Nach diesem Verkehrsunfall setzte er nach vorheriger Besichtigung des Schadens die Fahrt mit dem wegen eines Reifenplatzers an sich fahruntauglichen Fahrzeuges noch etwa einen Kilometer bis zur Zufahrt der Firma X fort. Laut seinen plausibel erscheinenden Angaben hatte er nach dem Unfall angehalten oder kam unfallbedingt zu Stehen.
Die Witterungs- u. Fahrbahnverhältnisse lassen sich, entgegen der Behauptung des Berufungswerbers, mit hoher Wahrscheinlichkeit als eher trocken oder allenfalls salznass annehmen. Dies bei einer Tempertatur um den Gefrierpunkt und keinem Niederschlag im Linzer Raum ab 10:00 Uhr vormittags (s. Wetterdaten ON 5). Für dieses Verfahren ist dies jedoch nicht entscheidungswesentlich, weil es sich hierbei ohnedies um keinen Unfall iSd § 7 Abs.3 Z5 FSG handelt.
Erst nachdem sich der Berufungswerber von der Unfallstelle entfernte und bei der besagten Firma eintraf, führte er mehrere Telefonate wobei er auch den Zeugen Mortiz zwecks Abholung etwa eine Stunde vor dessen Eintreffen bei der Firma Lifag von dieser Örtlichkeit aus anrief. Auch der ÖAMTC war ebenfalls noch vor dem Eintreffen der Polizei vor Ort, sodass die in der Anzeige genannte Tatzeit mit 21.50 Uhr – fünf Minuten vor Eintreffen der Polizei – keinesfalls den Tatsachen entsprechen kann. Dass der ÖAMTC-Fahrer, wie der Berufungswerber es darzulegen versucht, die Polizei verständigt haben könnte ist ebenfalls nicht ganz von der Hand zu weisen.
4.2. Der Zeuge X bestätigt im Rahmen seiner Zeugenaussage jedenfalls den Anruf des Berufungswerbers beim ihm zu Hause (Grieskirchen) etwa eine Stunde vor seinem Eintreffen am beschriebenen Unfallort. Eine Stunde bis zum Einteffen aus Grieskirchen scheint angesichts der Distanz durchaus realistisch. Der Zeuge trat auch glaubwürdig vor der Berufungsbehörde in Erscheinung.
Die zeugenschaftlich einvernommenen Polizeibeamten erklärten über die Bezirkleitzentrale zur Firma Lifag wegen einer sich dort auffälligen Person beordert worden zu sein. Wer dort angerufen hat konnten die Beamten naturgemäß nicht berichten.
Beim Eintreffen haben sie den Berufungswerber am Lenkersitz telefonierend angetroffen. Dieser habe deutliche Alkoholisierungsmerkmale aufgewiesen. Man habe sich folglich noch die Unfallstelle begeben und dort die Beschädigung der Leitplanke festgestellt. Bei der nachfolgenden Atemluftuntersuchung am Posten habe sich der Berufungswerber wenig kooperativ gezeigt und von einem Nachtrunk kein Wort erwähnt.
Die Richtigkeit der Anzeigeangaben betreffend die Atemluftuntersuchung sind keine Anhaltspunkte für Zweifel gegeben. Die Darstellungen der Beamten können als stimmig und mit den Ablaufroutinenen dieser Art von Amtshandlungen in Einklang erachtet werden.
Die offenkundig verfehlte Tatzeitangabe mit 21.50 Uhr ist allenfalls als Folge der mangelhaften Kooperationsbereitschaft des Berufungswerbers zu sehen.
Wenn letztlich nach dem Unfall der ÖAMTC vor Ort war, der Berufungswerber den Zeugen X anrief, wobei dieser am Unfallort eintraf als der Berufungswerber ab etwa 22:00 Uhr auf der Polizeiinspektion Steyregg war, muss der Unfall bereits deutlich länger als in der Anzeige erwähnt zurück gelegen sein. Evident ist auch das längere Verweilen des Berufungswerbers beim Firmenareal was letztlich der Grund für die Verständigung der Polizei gewesen sein soll. Im Weg der Leitzentrale wurde folglich die Funkstreifebesatzung X u. X zu dieser Örtlichkeit entsandt.
Das der Berufungswerber zwischenzeitig zwei im Handschuhfach verwahrt gewesene Fläschchen „Leibwächter“ (0,04 l u. 35 % Alkoholgehalt) konsumiert hat ist angesichts der Disposition des Berufungswerbers nicht gänzlich wirklichkeitsfremd. Dies wird letztlich von der Wahrnehmung des Zeugen X zusätzlich unterstrichen.
4.2.1. Der um 22:19 Uhr u. 22.21 Uhr beim Berufungswerber durchgeführte Atemlufttest erbrachte ein Ergebnis von 0,84 u. 0,79 mg/l.
Ungeachtet der – für das Verwaltungsstrafverfahren relevanten Tatsache – ist zu bedenken, dass die Erfüllung der Meldepflicht jedenfalls ein Verlassen der Unfallstelle zur Folge haben musste. Da ein Verweilen im Kurvenbereich wohl höchst bedenklich gewesen wäre, wird wohl im Wegfahren aus diesem Bereich nur schwer der Tatbestand des § 4 Abs.1 lit.a StVO erfüllt gesehen werden können. Nicht zuletzt wurde durch die Verständigung der Polizei der in der Bestimmung des § 4 iVm § 31 StVO zu erblickende Schutzzweck in keiner wie immer gearteten Form negativ berührt.
Entgegen des Eintrages im Verwaltungsstrafvormerkregister ist die gegen den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO (Fahrerflucht) am 12.1.2009 erlassene Strafverfügung, GZ: VerkR96-1110-1-2009, angesichts des vom Rechtsvertreter nachweislich erhobenen Einspruches ebenfalls noch nicht in Rechtskraft erwachsen.
Zum amtsärztlichen Rückrechnungsergebnis vom 28.12.2009, welches offenkundig auf einem Fläschchen Magenbitter beruhte, bezweifelt der Berufungswerber in seiner Stellungnahme vom 8.01.2010 das Ergebnis von etwas über 0,33 Promille. Er vermeint es nochmals berechnen zu lassen.
Eine mit einem via Internet verfügbaren Alkorechner durch die Berufungsbehörde mit ebendiesen Alkoholquanten durchgeführte Berechnung führte ebenfalls zum Ergebnis von 0,30 Promillen (siehe Beihang zu ON 18); demnach kann an der Richtigkeit des dem Berufungswerber geglaubten Nachtrunkquantums basierenden Rückrechnung kein Zweifel bestehen.
Die Behörde erster Instanz hat sich dazu nicht mehr geäussert.
4.2.2. Betreffend dem vom Berufungswerber erst im Zuge des Verfahrens eingewendeten Nachtrunk konnte insbesondere gestützt auf die Zeugenaussage des Herrn X gefolgt werden. Dieser Zeuge holte den Berufungswerber nach der Amtshandlung wegen der Atemluftuntersuchung bei der Polizei in Steyregg ab. Sogleich begab er sich der Zeuge mit dem Berufungswerber zum Unfallfahrzeug. Dort räumte X zwei leere Fläschchen „Leibwächter“ aus dem Handschuhfach und warf diese auf die Böschung. Dabei erwähnte er gegenüber dem Zeugen X diese Fläschchen nach dem Unfall getrunken zu haben. Ein solches Gebinde wurde anlässlich der Berufungsverhandlung am 23.12. schließlich vorgewiesen.
Da der Zeuge X im Rahmen der Berufungsverhandlung am 23.12.2009 dies glaubwürdig darstellte wird letztlich der Nachtrunkverantwortung gefolgt. Wäre etwa dieser Nachtrunk vom Berufungswerber bloß als Schutzbehauptung inszeniert worden, hätte dieser wohl ein anderes Trinkquantum ins Treffen geführt und nicht eines mit nur 0,33 Promillen, welches letztlich an einer Alkoholisierung zum Lenkzeitpunkt keinen Zweifel offen lässt und zumindest ob der vielen Vormerkungen im Entzugsverfahren nur am Rande von rechtlicher Bedeutung in der Wertung ist.
Weil der Berufungswerber diesen gegenüber den Polizeibeamten offenbar aus falsch verstandenem Selbstschutz nicht erwähnt haben wollte, ist diese Nachtrunkverantwortung durchaus zu folgen.
Grundsätzlich trifft es wohl zu, dass mit Blick auf die Judikatur ein Nachtrunk für dessen Glaubwürdigkeit bei ehest sich bietender Möglichkeit aufzustellen ist. Diese Judikatur indiziert aber keineswegs eine Beweisregel wonach einem erst später eingwendeten Nachtrunk nicht mehr gefolgt werden dürfte. Es obliegt immer nur der Beweiswürdigung im Einzelfall ob ein Nachtrunk mit den realen Lebensabläufen in Einklang zu bringen und letztlich glaubwürdig ist oder nicht.
4.2.2. Nicht zu übersehen ist und daher nicht unerwähnt bleiben sollte es daher, dass der Berufungswerber ein im gesundheitlichen Bereich angelagertes Problem in Bezug zum Alkohol zu haben scheint. Erfahrungsgemäß wird die gesundheitliche Eignungsfrage vor dem Hintergrund des Verlaufes einer unter Beobachtung der Behörde stehenden Abstinenzverhalten des Berufungswerbers und der Vorlage von Fachgutachten abhängen, wann und in welchem Umfang die Eignung positiv beurteilt werden kann.
Dieser Hinweis erfolgt vor dem Hintergrund, weil hier weniger die Frage der Verkehrs(un)zuverlässigkeit, sondern vielmehr die gesundheitliche Eignungsfrage wegen eines hier dringend zu vermutenden Alkoholabhängigkeitsyndroms in den Vordergrund zu treten scheint. Letzteres mag die Ursache des Fehlerverhaltens begründen, sodass weniger eine Prognosebeurteilung über das Wiedererlangen der Verkehrszuverlässigkeit, sondern eben vielmehr die Frage der Fähigkeit sich vom Alkohol fern zu halten auf der gesundheitlichen Ebene die Kernfrage einer Wiederzulassung zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kraftfahrzeuges sein dürfte.
Vor diesem Hintergrund kann hier die Verkehrsunzuverlässigkeit in doch deutlich veringertem Umfang prognostiziert werden.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Das Führerscheingesetz kommt hier noch in der Fassung vor der 12. FSG-Novelle zur Anwendung (BGBl. I Nr. 31/2008).
Der § 26 Abs.1 2, Fall FSG lautet:
Wenn jedoch
1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt, oder
2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat, so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen…..
Nach § 7 Abs.1 gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
….
Abs.3: Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Nach § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen….
…
bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen (Abs.3 leg.cit).
Für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind gemäß § 7 Abs.4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
…
Strafbare Handlungen gelten jedoch dann nicht als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1, wenn die Strafe zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens getilgt ist. Für die Frage der Wertung nicht getilgter bestimmter Tatsachen gemäß Abs.3 sind jedoch derartige strafbare Handlungen auch dann heranzuziehen, wenn sie bereits getilgt sind (§ 7 Abs.5 leg.cit).
Für die Beurteilung, ob eine strafbare Handlung gemäß Abs. 3 Z6 lit. b, 7, 9 letzter Fall oder 13 wiederholt begangen wurde, sind vorher begangene Handlungen der gleichen Art selbst dann heranzuziehen, wenn sie bereits einmal zur Begründung des Mangels der Verkehrszuverlässigkeit herangezogen worden sind, es sei denn, die zuletzt begangene Tat liegt länger als zehn Jahre zurück (§ 7 Abs.6 leg.cit).
5.2. Im Hinblick auf das Faktum, dass der Berufungswerber nun zum fünften Mal binnen zehn Jahren wegen eines Verstoßes gegen § 5 Abs.1 in Verbindung mit § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 im Straßenverkehr in Erscheinung tritt, ist ohne Zweifel vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinn des § 7 Abs.3 Z1 FSG auszugehen, die jedoch eine deutlich längere Negativprognose indiziert, als nach § 25 Abs.3 FSG iVm Alkoholdelikten oder in Sonderfällen der Entziehung gesetzlich vorgesehen ist.
Bei der Bewertung dieser bestimmten Tatsache sind für die Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit des Berufungswerbers auch die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorentzüge in der Dauer von siebzehn Monaten (12.2.1997 bis 10.07.1998), von zwei Jahren (16.08.1999 bis 16.08.2001), der Verlängerung des Entzuges (vom 13.7.2000 bis 13.2.2003 sowie von 14.1.2003 bis 14.1.2004) und schließlich nochmals für zwei Jahre (29.09.2006 bis 29.09.2008) zu berücksichtigen. Es handelt sich hier um das sechste in die Wertung nach § 7 Abs.6 FSG einzubeziehende Alkoholdelikt innerhalb von zehn Jahren.
Was einen weiteren Rückschluss auf die lange Zeit währende hohe Alkoholaffinität und somit primär den gesundheitlichen Aspekt zu betreffen scheint, ist auch noch das erste Alkoholereignis des Berufungswerbers im Straßenverkehr im Jahr 1995 zu erwähnen.
Für die Beurteilung, ob eine strafbare Handlung gemäß § 7 Abs.3 Z1 wiederholt begangen wurde, sind zurückliegende Handlungen der gleichen Art insbesondere dann heranzuziehen, wenn sie bereits einmal zur Begründung des Mangels der Verkehrszuverlässigkeit herangezogen worden sind, es sei denn, die zuletzt begangene Tat liegt länger als zehn Jahre zurück. Alkodelikte zählen zu den schwersten Verstößen im Straßenverkehr (VwGH vom 20.02.2004, 2003/11/0143). So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa nach drei Entzügen innerhalb von neun Jahren und im Falle einer neuerlichen Alkofahrt mit schwerer Alkoholisierung eine Entzugsdauer sogar von 40 Monaten als nicht überhöht erachtet (vgl. VwGH 23.04.2002, 2000/11/0182 mit Hinweis auf VwGH 29.5.1990, 89/11/0217, sowie vom 30.5.2001, 2001/11/0081).
Eine Prognose des Wiedererlangens der Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf von 28 Monaten mit Blick auf eine vergleichbare Vorgeschichte ebenfalls als vertretbar festgestellt (vgl. auch h. Erk. v. 19.9.2005, VwSen-521097/2/Br/Gam, mit Hinweis auf VwGH, 24.8.1999, 99/11/0216 und dort auf VwGH 21.3.1995, 95/11/0071 sowie VwGH 10.11.1998, 97/11/0266 u.a).
Auch die mehreren Vormerkungen wegen Verstöße auch gegen kraftfahrrechtliche Bestimmungen verstärken grundsätzlich den zulässigen Rückschluss auf ein nachhaltiges Defizit in der für die Verkehrszuverlässigkeit zu erwartende Sinneshaltung eines Betroffenen.
Wenn auch hier die mehreren Vorentzüge von insgesamt mehreren Jahren offenbar nicht ausgereicht haben dem Berufungswerber die Konsequenzen von Trinken und Fahren ausreichend vor Augen zu führen und sich rechtskonform zu verhalten bzw. Fahren und Trinken trennen zu vermögen, scheint dies hier aber weniger eine Frage der Wertehaltung als vielmehr der gesundheitlichen Eignungsfrage zu sein.
Während Erstere prägnannt formuliert auf ein „Nicht-Wollen“ zum normgerechten Verhalten abzielt, ist Zweitere nicht unwesentlich auf ein „Nicht-Können“ zurückzuführen.
Dem kann nicht ausschließlich durch eine Sperre für eine lange Zeitdauer entgegen gewirkt werden, sondern es muss vielmehr durch eine Therapie das Wiedererlangen der (gesundheitlichen) Eignung gefördert werden. Mit einer überaus langen Sperre könnte sogar dem Therapiezweck wegen eines im zeitlichen Zusammenhang nicht erreichbaren Erfolges negativ entgegen wirken.
Da letztlich auch durch den nunmehr ausgesprochenen Entzug die Lenkberechtigung neu erteilt werden muss, erschien die Reduzierung der Entzugsdauer bzw. die Sperrfrist für das Wiedererlangen einer Lenkberechtigung sachgerecht (siehe auch VwGH 27.2.2004, 2002/11/0129 mit Hinweis auf VwGH 23.4.2002, Zl. 2000/11/0099 und VwGH 13.8.2003, Zl. 2002/11/0168 jeweils m.w.N).
Diese geht wohl untrennbar mit dem Nachweis der gesundheitlichen Eignung und damit wohl mit einem Abstinenznachweis einher.
Aus den angeführten Gründen war daher mit einer deutlichen Reduzierung spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r